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Die Clique - Schicksalsspiele
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Die Clique - Schicksalsspiele

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About this ebook

„Jody. Was für ein Zufall, du bist schon wieder dran.“ Verwirrt hob ich den Kopf und starrte Mister Jack an. Schon wieder ich? Das konnte doch nicht wahr sein! Zitternd humpelte ich vor und stellte mich neben ihn. Verdammt, warum musste ich nur immer so viel Pech haben?
„Wow. Du hast heute Nacht die schwerste Aufgabe.“ Der Anführer begann mit seinen Fingern auf die Lostrommeln zu schlagen und erzeugte dadurch gruselige Töne. „Du musst Stella zur Strecke bringen. Ich wünsche dir viel Glück!“

Jody ist eigentlich ein unscheinbares Mädchen und fällt nicht weiter auf. Ohne zu verstehen, warum, wird sie für die neuen Jugendlichen an ihrer Schule interessant und sie wollen sie sogar in ihre Clique aufnehmen. Erst viel zu spät kommt Jody dahinter, was sich in der Clique wirklich abspielt. Plötzlich ist sie mittendrin im Spiel ums Leben, doch es geht schon lange nicht mehr nur um ihr eigenes. Sie muss sich entscheiden ...
LanguageDeutsch
PublisherXinXii
Release dateJul 26, 2014
ISBN9783958302211
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    Die Clique - Schicksalsspiele - Lisa Auer

    Lisa Auer

    Die Clique

    Schicksalsspiele

    Roman

    Originalausgabe

    Copyright 2014 von Lisa Auer

    Covergestaltung: Rica von Cover & Books – Coverdesign

    Kontakt: lisaauerautorin@gmx.at

    Facebook-Seite: https://www.facebook.com/lisaauerautorin

    ISBN: 978-3-95830-221-1

    Verlag GD Publishing Ltd. & Co KG

    E-Book Distribution: XinXii

    www.xinxii.com

    Für meine Familie

    Prolog

    „Jody. Was für ein Zufall, du bist schon wieder dran." Verwirrt hob ich den Kopf und starrte den Jungen an. Schon wieder ich? Das konnte doch nicht wahr sein! Zitternd humpelte ich vor und stellte mich neben ihn. Verdammt, warum musste ich nur immer so viel Pech haben?

    „Wow. Du hast heute Nacht die schwerste Aufgabe. Der Anführer begann mit seinen Fingern auf die Lostrommeln zu schlagen und erzeugte dadurch gruselige Töne. „Du musst Stella zur Strecke bringen. Ich wünsche dir viel Glück!

    Angst kam in mir hoch, Verzweiflung dazu. In meinen Ohren hörte ich mein Blut rauschen und mein Herz klopfte mir bis zum Hals. Gleich würde ich umkippen, ich war mir so gut wie sicher, doch kräftige Hände hielten mich von hinten fest.

    „Ich will das nicht tun. Warum schon wieder ich? Ich musste doch schon zweimal", flehte ich und spürte, wie mir ein eiskalter Schauer den Nacken herab lief. Zitternd schüttelte ich mich durch, blickte dem Jungen mir gegenüber tief in die Augen. Nur kurz blinzelte er, dann schüttelte er entschieden den Kopf.

    „Keine Chance, ausgelost ist ausgelost. Find dich damit ab oder …", begann er, fuhr allerdings nicht fort. Schließlich wusste ich selbst genau, was passieren würde, wenn ich mich nicht damit abfand und es jagte mir größere Angst ein, als alles andere.

    „Wann", krächzte ich leise und konnte selbst nicht fassen, was ich da gerade sagte. Wahrscheinlich unterschrieb ich da gerade mein Todesurteil oder sonst was. Auf jeden Fall konnte es nichts Gutes für mich bedeuten.

    „Das darfst du dir natürlich aussuchen, lächelte er, sein Lächeln verblasste allerdings sofort wieder. „Aber ich sag dir eines. Die Regeln gelten trotzdem, du hast eine Woche. Nicht mehr. Aber am besten, du erledigst es gleich, schließlich kannst du es ohnehin nicht vor dir hinschieben.

    Der Rest meiner Clique - der Clique - ich selbst zählte mich schon lange nicht mehr dazu, klatschte begeistert, ignorierte mich aber nach ein paar Augenblicken wieder. Er wandte sich ebenfalls ab und scheuchte mich zurück zur Wand. Ich brach zitternd zusammen und hasste mich dafür, jemals damit angefangen zu haben.

