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Istrien in prähistorischer Zeit
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Istrien in prähistorischer Zeit

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Bereits in der frühen Bronzezeit wurde Istrien mit einem Netz von Siedlungen überzogen. Meistens entstanden sie auf Bergen, aber auch auf dem flachen Land, an den Küsten und auf den vorgelagerten Inseln sind sie zu finden. Die zum Teil sehr großen, fast stadtähnlichen Wohnstätten, die heute Kastelliere, Gradine oder Castellieri genannt werden, waren durch gewaltige Steinmauern gesichert. Bisher wurden nur einige wenige Siedlungsstätten untersucht. Die dabei freigelegten Funde belegen weiträumige Beziehungen der damaligen Bevölkerung zu Kulturen zwischen der Ostseeküste und der Ägäis. Hans-Dieter und Elke Kaspar haben nicht nur die in der Literatur genannten, sondern auch erst vor kurzem wieder entdeckte Wohnplätze aufgesucht und dokumentiert. Detaillierte Ortsbeschreibungen führen zu mehr als dreihundert, zum großen Teil wieder in Vergessenheit geratenen Fundstätten.
LanguageDeutsch
Release dateJul 16, 2014
ISBN9783735747280
Istrien in prähistorischer Zeit
Author

Hans-Dieter Kaspar

Elke und Hans-Dieter Kaspar haben in den vergangenen Jahrzehnten jährlich mehrmals Kroatien besucht. Der Schwerpunkt ihrer Reisen lag in den letzten Jahren in Istrien. Über diese wundervolle Halbinsel haben sie mehrere Bücher veröffentlicht.

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    Book preview

    Istrien in prähistorischer Zeit - Hans-Dieter Kaspar

    Inhaltsverzeichnis

    Vorwort

    Ein Blick in die Geschichte

    Forschungsgeschichte

    Kastelliere Gradine Castellieri

    Literaturverzeichnis

    Verzeichnis der erwähnten Fundorte

    Abbildungsnachweis

    Histrisches Schiff

    Vorwort

    Erste prähistorische Bergsiedlungen besuchten wir mit Nikola Stražičić oberhalb der Bucht von Bakar. Diese Exkursionen weckten unser Interesse, auch in Istrien nach Spuren der frühen Bewohner Ausschau zu halten. Im Jahr 2005 haben wir die bis dahin gewonnenen Erkenntnisse in unserem Buch „Istrien. Eine archäologische Entdeckungsreise" veröffentlicht. Zusammen mit Anton Meden, der uns seit 2002 zu vielen Fundstellen begleitete, konnten wir 2010 bekannte und neu entdeckte Wohn- und Begräbnisplätze im Raum Kanfanar präsentieren. In diesem Buch stellen wir alle Siedlungen in Istrien vor, in denen wir vorgeschichtliche Reste gefunden haben.

    Als Grundlage für unsere Arbeit dienten die Monographie von Carlo Marchesetti „I castellieri preistorici di Trieste e della regione Giulia von 1903 und eine Liste über alle Gradine, die uns Kristina Mihovilić, die damalige Leiterin des Archäologischen Museums in Pula zur Verfügung stellte. Sehr schnell mußten wir jedoch erkennen, daß in beiden Publikationen Siedlungs- und Bestattungsplätze vermischt worden waren, und daß viele Anhöhen als Wohnstätten eingestuft wurden, obwohl dort bislang keinerlei Funde zutage gekommen sind. Wertvoller war das Material, das uns Klara Buršić-Matijašić und Robert Matijašić überlassen haben. In ihrem Buch „Gradine Istre unternahm Klara Buršić-Matijašić den Versuch, alle bisher bekannten Informationen zusammenzufassen einschließlich der Berichte über die Feldforschungen von Boris Baćić, Štefan Mlakar, Branko Marušić und Kristina Mihovilić. Sie kam zu dem Ergebnis, daß 240 Orte als gesicherte Fundplätze gelten können und 196 als hypothetisch einzustufen sind.

