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Piratenjunge: Teil 1 der Belisla-Piratentrilogie
Piratenjunge: Teil 1 der Belisla-Piratentrilogie
Piratenjunge: Teil 1 der Belisla-Piratentrilogie
Ebook400 pages6 hours

Piratenjunge: Teil 1 der Belisla-Piratentrilogie

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About this ebook

PIRATENJUNGE

Strandurlaub, Nichtstun, Eiscreme, iPod hören Das ist der Plan des zwölfjährigen Johannes Gordon und seiner Familie auf der karibischen Ferieninselgruppe Belisla.

Aber merkwürdige Dinge geschehen: Einheimische starren Johannes an, Unbekannte warnen Johannes vor Gefahr, ein Entführungsversuch am helllichten Tag.

Und dann passiert es: Johannes wir von Piraten entführt. Von leibhaftigen, altertümlichen Karibikpiraten mit Schwertern, Kanonen und Segelbooten, die sich „Schwarze Falken“ nennen und behaupten, Johannes sei einer von ihnen.

Der Schatz Johannes Großvaters ist das Ziel einer atemberaubenden Jagd durch die Inseln, gegen Stürme und die unerbittlichen Piratenfeinde der Roten Bukanier unter der geheimnisvollen Kapitänin Athena. Johannes braucht alle seine guten Ideen, um den Schatz zu finden, zu behalten und um am Leben zu bleiben.

Piratenjunge ist der erste Teil der Belisla-Piraten-Trilogie der Abenteuer des jungen Johannes Gordon, der plötzlich aus seiner modernen Welt von Schule, Computerspielen und Handys in die verborgene Karibikpiratenwelt Belislas gerät und dort mit seinen Freunden aufregende Abenteuer erlebt.

Für alle, die Harry Potter, Emil und die Detektive und Piraten der Karibik lieben!

LanguageDeutsch
PublisherAlex Ames
Release dateOct 31, 2014
ISBN9781310245718
Piratenjunge: Teil 1 der Belisla-Piratentrilogie
Author

Alex Ames

Alex Ames always dreamed to -- but never dared to -- become a famous jewel thief or computer hacker or super spy. After some consideration the only morally feasible option was to become a writer.

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    Book preview

    Piratenjunge - Alex Ames

    Piratenjunge

    Teil 1 der Belisla-Piraten Trilogie

    von Alex Ames

    Piratenjunge

    von Alex Ames

    Copyright 2014 Alex Ames

    Covergrafiken: Springer: © majivecka - Fotolia.com, Piratenflagge: © pdesign - Fotolia.com

    Smashwords-Ausgabe

    ISBN: 9781310245718

    Smashwords Ausgabe — Lizenbestimmung

    Dieses eBook ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf nicht weiterverkauft oder an andere Personen weitergegeben werden. Falls Sie dieses Buch mit anderen teilen möchten, kaufen Sie bitte eine weitere Kopie für jeden Empfänger.  Falls Sie dieses Buch lesen, ohne es gekauft zu haben, gehen Sie bitte auf Smashwords.com und kaufen Sie Ihre persönliche Kopie. Vielen Dank, dass Sie die harte Arbeit des Autoren respektieren.

    Den drei Piraten Adrian, Anton und Albert

    VORHER

    FRÜHJAHRSKIRMES.

    JOHANNES SCHOB Richard mit dem Rollstuhl durch die Gänge des Volksfestes. Von jedem Stand dröhnte eine andere Musik, das Rattern der Fahrgeschäfte und das Schreien der empfindlichen Mitfahrenden spielen eine Stadtsymphonie.

    »Mandeln oder Zuckerwatte?«, fragte Johannes.

    Richard in seinem Rollstuhl drehte sich unentschlossen zwischen zwei Ständen hin und her. »Mandeln! Weil...«

    »Lass mich raten: weil es gesünder ist?«

    »Woher weißt du denn so etwas? An deinem Biologie- oder Chemiewissen kann es nicht liegen.«

    »Nein, weil du bei Süßigkeiten immer dieses Argument mit der Gesundheit bringst. Als wenn du geradewegs das Gesundheitsministerium oder deine Mutter zitierst«, meinte Johannes gleichmütig.

    Richard musste lachen. Sein bester Freund kannte alle seine Marotten.

    Johannes kramte ein paar Münzen hervor und zahlte eine große Tüte gebrannte Mandeln.

    »Wollen wir es wagen mit einem Fahrgeschäft?«, fragte er Richard.

    Der wackelte gutmütig mit dem Kopf. »Deinen Optimismus möchte ich haben.« Er klopfte mit der flachen Hand auf seine nutzlosen dünnen Beine. »Die Ausreden haben wir alle gehört.«

    »Versuchen können wir es erneut«, sagte Johannes.

