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Mireilles Echo
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Ebook97 pages1 hour

Mireilles Echo

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About this ebook

Eine Erzählung über eine junge Frau in Nordfrankreich, die nachdem Tod ihrer grausamen Eltern nicht recht weiß, wie sie leben soll...

Ihrer verheirateten Schwester will sie sich nicht auflasten und so irrt sie durch die verwüsteten Irrgarten ihres vereinsamten Lebens ganz allein...
LanguageDeutsch
Release dateMay 7, 2015
ISBN9783734793066
Mireilles Echo
Author

Larva Persona

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    Book preview

    Mireilles Echo - Larva Persona

    Inhaltsverzeichnis

    Mireilles Echo

    Impressum

    Stimmen aus der Ferne

    Mireille war schon im Bett, kurz vor dem Einschlafen, als sie plötzlich einen lauten Krach hörte. Sie erstarrte und versuchte auszumachen, was da vor sich ging. Dann hörte sie plötzlich Schreien und Kreischen. So schnell sie konnte, rannte sie geübt durch den Flur ins Wohnzimmer, fallen durfte sie dabei nicht, das konnte sie sich nämlich nicht erlauben. Sie ahnte schon was dort auf sie wartete. Wie befürchtet, lag die Mutter am Boden. Schreiend und kreischend versuchte sie sich von ihrem Mann los zu reisen. Der war völlig ausser sich, verprügelte sie in einer Raserei, schlug dabei auf verschiedene Teile ihres Körpers ein und auch auf den Kopf. Nach ein paar Hieben und manchmal auch Tritten packte er sie am Arm und versuchte sie, durch den Raum zu schleudern. Ein paar Mal zog er sie dazu auch an den Haaren.

    Bei diesem Anblick kam in Mireille eine Mischung aus vielen Gefühlen hoch, in der das Gefühl der Angst dominierte. Ihr ganzer Körper bebte und ohne zu wissen, was sie mit ihrer Panik hätte tun sollen, befand sie sich auf einmal am Boden neben ihrer Mutter und versuchte dabei zum einen sie zu schützen und zum anderen ihren Vater irgendwie zu beruhigen. Daraufhin schlug er nach kurzer Zeit auch auf sie ein. Dass sie nichts dagegen tun konnte, wusste sie. Nicht dass sie in diesem Chaos von Gefühlen überhaupt einen Gedanken zustande bringen konnte, sie wusste es einfach von den früheren Malen. Dass sie einfach da stehen und sich die Schläge gefallen lassen musste, wusste sie. Kräfte reichten nicht aus und Worte halfen nicht. Sie wusste nicht wieso, aber viel gespürt, hatte sie dabei nie. Hinterher war sie sogar froh, wenn sie die Schläge und Wut ihres Vaters auf sich ableiten konnte, denn das schlimmste dabei für sie war, tatenlos mitansehen zu müssen, wie ihr Vater ihre Mutter verprügelte und das den ganzen Abend lang.

    In ihr war diese Angst, die sie verabscheute. Angst haben wollte sie nicht, stark wollte sie sein. Sie wollte nachdenken können. Alles woran sie denken konnte, war die Scham vor ihrer Angst und Hilflosigkeit in diesen Situationen. „Immer und immer wieder dasselbe", dachte sie. Mireille hasste ihre Eltern dafür. Sie verabscheute ihr Leben und die ganze Welt. Dass diese Streitereien und vor allem die Angst zur Gewohnheit wurden, machte sie hoffnungslos.

    Aus heiterem Himmel fingen sie zu streiten an. Nicht die Gewalt an sich verängstigte sie so sehr, sondern diese Panik, die in ihrem Kopf dabei herumschwebte. Es war, als ob jedes Mal ihre Welt unter ihren Füssen zusammenbrechen würde. Immer, dachte sie, konnte es losgehen, egal wann, egal wie, immer in den eigenen vier Wänden. Bei lauten Geräuschen oder allein dem Gedanken daran, dass es wieder losgehen könnte, erstarrte sie und musste warten und horchen bis sie sich vergewissern konnte, dass niemand am Streiten war, bevor sie sich wieder frei bewegen konnte. Einen Grund oder eine Erklärung für diese übertriebenen Streitereien fanden sie immer. Doch für Mireille schien es nur eine Ausrede dafür zu sein, um ihr das Leben zur Hölle zu machen. Ihr wurde mit der Zeit klar, dass ihre Eltern es nicht besser wussten. Ihre Mutter tat ihr zwar leid, aber sie fand sie auch dumm und ignorant. Ihr war nicht ganz klar, ob sie sich die Schläge wünschte oder sie einfach zu gedankenlos war, ihr aus dem Weg zu gehen. Und auch ob es überhaupt möglich war, ihr aus dem Weg zu gehen, wusste sie nicht. Ihr Vater war ein sehr wütender Mann, fand stets irgendetwas Neues, über das er sich aufregen konnte. Schon fast grundlos konnte er sich über Dinge aufregen. Es war für Aussenstehende nicht nachvollziehbar. Mireille konnte es nie wirklich begreifen, dass ihr Vater nicht sah, wie sonderlich er sich verhielt. Wie gesagt, ihre Mutter fand sie auch nicht ganz unschuldig. Manchmal flehte er sie an, sie soll ihren Mund halten, aber dem gehorchte sie nur selten. Im Klaren war sie sich in dieser Sache bloss darüber, dass sie ihre Eltern nicht verstand. Sie war sich auch im Klaren darüber, dass sie die Wenigsten verstehen würden. Überhaupt hatte sie das Gefühl, unter Irren zu leben.