    Inzwischen besuchten wir die in den verschiedenen Publikationen genannten Plätze, aber auch Wohnstätten, die erst kürzlich bekannt geworden sind. In mehreren Orten, die als hypothetisch eingestuft sind, konnten wir zum Teil reichlich Keramik entdecken und oft auch künstliche Geländeveränderungen beobachten (Stari Pazin, Pištine, Tar, Sveta Katarina, Sv. Foška bei Laginji, Veliki vrh bei Ježenj usw.) Auf anderen Anhöhen, die zu Fundstellen erklärte worden waren, konnten wir keine Hinweise auf frühe Bewohner ausfindig machen (Bresnica, Orljak sowie Selin vrh und Štandar vrh nördlich von Baderna und viele mehr).

    Bemerkenswert ist, daß neue Bergsiedlungen in den letzten Jahren vor allem von Hobby-Archäologen gefunden wurden. In der Umgebung von Tar ist Gaetano Benčić bei seinen Exkursionen auf bislang unbekannte Kastelliere gestoßen. Im Gebiet von Kanfanar hat Anton Meden mehr als ein Dutzend vorher nicht bekannte frühgeschichtliche Wohnstätten sowie zahlreiche Tumuli und Nekropolen aus dieser Zeit ausfindig machen können.

    Ein herzliches Dankeschön gilt allen, die uns mit Informationen, Literatur und Bildmaterial unterstützt oder geholfen haben, um zu abgelegenen Fundplätzen zu gelangen. Ganz besonders danken wir Bernhard Hänsel (Berlin), der uns in vielen Fragen beratend zu Verfügung gestanden hat, für wertvolle Hinweise und Anregungen.

    Geholfen haben uns auch Biba Teržan (Ljubljana), Vladimir Kovačić (Poreč), Klara Buršić-Matijašić und Robert Matijašić (Pula), Anton Vitasović (†), Gaetano Benčić (Tar), Kristina Mihovilić (Pula), Vedran Kos (Labin), Nicola Stražičić (Rijeka), Damir Matošević (Rovinj), Grga Frangeš (Lovran) und Davor Radolović (Funtana).

    Anton Meden hat uns mit zahlreichen Informationen unterstützt, Fotografien, Skizzen und Pläne beigesteuert und damit maßgeblich zum Erscheinen dieses Buches beigetragen.

    Schweinfurt, im Sommer 2014

    Ein Blick in die Geschichte

    Die ältesten Spuren, die von der Anwesenheit von Menschen in Istrien zeugen, wurden im Höhlenkomplex von Šandalj freigelegt. Sie stammen aus der Altsteinzeit und sind 1.000.000 bis 750.000 Jahre alt. Hinterlassenschaften aus dem Mittelpaläolithikum fehlen bisher. Allerdings wurden vor kurzem in der Romuald Grotte Fossilreste nachgewiesen, die auf den Neandertaler hindeuten. In der letzten Kaltzeit vor knapp 20.000 Jahren war die Halbinsel nach jetzigem Forschungsstand unbewohnt. Erst in der Zeit der Erderwärmung vor ungefähr 13.000 Jahren, als der Meeresspiegel anstieg, hinterließen wieder Menschen ihre Spuren. Zwischen 10.000 und 6.000 v. Chr. – im Mesolithikum – wuchs die Bevölkerung. Zu ihrem Nachlaß zählen vor allem aus Flint und aus Knochen hergestellte Werkzeuge und aus Muscheln gefertigter Schmuck. Höhlen und Felsüberhänge wurden als Unterkünfte genutzt.

    In der Nähe von Kanfanar gefundene Feuersteinwerkzeuge

    Es waren vermutlich von vorderasiatischen Einflüssen geprägte Zuwanderer, die Istrien in der Zeit zwischen 6.000 und 5.600 v. Chr. von Süden her über die Adria erreicht haben. Mit ihrem Eintreffen vollzog sich der Übergang von der Stufe der herumstreifenden Jäger und Sammler zur neolithischen Lebensform einer Ackerbau und Viehhaltung betreibenden seßhaften Gesellschaft. Diese neue bodengebundene Wirtschaftsform führte zur Entstehung dörflicher Gemeinschaften, die Pflanzen kultivierten und Tiere domestizierten. Ihre Wohnstätten fand man vor allem in der Nähe der Küste (Karigador, Pradišel) sowie vereinzelt auf Bergkuppen, auf denen später in der Bronzezeit befestigte Siedlungen errichtet wurden (Lim Gradina, Sv. Mihovil). Die entdeckten Tonscherben sind mit den für diese Epoche typischen Eindrucks-, Besenstrich- und Spiralverzierungen versehen.