    »Also gut: eine Loopingbahn wenn es geht?«

    Richard hielt die Mandeltüte fest während Johannes ihn durch die Menge schob.

    Der ‚Alpenblitz’ war in den verblichenen Farben von längst vergangenen Olympischen Spielen angemalt und die Dekoration erschien etwas schäbig. Aber Looping war Looping und dieser hier kostete am heutigen Nachmittag nur die Hälfte - Familientag. Eine kleine Schlange wartete auf die nächste Fahrrunde.

    Johannes trat an das Kassenhäuschen. »Zweimal, bitte.«

    Der Herr an der Kasse schaute nicht nach frohem Volksfest aus. Mürrisch fragte er: »Für dich oder auch für deinen Rolli-Freund?«

    »Für uns beide!«

    »Tut mir leid, aber ich kann deinen Freund nicht mitfahren lassen. Es dauert zu lange mit dem Rollstuhl durch die Gatter und dann muss ihn jemand in den Fahrwagen heben.«

    »Was soll mein Freund Richard dann auf einem Volksfest machen? Ungesunde Mandeln essen und zusehen?« Johannes merkte, wie er rote Ohren vor Wut bekam.

    »So ist das leider. Ich bin für das Fahrgeschäft verantwortlich und ich sage ‚Nein‘.« Der mürrische Mann schaute tatsächlich noch mürrischer als zuvor, was kaum möglich erschien.

    Johannes trat gegen das Häuschen, drehte sich um und ging zurück zu Richard. »Das ist total unfair. Dieser Ameisen-Iguana!«

    »Ich hätte das nicht einmal probiert. Ich war die Jahre zuvor mit meiner Mutter hier und durfte nie irgendwo mitfahren. Danke für deinen Einsatz.« Richard schaute sorgenvoll auf seinen Freund.

    »Gibt es hier einen Hau-den-Lukas? Ich muss mich abreagieren!«

    »Deine Sportlichkeit steht außer Frage. Aber ich bezweifle, dass du weißt, was ein Iguana ist.«

    »Du wirst es mir vermutlich nach der nächsten Runde an Mandeln erklären.«

    »Gute Idee. Hier, bedien dich. Zucker ist übrigens gut gegen Stress. Der Iguana ist eine Eidechse, die sich hauptsächlich vegetarisch ernährt und in Teilen Süd- und Mittelamerikas lebt...«

    TEIL EINS — ENTFÜHRT

    KAPITEL 1 — Der Geist meines Großvaters

    DER SCHWARZE FALKE lief hart am Wind. Eine Windböe packte den Zweimaster wie eine Eisenfaust und kippte ihn auf die Seite. Johannes spürte in seinem Krähennest hoch oben auf dem Hauptmast, wie das Holz und die Takelage unter der Last ächzten und sah wie sich sein Blickwinkel, wie bei einem gigantischen Pendel hin und her verschob. Der warme Karibikwind roch bereits nach Regen, mehr und mehr Schaumkronen tanzten rings um das Schiff.

    »Ausguck, Meldung!«, rief Toto von seinem Platz neben dem Ruder auf dem Steuerdeck über das Pfeifen des Windes, das Donnern der Wellen und die Rufe der Mannschaft. Toto hätte sich nur kurz umzudrehen brauchen, um die Lage zu erfassen, aber er konzentrierte sich voll auf die Besatzung, die hektisch versuchte den Lauf des Schwarzen Falken am Wind zu verbessern, um ein paar Knoten mehr Geschwindigkeit herauszuholen.

    Johannes konnte die ersten Details des Roten Bukanier mit bloßen Augen erkennen; das Messingfernrohr, das an einer kratzenden Schnur um seinen Hals hing, war unnötig. Der Rote Bukanier hatte gerade eine weitere Wende vollzogen und lag auf gleichem Kurs wie der Schwarze Falke. Jetzt ging es darum, welcher Kapitän die Segel besser richtete und die Wellen besser ritt. 

    Johannes lehnte sich nach unten, hielt sich mit einer Hand gut am Korbrand fest, die andere Hand am Mund, um seine Stimme zu verstärken. »Eine Seemeile achtern, gleicher Kurs. Holt auf.«

    »Aye-Aye«, rief Toto, um zu zeigen, dass er Johannes verstanden hatte.

