Hamburger Zeitgeschichte: Alltägliches Aus den Jahren 1957 - 1960
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In die Zeit des frühen Wiederaufbaus kehrte Manfred Waldenberg 1951 aus der Kriegsgefangenschaft zurück. 6 Jahre später begann er anlässlich des Bezugs eines Neubaus an der Mundsburg sein Tagebuch. Er nannte es Hausbuch weil es seine privaten Aufzeichnungen festhielt und mit seinem Inhalt als ständiger Begleiter für die Bewohner der neuen Wohnung gedacht war. Heute vermitteln seine Aufzeichnungen Einblick in die Alltäglichkeiten einer gerade 8 Jahre alten Bundesrepublik.
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Book preview
Hamburger Zeitgeschichte - Manfred Waldenberg
Inhaltsverzeichnis
Vorwort
Prolog
Donnerstag, 15. 8. 1957
Freitag, 16. 8. 1957
Sonntag, 18. 8. 1957
Mittwoch, 28. 8. 1957
Mittwoch, 4. 9. 1957
Donnerstag, 5. 9. 1957
Donnerstag, 12. 9. 1957
Freitag, 13. 09. 1957
Samstag, 14. 9. 1957
Samstag, 28. 9. 1957
Sonntag, 29. 9. 1957
Donnerstag, 10. 10. 1957
Mittwoch, 6. 11. 1957
Freitag, 25. 11. 1957
Sonntag, 1. 12. 1957
Montag, 16. 12. 1957
1958
Samstag, 4. 1. 1958
Dienstag, 7. 1. 1958
Dienstag, 4. 2. 1958
Mittwoch, 19. 2. 1958
Mittwoch, 19. 3. 1958
Montag, 31. 3. 1958
Mittwoch, 2. 4. 1958
Donnerstag, 3. 4. 1958
Mittwoch, 16. 4. 1958
Dienstag, 22. 4. 1958
Dienstag, 6. 5. 1958
Donnerstag, 8. 5. 1958
Freitag, 9. 5. 1958
Samstag, 10. 5. 1958
Sonntag,11. 5. 1958
Montag, 26. 5. 1958
Donnerstag, 12. 6. 1958
Montag, 16. 6. 1958
Mittwoch, 18. 6. 1958
Mittwoch, 25. 6. 1958
Samstag, 30. 8. 1958
Mittwoch, 3. 9. 1958.
Samstag, 6. 9. 58
Sonntag, 7. 9. 1958
Dienstag, 9. 9. 1958
Donnerstag, 11. 9. 58
Donnerstag, 25. 9. 1958
Samstag, 27. 9. 1958
Mittwoch, 15. 10. 1958
Samstag, 18. 10. 1958
Samstag, 25. 10. 1958
Impressum
Vorwort
Es ist noch kein Menschenalter her, da lagen die deutschen Städte in Schutt und Asche. Mit den Aufräumarbeiten nach Kriegsende veränderte sich das Bild der zertrümmerten Städte hin zu kahlen Flächen, gesäuberten Ruinen, unverputzten Altbauen und anfangs wenigen Neubauten. Heute zeugen nur die Straßenzüge von diesen frühen Jahren in denen zwischen den Häuserzeilen aus der Gründerzeit plötzlich ein, zwei Neubauten anzutreffen sind. Sie zeigen untrüglich die Architektur der 50er und frühen 60er Jahre des 20. Jahrhunderts. Der Spaziergänger fragt sich, wie es sein konnte, dass nur dort ein Paar aus der gleichmäßigen Straßenfront herausgebombt wurden, wo anderenorts ganze Stadtteile in Schutt und Asche fielen.
In die Zeit des frühen Wiederaufbaus kehrte Manfred Waldenberg 1951 aus der Kriegsgefangenschaft zurück. 6 Jahre später begann er anlässlich des Bezugs eines Neubaus an der Mundsburg sein Tagebuch. Er nannte es Hausbuch weil es seine privaten Aufzeichnungen festhielt und mit seinem Inhalt als ständiger Begleiter für die Bewohner der neuen Wohnung gedacht war. Heute vermitteln seine Aufzeichnungen Einblick in die Alltäglichkeiten einer gerade 8 Jahre alten Bundesrepublik. Damals ist Manfred Waldenberg 47, seine Frau 46 und der Sohn, Wolfgang 4 Jahre alt.