    Mit Beginn der Bronzezeit – etwa ab 2.000 v. Chr. – veränderten sich die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Strukturen in Europa. Grundvoraussetzung dafür waren die neu gewonnenen Kenntnisse der Bronzeerzeugung aus Kupfer und Zinn. Kupferlagerstätten gab es auf dem Kontinent häufig, während Zinn nur verhältnismäßig selten vorkam. Um die Versorgung mit diesen heißbegehrten Rohstoffen sicherzustellen, mußten Kontakte mit weit auseinander liegenden Geschichtsräumen geknüpft und ein überregionales Handels- und Verteilernetz geschaffen werden. In seinem Gefolge entwickelten sich auch kulturelle und religiöse Verflechtungen über größere Distanzen hinweg.

    Die neue Wirtschaftsform führte naturgemäß zu einer handwerklichen Spezialisierung und zu einer sozialen Differenzierung. Zur Herstellung der Legierung und zu deren Weiterverarbeitung zu Werkzeugen, Waffen und Schmuck waren Fachleute wie Formenbauer, Gießer und Schmiede erforderlich. Auch eine Führungsschicht etablierte sich, die den Abbau, den Handel und die Verteilung der Rohstoffe kontrollierte.

    Die Verkehrsrouten zu Land und per Schiff entlang der Adriaküste berührten Istrien. Meist auf Bergen, aber auch an den Küsten und auf den Inseln setzte eine rege Bautätigkeit ein. Überall entstanden befestigte Siedlungen – Kastelliere, Gradine oder Castellieri genannt – in großer Zahl. In den Siedlungszentren konnten reisende Händler ihre Waren zum Verkauf anbieten oder gegen andere Produkte tauschen und sich mit Proviant versorgen. Gut vorstellbar ist, daß diese stadtähnlichen Gemeinwesen zugleich Austauschbörsen für Nachrichten, für neue Ideen oder Herstellungstechniken waren. Vielleicht wirkten hier auch Handwerker und andere Fachleute aus weit entfernten Regionen. Die Eliten dieser Siedlungen kontrollierten die Transportwege und garantierten den Reisenden ein sicheres Geleit.

    Der Kastelliere Monkodonja

    Die Bewohnerzahl stieg sprunghaft an. Die Ursachen für diese Entwicklung sind unbekannt. Eventuell standen sie im Zusammenhang mit einer Wanderbewegung. Auch eine Verbesserung der Lebensbedingungen durch eine Steigerung der landwirtschaftlichen Erträge könnte zu dieser Bevölkerungsexplosion beigetragen haben.

    In großen Siedlungen entstanden Werkstätten, in denen Bronze gegossen und Produkte aus Keramik erzeugt wurden. Die hier gefundenen Gefäßfragmente zypriotischer, kretischer und mykenischer Herkunft dokumentieren eine neue Elite mit weitreichenden Beziehungen zu gleichzeitigen Hochkulturen.

    Ganz sicher verbanden sich mit dem Totenkult religiöse Vorstellungen, die bisher unbekannt geblieben sind. Bestimmend war aber das Bestreben, die gesellschaftliche Stellung der Verstorbenen darzustellen. Davon zeugen in eindrucksvoller Weise die monumentalen Grabhügel, die in hervorgehobener Lage auf Bergspitzen geschaffen wurden (Mušego, Novi Grad). Die Toten wurden in Steinkisten beigesetzt, über die dann hohe Steinhügel aufgeschüttet wurden. Oft hat man diese Tumuli noch mit einem Kranz aus Steinplatten eingefaßt.

    Aufbahrung eines verstorbenen Mitglieds der Elite

    Es gehörte offensichtlich zum Bestattungsritual, daß der Leichnam zunächst aufgebahrt und über einen längeren Zeitraum hinweg im Freien der Verwesung ausgesetzt wurde. Erst danach wurden die Gebeine – oft auch nur ausgewählte Knochen – bestattet.