    Sankt Steven, auf der anderen Seite des Ruders, sein Holzbein an der Reling, dass normale Bein fest auf dem Steuerdeck, einen Arm auf seinen Schwertknauf gelegt, seinen Hakenarm lässig in die Takelage gehängt. Wie vernagelt mit seinem Boot verbunden, egal welche Wellen oder Winde darauf mit Gewalt einhämmerten. Der Blick seines verbliebenen rechten Auges ging in die Segel und auf die Wellen. »Fünf Grad abfallen!«, murmelte er in seinen Bart, gerade so laut, dass Erster Offizier Toto und Steuermann Adam ihn verstanden. »Wenn sie den Schatz der Karibik bei uns finden, ist es klar, dass es keine Gnade geben wird.«

    Toto gab das Kommando weiter an Großvater Adam, der das Steuerrad behände drehte, bis der neue Kurs anlag. Toto rief dann die Befehle, um die Segel neu auszurichten. Alle wussten, was auf dem Spiel stand.

    Johannes blickte nach vorn, die gigantische Gewitterfront hing wie eine scharf-fotografierte, schwarze Wolkenlandschaft vor Ihnen, durchzuckt von gelben Blitzen. Wenn sie diese schwarze Wand erreichten, waren sie sicher vor dem Roten Bukanier und seiner wilden Mannschaft. Im Kampf Piraten gegen Piraten waren die Falken den Roten Bukaniern unterlegen. Im Sturm jedoch würden beide Boote genug mit sich selbst zu tun haben, und an einen Kampf zwischen beiden wäre dann nicht mehr zu denken. 

    Johannes sah sich erneut um und sah mit Erschrecken, dass der Rote Bukanier weiter aufgeholt hatte. Und dann sah Johannes etwas, was sein Herz schneller schlagen ließ: die schwarze Flagge wehte unterhalb der Totenkopf-Flagge - keine Gefangenen! Wenn der Bukanier sie einholte und enterte, gäbe es keine Gnade. Erneut beugte er sich über den Korbrand und wollte die schwarze Flagge melden, doch kein Wort kam über seine Lippen. Johannes Mund war plötzlich trocken, wie mit Watte gefüllt und er fühlte sich aus seinem Krähennest gerissen, als ob er über dem Schwarzen Falken flog wie eine Möwe. Er sah seinen Großvater am Ruder, mit weißem Bart, breitbeinig, beide Hände am Steuerrad, den Kurs haltend, nervös seine erloschene Pfeife kauend. Flankiert von Toto, der erneute Kommandos an die Mannschaft rief und Piratenkapitän Sankt Steven, der völlig ruhig und ungerührt auf die schwarze Wand vor ihnen schaute, als ob die Bedrohung durch die Bukanierpiraten gar nicht existierte. Die Wellen wurden höher und der Ausguck fing noch mehr an zu schwanken.

    »Der Schatz der Karibik gehört uns!«, trieb Toto mit einem lauten Schlachtruf die Mannschaft an, schneller die Segel zu ändern. »Es leben die Falken. Tod den Feinden.«

    Die Matrosen auf Deck, in den Wanten und an den Kanonen schrieen über Sturm und Donner »Und unsere Segel voll Wind!«

    Die ersten Regentropfen fielen auf Johannes Gesicht, der Gewittersturm konnte nicht mehr weit sein. Wie weit war der Rote Bukanier jetzt entfernt? Johannes wollte sich gerade erneut umdrehen, seine Hände waren nass und glitschig vom Regen, er rutschte von seinem Krähennest ab und...

    ... er stürzte aus seinem Bett, mit einem »Rums« auf den Boden, die Beine verschlungen in der Decke und der Oberkörper bereits auf dem Teppich zwischen Schulbüchern und der umgestürzten Fußball-Nachtischlampe. Der Mund war zwar trocken, aber plötzlich wieder frei und Johannes entfuhr ein lautes »Autsch! Verflixt!«. Er rieb sich die Stirn und wackelte mit Armen und Beinen, um zu sehen, ob alles heil war. 

    Das Licht im Flur ging an und eine müde Mama Gordon kam in sein Zimmer. »Alles klar, Johannes?«

    »Verflixtomato, blödes Bett!«, entfuhr es Johannes. Mama half ihm aus der verwickelten Decke, und er legte sich wieder hin. Das Pusten auf die Stirn ließ Johannes mit den Augen rollen. »Mama, hör sofort damit auf, ich bin dreizehn Jahre alt! Fehlt nur noch, dass du mir mit Spucke den Schmutz von der Nase wischt.«

    Mama musste leise lachen. »Hey Großer, hast du wieder schlecht geträumt?«

    »Irgendwas von Piraten«, Johannes rieb sich die Augen und schaute auf die Leuchtanzeige des Weckers. Vier Uhr. Drei Stunden bis zum Aufstehen, vier Stunden bis zum letzten Schultag vor den Herbstferien und zwölf Stunden bis zur Abreise in den Urlaub.