    1

    Gähnend blickte ich in das Sonnenlicht, das durch das geöffnete Fenster in mein Zimmer leuchtete. Na toll, wie spät war es? Ächzend drehte ich mich zum Wecker und blickte eine Zeit lang auf die Uhranzeige, bis ich endlich realisierte, was dort stand. 07:47. Ich kam mir vor wie in einem schlechten Film. Das konnte ja nicht wahr sein! Heute war der erste Tag nach den langen Sommerferien und schon verschlief ich …

    Eilig rollte ich mich von der Matratze, verzichtete allerdings darauf, meine Decke zusammen zu legen. Genug Zeit blieb für so etwas nicht mehr.

    „Jody? Bist du schon weg?", rief von unten meine Mutter. Schon wieder einmal wunderte ich mich, warum sie nicht einmal mitgekriegt hatte, dass ich vor ein paar Minuten noch tief und fest geschlafen hatte.

    „Ja, bin ich. Zwei Minuten noch, dann bin ich fertig", brüllte ich nach ein paar Sekunden zurück und schnappte mir noch schnell meine Schultasche. Zum Glück hatte ich sie gestern bereits gepackt.

    „Auf was wartest du denn noch? Es ist gleich acht, du kommst zu spät."

    Das hatte ich mittlerweile auch schon verstanden. „Ja, ich weiß. Ich bin ja gleich fertig. Du hättest mich ja auch wecken können …" Danach antwortete ich nicht mehr auf ihre Fragen, schlüpfte nur noch schnell in eine leichte Jacke und verließ dann ohne mein geliebtes Frühstück das Haus. Wahrscheinlich wäre es besser gewesen, noch etwas zu essen, doch jetzt war es bereits zu spät.

    Gestern hatte ich mich noch darauf gefreut, nach den Sommerferien meine ganzen Schulkameraden endlich wieder zu sehen, jetzt verabscheute ich die Schule allerdings nur wieder. Ein Jahr noch, dann hätte ich mein 12. und somit letztes Schuljahr endlich abgeschlossen.

    Kurz grinste ich und sog die frische Luft ein. Den Bus hatte ich schon längst verpasst, denn um diese Zeit fuhr keiner mehr zur Schule. Mir blieb deshalb nichts anderes übrig, als zu Fuß zu gehen. Zu große Probleme machte mir dieser Weg allerdings nicht, denn ich war ziemlich sportlich und mir ging auch nicht allzu schnell die Luft aus …

    „Toller Schulanfang, findest du nicht?", rief hinter mir plötzlich eine weibliche Stimme und holte mich gleich darauf ein. Ein Lachen bahnte sich den Weg durch meinen Hals, doch ich hielt es vorerst zurück. Wenn ich mich richtig erinnerte, hatte ich kurz vor Schulende heftig mit dem Mädchen gestritten. Das hatte sie anscheinend schon wieder vergessen also ignorierte ich es kurzerhand ebenfalls, denn nachtragend war ich normalerweise wirklich nicht.

    „Ja, wirklich toll. Es geht gleich weiter wie letztes Jahr", scherzte ich und warf einen Blick auf die Uhr meines Handys. Drei Minuten waren schon seit dem Klingeln vergangen, in zwei Minuten würde ich hoffentlich schon in der Klasse stehen.

    „Wie waren die Ferien für dich so? Ich war ja fast 6 Wochen auf irgendeiner Tour durch ganz Europa. Ich dachte, das wird abenteuerlich oder so, aber ich kann dir sagen, dass es das nicht wahr. Es war langweilig und außerdem ist Reisen per Wohnwagen doch nicht so toll. Sie brachte ein schwaches Lächeln zustande und strich sich nebenbei ihre blonden Haare aus dem Gesicht. Vor den Ferien waren sie noch grün und ich war ehrlich froh, dass sie sich für eine „normale Farbe entschieden hatte.

    „Uninteressant, aber das kannst du dir ja eh vorstellen. Außerdem durfte ich diesmal nicht zu meinem Vater, da er irgendwo in Amerika arbeiten musste …"

    Endlich kam das Schulgebäude in Sicht, die letzten Schritte begann ich zu laufen. Luna folgte mir und rollte kurz mit den Augen, als sie mich wieder einholte. „Hast du es etwa so eilig, unsere ganzen überaus netten Lehrer wieder zu sehen?"