    Restaurierter Tumulus auf dem Mušego

    Zum Beigabenspektrum der Gräber zählte auch aus Bernstein gefertigter Schmuck. Bernstein, das Gold der Ostsee, war ein wertvoller und begehrter Rohstoff. Er wurde - vermutlich über mehrere Zwischenstationen - von der Ostseeküste über die Adria bis in die Ägäis weitergereicht. Zu diesen Umschlagplätzen zählten sicherlich auch Höhensiedlungen in Istrien, wie z. B. Monkodonja.

    Das besonders eindrucksvolle Kuppelgrab auf dem Maklavun belegt wiederum die engen Beziehungen, die zwischen der bronzezeitlichen Oberschicht und dem mykenischen Griechenland bestanden haben. Es stammt aus der Zeit zwischen 1.500 und 1.200 v. Chr., also aus der Epoche, in der in Griechenland Tholoi als repräsentative Grabbauten für bedeutende Personen und ihre Familien errichtet wurden.

    Es gab noch weitere Bestattungsformen. In Monkodonja hat man in der frühen Bronzezeit Mitglieder der Elite in der Nähe des Haupttores beigesetzt. Ein Steinkistengrab wurde in einer nicht begehbaren Eckbastion aufgefunden. Auch in anderen Siedlungen gab es an den Zugängen eingangslose Ecktürme. Sie könnten ebenfalls als Grablegungen genutzt worden sein (Monvi, Mompaderno).

    Mit den religiösen Vorstellungen der bronzezeitlichen Bevölkerung stand sicherlich auch der Steinkreis auf dem Mali Sv. Ančeo in Verbindung. Es ist gut möglich, daß hier ein überregionaler Kultplatz existiert hat, an dem sich Menschen versammelt haben, um gemeinsam an kultischen Handlungen teilzunehmen.

    Steinkreis auf dem Mali Sv. Ančeo: ein Rekonstruktionsversuch

    In der jüngeren Bronzezeit – etwa ab 1.200 v. Chr. – vollzog sich ein radikaler Wandel im Bestattungswesen, für den ganz sicher religiöse Gründe ausschlaggebend waren. Die Toten wurden jetzt verbrannt und ihre Reste – oft zusammen mit Schmuckgegenständen - in Urnen geborgen.

    In diesem Zeitabschnitt verödeten verschiedene Kastelliere (Monkodonja), aber es wurden auch neue angelegt. In vielen anderen Siedlungen dauerte das Leben bis zur römischen Eroberung fort (Beram, Rovinj, Nesactium).

    Der Übergang zur Eisenzeit war in Europa fließend. In den ersten Jahrhunderten des 1. Jahrtausends v. Chr. breitete sich die Kenntnis der Eisenverarbeitung – von Anatolien ausgehend – über das östliche Mittelmeer, den Balkan und die Apenninhalbinsel nach Mitteleuropa aus. Das Eisen veränderte vor allem die Wirksamkeit der Waffen und war dadurch für die Entstehung einer neuen Elite entscheidend. Im Gefolge dieser Entwicklung begann die griechische Kolonisierung von Sizilien und Süditalien. In Mittelitalien bildete sich der etruskische Städtebund als bedeutende Kraft an der nördlichen Adria. In Mitteleuropa etablierte sich eine hallstattzeitliche Führungsschicht.

    Istrien lag im Brennpunkt dieser eisenzeitlichen Kulturen, war eingebunden in ein weitverzweigtes Netz von Verkehrsverbindungen und partizipierte am vielfältigen Handels- und Kulturaustausch. Schon in der älteren Eisenzeit hatte sich auf der Halbinsel – möglicherweise durch Völkerverschiebungen oder durch Wanderbewegungen – ein neuer Stammesverband gebildet: die Histrier.

    In dieser Epoche setzte sich der schon in der Bronzezeit begonnene Prozeß einer Unterteilung der Bevölkerung in Adelssippen und Gefolgsleute fort. Der Lebensstil, die Bewaffnung und die Statussymbole der histrischen Oberschicht glichen denen der Eliten im übrigen Europa. Importierte Keramik und edle Trinkgefäße zeugten vom Reichtum und von den vornehmen Tafelsitten. Schwerter und konische Helme verwiesen auf den gesellschaftlichen Rang und auf kriegerische Tugenden. Das Zepter diente als Zeichen der Herrscherwürde. Fächer dokumentierten die herausragende Stellung ihrer Träger.