    »Kann es sein, dass der Piratenfilm von letzter Woche dir nicht gut bekommen ist?«, seufzte Mama müde. »Möchtest du etwas trinken?«

    Johannes nickte und Mama holte den Zahnputzbecher mit Leitungswasser aus dem Bad.

    »Es war der gleiche Traum, wie die Male davor«, sagte Johannes nach ein paar Schlucken.

    »Wieder mit Opa?«, fragte Mama.

    Johannes überlegt kurz, ob er Opa diesmal aus der Geschichte herauslassen sollte, da Mama immer traurig wurde, wenn es um Opa ging. Bei Hausaufgaben oder Streichen war eine Notlüge erlaubt. Aber bei einem Piratentraum mit Opa als Steuermann war das nicht unbedingt angebracht. »Ja, wieder mit Opa. Mit einem jüngeren Opa, mit weißem, wilden Bart und einem langen Zopf hinten. Sah zwar anders aus als Opa...« Johannes wollte gerade ‚wie Opa zuletzt‘ sagen. Aber das wäre dann irgendwie doch unpassend gewesen, da Opa tot war. Was anderes fiel Johannes allerdings nicht ein, und er ließ den Satz unvollständig ausklingen. »...na ja, aber war doch Opa. Und wir sind erneut verfolgt worden von einem anderen Piratenschiff«, erzählte er weiter.

    »Und das hat dir Angst gemacht?«

    Johannes war das nun doch ziemlich peinlich, er war immerhin dreizehn.  Mama kannte den Traum und, nun ja, er war aus dem Bett gefallen deswegen. Und letzte Woche war sogar eine Lampe kaputt gegangen, weil er mit dem Fuß dagegen getreten war. Aber es war nicht absichtlich passiert, daher hatte es auch keinen Ärger deswegen gegeben.  Mama war Mama, daher nickte Johannes nur. 

    Mama stellte die Nachtischlampe wieder richtig hin, schaltete sie auf kleines Licht und Johannes Schlafzimmer war wie von einer einzigen, kleinen Kerze beleuchtet; gerade genug, dass man alles erkennen und doch ungestört schlafen konnte.

    »War ja nur ein Traum. Versuch zu schlafen, wir lassen dir das Licht an, damit du keine Angst mehr hast. Okay?«

    Johannes nickte erneut und Mama gab ihm einen Kuss auf die Stirn. »Au!«, sagte Johannes und Mama pustete erneut, was beide zum Kichern brachte. Im Hintergrund wanderte Amelias Haarberg Richtung Badezimmer. Sie sah aus, wie ein Langhaartier nach einem Griff in die Steckdose - total verwuselt. Es war ein Wunder, dass sie nirgendwo gegen lief. »Wasndas middn inde Nach?«, murmelte sie schlaftrunken.

    »Schlaft schön. Morgen geht es in den Urlaub.« Mama ließ Johannes allein und ging wieder schlafen. Zwei Minuten später tapperte Amelia im Flur vorbei. »Braucht das Baby etwa eine Lampe zum Einschlafen?«

    Johannes ärgerte sich dermaßen, dass er trotz Herzklopfen das Licht ausmachte, um Amelia Kamelia zu zeigen, dass er natürlich keine Angst hatte. Nachdem er das Klicken von Amelias Zimmertür gehört hatte, schaltete er das Licht jedoch wieder an. Sicher war das! Johannes schloss die Augen und versuchte zu schlafen. Wer wusste, ob das im Flugzeug in Richtung Karibik möglich war?

    KAPITEL 2 — Am Morgen

    FRÜHSTÜCK BEI FAMILIE Gordon war eine hektische Angelegenheit. Und heute umso mehr, da zunächst ein paar Stunden Schule für Johannes und Amelia anstanden und Arbeit für ihre Eltern. Und dann zum Flughafen. Daher war die Stimmung leicht gereizt, Zeit war heute kostbarer als sonst. Mama hatte verschlafen, was alle ärgerte. Amelia blockierte das Bad, was Papa ärgerte. Johannes saß alleine in der Küche mit seiner heißen Schokolade, einem großen Marmeladenbrot und hatte die Stöpsel seines Musikspielers in den Ohren, um den ganzen Lärm mit Lärm zu bekämpfen. Er war müde und gähnte ununterbrochen zwischen den Bissen. Einschlafen war dann doch nicht mehr gewesen, Johannes hatte zu lange über den Traum nachdenken müssen. Neben der Angst dort oben in dem Krähennest und dem Sturz, hatte Johannes ständig das Gefühl in dem Traum, dass etwas wichtiges fehlte. So als ob er eine Hausaufgabe auf hatte, aber dann nicht genau wusste, was zu tun war.

