Nach(t)gedanken: Kurzgeschichten von einem exillebenden Hamburger in NRW
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Erdi Gorch Fock
Erdi Gorch Fock
In der Art des Feuilleton schreibe ich Kurzgeschichten über dütt un dat. Von Hamburg bin ich vor vielen Jahren an den Niederrhein gezogen. Meine Ehefrau und mein Sohn helfen mir nun als exillebender Hamburger in NRW, meine neue Heimat besser zu verstehen, somit reflektiere ich meistens, was mir hier so auffällt oder einfach anders ist. Manchmal mit leisen hin- und wieder auch mit direkten Zwischentönen in meinen Geschichten. Märchen mag ich besonders, ob Fantasie oder spannend. Fiktion und erlebtes, aber nicht immer alltägliches wechseln sich munter in meinen Erzählungen ab. Sich selbst nicht so wichtig nehmen, ist mein persönliches Credo mit nun 50+, viel Spaß beim Lesen. Erdi Gorch Fock
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Nach(t)gedanken - Erdi Gorch Fock
Fock
Wer ist meine liebste Freundin?
Vor gut 30 Jahren, (man bin ich schon so alt) wurde ich das schon mal von meinem Lehrbeamten gefragt, ich machte damals gerade meine Befähigungsprüfung zum Beamten, in meiner Klasse waren auffallend hübsche Mädchen und der Zufall wollte es, daß ich der einzige junge Mann in diesem Jahrgang war. Wo war ich …. ach ja….Ihr könnt Euch die Situation vorstellen, mitten im Sommer, warmes Wetter, schwerer Lernstoff, Paragraphen und Gesetzestexte, fast jeden Tag eine Prüfungsarbeit vor der Nase. Du mußt Dich konzentrieren und da kommt die Frage von Deinem Lehrer: "Thomas, welche von den schönen Frauen ist Deine liebste?"
Es wurde sofort still im Klassenraum, da nun alle Frauen brennend auf meine Antwort warteten. In mir wurde es heiß und kalt gleichzeitig, im Raume lag ein leicht süßlicher Duft, so eine Art liebliche Wolke die Deinen ganzen Körper umhüllt und Dich umschmeichelt und Dir die Sinne raubt. Ich wußte bei nicht richtiger Antwort, bist Du der einsamste junge Mann in dieser Klasse und hast es verscherzt mit all den Schönen in diesem Raum, was sollte ich sagen, ich wußte nicht was ich sagen sollte… fast wie jetzt….und dann kam meine Antwort, die auch noch heute bis gilt. Meine liebste Freundin ist die Blonde mit den grünen Augen
.
Na, wie Ihr wohl erraten könnt, war keine einzige Frau mit blonden und grünen Augen im Klassenraum anwesend. Zu meinem Glück und ohne weitere einzig artigen Fragen vom meinen Lehrbeamten, konnte ich mich in die Mittagspause retten.
Nun benutzte ich diese freie Zeit um mir Platten und Musikkassetten im nahe gelegenen elektronischen Kaufhaus in der Hamburger Mönckebergstraße anzuschauen. Ich wurde fündig und ging an die Kasse und mich traf fast der Schlag. An der Kasse stand die für mich zur Fleisch gewordene Alibifrau mit blonden Haaren und grünen Augen. Als ich mit dem bezahlen dran war, tauschte ich mit dieser Traumfrau ein paar Nettigkeiten aus. Leider war ich zeit mäßig in Eile, meine Pause war fast zu Ende, ich konnte mich nicht weiter mit Ihr
unterhalten, geschweige denn eine Rufnummer austauschen. Ich kam pünktlich, leicht erregt wieder zum Unterricht. Unser Lehrer betrat die Klasse und fing mit den folgenden Worten den Unterricht an, diese Sätze habe ich heute noch im Ohr."Na, Thomas wie war Deine Mittagspause? und meine Antwort kam wie aus der Pistole geschossen und Ansatzlos
Ja, ich habe meine Traumfrau getroffen"
Damit habe ich natürlich den Unterricht zum erliegen gebracht und die nötige Konzentration konnte nicht mehr von den Mitschülern und mir aufgebaut werden. Am Nachmittag, nach Schulende bin ich noch mal los gegangen, in die Mönckebergstraße, in die elektronische Abteilung des Kaufhauses, aber Sie
war nicht mehr da………..
Karneval für mich
Der Karneval, einer der Gründe warum ich nach NRW gezogen bin. Eine Werbung für den Karneval konnte ich, als Exil lebender Hamburger, mal in einem beleibten Reisemittel erleben. Vielleicht waren ein paar Norddeutsche bei dieser Fahrt dabei und erinnern sich mit mir.
