Feuergürtel
By Hef Buthe
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Book preview
Feuergürtel - Hef Buthe
Feuergürtel
Thriller-Serie
von
Hef Buthe
Impressum:
Cover: Karsten Sturm-Chichili Agency
Foto: fotolia.de
© 110th / Chichili Agency 2014
EPUB ISBN 978-3-95865-075-6
MOBI ISBN 978-3-95865-076-3
Urheberrechtshinweis:
Alle Rechte vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotografie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Autors oder der beteiligten Agentur „Chichili Agency" reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.
Kurzinhalt
Perkin wird von einem indonesischen Kollegen in Jakarta um Hilfe gebeten. Der Journalist Peter Stösser sitzt in einem Militärgefängnis und verweigert jede Aussage. Das klingt für Perkin nach Routine, und er nimmt seine Verlobte The-Maria mit, Stössers Tochter. Der Ausflug kann nur einen Tag dauern, denkt er. Zu spät merkt er, dass ihm jemand eine Falle gestellt hat. The-Maria entkommt verletzt einem Entführungsversuch. Doch das war nur der Anfang eines ausgeklügelten Spiels. Eine Bombe zerstört sein Hotelzimmer. Wieder wird The-Maria verletzt und verschwindet spurlos auf dem Weg in eine Klinik …
Die Hauptfiguren
Mr Perkin, Wirtschaftsanwalt in Singapur
The-Maria Stösser, Verlobte von Perkin
Peter Stösser, Journalist aus Köln, Vater von The-Maria
Oberst Arsad, Militäranwalt in Jakarta
Dr. Van Ruijten, Hotelarzt
Ali, undurchsichtiger Taxifahrer
Jusuf Budur, Leichenwäscher
Jakarta, 02.08.1999, 22.00 Uhr
Der Schlagstock traf wie geübt an der richtigen Stelle. Der Mann sackte sofort in sich zusammen und fiel wie ein entwurzelter Baum. Er hatte nicht die Chance einer Abwehr gehabt. Sein rasierter Schädel schlug gegen den Metallrahmen der Pritsche und von dort ohne körperlichen Reflex auf den Betonboden, auf dem sich schnell eine Blutlache bildete. Die Stahltür fiel ins Schloss, ein Riegel wurde vorgeschoben.
Der Wärter prüfte durch die Schiebeklappe, ob sich der Mann noch bewegte. Er tat es nicht.
„Befehl ist Befehl, stellte er zufrieden fest. „Meine Schicht ist jetzt beendet. Dich findet die Ablösung.
Dann verriegelte er die Klappe, wie es in den Vorschriften stand.
Soekarno-Hatta Airport, Jakarta, 14.35 Uhr
The-Maria zeigte durch einen flüchtigen Kuss, dass sie sich keine Sorgen machen musste, dass Perkin wirklich nur diesen zerknitterten Leinenanzug und den uralten Panamahut als einzige Kleidungsstücke dabei hatte. Sie zog seinen kleinen Rollkoffer, in dem sich angeblich feinere Wäsche befinden sollte. Von der verschrammten braunen Ledertasche mit den zwei Schnallen hatte er sich aber nicht trennen wollen. Die hatte er sich an einem Gurt, der die Aufschrift einer Airline trug, wie einen Brotbeutel umgehängt und suchte die Hinweisschilder im Terminal ab.
„Da hin, deutete er auf das blaue Leuchtschild „Information
oberhalb des Piktogramms für die Toiletten. The-Maria nahm seine Hand. Ihre Handfläche war feucht.
„Du kennst diesen Anwalt nicht, der Peter vertritt?" The-Maria hatte nur ein einziges Mal das Wort Vater im Zusammenhang mit Peter Stösser in den Mund genommen. Sonst nannte sie ihn je nach Situation beim Familiennamen oder beiläufig, fast wegwerfend beim Vornamen. Das Verhältnis der beiden schien nicht gerade von Herzlichkeit geprägt zu sein.
„Nein. Ich kenne den Anwalt nicht. Ich habe ihm auf Band gesprochen, dass ich um diese Zeit hier sein werde und ihn an der Information erwarte oder ihn ausrufen lasse."