    Ich nickte und begann leise zu kichern. Ehrlich gesagt wollte ich nur nicht noch später kommen. Luna hingegen war das anscheinend vollkommen egal.

    In der Klasse angekommen warf ich einen Blick auf meine Freunde, dann auf die Schüler, die ich weniger mochte, und schlussendlich auf die Neuen. Es waren mehr als gedacht, fünf Leute, wenn ich mich nicht verzählt hatte. Im Grunde genommen sahen sie alle recht freundlich aus, allerdings wirkten sie auch viel älter als ich.

    Gerade wollte ich die Hand heben, um alle zu begrüßen, als meine beste Freundin Mina mir begeistert um den Hals fiel und ein lautes Quietschen von sich gab. Sie klang wie ein kleines Ferkel, das gerade Futter vom Bauer bekam … Ich vertrieb den Gedanken und drückte sie kurz an mich. Erst, als mir der abschätzige Blick auffiel, den mir der neue Junge mit den knallblauen Haaren und den coolen Klamotten zuwarf, errötete ich. Die Gedanken, die wohl gerade in seinem Kopf Platz gefunden hatten, konnte ich mir gut genug vorstellen. Wahrscheinlich hakte er mich jetzt schon als das kindische Mädchen mit den dunkelbraunen Haaren ab.

    Tolle Sache, dachte ich ironisch und löste mich eilig aus der Umarmung. Mina lächelte kurz und begab sich dann wieder zurück auf ihren eigenen Platz. Daneben war leider nichts mehr frei. Das war wohl das einzige Pech, wenn man, wie ich, zu spät kam. Der letzte Platz, der noch frei war, befand sich in der allerletzten Reihe auf einem Einzeltisch. Schade, denn ich hasste es, alleine irgendwo zu sitzen. Leider konnte ich derweil nichts mehr daran ändern …

    Die restliche Stunde verlief relativ ereignislos, unser Klassenvorstand stellte sich mit einem gekünstelten Lächeln im Gesicht vor und erzählte uns etwas über die Ausflüge, die wir dieses Jahr noch mit der Klasse machen wollten. Ich hörte nur mit einem Ohr zu und konzentrierte mich eher auf die Neuen. Alle Fünf saßen relativ gelangweilt auf ihren Plätzen und gaben sonst keine Geräusche von sich. Bis jetzt konnte ich nicht sagen, wer von ihnen sympathisch war und wer eben nicht. Wahrscheinlich würde ich das in der Pause ohnehin gleich erfahren …

    Die Lehrerin sagte nicht allzu viel zu den Neulingen, nur, dass sie aus einer anderen Stadt kamen und dort von der Schule geflogen waren. Den Grund dafür nannte sie uns nicht, obwohl er mich wirklich brennend interessiert hätte. Was machten solche Jugendliche, die bereits von einer Schule geflogen waren, genau in meiner Klasse? Es war wirklich ein komischer Zufall, obwohl es schon öfters geschehen war, dass zwei Leute von einer anderen Schule zu uns gestoßen waren. Aber gleich fünf? Das war schon sehr komisch. Wahrscheinlich würden sie nicht allzu viel über ihre Vergangenheit auf dieser „alten" Schule erzählen, da sie (hoffentlich) hier einen Neuanfang machen wollten. Was die fünf auch immer getan hatten, es musste schlimm genug gewesen sein, um von der Schule zu fliegen. Zumindest konnte ich mir so ausrechnen, wie lange sie hier brav sein würden. Ein paar Wochen würden sie vielleicht durchhalten, aber danach sah ich wirklich schwarz für alle. Vielleicht würden sie zur Vernunft kommen, vielleicht auch nicht.

    Als die Stunde schon fast vorbei war, schwor ich mir noch, dass ich nichts mit ihnen zu tun haben wollte, denn mit solchen Jugendlichen war nicht zu spaßen, das hatte mir meine Mutter oft genug eingeflößt. Bestimmt waren sie wegen Drogen- oder Alkoholproblemen von ihrer früheren Schule verwiesen worden, keine Ahnung. Fragen würde ich sie auf jeden Fall nicht. Ich wollte nichts mit diesem ganzen Scheiß zu tun haben, denn bis jetzt war ich gut ohne Drogen und Alkohol ausgekommen …

    „Wie findest du sie?", fragte Mina mich sofort, als sie in der Pause neben meinem Tisch erschien. Ihre Augen leuchteten vor lauter Neugier, meine sahen bestimmt auch so aus.

