Der Zauberer vom Wildschweinberg
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Ella lässt diese Geschichte keine Ruhe mehr, denn der goldene Zeiger trägt die Initialen JG! Zusammen mit ihrer Freundin Susanne fährt sie in die Berge, wo nicht nur Meister Glockenschlag einst zu Hause war, sondern auch der Zauberer. Denn eins ist klar: Es hat ihn wirklich gegeben! Vor vielen Jahren hat er die Uhr geraubt, und seitdem ist sie verschwunden. Mit dem goldenen Zeiger im Gepäck beginnt für Ella und Susanne auf der Suche nach der Uhr ein aufregendes Abenteuer.
Angela Brauer
Angela Brauer ...lebt in Chemnitz
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Book preview
Der Zauberer vom Wildschweinberg - Angela Brauer
Für Peter
Inhalt
Ein seltsamer Fund
Eine unvollendete Geschichte
Hinauf in die Berge
Marias Geschichte
Ein neuer Plan
Der Zauberberg
Seltsame Leute
Benjamin
Träume haben manchmal Krallen
Eine merkwürdige Nachricht
Tief unten im Fels
Zu guter Letzt
Ein seltsamer Fund
Vor zwei Jahren, es war die Zeit der reifen Kirschen, begann für Ella, die eigentlich Ellen heißt, im Garten ihrer Tante ein besonderes Abenteuer. Genauer gesagt, sie machte einen Fund. Da wusste sie natürlich noch nicht, dass er sie noch lange beschäftigen würde, denn er war unscheinbar wie ein Samenkorn, aus dem sich erst durch mühevolle Pflege etwas entwickeln kann. Und doch fing alles damit an, dass Ella auf einen Kirschbaum kletterte.
Das Haus ihrer Tante befindet sich am Stadtrand von Grünfeldingen. Es hat einen weitläufigen Garten, in dem mehrere alte Kirschbäume stehen. Jeden Sommer locken die Kirschen die Stare herbei. In ganzen Schwärmen fallen sie ein und machen sich über die reifen Früchte her. Den Kampf gegen die ungebetenen Gäste hat man hier schon lange aufgegeben, und niemand unternimmt noch etwas, um sie zu vertreiben.
Wie ein Star fällt auch Ella von Zeit zu Zeit in das Haus mit den Kirschbäumen ein. Nur dass sie kein unerwünschter Gast ist, im Gegenteil! Ihre Mutter ist Schauspielerin und manchmal für einige Wochen oder gar Monate zu Dreharbeiten unterwegs. Dann zieht Ella zu Tante Luise und Onkel Franz. Sie sind sehr nett, sodass der häufige Umzug für Ella auch in Ordnung ist. Und jedes Mal hat sie eine Menge Bücher im Gepäck, denn Lesen ist ihre große Leidenschaft. Im Schatten der großen Kirschbäume ist sie dann völlig ungestört und kann selbst an heißen Tagen im Gras liegen und in ihre Bücherwelt eintauchen. Onkel und Tante haben sich schnell daran gewöhnt, dass sie stundenlang mit der Nase über irgendeinem Buch hängt.
Der Ort Grünfeldingen, wo sie während dieser Zeit auch die Schule besucht, gefällt Ella sehr. Sie findet ihn viel gemütlicher als die große Stadt, in der sie mit ihrer Mutter wohnt. Er liegt in der Nähe eines Gebirges an einem Fluss und hat einen schönen Marktplatz. Außerdem gibt es einen Park mit einem richtigen Schloss darin. Einige Häuser haben einen Namen. Solche wie Haus Sonnenblume und Villa Regenbogen oder Frühlingserwachen und Waldesrauschen findet Ella sehr schick, aber Villa Katzendreck, Zur Folterkammer, Wilder Trompeter oder Hutzelhütte und Am Klapperstein gefallen ihr noch besser. Sie kann sich gut vorstellen, dass hinter all diesen Namen spannende Geschichten stecken. Das Haus von Tante Luise und Onkel Franz hat auch einen Namen: Es heißt Starenlust.