    Die Histrier führten auch die Tradition der Feuerbestattung fort. Die Asche wurde zusammen mit Schmuckstücken in Urnen deponiert, die in Steinkisten beigesetzt wurden. Die Nekropolen lagen in der Nähe der Siedlungen (Picugi), teilweise sogar innerhalb der Mauern (Punčan). Oft waren die Gräber in Gruppen angeordnet, was auf persönliche Beziehungen schließen läßt (Lim Gradina).

    Etwa seit der Mitte des 1. Jahrtausends v. Chr. übernahm Nesactium eine herausragende Rolle unter den histrischen Kastellieren. Es ist durchaus denkbar, daß Nesactium schon in dieser Epoche Residenzoder Hauptstadt und zugleich das religiöse Zentrum der Histrier war. Seine Dominanz verdankt der Kastelliere der günstigen Lage an einer natürlichen Schutz bietenden Bucht an der wichtigen Schiffahrtsroute entlang der istrischen Ostküste. Zeugnisse des Reichtums und der Bedeutung dieser Ansiedlung sind die Menge und die Qualität der Fundhinterlassenschaften. Sie wurden in der Nekropole zutage gefördert. Neben einheimischen Erzeugnissen entdeckte man zahlreiche Importgegenstände, die enge Beziehungen zur griechischen, süditalienischen und etruskischen Welt sowie zum südalpinen Bereich belegen. Sie stammen aus Handels- und Tauschkontakten. Ganz sicher gelangten manche Stücke auch durch Piraterie in den Besitz der Histrier, die für diesen damals üblichen Erwerbszweig berühmt-berüchtigt waren.

    Eine Überraschung war das Auffinden monumentaler Steinskulpturen und mit Reliefs dekorierter Steinblöcke. Wo diese Monumente einst ihren Platz hatten, ließ sich nicht mehr feststellen, da sie in sekundärer Lage gefunden wurden. Zu vermuten ist, daß die mit Spiralornamenten verzierten Steinplatten einst als Altäre oder Grabstelen Verwendung fanden.

    Die zum Teil lebensgroßen Skulpturen erinnern an griechische Jünglinge (Kouroi), die an Gräbern und Heiligtümern aufgestellt waren. Vergleichen kann man sie mit Großplastiken wie dem Krieger von Capestrano aus den Abruzzen, den hallstattzeitlichen Statuen von Hirschlanden und den latènezeitlichen Figuren vom Glauberg. Über ihre Funktion kann man nur rätseln. Vorstellbar ist, daß es sich um versteinerte Abbilder vergöttlichter Ahnen handelt, die nach ihrem Ableben als Heroen verehrt wurden. Auch eine Funktion als Wächter eines heiligen Bezirks, der mit dem Ahnen- oder Totenkult in Verbindung stand, ist denkbar.

    Nesactium: Fragmente von lebensgroßen Steinplastiken

    Von den Histriern sind keine schriftlichen Texte überliefert. Auch die antiken Berichte über dieses Volk sind spärlich. So bleibt ihre Geschichte weitgehend im Dunkeln. Erstmals schriftlich erwähnt wurden sie im 6. Jh. v. Chr. vom Griechen Hekataios von Milet. Sie galten als erfahrene Seeleute und waren als Piraten gefürchtet, die die nördliche Adria unsicher gemacht und römische Handelsschiffe gekapert haben. Bereits im 3. Jh. v. Chr. führten die römische Expansionspolitik und die Raubfahrten der Histrier zu Spannungen. Im Jahr 178 v. Chr. gingen die Römer auf Kollisionskurs und eroberten schließlich 177 v. Chr. in blutigen Schlachten die wichtigen Festungen Mutila und Faveria, die beide bis heute nicht lokalisiert werden konnten. Epulon, der letzte histrische König, nahm sich das Leben, als römische Legionäre in seine Residenz Nesactium eindrangen. Istrien kam unter römische Herrschaft. In der Folgezeit erlosch auf vielen Bergsiedlungen das Leben.

