
Wie sind Sie auf die Figuren gekommen? Wer war zuerst da? Der alte oder der junge Mann?
Das ist schwer zu sagen. Da war dieser erste Satz … mehr ein Gedanke: Ein Bub holt seinen Großvater aus dem Gefängnis ab, der zu einer Haftstrafe von 20 Jahren verurteilt worden war.
Der Roman beginnt so: „Am Dienstag haben sie Opa entlassen. Er ist jetzt 71. Mama wollte, dass ich mitgehe ihn abholen.“
Den Satz hatte ich schon lange im Kopf, er kam mir aufregend vor. Am Anfang konstruiere ich einen Roman nicht. Erst, wenn ich im Schreiben voranschreite, kommen Überlegungen mit hinein, die die Konstruktion betreffen. Zunächst ist es rein intuitiv. Wenn dann so etwas da ist wie dieser Satz, oder auch eine Figur, die mich erregt, die mich kribbeln lässt, wenn ich an sie denke, dann lässt sich was daraus machen. Das ist so wie eine Wundertüte, die von außen schön aussieht. Man fragt sich, was ist da drin? Und dann macht man sie ganz langsam Satz für Satz auf.
Wo kam diese Wundertüte plötzlich her?
Ich habe keinen Großvater, der 20 Jahre gesessen hat und ich kenne auch keinen, der einen hat. Ich verkehre nicht in Kreisen, in denen sich Mörder tummeln. Die Fantasie erzeugt Bilder. In diesem Fall, dass ein Unschuldiger, der an der Schwelle zur Männlichkeit steht, mit einem der denkbar schlimmsten Fälle umgehen