Menschenkind: Vom sanften Übergang zum kleinen Menschen und andere Wege zum Glück
Von Inge Künzel und Andrea Zoller
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Über dieses E-Book
Inge Künzel
Frau Inge Künzel, (Stief)mutter von Andrea Zoller, wohnhaft in Mannheim, hat viele Jahre in der kinderärztlichen Praxis ihres Mannes mitgearbeitet. Sie übernahm dort die Mütterberatung, nachdem sie sich in diesem Gebiet bei Prof. Hellbrügge und sich mehrfach bei der kinderärztlichen Tagung in Brixen weitergebildet hat.
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Buchvorschau
Menschenkind - Inge Künzel
1 Menschenkinder kommen neun Monate zu früh auf die Welt
Ein Baby kommt nach 9 Monaten der Entwicklung im Mutterleib zwar als ganzer Mensch, aber doch sehr hilflos auf die Welt. Ohne Fürsorge der Erwachsenen könnte es nicht überleben. Entwicklungsbiologen erklären so die Unreife eines Neugeborenen. Es ist hilfloser als alle artähnlichen Säugetiere. Durch den aufrechten Gang verschmälerten sich das Becken und der Bauchraum des Menschen. So kommt das Menschenkind zur Halbzeit auf die Welt. Und doch nimmt das Menschenkind eine Sonderstellung innerhalb der Schöpfung ein: im Gegensatz zu Tierkindern wie z.B. einem Fohlen oder einem Rehkitz, kann es nicht gleich nach der Geburt seiner Mutter hinterher laufen.
Tunnelerlebnis
Weniger sanft durchsteht jedes Kind das Tunnelerlebnis seiner Geburt. Der Druck des Geburtsvorgangs hilft aber bei der Entfaltung seiner Lunge. Es wird der Mutter auf die Brust gelegt, nunmehr von außen: den Herzrhythmus, den Geruch, die Stimme der Mutter zu erleben, muss erlösend und beruhigend auf den kleinen Menschen wirken. Zum Ende der Schwangerschaft muss die Geborgenheit des Uterus immer mehr einer Einengung gewichen sein.
Wie schmeckt die Welt?
Das Kind nimmt über die Wahrnehmung seiner Sinne von Tag zu Tag mehr am Leben teil. Seinen Kontakt nimmt es mit seiner Mutter vorzugsweise über die Haut auf. Zu Beginn sieht der Säugling in den ersten Monaten nur auf Stillabstand. So nimmt er seine Mutter hauptsächlich über ihre Berührung zu ihm, dem Klang ihrer Stimme, ihrem Geruch wahr. Alles wird in den Mund gesteckt, um zu erfahren, wie etwas schmeckt.
Ein kleines schon sehr aktives Menschenkind
Nie mehr im Leben lernt der Mensch so viel wie in seinem ersten Lebensjahr. Ein kleines für sich selbst handelndes aktives Menschenkind, das trotzdem ein volles Jahr braucht, bis es die ersten Schritte gehen kann.
Aus diesem Grund ist die Schwangerschaft als „erste Halbzeit zu verstehen. Im ersten Lebensjahr, der „zweiten Halbzeit
, benötig das Kind die zum Heranreifen wichtige Geborgenheit, Wärme und Fürsorge, die es schon im Mutterleib genießen durfte und die vielfältigen Anregungen, die das Leben bietet, wie das von der Mutter erwiderte Lächeln, das Streicheln der Haut, das Hören von Liedern, bis zu den ersten Spielen. Diese 2. Halbzeit kann man aber auch als frühe Chance für Körper und Gehirn verstehen.
Erbanlage oder Umwelt?
Ob der Mensch später fröhlich oder gedrückt, ob er kontaktfreudig, mitfühlend, liebesfähig oder ein Einzelgänger wird, ob er gerne arbeitet oder träge ist, ob er sich durch Misserfolge entmutigen lässt oder ein „Stehaufmännchen" wird, das nicht unterzukriegen ist; für all diese Ausprägungen der Persönlichkeit werden bereits im 1. Lebensjahr wichtige Weichen gestellt. Einige werden hier einwenden, dass das allermeiste unseres Wesens durch die Vererbung festgelegt ist. Der Streit um die Frage, was den Menschen mehr bestimmt, seine Erbanlagen oder die Umwelt, ist alt. Heute ist man sich weitgehend darüber einig, dass beim Aufbau der Persönlichkeit beides zusammenwirkt. Dass aber sehr viel von der bestmöglichen Gestaltung der Umwelt von Geburt an abhängt, die wesentlich von den Eltern bestimmt wird.