Vor zwei Jahren also, wieder war Kirschenzeit, saß Ella unter einem der alten Bäume, in denen schon seit Stunden die Stare lärmten. Den ganzen Nachmittag über war sie in ihre Lektüre versunken und hatte nicht bemerkt, wie die Schatten langsam länger wurden. Ein leichter Wind war aufgekommen, und als Ella dann doch einmal aufschaute, sah sie, wie die Sonne geheimnisvolles Licht in die Baumkronen zauberte. Wie dunkle Wege liefen die Äste in das wogende Blättermeer hinein und verloren sich dort in der Tiefe des Grüns. Da bekam sie große Lust, hinaufzuklettern und in diese magische Welt vorzudringen. Und bald saß sie hoch oben auf einem Ast, ließ sich vom Wind schaukeln und sah den Garten und die Stadt aus einer neuen Perspektive. Sie fühlte sich leicht und beschwingt wie ein Vogel. Die Stare beäugten sie argwöhnisch, als auch sie sich die reifen Kirschen schmecken ließ. Ella schnippte die Kerne nach ihnen und lachte, als sie schimpfend davonflogen.
Von nun an kletterte sie öfter hinauf, auch als es schon längst keine Kirschen mehr gab.
Eines Abends bemerkte Ella plötzlich ein merkwürdiges Glänzen und Blinken zwischen den Blättern. Neugierig rutschte sie hinüber, doch da war es schon wieder verschwunden. Ein paar Tage später sah sie es erneut. Diesmal ließ sie es nicht mehr aus den Augen und näherte sich vorsichtig. Bald erkannte sie einen länglichen, blitzenden Gegenstand, der sich im Gewirr der Zweige verfangen hatte. ›Einer der schwarz gefiederten Diebe wird ihn gestohlen und hier oben versteckt haben‹, dachte Ella und zog das kleine Metallstück aus den Zweigen hervor. Es war der Zeiger einer Uhr.
Sie war enttäuscht. Ein Zeiger, das war nun wahrlich keine Sensation. Doch dann spürte sie das warme Gold in ihrer Hand und sah genauer hin. Es war ein sehr schöner Zeiger mit einer langen, geschwungenen Spitze, sodass er wie ein Pfeil aussah. In den Schaft war eine winzige Glocke eingraviert, und auf der Rückseite erkannte Ella zwei Gleichungen: 1+1=1 und 2-1=0. Sollte das ein Irrtum sein oder steckte eine andere Wahrheit dahinter?
Am Abend zeigte sie den Fund ihrer Tante Luise.
»Geh doch morgen einfach mal beim alten Uhrmacher vorbei«, sagte die Tante, »er wohnt am Ende der Straße und weiß sehr viel über Uhren.« Sie befestigte den Zeiger an einem goldenen Kettchen und hängte es Ella um den Hals. »So kannst du ihn nicht verlieren«, lachte sie.
Ella freute sich. Später, in ihrem Zimmer, legte sie den neuen Schmuck auf das Fensterbrett.
In der Nacht hatte sie einen merkwürdigen Traum: Der Mond schien durch das Fenster, und Ella hörte ein seltsam sirrendes und schleifendes Geräusch. Auch bemerkte sie, dass sich auf dem Fußboden etwas bewegte. Es war der Zeiger, der im fahlen Mondlicht wie ein fremdartiges schillerndes Insekt aussah und das Kettchen wie einen Schwanz hinter sich herzog, während er aufgeregt an der Wand hin und her rutschte. ›Wahrscheinlich sucht er eine Gelegenheit, aus dem Zimmer zu entwischen‹, dachte Ella und wunderte sich, weil der Zeiger nicht den direkten Weg zum offenen Fenster nahm. Da richtete er sich plötzlich auf und schoss zum Schlüsselloch hinauf. Er zwängte sich hinein, aber sein langer Kettenschwanz verhedderte sich an der Türklinke. Schnell rüttelte er sich wieder heraus und flog, weil er nun gefesselt an der Klinke hing, wie verrückt um sie herum. Doch das wurde ihm erst recht zum Verhängnis, denn die Kette verwickelte sich ganz und gar. Wieder und wieder änderte der Zeiger die Richtung und schwirrte schließlich wie ein Propeller um die Klinke herum.
Ein lautes Poltern ließ Ella aus dem Schlaf auffahren. Draußen im Garten tobte der Sturm. Sie hörte sein Rauschen in den Kronen der Kirschbäume, hörte, wie es anschwoll und wieder verging, um schleunigst und mit gleicher Wildheit zurückzukehren. Dann surrte das Windspiel im Blumenbeet, und im Gartenhaus klingelte und schepperte es, als trieben Kobolde ihren Schabernack darin. Alles im Garten schien in heller Aufregung zu sein.
Schnell knipste Ella das