    Mama lief hin und her, räumte hier was auf und schleppte Taschen da, überprüfte ihren kleine Reiserucksack auf Vollständigkeit. »Schatz, das hast du schon vor zehn Minuten gemacht!«, meinte Papa und stürzte einen Kaffee und einen Keks aus der Dose herunter. »Raus da, Amelia!«, rief er durch den Flur. »Wir fahren in die Schule und nicht zu deiner Hochzeit!« 

    Aus dem geschlossenen Bad kam die Antwort: »Wenn ich nicht meine Haare auf Vordermann bringen kann, wird es nie eine Hochzeit geben. Weil ich dann niemanden kennenlerne!«

    Mama antwortete nicht, räumte Geschirr in die Spülmaschine. »Könntest du bitte Johannes Reiserucksack durchsehen. Wer weiß, was der alles Unnützes mitnehmen möchte?«

    » ‚Der‘ fühlt sich beleidigt«, maulte Johannes.

    Papa sah ihn an, stellte seinen Kaffee ab und rief: »Rucksackkontrolle! Jetzt!« Und beide zogen ab in den Flur, wo Johannes seinen Reiserucksack deponiert hatte. »Aufmachen, bitte.«

    »Was für ein höfliches Misstrauen«, murmelte Johannes und gähnte erneut.

    Bereits das erste zum Vorschein kommende Teil erregte die Aufmerksamkeit der Elternpolizei: das alte Flaschenschiff. »Johannes, was soll das? Opa Adams Flaschenschiff ist viel zu empfindlich, um es mit auf die Reise zu nehmen!«

    »Aber es ist eines meiner Lieblingssachen. Ich sehe es jeden Abend beim Einschlafen an!«, verteidigte Johannes seine Auswahl.

    »Dann wirst du eben im Hotel aus dem Fenster auf die echten Boote im Hafen von Port Trust schauen, um einzuschlafen. Das Schiff bleibt hier. Stell dir vor, das geht kaputt!«, meinte Papa und hob das kleine Zweimaster-Piratenboot in seiner Flasche vorsichtig in den Schrank im Flur. »Es ist eines der wenigen Stücke, die du von Opa hast. Und damit musst du sorgfältig umgehen.«

    Johannes Hand fühlte sicherheitshalber an seinen Hals und ertastete das Amulett; noch ein Stück, das er von Opa bekommen hatte. 

    »Das Amulett würde ich auch hier lassen«, versuchte Papa zu überzeugen. »Wenn du die Kette am Strand oder beim Baden verlierst, finden wir sie nie wieder, und du bist am Boden zerstört.«

    »Nein!«, stampfte Johannes auf den Boden. »Das Amulett muss mit, sonst fühle ich mich nackt.«

    Papa wühlte weiter. »Herrje, wie viele Ersatzbatterien hast du denn dabei. Pack lieber deine Mathe- und Englischsachen ein, damit du wenigstens etwas lernen kannst bei deinen Zensuren!«, wühlte Papa weiter im Rucksack.

    »Ihr habt gesagt, die Reise dauert zwölf Stunden und mein alter, heruntergekommener Musikspieler hält nur vier Stunden mit einer Ladung...«, erwiderte Johannes, aber Papas Aufmerksamkeit war ohnehin schon woanders, da Amelia gerade das Bad verließ und Papa aufsprang und durch die offene Tür zum Duschen hechtete.

    Johannes verschnürte den Rucksack. Sollte er das Flaschenschiff mitnehmen? Er blickte erneut auf die kleine Miniatur hinter Flaschenglas, die im Flurregal stand. Papa hatte recht. Das Amulett konnte zumindest nicht zerbrechen. Und er würde wie ein Habicht darauf aufpassen. Aber die Flasche war wirklich zu empfindlich. Johannes trug das Flaschenschiff zurück an seinen Standardplatz im Bücherregal und entschied sich, ein Buch mit auf die Reise zu nehmen. So lange wie die Reise dauerte, konnte man nie genug Bücher dabei haben.

    Dann kam Amelia mit ihrem Reiserucksack aus dem Zimmer und knallte ihn direkt neben Johannes auf den Boden. »Hey, pass auf, blöde Kuh!«, rief Johannes und kickte gegen ihren Rucksack. Amelia trat zurück und beide fingen an sich zu knuffen und sich mit Schimpfwörtern der höchsten Kategorie zu bewerfen. Mama ging dazwischen, Johannes zog an den Haaren von Amelia, Amelia kickte ihrem Bruder ans Schienbein, Papa steckte den Kopf aus dem Badezimmer und rief: »Zwei Minuten bis zur Schule, Schuhe an!« Das ließ die Priorität des Streits sinken.

    »Krüppel, aus dem Weg!« Der hektische Neuntklässler aus der Hauptschule gegenüber rempelte sich zwischen Johannes und Richard hindurch, als diese gerade auf ihren Schulhof bogen.

