diversen Altenheimen und Kliniken gearbeitet, meistens waren es psychiatrische Einrichtungen, in denen ich tätig wurde. Oft begegnete mir die Frage, ob das nicht irgendwie abfärbe. Ich spürte wahrlich, das man den Satz „... kann das nicht irgendwie ansteckend sein?“ geradezu vermied. Natürlich sind psychische Erkrankungen nicht ansteckend, aber an dieser Stelle sollte ich mich eigentlich fragen, warum arbeite ich da! Hatte ich nicht nur einfach Glück, dass ich mich auf der Seite der Schlüsselgewalt befand? Hätte mein Leben nicht auch so enden können, das ich auf der anderen Seite gelandet wäre? Hätte ich mich dann wiedergefunden, eines Tages, in einer Drehtür und einem Mix aus Medikamenten und schließlich keinen Ausweg mehr gewusst?
Ja, das hätte passieren können! Und gut ist es,
wenn der, der den Schlüssel in der Tasche trägt, das auch weiß.
Oder sind vielleicht die, die den Schlüssel in
der Tasche tragen, die Verrückten, und die von uns krank Gestempelten die eigentlich Normalen? Sind sie in unseren Augen nur anders und passen unserer Meinung nach nicht in unsere Gesellschaft, weil wir sie in unserem Verrücktsein einfach nicht verstehen wollen und ihre Normalität nicht ertragen können?
Darüber wollte ich nicht weiter nachdenken,
ich entschloss mich auszusteigen. Ich lebe nun zurückgezogen in einem kleinen Ort in Süddeutschland. Hier mache ich tagsüber ausgedehnte Spaziergänge. Manchmal unternehme ich auch Ausflüge in die nahe Bergwelt. Wenn ich wieder zu Hause bin, male ich Bilder, oft die ganze Nacht durch. Ich male dann, was ich tagsüber gesehen habe. Manche Szene brennt sich so in meine Gedanken ein, dass ich unterwegs auf einen Fotoapparat oder eine Videokamera gut und gerne verzichten kann. Und zu Hause male ich dieses Bild dann nach. Ich sammele meine Bilder ungerahmt und sehe sie mir ab und zu bei einem Glas Wein an. Ich finde dann, dass ich ein guter Maler bin, und bin zufrieden. Bisher hat noch kein Mensch ein Bild von mir gesehen, aber das ist mir irgendwie egal. Ich finde es gut so, wie es ist. Ich male fast alles; besonders lieb geworden ist mir das Malen von Landschaften. Gelegentlich versuche ich auch Menschen zu malen, die mir unterwegs begegnet sind. Ich kann mich zwar zunächst noch an sie erinnern, es fällt mir jedoch schwer, ihre Gesichter aufzumalen. Ich habe daher einfach entschieden, dass die Porträtmalerei nichts für mich ist. Mit einer kleinen Ausnahme. Ich habe begonnen, das Gesicht meiner Mutter anhand eines Fotos zu malen. Das Ergebnis sieht gar nicht so schlecht aus. Seit ich hier lebe und male, sind mir keine verrückten Menschen mehr begegnet. Glauben Sie mir, es ist eine schöne Erfahrung, wenn man endlich erkennt, wie normal alles sein kann, wenn man nur will …