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Unterwegs: Gefundenes und Empfundenes
Unterwegs: Gefundenes und Empfundenes
Unterwegs: Gefundenes und Empfundenes
Ebook590 pages1 hour

Unterwegs: Gefundenes und Empfundenes

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About this ebook

Ab dem Jahr 2007 begann ich – wenn ich unterwegs war (Berge, Meer, Klöster) – Gedichte zu schreiben. Sie reimen sich nicht.
Nach einigen Jahren fügte ich manchen Gedichten auch Fotos bei. Diese sind unter zweierlei Gesichtspunkten zu betrachten: Zum einen können sie den Gegenstand oder die Stimmung des gleichnamigen Gedichtes darstellen. Zum anderen aber zeigen sie vielleicht etwas, was lediglich der Auslöser zu einem später entstandenen Gedicht war.
Warum nur zu einigen Gedichten Bilder? Dafür gibt es vielerlei Gründe: Manchmal lassen sich Worte nicht durch ein Foto ausdrücken oder aber meine Kamera bot mir dazu nicht die Möglichkeit. Gelegentlich erlebte oder erblickte ich auch etwas, was erst zu einem späteren Zeitpunkt in einem Gedicht verarbeitet wurde – mein Weg hatte mich dann schon weitergeführt.
Die Fotos sind eine schmückende Beigabe; das Wesentliche sind die Gedichte.
LanguageDeutsch
Release dateApr 15, 2015
ISBN9783738699265
Unterwegs: Gefundenes und Empfundenes

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    Unterwegs - Sigrid Hussong

    Hölle

    Schweiz, Sommer 2007

    Beginn

    Aufstieg durch die Ruhe des Waldes –

    Alleinsein, Schritt für Schritt,

    Gedankenwirbel!

    Meine Bank in Aussicht,

    gleißende Sonne, blühende Bergwiesen,

    Zirpen der Grillen und große Ameisen.

    Über allem aber das Rauschen der Lärchen im Wind,

    Tränen – die Seele findet Ruhe.

    Saas–Fee

    Handy im Safe,

    ungeschminkt,

    Ehemann auf langer Tagestour,

    Kinder in einem anderen Land,

    Sonne – Bank – Buch – Natur,

    Glücksgefühl – vielleicht nicht lange,

    aber umso intensiver!

    Bänke

    Wanderung geplant und sogar begonnen:

    Belohnung:

    Erste Bank!

    Zu Beginn akklimatisieren und nicht überanstrengen:

    Zweite Bank!

    Wunderbare Aussicht genießen:

    Dritte Bank!

    Keine Kondition und vom Laufen müde:

    Vierte Bank!

    Berghüttenbewirtschafter müssen unterstützt werden:

    Ausnahme: gepolsterte Holzbank inklusive Kaffee und Kuchen!

    Noch keine Zeile gelesen:

    Sechste Bank!

    In meinem Alter muss man viel trinken:

    Siebte Bank!

    Eichhörnchen springen von Wipfel zu Wipfel:

    Achte Bank!

    Schicki-Micki-Einladung nach dem Urlaub →

    ausgeschnittenes Sommerkleid und Goldkette →

    Braun sieht gut dazu aus:

    Neunte Bank (Sonnenbank Natur)!

    Ohne Grund:

    Zehnte Bank!

    Lebendes

    Ich fließe über:

    pinkfarben, goldgelb, Prachtnelken,

    wilde Orchideen – ein Blumenmeer,

    in dem ich ertrinken möchte.

    Winzige Schmetterlinge: samtbraun mit Rändern in Orange

    und alle Schattierungen von Blau:

    nachtblau, azur mit hellen Umgebungen.

    Es berührt mich bis ins Innerste:

    Vier junge Murmeltiere balgen sich auf Gesteinsbrocken.

    Die Steigung wird für mich zum Spiel:

    Das Tierchen blickt mich an

    und Gras streichelt mich.

    Was ist schon Bingo im Hotel?

    Gelenk

    Stehen, gehen, wandern –

    mit einer Selbstverständlichkeit,

    die eigentlich erstaunen müsste.

    Einbruch:

    Unbeweglichkeit, Starre, Schmerz.

    Strafe für Gedankenlosigkeit?

    Typisch Gott!

    Frau und Mann

    Traute Zweisamkeit,

    Hand in Hand zusammen wandern.

    Sie: Blumenpracht und Gemse.

    Er: Bedachtsamkeit an Gesteinsplatten.

    Sie: Sonnenwärme auf der Haut.

    Er: Besteht die Möglichkeit, die angegebene benötigte

    Gehzeit zu unterbieten?

    Sie: Frisch gebackener Aprikosenkuchen mit Rahm

    in uriger Berghütte.

    Er: 1 Bällchen Eis kostet 3 SFr.!

    Inmitten des Lärchenwaldes liebt er sie

    und beide sind glücklich.

    Kaulquappen

    Es wimmelt von ihnen im Bergteich.

    Klares, frisches, eiskaltes Wasser von glitzerndem Grün.