Meine erlebte Reise fand vor einigen Jahren statt, am Altweiber, Richtung Köln. Beim Einstieg in Hamburg, früh morgens, nahm ich ruhig und zurück haltend in einem Großraumwagen meinen Platz ein. Im Laufe der Fahrt wurden die Fahrtkarten kontrolliert, pünktlich erreichten wir Bremen. Bei der Weiterfahrt des Zuges kam über Lautsprecher die Ansage, das ein Personalwechsel stattgefunden hat. Das Zugpersonal stellte sich folgend vor. „ Meine Damen und Herren, werte zugestiegene Jecken, der Zug ist nun bis Köln in rheinischer Hand, dass heißt, wir werden eine erneute Fahrkontrolle durchführen, bitte halten sie Ihre Fahrscheine bereit, die Zugbegleiter mit dem roten Frisbee auf dem Kopf und der Konfetti Lochmaschine werden nun durch die Wagen gehen." Der Lautsprecher blieb an und wir hören Karnevalslieder zur Unterhaltung.
In unserem norddeutschen Abteil, von A nach B fahrend, wurde nun klar, dass die fünfte Jahreszeit uns fest im Griff hatte. Zweifellos, war ich im richtigen Zug und über meine Lippen kam ein fröhliches 'Jönne könne, Kölle Alaaf'. Einige von den Passagieren blickten erwartungsfreudig dem Ein-und Ausgangsbereich entgegen. Nichts tat sich, bis wir etwas quietschend rollendes hörten. Es war der Getränkewagen, leicht zu erkennen am angebrachten Plakat mit „ Kaffee, Kölsch, Kamelle". Ein gelungener Auftritt, der von einigen mit Helau begrüßt wurde.
Von da an wurden wir bei den neuen Bahnhofstationen immer mit „Niemals geht man so ganz" an die nächsten Haltepunkt erinnert. Der nächste Halt wurde mit: „Bis Münster, Duisburg, Düsseldorf blieve wir beisamme" angekündigt.
Der Schaffner drehte seine Runde, ich schmunzelte, da hier die gezeigten Fahrkarten auf 'Kölsch' kommentiert wurden. Ich wurde mit den Worten: „Kölle, da trinkste Du einen mit" kontrolliert.
Langsam erreichten wir Düsseldörp- äh Düsseldorf – „die Stadt mit ungenießbarem alten Bier" Der Zug war nun vollends in Jeckenhand, die hinzu gestiegenen Passagiere wurden bei 'Gefallen bebützt' und de 'Schätzeleins' mit „Hier ist noch ein Platz frei" begrüßt.
Kurz vor Köln, wie konnte es anders sein, verabschiedete sich unser Zugpersonal Form vollendet mit: „Die Karawane zieht weiter, der Sultan hätt dooscht, wer Wieverfastelovend noch de Rathuus stürmen möchte, müsste nun aussteigen, da hier bei Köbes das Kölsch auf uns wartet und wir nun in de richtigen Stadt am Rhin seien."
Nun war ich in meiner neuen Heimat angekommen, 'Schabau und Kölsch' lag in der Luft. Fröhlich bildete sich eine Traube von alten Weiber und gut gebauten Seemännern, die alle zum Rathaus wollten um an Bürgermeisters Slips und Schnürsenkel zu kommen. Ich denke immer wieder gerne an diese Geschichte zurück. Im Laufe der Jahre, nun da ich schon lange hier lebe, sind die Jecken und Narren in NRW Karnevals Hochburgen weniger geworden. Zur Karnevalszeit kommt bei mir immer wieder dieses Gefühl hoch, ich meine, sich mal fallen lassen und sich selber nicht zu ernst nehmen. Einmal abschalten, Zeit nehmen, mit Gleichgesinnten zu schunkeln und ein Schätzelein in Arm halten. Laßt Euch mal treiben, wenn de Zug kütt und es Kamelle regnet.
Wer als Norddeutscher was ähnliches erlebt hat, ist herzlich eingeladen, es mir zu schreiben. Ich wünsche Euch allen ein schönes Ahoi, Helau und Kölle Alaaf.
Heimat, Sehnsucht und Fernweh
Als kleiner Junge bin ich auf einen Stadtteil mit Inselcharakter groß geworden. Köhlbrandbrücke und der neue Elbtunnel waren noch nicht gebaut. Fast jeden Tag und bei jedem Wetter spielte ich mit Freunden am Elbstrand. Es gab immer was zu entdecken zwischen Rüschkanal und der Werft.
Meistens wurden wir fündig. Taue, Seile, Fender wurden mit gesammelten Hölzern und Brettern zusammen geschnürt bis ein Floß fertig war. Manchmal schafften es unsere „Schiffe" nur wenige Meter, bevor wir in der Elbe Schiffbruch erlitten.
Eines Tages entdeckte ich ein altes Buch, es war voll kommen durchtränkt, einige Seiten waren kaum noch zu entziffern, neugierig blätterte ich darin. Es war eine Erzählung von fernen Ländern, gespickt mit ein paar Bildern. Ein Bild von einer schönen Frau. Bevor ich weiter lesen konnte, mussten einige