    „Weiß nicht genau, aber du weißt ja, wie solche Leute sind. Wenn sie bereits von einer Schule ausgeschlossen wurden, dann werden sie hier wohl nicht lange bleiben … Das denke ich!"

    Mina nickte nachdenklich und ließ sich auf dem leeren Stuhl neben mir nieder. Kurz blickte sie mich an und grinste schließlich. „Ich bin echt gespannt, wie lange sie hier bleiben werden." Ihr Blick schweifte nun hinüber zu dem Jungen mit den blauen Haaren, um den sich bereits eine Gruppe geschart hatte. Er starrte sie kurz an, ein Lächeln umspielte seine Lippen. Dann nahm er seine Kappe ab und strich sich über die cool gestylten Haare.

    „Was war das denn? Ich kniff erschrocken die Augen zusammen und stupste Mina in die Seite. „Kennst du die etwa?

    „Nein, natürlich nicht … Woher denn?"

    Ich sagte nichts, sondern beobachtete weiter den blauhaarigen Jungen aus den Augenwinkeln. Seinen Namen hatte die Lehrerin bereits erwähnt, doch leider hatte ich ihn nicht zuordnen können. War er Dylan oder Avan?

    „Wie waren deine Ferien?", wechselte Mina nach ein paar stillen Sekunden das Thema und begann, mit meinen Stiften herum zu spielen.

    „Ich war nicht so wirklich im Urlaub, weil mein Vater auf irgendeine doofe Geschäftsreise musste. Also kannst du dir vorstellen, wie es war. Total langweilig, deswegen, weil du die ganzen Ferien irgendwo warst. Auf jeden Fall nicht bei mir hier …", gab ich mit einem Hauch Enttäuschung in der Stimme zurück. In den Ferien war ich sogar mehr als nur ein bisschen enttäuscht über das plötzliche Verschwinden von Mina gewesen. Sie hatte am Anfang nichts angekündigt und sich schlussendlich gar nicht mehr gemeldet. Also hatte ich die ganzen Ferien alleine daheim auf der Couch verbracht. Natürlich hätte ich auch selbstständig etwas machen können, doch dafür hatte mir leider vollkommen die Motivation gefehlt.

    „Karibik, murmelte sie kurz angebunden und stand wieder auf. Na toll, jetzt hatte ich es mir mit ihr wohl vertan. „Ich geh mal hinüber zu diesem Avan …

    Avan hieß er also. Ich schaute ihr nachdenklich dabei zu, wie sie sich einen Tisch neben Avan niederließ und ihn beäugte. In ihrem Gesicht spiegelten sich verschiedene Gefühle wider, doch ich konnte leider nicht deuten, welche es waren. Freude, Angst, Ehrfurcht? Ich würde sie auf jeden Fall danach noch einmal danach fragen …

    „Tut mir leid", hauchte ich ihr nach ein paar Sekunden hinterher, obwohl sie es ohnehin nicht mehr hören konnte, und klaubte meine Stifte wieder zusammen.

    Dieses Schuljahr fing ja wirklich total super an.

    Jetzt hatte ich es innerhalb einer Stunde geschafft meine beste Freundin zu verärgern und ganz alleine in der letzten Reihe zu sitzen. Was konnte jetzt noch kommen?

    Nach einem Zögern verließ ich meinen Platz und ließ mich abseits der Gruppe nieder. Die ganze Klasse, ausnahmslos jeder, stand nun um die Neuen herumgereiht. Mir blieb also auch nichts anderes übrig, als mich dazuzustellen, obwohl ich am liebsten alles von der Ferne beobachtet hätte.

    Die Namen der fünf hörte ich schnell aus den Gesprächen heraus. Der mit den dunkelblauen Haaren hieß Avan, dann gab es noch eine Vanny, eine Shirley, eine Tessa und noch einen Dylan. Schon der Klang ihrer Namen hörte sich für mich bereits etwas eingebildet an, allerdings wollte ich mich doch noch überraschen lassen. Vielleicht hatte mir meine Mutter einfach viel zu viele Vorurteile auf meinen Weg mitgegeben. Das glaubte ich allerdings wirklich nicht. Ich vertraute ihr und bis jetzt hatte sie immer die Wahrheit gesprochen. Warum sollte sie jetzt lügen? Vielleicht waren sie tatsächlich nett, doch das würde ich ohnehin früh genug herausfinden.

