Kolberg - Angermünde - Goslar: Auf dem Fluchtweg der Vorfahren
Von Marion Kerber
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Über dieses E-Book
Diese Frage treibt die beiden Großcousinen Marion und Edita um, deren Vorfahren 1945 aus ihrer Heimat Kolberg in Pommern fliehen mussten. Gemeinsam reift in ihnen die Idee heran, eine Wanderung auf den Spuren ihrer Ahnen zu unternehmen.
Marion Kerbers umfangreich bebilderter Reisebericht erzählt von schicksalsträchtigen Orten und interessanten Begegnungen. Dabei gibt er aufschlussreiche Einblicke in Erfahrungswelten, die hierzulande schone beinahe vergessen, für Millionen Flüchtlinge weltweit aber noch immer schmerzliche Realität sind.
Marion Kerber
Marion Kerber, 1949 in Bremerhaven geboren, studierte Pharmazie in Bonn und arbeitete 35 Jahre lang als selbstständige Apothekerin mit Heilpraktikerexamen. Seit 2011 befindet sich die Mutter von drei Kindern im (Un-)Ruhestand und verbringt ihre Freizeit vor allem mit Ahnenforschung, Wandern, Radfahren, Fliegen und Gartenarbeit.
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Buchvorschau
Kolberg - Angermünde - Goslar - Marion Kerber
Inhalt
Das Ziel ist der Weg!
16. September, 20 Grad, wolkenlos
Mittwoch, 17. September 2014,22 Grad, strahlend blauer Himmel
Donnerstag, 18. September 2014,20 Grad, blauer Himmel
Freitag, 19. September 2014,22 Grad, wolkenloser Himmel
Samstag, 20. September 2014,22 Grad, strahlend blauer Himmel
Sonntag, 21. September 2014, 20 Grad
Montag, 22. September 2014, bedeckt, später Regen
Dienstag, 23. September 2014,blauer Himmel, Wolken, trocken
Mittwoch, 24. September, 20 Grad,blauer Himmel mit leichter Bewölkung, leichter Wind
Donnerstag, 25. September 2014,18 Grad, trocken und bedeckt
Freitag, 26. September,leichter Nieselregen beim Aufbruch am Morgen
Das Ziel ist der Weg!
Wenn wir – Edita und ich – uns zu Gesprächen verabredet hatten, mal in Bederkesa, mal in Bremerhaven, sind wir gerne ein bis eineinhalb Stunden gelaufen. So entwickelte sich die Idee, eine längere Wanderung zu unternehmen, allerdings sollte es ein besonderes Ziel sein.
Der Jakobsweg, darin waren wir uns sofort einig, sollte es auf keinen Fall sein. Zu kommerziell, zu viele Menschen und für uns ohne Bezug zum Endziel Santiago de Compostela.
Am 9. April 2013 rief Edita bei mir an und sagte, sie wisse jetzt, wohin wir beide wandern würden.
Der Weg sollte Bezug zu unseren gemeinsamen Vorfahren haben und damit war klar:
Unsere gemeinsamen Vorfahren – unsere Großmütter waren Geschwister – stammten aus Kolberg/Pommern und waren 1945 von dort vor den heranrückenden russischen Truppen geflüchtet.
Sie erreichten über Gardelegen die Stadt Goslar/Harz und Editas Großmutter siedelte sich mit vier Kindern im Alter von fünf, sieben, zwölf und 15 in Grauhof an. Der Älteste, Lothar, war noch als 17-Jähriger eingezogen worden und bis da im Krieg. Sie trafen dort auf Ehemann und Vater Richard. Das Klostergut Grauhof war danach bis 1960 ihre Bleibe.
Da uns klar war, dass es eine Menge Vorbereitungen geben würde – Edita hatte ihren Urlaub für 2013 bereits zum Teil verplant, zum Teil schon genommen – legten wir unsere Wanderung für das Jahr 2014 fest. Das Frühjahr könnte zu kalt sein, der Sommer zu heiß, und so hatten wir den September 2014 ausgewählt.
Unsere Wanderung sollte am 15.9.2014 starten. Per Bus oder Zug wollten wir die preiswerteste Gelegenheit annehmen.
Am 21.7.14 rief Edita mich vormittags an, hatte eine Bahnverbindung im Internet gefunden, die für diese gesamte Strecke für jeden von uns nur 39 Euro kosten würde.
Sofort haben wir gebucht, auch auf die Gefahr, dass die Fahrt aus irgendwelchen Gründen nicht stattfinden könnte.
Mit diversen Landkarten von Polen und Deutschland hatte ich bereits unseren Wanderweg Dorf für Dorf bzw. Stadt für Stadt im Groben ausgearbeitet. Es sind insgesamt 650 km.