    Forschungsgeschichte

    Die Erkundung der Kastelliere begann in Istrien bereits im 19. Jh. In den 50er Jahren dieses Jahrhunderts erstellte Pietro Kandler eine Karte mit 321 bis dahin bekannten Fundstätten. Der berühmte Forschungsreisende Richard Francis Burton besuchte und beschrieb während seiner Tätigkeit als britischer Konsul in Triest von 1871 bis 1890 einige dieser Bergsiedlungen und erstellte die ersten Pläne. Carlo Marchesetti, der durch seine Grabung in St. Lucia bei Tolmein (Most na Soči/Slowenien) bekannt geworden war, legte 1903 eine auf der Karte von Kandler und auf den Informationen von Burton basierende Monographie mit mehr als 350 Siedlungen vor. Er behandelte in seinem Werk nicht nur die vorgeschichtlichen Wohnstätten

    Rekonstruktionsversuch eines Kastellieres (nach Burton)

    in Istrien, sondern auch die in der Region um Triest und auf den Inseln Krk, Cres und Lošinj. Allerdings hat er mehrere Fundplätze nicht selbst aufgesucht, sondern sich auf die Aussagen Ortsansässiger verlassen. Der österreichische Landeskonservator für Istrien und für Krain, Anton Gnirs, publizierte seine vor dem 1. Weltkrieg durchgeführten Untersuchungen erst im Jahr 1925.

    Bereits 1883 hat Carl Moser die Nekropole von Beram freigelegt. Im selben Jahr wurde auch das große Gräberfeld unterhalb der Picugi-Hügel erforscht. Zuerst leitete Andrea Amoroso die Arbeiten, 1904 folgte ihm Carlo Marchesetti nach. 1890 begann Moriz Hoernes seine Grabung auf dem Kaštelir (Nova Vas). Seit 1900 waren Pietro Sticotti, Alberto Puschi und Bernardo Schiavuzzi in Nesactium tätig.

    Zwischen den beiden Weltkriegen arbeiteten die italienischen Forscher Raffaele Battaglia und Bruna Tamaro-Forlati in Vrčin und auf dem Kaž. In Vrčin legten sie das Tor, Teile der Wehrmauer und die Nekropole frei. Auf dem Kaž stießen sie zum ersten Mal auf das Fundament eines prähistorischen Hauses.

    Nach dem 2. Weltkrieg haben Boris Baćić, Štefan Mlakar und Branko Marušić vor allem Feldforschung betrieben. Bei ihren zahlreichen Wanderungen konnten sie viele vorgeschichtliche Siedlungsplätze wiederentdecken.

    Sieht man von den kleineren Grabungen von Boris Baćić und Branko Marušić auf dem Monkodonja und von Baćić und Anton Vitasović auf Veli Brijun einmal ab, so wurden bei der Erforschung der Kastelliere seit dem Beginn des 20. Jh.s kaum Fortschritte gemacht. Auf dem Monkodonja konnten die beiden Tore gefunden und die Durchgänge freigelegt werden. Auf Brijun wurden der Zugang restauriert und die bronzezeitlichen Gräber sowie Fundamente von Gebäuden ausgegraben.

    Erst 1997 begannen Archäologen unter der Leitung von Bernhard Hänsel, der schon Ausgrabungsprojekte in Griechenland und in Serbien geleitet und betreut hat, und Biba Teržan vom Institut für Prähistorische Archäologie der Freien Universität Berlin mit der ersten, groß angelegten Siedlungsgrabung auf dem Monkodonja. Während der sich bis 2008 hinziehenden Arbeiten wurden der äußere Befestigungsring und die große Toranlage im Westen freigelegt und rekonstruiert. Auf der unteren Terrasse konnten die Fundamente von Gebäuden festgestellt werde. Im Zentrum der Anlage, das Bernhard Hänsel mit Recht als eine Art Akropolis bezeichnet hat, konnten ebenfalls die Umwehrung, ein Zugang und die Grundmauern mehrerer Unterkünfte restauriert werden. Am Westtor wurden Gräber aus der Gründerzeit des Kastellieres festgestellt. Außerdem haben die Wissenschaftler zum ersten Mal den Gesamtplan einer prähistorischen Wohnstätte erstellt. Das überaus reiche Fundmaterial erbrachte den Beweis dafür, daß Monkodonja bereits in der Frühbronzezeit gegründet, aber nur bis zum Beginn der Spätbronzezeit um oder nach 1200 v. Chr. bewohnt wurde. Auf dem in unmittelbarer Nähe vom Monkodonja aufragenden Mušego haben Hänsel und Teržan drei bronzezeitliche Grabhügel, in denen ausgewählte Mitglieder der Elite vom Monkodonja bestattet waren, untersucht und restauriert. Auf dem Maklavun konnten sie ein begehbares Kuppelgrab in der Form einer mykenischen Tholos nachweisen.