    Als sich der Trubel um die fünf etwas beruhigte, stellte ich mich ebenfalls vor sie hin und begrüßte alle nacheinander. Wirklich viel dachte ich mir nicht dabei, doch ich wollte nicht wie ein Außenseiter die ganze Zeit in irgendeiner Ecke stehen. Komischerweise pochte die ganze Zeit hindurch mein Herz so schnell wie noch nie.

    „Wie heißt du?", fragte die, deren Name entweder Shirley oder Tessa war, neugierig und glitt von dem Tisch herunter.

    Ich räusperte mich kurz und versuchte dadurch, meine Furcht wenigstens ein bisschen zu verbergen. Warum hatte ich nur solche Angst? Wenn ich mich nicht irrte, lag es an der selbstbewussten Ausstrahlung, die wirklich jeder einzelne von den Fünfen hatte. „Jody, ich heiße Jody."

    „Cool, ich bin Tessa."

    Ich brachte schnell ein halbherziges Lächeln zustande, während ich schon wieder versuchte mich zu verdrücken.

    „Was haben wir jetzt für eine Stunde?" Fragte sie das tatsächlich mich? Warum nicht irgendwen von den anderen?

    Leicht verwirrt drehte ich mich um und zuckte mit den Schultern. „Weiß nicht, wahrscheinlich stellen sich die Lehrer vor, das wird ohnehin wieder total interessant." Hoffentlich hatte Tessa den Sarkasmus in meiner Stimme gehört, denn sonst würde ich jetzt bestimmt als Streber dastehen.

    „Okay, dann freue ich mich schon." Sie grinste nun, wandte sich allerdings wieder von mir ab. Okay, das war schon mal normaler.

    Langsam spazierte ich zu meinem Platz, der natürlich ganz leer war, zurück. Dort setzte ich mich hin und begann in Gedanken versunken in meiner Umhängetasche herumzuwühlen. Was ich suchte, hatte ich schon längst vergessen. Der Gedanke an die fünf Neuen ließ nicht mehr von mir ab, denn ich hatte noch immer keine Ahnung, warum ich so nervös war. Schließlich waren sie ganz normal, okay, sie wurden von einer Schule verwiesen, aber irgendwie schienen sie auf den zweiten oder dritten Blick recht nett zu sein. Und Tessa schien sich sogar für mich zu interessieren. Ich seufzte kurz und schob meine Gedanken erstmal beiseite.

    Danach setzte ich ein fröhliches Lächeln auf und wartete, bis es klingelte.

    Wie erwartet strömten bereits nach zehn Minuten gleich vier Lehrer gleichzeitig herein, um sich vorzustellen. Drei davon kannte ich bereits, den anderen nicht.

    „Guten Morgen, meine Schüler. Ich bin Herr Blair und werde euch in diesem Jahr in Mathe und Physik unterrichten. Wer Physik abwählen möchte, der soll sich jetzt melden, aber ich rate euch, dabei zu bleiben, da wir in diesem Jahr sehr viele tolle Experimente machen werden. Er legte eine kurze Pause ein, rückte sich seine Brille zurecht und ließ seinen Blick durch den Raum schweifen. Avan, oder besser gesagt seine ungewöhnlichen Haare, starrte er am längsten an. „Also, gibt es jemanden, der keine Lust auf Explosionen und Sonstiges hat?, fragte er in die Runde und blickte uns über seine eckigen Brillengläser eingehend an. Komisch, keiner hob die Hand. Zumindest wollte ich nicht die einzige sein. Eigentlich hatte ich mir schon ein paar Tage nach meinem letzten, superschlechten Physiktest geschworen, dieses Fach abzuwählen … Jetzt traute ich mich allerdings doch nicht mehr.

    In diesem Moment meldete sich überraschenderweise doch jemand zu Wort. Schnell schaute ich herum, von dem die Stimme stammte, und blickte Avan an, der lässig mit verschränkten Armen auf seinem Stuhl saß. „Darf ich nachfragen, was Sie unter ‚Sonstiges‘ verstehen? Ich bin ja sehr interessiert an dem Fach Physik, allerdings möchte ich zuerst mal wissen, worauf ich mich da einlasse. Außerdem bin ich mir nicht sicher, bei welchem Stoff wir anfangen und das müsste ich jetzt bereits erfahren, da sonst mein kompletter Zeitplan auseinander gerät."