    Gelbe Schwertlilien umgeben den Tümpel

    und wiegen sich sanft im Wind.

    Die Tiere haben schon kleine Vorder- und Hinterbeine,

    ihr dicker Ruderschwanz lenkt sie.

    Bald werden unzählige Fröschlein das Ufer bevölkern.

    Drei ungelenke Jugendliche in der Pubertät

    mit langen, weiten Badeshorts,

    die ihre dürren Beine verdecken,

    springen angeberisch wagemutig in das Gewässer.

    Sie fangen die Kaulquappen und

    treten sie genüsslich tot.

    Es gibt genug Frösche in der Welt.

    Märliweg

    Die Menschen eilen im Wald an ihm vorbei.

    Sie lesen die Sagen der alten Zeit

    und nicken bedeutungsvoll mit dem Kopf.

    Jede kunstvoll verzierte Tafel und

    alle dazugehörigen Schnitzereien werden bewundert.

    Doch den Godwergeli, der unter dem Stein hervorlugt,

    bemerkt niemand.

    Er zwinkert vergnügt,

    wartet eine hoffnungsvolle Weile

    und verschwindet enttäuscht!

    Bergkapelle

    Gleißende Sonne durchbricht das Glas,

    die weiße Taube breitet ihre Flügel aus.

    Gewaltiges Holzkreuz,

    Jesus mit Leidensmiene.

    Der Engel zwinkert,

    das Schäfchen tollt im Bilde.

    Schmale, harte Sitzbänke

    und breites Gesäß.

    Kleine Kerzen werden entzündet

    und ich bete für sie.

    Invasion

    Käfer –

    flitzende Beine,

    in vielen Schattierungen:

    grünschillernd

    und blauglitzernd.

    Zu zweit,

    zu dritt,

    zu viert aufeinander.

    Sie tragen

    und

    paaren sich.

    Ungemein gefräßig;

    Blättergerippe überall –

    das Grün leidet.

    Speisen

    Öffnen der Küchentür:

    Vorspeise – Suppe;

    Bedienung grüßt,

    Gast knurrt hungrig.

    Salat:

    Bedienung lächelt,

    Gast runzelt die Stirn.

    Hauptspeise: Fleisch, Soße und Kartoffeln;

    Bedienung schleppt heiße Teller,

    Gast isst.

    Nachspeise: Eisbombe;

    Bedienung schwitzt,

    Gast genießt.

    Schließen der Küchentür.

    Höhenrausch

    Den Gipfel nach Mühen erstiegen:

    Die Beine spüren die schweren Bergschuhe nicht mehr,

    die Füße ignorieren die Blasen.

    Die Gurte des Rucksacks schneiden nicht mehr in die Schultern,

    Rückenschmerz, was ist das?

    Das lange Haar klebt kaum noch im Nacken

    und die Zunge verlangt kein Wasser mehr.

    Ich schließe die Augen

    und die Sonne wärmt und liebkost mein Gesicht.

    Ich öffne die Augen

    und blicke überwältigt umher:

    Gewaltige Berge, schneebedeckte Gipfel,

    das Rauschen des Wassers von ferne,

    ansonsten absolute Ruhe.

    Es berührt mich bis ins Innerste –

    meine Seele erhebt sich

    und Tränen benetzen die Wangen.

    Stein

    Eine Kapelle in den Fels gehauen,

    rohe Kraft und Gewalt.

    Kirchenfensterengel drohen mit düsterer Miene

    und erschlagen das Gewürm mit Eisenketten.

    Der Erzengel Michael

    mit seinem übergroßen Schwert

    überwältigt die Auswüchse der Hölle.

    Jesus leidet wie immer am Kreuz.

    Auf einer kleinen Holztafel

    verborgen in einer dunklen Ecke

    ein Gebet der Mutter Teresa:

    Frieden, Frieden, Frieden.

    Hühner

    Sie gackern und plustern sich auf.

    Das kleine Mädchen

    mit den blonden Locken

    drückt sich in eine Ecke.

    Sie scharren und gockeln laut.

    Das Kind zittert am ganzen Leibe.

    Sie picken es mit ihren spitzen Schnäbeln

    und kreischen triumphierend.

    Dem Engelchen kullern Tränen über die Wangen:

    „Bald habe ich Geburtstag,

    dann gehe ich in den Wienerwald!"

    Bergwiese

    Ziegen mit bimmelnden Glocken,

    schwarz-weiß, braun und meliert.

    Sie knoddeln und stinken.

    Eine gefangene Gemse

    und zottlige Böcke blöken.

    Ein dürres, schon geschorenes Schaf

    drückt sich in eine Sandkuhle.

    Acht rosa, fette Ferkel

    suhlen sich am plätschernden Bergbach.

    Ihre schorfige Nackenhaut schuppt sich –

    Sonnenbrand.

    Allein mit seiner Katze

    schnitzt der einsame Senner an seinem Schild:

    „Wir kennen alle,

    aber uns selbst kaum."

    Steinsitz

    Die Frau hat den Gipfel

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