Aalglatt mit Knoten: Eine Kuriositätensammlung aus dem Reich der Tiere
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Marion Treche
Marion Treche, Jahrgang 1970, lebt und schreibt in ihrer Geburtsstadt Berlin. Das Leben teilt sie mit ihren beiden Töchtern und mehreren Haustieren. Freiberuflich jongliert die gelernte Fremdsprachenkorrespondentin, Wirtschaftsübersetzerin und Autorin für Sachliteratur mit Worten hin und her. Diverse Veröffentlichungen können auf ihrer Homepage www.mariontreche.de verfolgt werden.
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Book preview
Aalglatt mit Knoten - Marion Treche
eben.
Feste feiern
Es ist wieder so weit. Papas melodisches Abendgeheul ertönt – stimmgewaltig und kilometerweit zu hören. Blitzschnell kommen seine Kinder in Tarzanmanier durch die Äste geturnt, um der väterlichen Gesangsstunde zunächst einmal andächtig zu lauschen. Bald darauf ist kein Halten mehr und die Kinderschar hopst wie wild umher und umarmt sich vor lauter Begeisterung wieder und wieder. Gibbons lieben solche Vorstellungen eben.
Feiern Tiere tatsächlich Feste? Zahlreiche Beispiele aus der Tierwelt weisen darauf hin. Die Gelegenheiten, die dazu Anlass bieten, beruhen auf Freude, Massenhochzeiten, Trauer, Wut oder – bei maßlosem Genuss gegorener Früchte – auf einem Schwips.
Ein guter Grund zur Freude ist, wenn man einen lauernden Feind überlistet hat und dieser erfolglos von dannen zieht. So kauern sich beispielsweise die Totenkopfaffen ganz eng aneinander und ohne sich zu mucksen, weil eine Raubkatze unter ihrem Baum umherschleicht. Zieht sie unverrichteter Dinge weiter, explodieren die Äffchen regelrecht, sobald die Raubkatze außer Hörweite ist. Es wird gekreischt, umarmt und in den Zweigen hin und her geschaukelt. Der Freudentanz der Rebhühner ist ebenfalls beachtlich: Federbällchen gleich springen sie fast einen halben Meter hoch, wenn sie einen gierigen Fuchs überlebt haben.
Es gibt aber auch andere Gründe, weswegen sich Tiere gern Erleichterung verschaffen. Tobt beispielsweise in den Bergen ein stundenlanger Schneesturm, müssen Gämsen dicht an die Felsen gedrückt ausharren. Sobald die Sonne wieder scheint, lösen sie sich aus ihrer Regungslosigkeit, springen wie verrückt durch die Gegend und spielen auf einem abschüssigen Schneefeld Schlittenfahren, mit eingeknickten Hinterbeinen.
Außer Rand und Band sind Affenweibchen, sobald eine Gefährtin ein Baby geboren hat. Sofort kommen alle anderen Weibchen herbei, um den Sprössling zu bestaunen, ihn zu kraulen, mit den Lippen zu schmatzen und Grimassen zu schneiden. Die Männchen zeigen keinerlei Interesse am Neugeborenen, die Weibchen hingegen setzen sich im Kreis zusammen und reichen es der Reihe nach weiter. Bleibt das Affenbaby bei einer Tante auch nur einen Moment zu lange, werden die anderen Weibchen ganz kribbelig und wollen es ihr am liebsten aus den Armen reißen.
Die Massenverlobung der Flamingos löst ebenfalls jede Menge Freude aus. An die achthunderttausend Vögel stehen mit dem Kopf nach unten am Seeufer. Irgendwo in der Menge fährt plötzlich ein Kopf hoch, aus dessen Kehle ein anhaltender Laut röhrt. Dann breitet der Flamingo seine Flügel aus und startet grazil und erhobenen Hauptes seinen Parademarsch durch die Vogelschar. Kurze Zeit später schnellen hier und da weitere Köpfe in die Höhe, dann immer mehr. Am Ende sind es einige tausend Flamingos, die von der Massenekstase mitgerissen werden. Im Gleichtakt der Bewegungen finden sich dann die Männchen und Weibchen zusammen, die miteinander harmonieren. Die Eheschließung erfolgt einige Tage später.
Richtig wütend werden Schimpansen bei Unwetter. Als wollten sie sich vor dem Wettergott behaupten, verprügeln sie Bäume, um zu zeigen, was für eine furchterregende Kampftruppe sie doch sind. Diese Ausbrüche können bis zur totalen Erschöpfung der Schimpansenmännchen führen. Die Weibchen sind davon mächtig beeindruckt, schließlich folgt nach einem Unwetter tatsächlich wieder Sonnenschein.
Elefanten empfinden große Trauer, wenn ein Herdenmitglied stirbt. Die Trauerfeierlichkeiten der Afrikanischen Elefanten sind ausgesprochen ungewöhnlich. Stirbt ein Elefant den Alterstod oder aufgrund einer Krankheit, wird der Leichnam von den Herdenkameraden drei Tage lang bewacht und vor Aasfressern verteidigt. Sie begraben ihn sogar, indem sie ihn mit Erde und Grasbüscheln bedecken, und besuchen diesen Ort auch nach Jahren immer wieder – für eine Art Gedenkfeier.
Dass Tiere Feste feiern, kommt in der Natur nicht häufig vor. Aber einigen Tieren scheint es richtig zu gefallen, gemeinsam in Freude auszubrechen, Schmerz zu teilen oder in der Gruppe vor Wut zu rasen und den wilden Mann zu spielen.
Passionsblumen können zaubern
Der Heliconius-Schmetterling hat es schwer. Für die Eiablage benötigt er die Blätter der Passionsblume, doch dieses Rankengewächs arbeitet mit allen Tricks, um gerade das zu verhindern. Denn auch für die Passionsblume ist es nicht leicht, sich zu entwickeln, da sie zum Keimen Sonne braucht – ein Zustand, der in den tropischen Regenwäldern Süd- und Mittelamerikas nur äußerst selten vorkommt. Erst wenn beispielsweise ein Baum umstürzt, beginnt die verrückte Entwicklungsgeschichte der Pflanzen- und Schmetterlingsarten.
Sobald die ersten Sonnenstrahlen den Urwaldboden erreichen, beginnt die Passionsblume zu sprießen, dann mächtig zu wachsen. Ein Insektenbefall würde die Pflanze auf ihrem Rankenweg in die Wipfel des