    Am nächsten Morgen weckte ihre Mutter sie, als ob nichts gewesen wäre, und bat sie sich anzuziehen und zum Frühstücken zu kommen. Sie bereute, sich daran zu erinnern, was gestern Nacht geschehen war, schämte sich dafür. Am Bettrand versuchte sie, aus dem Fenster hinauszublicken, doch sie sah nicht viel, die Sonne blendete. Das Leben in den anderen Häusern schien ihr so viel besser zu sein. In den Gesichtern der Nachbarn und Dorfleute glaubte sie, es sehen zu können. Ihr Schicksal teilten sie nicht. Es gab bestimmt dort draussen andere Menschen, die ihr Schicksal teilten, nur sie sah sie nicht. Wozu auch, wer wollte die schon sehen? Sich selbst konnte sie im Spiegel kaum lange betrachten. Das Leid sah sie sich im Gesicht an. In ihren Augen würde das Licht immer schwacher werden, phantasierte sie. Grauenhaft hässlich fand sie sich, weil sie in ihrem Gesicht Dinge sah, die niemand anderes zu sehen im Stande war.

    Als sie die Küche betrat fand sie einen schön gedeckten Tisch vor, mit allerlei Frühstückssachen, zur Hälfte schon verzehrt. Ihren Vater konnte sie nicht sehen und war überaus froh darüber. Ihr war nicht nach Essen zumute, sie setzte sich dennoch hin und frühstückte, etwas länger als gewöhnlich, ohne dabei mehr zu essen. Die Normalität wollte sie dabei bewahren. Sie wollte so gern, sie würde sich nicht erinnern, an die ganzen Bilder, die sie im Kopf hatte von den Ereignissen im Wohnzimmer letzte Nacht. Allein am Tisch sitzen zu können, hielt sie für grosses Glück. Sie wollte von keiner Menschenseele so verwundet entdeckt werden, ihre Eltern ging sie erst recht aus dem Weg. Auch wenn sie erleichtert war, dass ihr Vater nicht mehr in der Wohnung zu sein schien, war sie wütend, dass er sich so einfach aus dem Staub machen konnte, in die Welt hinausgehen, Menschen begegnen, dazu musste er furchtlos sein, er musste auch so tun, als ob nichts gewesen wäre. Dafür hasste sie ihn, das Leben und den Gott, an den sie ohnehin nicht glaubte.

    Nach dem Frühstück ging sie in ihr Zimmer und wollte ihre Zimmertür versperren, aber das konnte Sie nicht. Sie wollte vergessen, aber sie konnte nicht. Sie wollte weglaufen, aber sie konnte nicht. Also setzte sie sich erst einmal auf ihr Bett, um ihre Gedanken zu ordnen. Doch da gab es nichts, was sie ordnen hätte können. Es gab nichts, was sie hätte ändern können. Sie war sich dessen im Klaren, versuchte aber dennoch, einen Ausweg zu finden. Sie wusste, den würde sie, wie immer nicht finden.

    Dann wollte sie sich ablenken, doch mit was? Mit dem Fernsehen klappte das fast nie. Musik beruhigte sie, lenkte sie aber nicht ab. Im Grunde fehlte ihr die Hoffnung, um gegen ihre Hoffnungslosigkeit zu bestehen. Also liess sie sich mit dem Oberkörper auf ihr Bett fallen. An ihre Schwester, die vor kurzem geheiratet hatte, musste sie ein wenig denken. Bereits zwei Jahre waren vergangen, aber ihr kam das noch vor wie gestern. Von all dem Unsinn, mit dem sie sich abgeben musste, kam sie ihr so befreit vor. Glücklich zu sein, schien sie auch. Sie fragte sich, warum ihr das nicht reichte, dass ihre Schwester glücklich war. Sie wusste nicht so richtig, ob sie wollte, dass sie dort draussen glücklich, während sie hier drinnen unglücklich war. Ohne jede Spur von Sorge fühlte sie sich allein gelassen. Kontakt hielt Clara kaum zur Familie. Mireille musste gestehen, dass sie das durchaus nachvollziehen konnte. Sie war weit weg von ihnen und bemühte sich ihr Glück nicht mit dem künstlich produzierten Unglück ihrer eigenen Familie anzustecken. Weg war sie also, in Sicherheit. Alles andere ist eigentlich sowieso egal, sagte sie sich in Gedanken. So hatte sie sich

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