Die Information war mit zwei Frauen in der Uniform der platzhaltenden Airline besetzt. Belagert wurde sie von einem Ehepaar mit drei Kindern, die sich über ein verschwundenes Gepäckstück beschwerten.
Perkin wedelte mit seinem Pass. „Darf ich kurz eine Frage stellen? Er versuchte, die Aufmerksamkeit einer der Frauen auf sich zu ziehen. „Ich bin hier mit einem Anwalt namens Achmad Arsad verabredet. Hat der sich schon gemeldet oder etwas für mich hinterlassen?
Das Ehepaar steigerte sich in seinem Zorn, dass die Information nicht für verlorene Gepäckstücke zuständig, sondern das Flughafenfundbüro in Terminal zwei dafür anzusteuern sei. Die Kinder kreischten.
Die Frau schüttelte den Kopf. Es tut mir leid, Sir. Ich habe keine Informationen für Sie. Soll ich diesen Anwalt ausrufen?
Perkin nickte und suchte nach einer Sitzgelegenheit für zwei.
„Das gefällt mir nicht, murmelte er und nahm The-Marias Hand. „Warum schickt mir ein Anwalt einen Brief, den er sich durch ein Fax oder ein Telefonat hätte sparen können?
Er erinnerte sich, was ihm vor Monaten der noch amtierende Staatspräsident Dr. Habibie dazu gesagt hatte, als sich Perkin bereit erklärt hatte die Angelegenheit zu übernehmen.
„Perkin, ich trete im Oktober nicht mehr zur Wahl an. Es wäre zwar hilfreich für mein Image, wenn du herausfinden könntest, wer uns Rohstoffe auf Kalimantan stiehlt. Aber du wirst keine Unterstützung erhalten, wenn du die Lösung nicht bis spätestens Ende August lieferst."
Dr. Jusuf Habibie. Er war seit Mai 98 und dem erzwungenen Rücktritt des zweiten Staatspräsidenten Suharto als dritter Präsident Indonesiens im Amt. Es war ein glückloses Unterfangen für Habibie als Interims Staatsoberhaupt gewesen. Er hatte die eigentliche Staatsmacht, die Armee, nicht auf seine Seite bringen können. So trat er im Oktober 99 nicht mehr zur Wahl an.
Perkin sah im Telefonregister seines Handys, dass die Privatnummer noch gespeichert war. Er wählte sie.
„Büro Dr. Habibie", meldete sich eine weibliche Stimme. Perkin drückte das Gespräch weg und nickte zufrieden. Es war gut zu wissen, dass es den einzigen Zeugen noch gab, der wusste, wozu Perkin Peter Stösser nach Kalimantan geschickt hatte.
The-Maria schob die Unterlippe vor und sah wie ein schmollendes Kind aus, das kurz vor einem Zornausbruch stand. „Ich stinke und will aus diesen Kleidern raus. Wie lange dauert das denn noch?"
„Nimm dir doch ein Taxi und fahr ins Hotel, versuchte er zu beruhigen. „Dort gibt es Geschäfte genug, in denen du dich neu einkleiden kannst. Ich komme sofort nach.
Der Anwalt Achmad Arsad wurde bereits zum zweiten Mal ausgerufen.
The-Maria konnte sich nicht entscheiden, was sie tun sollte. „Ich kann kein Indonesisch", schmollte sie, was so viel hieß, dass sie hier bleiben würde.
Perkin nickte und beobachtete weiter den Informationsstand. Die wütenden Eltern hatten das Feld geräumt und machten anderen Hilfesuchenden Platz. Aber keiner davon sah wie ein Anwalt aus. Wie sah ein Anwalt überhaupt aus? Was unterschied ihn von anderen? Perkin sah an seinem zerknitterten Anzug entlang und seufzte.
„Sie müssen Mr. Perkin sein. Es war eine männliche und junge Stimme, die ihn von hinten ansprach. „Bitte sehen Sie geradeaus. Ich bin der Adjutant von Mr. Arsad und möchte hier kein Aufsehen. Sagen Sie mir einfach, in welchem Hotel sie absteigen. Mr. Arsad wird Sie im Laufe des Nachmittags kontaktieren.