Als wolle Waldenberg sich seiner neuen Lebenssituation versichern unternimmt er 1953 den Versuch das Leben seiner Generation, also derer die um 1910 geboren worden sind, »historisch« zu betrachten. Herausgekommen ist ein 15-minütiger Sprechbeitrag, der vielleicht für den Rundfunk geschrieben wurde. Dort gibt er Auskunft über die Stellung des Spätheimkehrers in der 1949 gegründeten Bundesrepublik.
Bei der Übertragung des handschriftlichen Textes wurde die damalige Rechtschreibung beibehalten.
Wolfgang Waldenberg
Prolog
DAS LOCH IM LEBEN
Es ist immer ein Genuß, meine sehr verehrten Hörerinnen und Hörer, wenn man sich selbst einmal historisch nehmen darf. Ich habe heute das Recht dazu, denn ich will Ihnen etwas von der Generation erzählen, mit der ich groß geworden bin. Die dabei wahrscheinlich unterlaufenden Verallgemeinerungen von ganz privaten Erfahrungen können die Geschichte leicht wieder unhistorisch machen. Aber das müssen wir in Kauf nehmen. Weder Sie noch ich können von der Zeit, die wir selbst miterlebt haben auch noch eine perspektivisch richtige Geschichte erstellen. Wenn der Akteur auf der Bühne im dritten Akt plötzlich aus der Rolle fällt und über die Rampe springt, um Zuschauer zu sein, gewinnt er dadurch kein objektiveres Bild von seiner Rolle in den beiden ersten Akten. Etwas Ähnliches versucht man, wenn man die Geschichte seiner eigenen Generation erzählen will. Das wird nie ganz Geschichte, sondern bleibt immer nur Versuch oder, ins Französische übersetzt »Essay«. Lassen Sie mich darum bewußt essayistisch von meiner Generation reden. Mitreden können alle die, die in nicht allzu großer Entfernung beiderseits des Jahres 1910 zur Welt gekommen sind.
Wir reichen, wie man sieht, noch ein kleines Stück in die gepriesene Lebenssicherheit und Daseinsbefestigung der Kaiserzeit hinein. Man nennt sie gerne die »Sekurität« des von Bismarck gegründeten, von Wilhelm verwirtschaften Deutschen Reichs. Wir haben nicht viel von dieser Sekurität mitbekommen. 1914 mußten unsere Väter ihren Weltkrieg anfangen, und als sie 1918 damit zu Ende waren, ging die staatliche Verfassung unserer Kindheit vollständig in die Brüche. Das war nur ein Anfang, denn als wir Studenten waren oder das entsprechende Lebensstadium auf andere Weise durchmachten, wurde schon die nächste Staatsform umgeworfen. Das war noch nicht das Ende, denn als wir angefangen hatten, uns in unseren Berufen einzurichten, einander zu heiraten und Kinder in die Welt zu setzen, mußten wir eines Tages alles stehen und liegen lassen, weil »unser« Weltkrieg ausgebrochen war. Und als wir den mit letzter Kraft verloren hatten, fiel die dritte staatliche Form unseres mobilgemachten Daseins in sich zusammen, und man ließ uns jahrelang nicht heim in unser Trümmerreich. Ich bin z. B. erst vor einem guten Jahr in den Genuß der vierten politischen Konstruktion meines Lebens als Deutscher gekommen. Länger als zwölf Jahre war ich auswärts tätig oder untätig und bin nun in mehr als einem Sinne wieder das, was ich schon öfter war: Anfänger! Denn zwölf bodenlose Jahre reißen begreiflicherweise ein solches Loch in die eigene Biographie, daß man seine verjährten Berufserfahrungen nur noch mit starker Einschränkung als konkurrenzfähig feilhalten kann. Die, wie man behauptet, besten Mannesjahre einer ganzen Generation sind in das große Loch hineingefallen, das 1939 seinen Schlund aufriß. Unsere Frauen mußten unterdessen ihren Mann stehen und haben jetzt auch wieder ganz klein mit uns angefangen, teilweise noch im ersten Ehejahr, das wir 1939 weltgeschichtlicher Umstände halber, nicht ganz zu Ende bringen konnten.
Eine wichtige Frage ist immer, wie sich eine Generation zu ihrem Schicksal stellt. Und eine weitere: ob die Betroffenen irgendwie vorbereitet waren. Zu der zweiten Frage möchte ich ja sagen, was nachträglich immer sehr leicht ist: mit schwer blockierenden und darum schwer zu begreifenden Widerständen wies uns das Leben von früh an auf die kommende Katastrophe hin. Das war aber damals nur um so verwirrender. Übrigens haben unsere Eltern zu der allgemeinen Unklarheit insofern einen Beitrag geleistet, als sie uns fortwährend mit ihrer Hoffnung auf eine