    Die ganze Klasse starrte ihn skeptisch an, seine Worte passten nicht zu seinem coolen Aussehen. Schon alleine zu der Art, wie er sich bewegte, passte seine Ausdrucksweise überhaupt nicht.

    Erst nach ein paar weiteren Sekunden verstand ich, was er wollte. So wie viele andere in meiner Klasse wollte er nur Aufmerksamkeit. Ein Lächeln huschte über mein Gesicht, auch der Rest der Klasse begann zu grinsen.

    Herr Blair ließ sich nicht beirren und kramte in seiner Tasche nach einer dieser dicken Lehrermappen. „Wie ist Ihr Name?", fragte er, als er seine Mappe in der Hand hielt.

    „Avan Nolan." Avan erhob sich und stellte sich mit ernstem Gesicht direkt neben den Lehrer. Dann rückte er sich ebenfalls seine imaginäre Brille zurecht und schielte Herrn Blair über die Schulter. Ich grinste gleich noch breiter und versuchte, nicht laut loszulachen.

    Nun fuhr er mit dem Zeigefinger über die Klassenliste und hielt inne. Ich konnte es von der letzten Reihe aus zwar nicht sehen, doch wahrscheinlich tippte Avan gerade auf seinen eigenen Namen. „Das bin ich. Möchten Sie mir etwa ein Mitarbeitsminus eintragen?"

    Ein paar in der Klasse schnappten erschrocken nach Luft, auch Tessa schien beeindruckt zu sein. Ich staunte nicht schlecht, als Avan sich den Stift des Lehrers schnappte und noch in der Mappe herumkritzelte. Ich hätte wirklich viel dafür gegeben zu sehen, was er da gerade zeichnete.

    „Avan Nolan, setz dich sofort!" Auf der Stirn von Herrn Blair pulsierte eine rote Ader, es sah sehr bedrohlich aus. Wenn ich Avan gewesen wäre, hätte ich mich wirklich so schnell wie möglich hingesetzt, doch er tat es nicht.

    „Habe ich etwas falsch gemacht? Ich möchte nämlich wirklich kein Mitarbeitsminus." Er grinste schief und schlenderte langsam auf seinen Platz zurück.

    Der Lehrer schüttelte kurz den Kopf, strich sich die Haare aus dem Gesicht und stellte sich an die Tafel, um aufzuschreiben, welche Hefte wir benötigten. Keiner schrieb mit, wirklich keiner. Die Blicke der ganzen Klasse ruhten auf Avan, der ganz entspannt wieder auf seinem Stuhl saß und triumphierend grinste.

    „So … Avan? Bitte komm gleich nach der dritten Stunde ins Lehrerzimmer. Wir müssen reden … Und ich denke, du weißt warum." Damit verschwand Herr Blair aus dem Klassenzimmer, er zitterte am ganzen Körper. Im Inneren hatte ich wirklich Mitleid mit ihm, doch das konnte ich nicht zeigen, denn die ganze Klasse würde mich auslachen …

    Sobald die Tür hinter dem armen Physiklehrer zugeschlagen war, begannen Shirley, Vanny und Tessa grinsend zu klatschen, die restliche Klasse stimmte mit ein. Etwas zögerlich klatschte ich ebenfalls mit. Avan grinste nur stolz vor sich hin und genoss den Applaus sichtlich. Ich war wirklich gespannt, was wir mit ihm noch alles erleben würden …

    In diesem Moment schwang die Tür auf und unsere Deutschlehrerin kam herein. Sofort war es wieder ruhig, denn wir alle wussten, wie streng Frau Velum wollte. Anscheinend hatte Avan es auch gespürt, denn er hielt die Klappe.

    Nach zwei weiteren Stunden, in denen die Lehrer irgendwelche Heftformate an die Tafel schrieben, wurden wir endlich entlassen. Ich wartete noch kurz, bis Avan feierlich aufstand und sich bereit machte, ins Lehrerzimmer zu gehen. „Auf Wiedersehen, meine treuen Freunde. Falls wir uns nie wieder sehen … vergesst nie, dass ich euch geliebt habe." Während Avan die Hände wie ein König in die Luft hob, blickte er Shirleay tief in die Augen. Sie formte einen Kussmund und zwinkerte. Waren die beiden etwa zusammen? Ich konnte es mir gut vorstellen, zumal sie eigentlich vom Aussehen her gut zusammen passten. Avan war cool und er sah auch gut aus. Shirley war ebenfalls total hübsch und außerdem wirkte sie auf alle Jungs sexy. Ja, sie passten gut zusammen.