    Trotz der vielversprechenden Ergebnisse der Arbeiten auf dem Monkodonja wurden seither keine neuen Grabungsprojekte in Angriff genommen. Es sieht auch nicht so aus, als würden in naher Zukunft andere Kastelliere untersucht werden. Stattdessen sind weitere prähistorische Siedlungen zerstört worden (Sv. Jakov bei Vodnjan). Andere gingen in Privatbesitz über (Monter, Šarižol), werden zum Kauf angeboten (Gradina Bratulići) oder landwirtschaftlich genutzt (Kasteljer Vodnjan).

    So hat der Ausspruch von Moriz Hoernes aus dem Jahr 1894 weiterhin Gültigkeit, dass es an umfassender Ausgrabungen und demgemäss an umfangreicheren Mittheilungen über einzelne dieser Fundstätten fehlt.

    Kastelliere Gradine Castellieri

    Mondelako

    Borigrad (Učka)

    Veli Brijun

    Karaštak

    Monkodonja

    Šarižol

    Karte 1

    Zambratija

    Rt Kaštel (Sipar)

    Romanija

    Sv. Petar (Kanegra)

    Rujevac (Kolombanija)

    Markovac

    Mazzoria

    Kaštelir (Umag)

    Kaštel (Buje)

    Fineda

    1 Zambratija

    In der Bucht von Zambratija haben im September 2008 Mitarbeiter des Archäologischen Museums in Pula Unterwasseruntersuchungen durchgeführt. Dabei stießen sie auf kreisförmig angeordnete Hölzer, die an einigen Stellen aus dem sandigen Boden herausragten. Sie weisen darauf hin, daß hier einst eine Pfahlbausiedlung existiert hat. Gleichzeitig konnte eine Fülle von Töpferwaren geborgen werden, die zeitlich zwischen die späte Jungsteinzeit und die frühe Kupferzeit datiert wurden.

    Überraschenderweise konnten auch Teile von einem Schiffsrumpf gefunden werden, der in der Art gebaut war, wie er für die nördliche und die östliche Adria typisch war. Untersuchungen des Holzes nach der C14-Methode ergaben, daß dieses Boot in der Zeit zwischen 800 und 540 v. Chr. gefertigt wurde, also in der Periode, in der die Histrier als räuberische Piraten in der nördlichen Adria bekannt und gefürchtet waren. Es handelt sich hier um die Reste des ältesten bisher bekannten Schiffswracks an der kroatischen Adria-Küste.

    Lage: nördlich von Umag beim Ort Zambratija.

    2 Rt Kaštel (Sipar)

    Der Zugang zur schmalen Landzunge Rt Kaštel liegt heute bei Flut unter Wasser. In prähistorischer Zeit, als der Meeresspiegel noch mehrere Meter tiefer lag, gab es hier eine deutlich größere Halbinsel, auf der die damaligen Menschen eine Siedlung errichtet haben. In der römischen Periode wurde sie zerstört und aus dem Steinmaterial ein Horreum, ein Lagerhaus für Getreide und sonstige Lebensmittel, erbaut. Vermutlich wurde das Gebäude, dessen Ruine noch zu sehen ist, auch im frühen Mittelalter weiter genutzt.

    Überall am Ufer, auf der Landzunge und im Wasser findet man Fragmente von römischen Amphoren und Tegulae, aber auch zahlreiche Keramikscherben aus der frühgeschichtlichen Epoche.

    Lage: nördlich von Umag. Wenn man von Umag aus nach Norden in Richtung Savudrija fährt, muß man ca. 200 m vor Zambratija links zum Rt Kaštel abbiegen.

    3 Romanija

    Östlich von Zambratija gab es einst einen großen Kastelliere. Im vorigen Jahrhundert wurde er beim Bau von zwei Wasserreservoirs abgetragen und der das flache Umland dominierende Hügel völlig umgestaltet.

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