Von uns hatte keiner Wandererfahrung. Wir sind zwar oft ein bis zwei Stunden zusammen gelaufen, ohne Gepäck und mit Straßenschuhen. Aber die Vorstellung, eine lange Strecke zu Fuß zurückzulegen, in Gedanken an die Leistung unserer Vorfahren, ließ uns nicht mehr los. Dieser Plan beflügelte Geist und Seele.
Unser Plan war, ca. 20 bis 25 km pro Tag von Unterkunft zu Unterkunft zu wandern. Wir hatten noch die Zuversicht, dass die Wanderleistung sogar steigerungsfähig sein könnte. Drei Stunden vormittags, zwei Stunden nachmittags und dazwischen eine Pause von einer Stunde. Das war so in etwa die Vorgabe.
Start sollte Kolberg sein, und so buchte Edita im ersten Hotel für zwei Nächte.
Ihre Tochter Ela, die zurzeit in London lebt und arbeitet, hatte sich spontan entschieden, uns auf unserer Wanderung für drei Tage bis Gryfice zu begleiten. Dort wollte sie per Zug nach Berlin, ein paar Tage bei Freunden bleiben, die sie aus dem Anfang Ihrer Studienzeit kennt, um dann von Berlin nach London zurückzufliegen.
Nach dieser Buchung am 21.7. gab es nur noch ein Thema: Was nehme ich mit, was brauche ich und wie kann ich alles tragen?
Wir verabredeten uns, um die Angebote für Wanderschuhe, Rucksack und Wandersocken unter die Lupe zu nehmen. Ein größerer Rucksack als 30 Liter sollte es für mich nicht sein, bei meiner Größe von 1,62 Meter saß der am besten. Edita hatte einen strapazierfähigen Rucksack zu Weihnachten geschenkt bekommen.
Ich kaufte ein paar Sportschuhe und etwas höher geschnittene Wanderschuhe, die jetzt auf jeden Fall eingelaufen werden mussten.
So trug ich auf all meinen Wegen, auch im Haus, mal diese, mal jene mit den obligatorischen Wandersocken. Da ich ein ausgesprochener Bewegungsmensch bin, kaum fünf Minuten an einem Platz verharren kann, weil mir dies oder jenes einfällt, was zu erledigen ist, sehe ich das als großen Vorteil an. Auch Edita hat die gleiche Veranlagung und ich denke, dass wir diesbezüglich keine Probleme bekommen.
Es sollte einen Probelauf mit dem größten Teil unserer Wanderutensilien geben.
Der 2. September war dafür verabredet. Ich packte meinen Rucksack mit Regenkleidung, Wäsche, Schuhe etc. Er wog knapp 7 kg und hatte das gefühlte Gewicht von 15 kg.
Nach einem Frühstück bei Edita ging es dann rund um den Beerster See, insgesamt 13 km.
Das Wetter war zauberhaft, ca. 22 Grad, blauer Himmel mit Schönwetterwolken und einem leichten Wind.
Sowohl das Tragen der Schuhe als auch des Rucksacks stellte kein Problem dar und es musste nichts nachreguliert werden.
Ich habe danach alles wieder ausgepackt – ein Zimmer im Ausnahmezustand –, um schriftlich festzuhalten, wo ich was finde. Das hielt ich für sehr förderlich, nicht immer suchen zu müssen. Mal abwarten, ob es sich bewährt.
Gestern habe ich einen kleinen Vorrat an Zloty von der Bank geholt. Somit sind wir die ersten Tage nicht auf Wechselstuben angewiesen.
10. September 2014
Heute liegen noch fünf Tage vor mir, in denen ich die Abreise und Abwesenheit aus meiner Wohnung planen muss. Bruder und Schwägerin werden einmal pro Woche den Postkasten entleeren sowie etwas anspruchslosere Blumen begießen. Ein Alpenveilchen, eine blühende Kalanchoe und ein kleiner Topf mit Glücksklee von Silvester stehen seit Sonntag bei einer lieben Freundin. Kühlschrank sowie Kühltruhe sollten nur noch bis auf Notfallware geleert sein.
Seit ein paar Wochen lerne ich mit einem Sprachführer Polnisch und habe den Inhalt meiner Schränke, Schubladen und den Kühlschrank mit den entsprechenden polnischen Vokabeln versehen. So habe ich sie mehrmals am Tag vor Augen. Das klappt recht gut. Ein paar Fragesätze, Begrüßungs- und Höflichkeitsformeln sowie Zahlen halte ich für wichtig, aber ich gebe zu, es fällt mir schwer, die Vokabeln mit einigermaßen korrekter Aussprache zusammenzubringen und zu behalten. Ein kleiner russischer Wortschatz könnte ebenfalls helfen.
Ich lasse