    Nun brach etwa die Hälfte der Klasse in wilden Jubel aus, sogar die Jungs, die ihn vorhin noch so misstrauisch beäugt hatten, klatschten begeistert los. Ich brachte nur ein Grinsen zustande.

    Noch immer war ich leicht geschockt, was Avan sich alles traute. Klar, wir hatten auch ein paar Idioten in der Klasse, die sich immer in den Mittelpunkt stellen wollten, doch keiner machte das so gekonnt wie dieser Avan. Noch mehr verwirrte mich allerdings, dass Tessa mich immer wieder nett anschaute. Ich wollte gleich austesten, ob sie wirklich noch so nett zu mir war.

    Aufgeregt wartete ich, bis Avan den Raum verlassen und der Trubel sich etwas beruhigt hatte. Dann ließ ich mich neben Tessa nieder, die auf ihrem Tisch saß, und blickte ihr über die Schulter. Ihre Finger glitten blitzschnell über die Touchtastatur ihres Smartphones, doch ich erkannte nicht, wem sie schrieb. Da es mich ohnehin nichts anging und ich keine Probleme machen wollte, ignorierte ich die Worte und beobachtete nur ihre lackierten Fingernägel.

    „Ist was?, fragte Tessa mich irgendwann und blickte mich mit großen, braunen Augen an. Wie ein Pferd. Ja, sie erinnerte mich tatsächlich an ein Pferd. War ich jetzt völlig dumm geworden? Es schien mir so. Kein Idiot verglich Menschen mit Pferden. Na ja, ich schob den Gedanken zur Seite und schüttelte schnell den Kopf. „Nein.

    „Und warum starrst du mich dann so blöd an? Verzieh dich", schnauzte Tessa nun total unsympathisch. Okay, Thema abgehakt. Es war einfach nur ein dummes Missverständnis. Vielleicht hatte sie mich zuvor ja mit irgendeiner coolen Tussi verglichen. Es war einfach eine Verwechslung …

    „‘tschuldigung. Ich hau schon ab." Schnell glitt ich von dem Tisch herunter und stolperte mit wackligen Beinen zurück zu meinem Tisch.

    Zum Losertisch.

    Zum Alleine-sein-ohne-coole-Leute-Tisch.

    Wirklich begeistert war ich nicht darüber.

    Enttäuscht packte ich meinen Block in meine grellgrüne Tasche und warf sie mir so lässig wie möglich über die Schultern. Vorhin hatte ich mir noch vorgenommen, auf Avan zu warten, um herauszufinden, was Herr Blair zu ihm gesagt hatte, doch nun war mir die Lust wirklich vergangen. Ich wollte einfach nur mehr nach Hause. Zum Glück konnte ich jetzt gleich verschwinden, denn noch mehr Verwirrung konnte ich wirklich nicht mehr gebrauchen. Am ersten Schultag war sowieso schon viel zu viel geschehen.

    „Bye Leute, viel Spaß noch", flüsterte ich leise, wobei ich nicht einmal vorhatte, dass es jemand hörte. Besonders nicht Tessa, Shirley oder die anderen Coolen.

    Leise schlich ich den Gang entlang und verließ die Schule. In Gedanken versunken betrachtete ich meine Füße, die sich vom Asphalt hoben und ihn wieder berührten. Die Sneakers mit den türkisen Schnürsenkeln, die ich mir extra für den heutigen Tag gekauft hatte, hatten ihren Dienst leider nicht getan. In den Sommerferien hatte ich noch gedacht, dass irgendwer zu mir sagen würde, wie cool sie waren. Doch leider hatte ich mich getäuscht. Ich wollte einfach einmal in meinem Leben richtig beliebt sein, bei Mädchen und bei Jungs. Seltsamerweise hatte ich ganz kurz gedacht, Tessa würde mir genau das ermöglichen. Ich hatte mich wirklich getäuscht.