    Johannes merkte wie seine Ohren rot wurden. »Hey, brauchst du Streit am Morgen?«, schoss er zurück.

    Der Hauptschüler machte eine rüde Geste aber ging weiter, ohne sich umzudrehen. Johannes machte sich auf den Weg hinter ihm her, aber spürte das Zupfen seines Freundes Richards an seinem Arm.

    »Es ist der Tag vor den Ferien und du möchtest pünktlich zu deinem Flugzeug kommen, oder?«, meinte Richard der Dritte, die Vernunft in Person, wie immer. »Wenn du mit dem Streit anfängst, landest du entweder im Krankenhaus oder wieder mal vor dem Direktor.«

    ‚Richard der Dritte‘ hatte seinen Titel in der fünften Klasse von einem Lehrer bekommen. In Wirklichkeit war sein Name Richard Schneider und er besuchte die gleiche Klasse des Leibnitz Gymnasiums wie sein bester Freund Johannes Gordon. Und er saß in einem schwarzen Kinderrollstuhl, da seine Beine seit seiner Geburt komplett gelähmt waren.

    »Also, ich lasse mir das nicht gefallen!«, meinte Johannes wütend. Da sich keiner traute, Richard körperlich ranzunehmen, versuchten die fiesen Typen von der Schule gegenüber es mit Worten. Oder eben diesen Rempelaktionen.

    Johannes ließ sich von seinem Freund zurückziehen. »Trotzdem soll er dich nicht so nennen, du kannst dich ja nicht wehren.«

    »Ich werde mich wehren, wenn ich in zwanzig Jahren Bundeskanzler bin und er sein Arbeitslosengeld haben möchte. ‚Tut mir leid, aber Bundeskanzler Schneider hat sie ausdrücklich von der Zahlung ausgenommen und extra ein Schulhofrüpel-Spätfolgen-Gesetz erlassen‘.«

    Johannes musste lachen. Richard war zwar zwei Jahre jünger als er, hatte aber zwei Klassen übersprungen, um direkt von der zweiten in die fünfte zu gehen. Der Klassenlehrer hatte zwei Wochen nach Schulbeginn Richard in die Klasse geschoben, ihn vorgestellt und erklärt: »Richard ist zwar unten rum gelähmt, dafür aber oben rum schlauer als alle von euch zusammen. Wir lassen ihn so lange in der Klasse, bis er nichts mehr lernt.« Und tatsächlich war Richard mit Abstand der Beste in der Klasse.

    »Was passiert, wenn du nichts mehr lernst in der fünften Klasse?«, hatte Johannes damals neugierig gefragt.

    »Mein Kopf bekommt Überdruck und explodiert - Gehirnmasse, Blut, Gewebe und Rotz überall«, hatte Richard todernst erwidert und war in schallendes Gelächter ausgebrochen, als Johannes einen Schritt zurück gemacht hatte. »Keine Angst, ich werde damit warten, bis ich die nächste Klasse überspringe.«

    Johannes und Richard waren so gut wie unzertrennlich. Richard hatte zwar Schwierigkeiten Johannes zu Hause zu besuchen, da die Gordon-Wohnung in der dritten Etage lag und keinen Lift hatte. Aber sie trafen sich entweder auf dem Rossmarkt im Eiscafé oder bei Richard, dessen Eltern einen ebenerdigen Lebensmittelladen hatten, woran die Wohnung direkt anschloss. In der kleinen Backcafé-Ecke saßen sie oft und machten Hausaufgaben oder sprachen über Computerspiele.

    Als es dann nach der fünften Klasse darum gegangen war, erneut eine Klasse zu überspringen, hatte sich Richard zum Erstaunen von Eltern und Lehrern entschlossen, ganz normal in die sechste Klasse zu gehen - Unterforderung und alles inklusive. »Ich fühle mich das erste Mal wohl in einer Klasse, mein bester Freund Johannes ist dort, wegen so ein paar Intelligenzpunkten, die ja nicht davonlaufen, muss ich das nicht aufgeben, oder?« Was konnten die Erwachsenen dagegen schon sagen. Und nun waren beide in der achten Klasse. Noch.