Die Erinnerung
Eines ist allen Menschen gemeinsam, ganz gleich, ob sie unter der Sonne Afrikas oder unter den Eskimos im hohen Norden, in einem Wolkenkratzer in New York oder auf einem deutschen Bauernhof geboren wurden, keiner kann sich an die Zeit vor dem dritten Lebensjahr erinnern. Aber was passiert in dieser Phase, an die sich das Kind meist nicht zurückerinnern kann, dafür aber 80% der Entwicklung des Gehirns abgeschlossen ist.
Die Prägephase
Das Kind erlebt in den ersten Jahren seine prägendsten Eindrücke. In seinem Gehirn, das im ersten Jahr immerhin schon ca. 40% seiner Substanz aufgebaut hat, entwickelt sich die Fähigkeit zur Sprache, sich zu konzentrieren, zum Sprachverständnis und zum Sozialverhalten. Diese ersten Jahre nennt man deshalb auch Prägephase. Bis zum vierten Lebensjahr erlebt das Gehirn eine weitere elementar wichtige Prägung: die Bindung an die wichtigste Bezugspersonen des Kindes.
Daraus folgt:
Wer das Beste für seine Kinder tun will, muss damit sehr früh, spätestens bei der Geburt anfangen. Viele Forscher sind davon überzeugt, dass schon die Einstellung von Mutter und Vater in der Schwangerschaft zum werdenden Kind dessen Entwicklung beeinflussen kann. Nie mehr lernt der Mensch so viel wie in den ersten Jahren.
2 Die Entbindung – Geburt der Familie
Die Geburt eines Kindes, einst ein in der eigenen Häuslichkeit stattfindendes gewohntes Ereignis, ist in unserer Gesellschaft zu einer Ausnahmesituation geworden. Im Leben der meisten Mütter stellt die Geburt eine einmalige, höchstens zweimal erlebte Erfahrung dar.
Klinik oder Hausgeburt?
Die bestmögliche Art, ein Kind zur Welt zu bringen, wird lebhaft diskutiert. Die Möglichkeiten reichen von der hochtechnisierten Klinikgeburt, der ambulanten Geburt in der Klinik mit anschließendem Wochenbett zu Hause bis zur umstrittenen Hausgeburt.
Die Geburt in der Klinik
Alle Eltern wünschen sich, dass die Geburt so natürlich wie möglich verläuft. Eine eventuelle Komplikation bedingt manchmal die notwendige Anwendung der Apparatemedizin. Ein beratendes Gespräch mit dem Arzt, der Hebamme oder ein Besuch in der Entbindungsklinik vor der Geburt ist zu empfehlen. Vor den medizinischen Geräten sollten die werdenden Eltern nicht zurückschrecken, denn durch sie kann die Entbindung so risikoarm wie möglich gestaltet werden. Die moderne klinische Geburtshilfe hat unbestreitbare Fortschritte gebracht, so dass die Vorsorge vor und rasche Hilfe bei Komplikationen des Geburtsvorganges gewährleistet ist. Was für echte Risikofälle notwendig ist, sollte freilich bei einer normalen Entbindung nicht ohne Not angewandt und von der Mutter auch nicht verlangt werden.
Die Geburt zu Hause
Wenn man auf eine natürliche Geburt zu Hause zurückgreifen möchte, wie es in Holland noch sehr häufig praktiziert wird, ist dies begreiflich, wenn man sieht, dass in einigen Krankenhäusern Mutter zu werden fast zu einer „Krankheit und die Wöchnerin zur „Patientin
geworden ist. Die werdende Mutter sieht sich Apparaten und Medikamenten willenlos ausgeliefert, wodurch sie durchaus verunsichert werden kann. Für ein „Zurück zur Hausgeburt fehlen allerdings viele Vorrausetzungen: die „freien
Hebammen und rasche ärztliche Hilfe für Notfälle, sowie ausreichende Versorgung des Haushalts. Die Geburt zu Hause ist bestimmt eine natürlichere Geburt als im Krankenhaus, birgt aber doch große Risiken mit sich. So werden die meisten Kinder auch in Zukunft in Kliniken zur Welt kommen und es erscheint vielmehr notwendig, die Klinikgeburt und das Wochenbett mit Hilfe von fortschrittlichen Ärzten, Hebammen und Schwestern menschlicher zu machen.