    Avan, der Junge mit den blauen Haaren, huschte mir durch den Kopf, obwohl ich versuchte, die ganze Klasse einfach in die hinterste Ecke meines Gehirns zu verbannen. Vergeblich. In mir drin hatte sich ein seltsames Gefühl ausgebreitet, das ich noch nie gespürt hatte. Es war etwas Neues, etwas Ungewöhnliches. Es war das Gefühl, nicht immer ignoriert zu werden …

    2

    Zuhause angekommen warf ich meine Tasche eilig auf die Garderobe und wollte so schnell wie möglich hinauf in mein Zimmer rennen, doch die Rufe meiner Mutter stoppten mich.

    „Jody? Ist was passiert? Warum hast du es denn so eilig?", rief sie von der Küche herauf und stand ein paar Augenblicke später mit dem Kochlöffel, von dem etwas Rotes, wahrscheinlich Tomatensauce, tropfte im Flur.

    „Nein, nichts Mum. Ich bin nur … müde."

    Mit einem Hauch Erleichterung im Gesicht nickte sie und verschwand wieder in der Küche.

    Ich drehte mich schnell um, während meine Füße sich langsam über die Treppen hinauf bewegten. Bei jeder einzelnen Stufe sah ich eine andere Person unserer Klasse vor meinem inneren Auge. Ganz am Schluss kamen noch Dylan, Shirley, Tessa, Vanny und Avan.

    Kopfschüttelnd ließ ich mich auf mein Bett plumpsen, um so desinteressiert wie noch nie die Decke an zu starren. D, S, T, V und A. Vergeblich versuchte ich, ihre Gesichter, ihre Worte und alles an ihnen zu verdrängen. Schon wieder fragte ich mich, warum ich so viel an die fünf dachte, aber irgendwie … konnte ich es mir einfach nicht erklären. Wahrscheinlich lag es daran, dass es mich faszinierte, wie sie es geschafft hatten, innerhalb ein paar Stunden bereits so beliebt zu werden. Normalerweise war es so, dass Neulinge in der Klasse zuerst etwas uninteressant waren, doch bei ihnen war es komplett anders. Es konnte aber natürlich auch daran liegen, dass Tessa ein paar Worte mit mir gewechselt hatte, anfangs nett, danach weniger …

    Im Grunde genommen wollte ich ohnehin nichts mit solchen Jugendlichen zu tun haben. Meinem Gefühl nach, waren diese nämlich genau von der Sorte, vor der meine Mutter mich tagtäglich warnte. Nämlich die, die ohne Drogen nicht leben konnten, Tag für Tag sehr viel rauchten und andere, unerlaubte Dinge taten. Und ich wollte und durfte nicht so werden. Aber Tessa schien nicht so, zumindest nicht bei unserem ersten Gespräch. Bei diesem war sie wirklich nett …

    Mein Handy klingelte. Sofort wurde ich aus meinen Gedanken gerissen und zuckte erschrocken zusammen. Ohne den Namen auf dem Display zu beachten, hob ich ab und sagte erstmal Hallo.

    „Hallo Jody … Hmmm … Ich wollte mich nochmal entschuldigen, wegen heute meine ich. Es war nicht okay, dass ich einfach gegangen bin."

    „Mh." Obwohl Mina meine beste Freundin war, interessierte es mich im Moment herzlich wenig, was sie nun sagen wollte. Wegen ihr waren meine ganzen Ferien kaputt gewesen. Natürlich war es nicht ihre Schuld, aber irgendwem musste ich die Schuld doch geben …

    Morgen hätte ich ihr allerdings ohnehin schon wieder verziehen, denn ohne sie konnte ich schließlich nicht leben. Das hatte ich in den Ferien deutlich gemerkt.

    „Bist du immer noch sauer auf mich?"

    „Mh-Mh." Das sollte nein heißen, ich war mir aber nicht sicher, ob sie es als das aufgefasst hatte.

    „Sag bitte. Ich meine, du kannst ja gar nichts dafür. Und ich wäre wahrscheinlich genauso wütend und enttäuscht wie du gewesen. Tut mir echt leid."

    „Mh." Warum ich das tat? Ich wollte ihr einfach zeigen, dass ich nicht einfach alles gleich verzieh. Natürlich verzieh ich ihr sehr viel und das sehr schnell, da sie meine beste Freundin war, doch mir kam es so vor, als würde sie es gar nicht schätzen. Klar, vielleicht war ich heute auch etwas unfreundlich, doch sie hatte sich einfach von mir abgewandt und hatte mich alleine stehen lassen. Ganz fair war das auch nicht.

    „Jody! Rede jetzt mit

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