    Der letzte Tag vor den Ferien begann schlecht. Johannes drehte seine Mathe-Arbeit umgekehrt auf den Tisch - er musste nicht dauernd an diese glatte Fünf erinnert werden. »Mist, wieso check ich das nicht? Dabei hast du mir das acht Mal erklärt und beim Üben letzte Woche war das gegangen!«

    Richard nahm die Blätter, warf einen kurzen Blick auf die Wissenslücken seines Freundes und meinte trocken: »Statt zu träumen vielleicht etwas mehr konzentrieren. Die Hälfte der Fehler waren reine Abschreibefehler von dir.«

    »Jetzt kritisiere hier nicht meine guten Augen«, meinte Johannes. »Und die andere Hälfte?«

    »Absolute Strohdummheit. Du bist halt nicht für Mathe verdrahtet.«

    »Und für Physik und für Chemie und für den meisten Rest der Fächer. Schade, dass Kunst und Sport keine Hauptfächer sind.«

    »Die Absenz meiner spitzen Bemerkungen erhält unsere Freundschaft.«

    Johannes war echt frustriert und verärgert über die Zensuren, die Lehrer und sich selbst. Wenn das so weiterging mit dem Schuljahr, durfte er die achte Klasse wiederholen. Richard würde bestimmt nicht wiederholen, Freundschaft hin oder her, aber es gab Grenzen.

    »Was wirst du in den Herbstferien machen?«, fragte Johannes als er einpackte.

    Richard zuckte mit den Schultern. »Meine Eltern müssen ja arbeiten. Ich werde mich an der Universität in ein paar Vorlesungen zur Teilchenphysik setzen.« Wegen seiner Begabung hatte Richard eine Art Freifahrtschein für die Universität, wo er beliebige Vorlesungen besuchen durfte.

    »Du und dein Lernen! Willst du nicht mal raus in die Welt?«

    »Meine Welt ist hier oben im Kopf.« Richard tippte sich an die Stirn. »Durch den Rollstuhl kann ich ja nicht auf Karibikstränden fahren, auf Booten segeln oder zwischen Korallenriffen tauchen. Aber ich kann alles erlesen und Bildbände studieren.«

    »Ob das so das gleiche ist?« Johannes sah seinen Freund skeptisch an.

    »Kein schlechtes Gewissen. Wir haben beide unser Schicksal. Ich meine Beine und du dein Mathe. Genieß deine Ferien. Und lass dich nicht von deiner Schwester zu sehr ärgern.«

    »Irgendwann müssen wir beide mal ein richtiges Abenteuer erleben. So mit allem drum und dran. Schießereien, Verfolgungsjagden, Kämpfe, Safeknacken, schnellen Autos und tollen Mädchen.«

    »Geht es eine Nummer kleiner? Achterbahn fahren oder so?«

    Beide mussten losprusten.

    Schweigend gingen und rollten die Freunde aus dem Schulhaus und die Allee hinunter.

    »Erneut zu deinem Piratentraum, der dich immer wieder heimsucht.«

    »Du solltest dich mit Mama zusammentun. Die lässt das auch nicht los.«

    »Wusstest du, dass es den Begriff des ‚indianischen Realismus‘ gibt?« Ein typischer Richard der Dritte Einwurf.

    »Hört dein Gehirn je auf zu arbeiten?«

    »Es gab Indianerstämme, die glaubten, dass alles was man träumte wahr sei. Die Seele verließ den schlafenden Körper und wanderte in eine andere Welt, um dort dann andere Abenteuer zu bestehen.«

    Johannes schmunzelte. »Das hört sich eher an wie eine Episode aus irgendeiner Science-Fiction-Serie. Eigentlich möchte ich nur, dass die Träume aufhören. Auch wenn sie sich wie ein echtes Abenteuer anfühlen, machen sie mir Angst. Ich kann gar nicht mehr richtig schlafen. Haben deine Indianer dagegen ein Mittel?«

    Sie hielten an, Richard war zuerst zu Hause. »Dadurch, dass die Indianer beide Welten für echt hielten, war ein Mittel dagegen nicht nötig - es gehörte einfach zu ihrem Leben. Schreib mir von den Wellen und Muscheln.«

    »Und du bastle bitte keine Atombombe in deinem Zimmer.«

    Beide tickten ihre Fäuste aneinander, Richard rollte in den Laden seiner Eltern. Johannes winkte kurz Frau Schneider zu, die an der Kasse stand und ging weiter - für Abschiede waren beide zu erwachsen.

    KAPITEL 3 — Auf Reisen

    »PORT TRUST IST eine Insel in der südlichen Karibik und gehört zur Belisla Inselgruppe. Port Trust heißt auf Deutsch ‚Hafen des Vertrauens‘ und war vor dreihundert Jahren ein wichtiger Handelsstützpunkt und aufgrund seiner geschützten Lage ein sicherer Ort vor Piraten und feindlichen Kriegsschiffen. Heute entspannen sich in Port Trust Touristen aus aller Welt, die dem Alltag und dem schlechten Wetter entfliehen wollen«, las Amelia aus dem Reiseführer vor, während Johannes sich die Zeit mit dem Spielcomputer vertrieb. Der Pilot hatte vor einigen Minuten die Landung in der Dominikanischen Republik angekündigt, dort musste Familie Gordon umsteigen - in ein kleineres Flugzeug, einen ‚Inselhüpfer‘.