Die Rolle des Vaters während der Geburt
Immer mehr Eltern wünschen die Anwesenheit und die aktive Mithilfe des Vaters bei der Geburt. Ängste und Verkrampfungen können weitgehend vermieden werden, wenn der Mann anwesend ist. Wenn von der „Entbindung als Geburt der Familie" gesprochen wird, so schließt dies den Vater selbstverständlich mit ein. In Geburtsvorbereitungskursen erlernen die Väter einfache Handgriffe zur Unterstützung der Mutter während der Wehen, ganz abgesehen von der seelischen Hilfe, die der Mutter durch die Anwesenheit und den Zuspruch ihres Mannes oder Lebenspartners gut tun kann.
Nach der Geburt
Ist das Kind geboren, wird es der Mutter sofort auf den Bauch, und kurz danach an die Brust gelegt. Die Mutter sollte spüren dürfen, für was sie sich so angestrengt hat und was sie neun Monate bei sich trug. Noch auf den Bauch liegend wird es von Vater und Mutter mit leiser Stimme und dem Streicheln begrüßt. Diese Empfindungsfähigkeit zwischen den Eltern und dem Kind sind wünschenswert und sollte durch die äußeren Umstände unterstützt werden, indem der Säugling noch nackt aber warm abgedeckt auf der Mutter lange liegen darf. So vermeidet man eine postnatale Depression der Mutter und legt den Grundstein für eine lebenslange Bindung. Das Kolostrum, wie die wertvolle Vormilch auch genannt wird, ist ein wichtiges Medikament. Es beinhaltet nicht nur lebenswichtige Stoffe für eine wochenlang anhaltende Körperabwehr, sondern auch andere wichtige Nährstoffe.
Die Tage danach
Schon in den nächsten Tagen lernen Mutter und Kind sich in ruhiger Atmosphäre kennen, riechen, sehen, hören, schmecken und besonders auch fühlen. Das Kind ist von Natur aus auf unmittelbaren Körperkontakt mit der Mutter eingestellt, wie sich auch die Mutter nach Anblick und Berührung des lange erwarteten Kindes sehnt. Diese erste Phase ist nicht alleine ausschlaggebend aber trotzdem sehr wichtig, um eine enge, liebevolle Beziehung zwischen Mutter und Kind zu fördern.
3 Eine traumatische Geburt
Es kann passieren, dass die Geburt nicht so verläuft, wie sich es die Eltern, und auch die Hebamme und der Arzt es sich erhofft haben. Es kam vielleicht zu einer sehr schweren Geburt, einem ungeplanten Kaiserschnitt, einer Entbindung des Kindes mit der Zange oder Saugglocke. Das erhoffte freudige Kennenlernen, das liebevolle Empfangenwerden und die gemeinsame Entspannung nach der Geburt blieben aus und fehlen schmerzlich. Solche angstbesetze und schmerzhafte Erfahrungen während oder nach der Geburt können für Mutter und Kind eine große Belastung sein. Die Mutter wird oft von Schuldgefühlen geplagt, weil sie unter der Geburt ihrem Kind nicht selbst helfen konnte. Diese so unter Stress geborenen Kinder schreien meist viel, leiden unter Schlafstörung oder haben Probleme mit der Nahrungsaufnahme.
Hilfe, mein Kind schreit, schläft keine Nacht mehr durch oder isst nicht!
Auf Grund der Folgen der Komplikationen während der Geburt konnte sich in den ersten prägenden Stunden zwischen der Mutter und ihrem Kind keine sichere Bindung aufbauen. Je größer der Schmerz, umso intensiver wird das Kind nach seiner Mutter, bei der es 9 Monate sicher und geborgen lag, dies wieder einfordern. Wichtig ist hier schnell die Hilfe von außen anzunehmen, die den Eltern die Möglichkeit bietet, wieder mit dem Säugling in Kontakt zu kommen, ihn anzuschauen und durch Körperkontakt neu zu erfühlen. Während der Therapie von extra geschulten Kinder- und Frühtherapeuten erlernen die Eltern wieder die Feinfühligkeit zu ihrem Kind zu finden. Der Schlüssel, um dem Kind ausreichenden Halt, Geborgenheit und Sicherheit zu bieten, den das Kind die nächsten Jahre so dringend brauchen wird.