    Amelia fragte Papa: »Und was hatte Opa Adam mit Port Trust zu tun?« 

    Papa rollte die Augen, weil Amelia vermutlich die letzten zwei Monate nicht ein Wort von Papas und Mamas Geschichten gehört hatte. Der Urlaub hätte im Sommer stattfinden sollen, aber Opa war im Frühjahr schlimm krank geworden und war dann ins Krankenhaus gekommen. Und starb dann mitten in den Sommerferien. Johannes konzentrierte sich voll auf sein Spiel, damit er nicht zu traurig wurde. Denn Opa hatte lange bei ihnen in der Wohnung gewohnt und den Haushalt geschmissen, wo Mama und Papa beide arbeiteten. Johannes konnte sich nicht an ein Mittagessen erinnern, das ihm nicht geschmeckt hätte. Opa war ein Restaurantbesitzer gewesen und gelernt war gelernt. Auf jeden Fall waren die Sommerferien durch Opas Krankheit und Tod dahin gewesen, und Johannes fand, dass es die schlimmsten Ferien waren, die er je gehabt hatte. Schlimmer als der Sommer als er neun war und es nur geregnet hatte und es auf dem Wanderurlaub in den Bergen am fünften Juli geschneit hatte. Der ganzen Familie fehlte Opa. Das Blödeste war, dass man nicht über Opas Tod und Leben reden konnte, weil Mama dann schnell anfing zu weinen. Also tapste die ganze Familie Gordon wie auf Eiern beim Thema »Opa«. Johannes stahl einen Blick über Amelia und Papa hinweg in Richtung Mama, und die tat so, als ob sie in ihrem Buch las und Musik hörte.

    »Papa! Sag!«, maulte Amelia und boxte Papa über den Gang hinweg. 

    Papa ließ sich dann natürlich nicht nochmals bitten und Johannes hörte wieder zu. Alles, was mit Opa zu tun hatte, war spannend. »Bevor Opa nach Deutschland kam, hat er in Port Trust gelebt. Er hatte ein Haus dort, ein Boot und ein kleines Fischrestaurant. Er und Oma waren eine der ersten Familien, die auf der Insel Touristen zum Angeln und Schnorcheln durch die Gegend geschippert haben. Und Oma hatte dann die Fänge frisch gegrillt und dann im kleinen Restaurant serviert.«

    »Gibt es das Restaurant noch?«

    »Gibt es die Fische noch?«, äffte Johannes seine Schwester nach.

    »Hört auf zu streiten, sonst steigt ihr während des Flugs aus«, meinte Papa und Mama murmelte kaum hörbar über das Triebwerksgeräusch: »...ohne Fallschirm.«

    »Nein, Oma starb bevor ihr geboren wurdet und Opa war dann zu alt, um weiter als Fischer zu arbeiten oder das Restaurant zu führen. Er hat dann alles verkauft und ist nach Deutschland zu uns gekommen. Das Restaurant gibt es, ich habe zumindest den alten Namen im Internet gefunden. Hat aber nichts mehr mit Opa zu tun. In den letzten zehn Jahren hat sich einiges getan auf den Inseln. Früher war es ein total verschlafenes Insel-Königreich. Dann wurde der König vertrieben oder so ähnlich und der berufene Gouverneur machte Belisla dann in den letzten Jahren zu einer beliebten Ferieninsel.«

    »Gibt es noch Piraten in der Karibik?«, fragte Johannes über sein Spiel hinweg.

    »Du guckst zu viele blöde Filme!«, meinte Amelia giftig.

    »Selber blöde, du findest doch den Schauspieler aus dem einen Piratenfilm gut«, gab Johannes zurück. »Den mit den schwarzen Locken!« Amelia wurde rot, weil Johannes natürlich voll recht hatte damit. Um sich überhaupt zu wehren, steckte sie ihre Zunge raus.

    »Richard meint, es gibt heute Piraten. Die überfallen Containerschiffe und klauen die Fernseher, Öl oder Autos«, sagte Johannes. »Und erpressen die Besitzer um Lösegeld für Ladung und Besatzung.«

    »Wenn Richard das sagt, muss es stimmen...«, versuchte Amelia ihr Gesicht zu retten.

    »Diebe gibt es überall und vermutlich in jedem Zeitalter«, sagte Papa. »In der Karibik und auf einigen Inseln vom Belisla Archipel hat es in den letzten Jahren ein paar Überfälle gegeben. Aber die Polizei vermutet eher, dass es sich um Drogenschmuggler auf dem Weg

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