Perkin nannte das Hotel und ärgerte sich, dass er auf einen Trick hereingefallen war. In dem genannten Hotel stiegen keine armen Anwälte ab, die sich nicht mehr als fünfzigtausend Dollar Kaution leisten konnten. Er drehte sich nach dem Mann um, aber wieder hatte eine Maschine ihre Ladung ausgespuckt und es konnte jeder der Ankömmlinge sein.
„Es war ein Mann in Militäruniform. Etwa dreißig. Einen Meter siebzig groß. Mit den Abzeichen kenne ich mich nicht aus." The-Maria zog ein verschmitztes Gesicht. Der Adjutant hatte sie nicht mit ihm in Verbindung gebracht und sie hatte sich umgedreht.
„Ich denke, du kannst kein Indonesisch?"
„Kann ich auch nicht. Der hat doch Malaiisch gesprochen. Sie stand auf, roch an sich, rümpfte die Nase und machte eine einladende Handbewegung. „Ab jetzt. Ins Hotel.
Während Perkin versuchte, sich einen Reim auf einen Anwalt mit einem Adjutanten in Militäruniform zu machen, plapperte The-Maria auf den Taxifahrer ein. Sie hatte begriffen, dass sich die malaiische und indonesische Sprache kaum voneinander unterschieden. Schnell hatte sie den Fahrer überredet, ihr Einkaufsführer für den Nachmittag zu sein. Perkins missmutige Frage, warum sie das nicht im Hotel erledigen könne, damit abgetan: „Ich weiß jetzt, in welchem Hotel wir absteigen. Das ist mir zu teuer. Da schlagen selbst beste Marken noch einen Hotelbonus drauf." Geld von ihm zu nehmen hatte sie wieder abgelehnt. So hatte er Zeit, sich der langsam undurchsichtig werdenden Angelegenheit auf seine Art anzunehmen.
Im Hotel
Es war nach wie vor das Luxushotel einer amerikanischen Kette in der Stadt. Aber zu Suhartos Amtszeit waren alle ausländischen Hotels und ihre weltweit bekannten Namen seiner Parole: Indonesien den Indonesiern zum Opfer gefallen. Die Hotels hatten sich indonesische Namen geben müssen. So trug das ehemalige Hilton einen für Ausländer nahezu sinnlosen wie unaussprechbaren Namen. Dafür wurden die Preise nicht mehr in der inflationären Landeswährung, der Rupiah, sondern nur noch in US Dollar angegeben.
Mit dem mehrere Kilo schweren Telefonbuch von Jakarta und Umgebung bewaffnet betrat Perkin die gebuchte Suite, duschte, rasierte sich und bestellte eine Kleinigkeit zu essen. Danach legte er sich einen Standardsatz zurecht und rief alle im Telefonbuch für diese Angelegenheit ausgewiesenen Anwälte an.
„Mein Name ist Perkin, Anwalt aus Singapur. Mir ist mein indonesischer Kollege Achmad Arsad abhandengekommen. Wir haben einen sehr dringenden Termin vor dem Appellationsgericht. Er soll bei Ihnen sein, wie sein Büro sagt."
Nach dem achtundvierzigsten Anruf war er keinen Schritt weiter gekommen. Dieser Arsad war entweder nicht bekannt oder nicht aus Jakarta. Nur ein Kollege hatte mit dem Namen Perkin etwas anfangen können. „Sie sind doch dieser verrückte Kollege mit dem Spielcasino in Singapur? Tolle Idee. Wen suchen Sie? Auch er kannte keinen Arsad, hatte ihm aber den Rat gegeben, im Justizministerium nachzufragen. Eine Art Anwaltskammer gab es im Land nicht. Dafür konnten sich Anwälte, wenn sie als Verteidiger vor Gericht auftreten wollten, im Ministerium registrieren lassen. „Dazu müssen Sie aber dort selbst vorsprechen. Das geht telefonisch nicht
, hatte er noch hinzugefügt.
Perkin hasste es, nicht weiter zu kommen und untätig auf jemand zu warten, der die Termine bestimmte. So legte er die Beine hoch, kaute auf einer Zigarre und schaltete den Fernseher ein. Es war bereits 18.00 Uhr. Wo blieb The-Maria? Warum brauchte eine Frau drei Stunden, um sich ein paar neue Unterhosen, zwei Blusen und eine Zahnbürste zu kaufen?
Im Taxi
The-Maria prüfte auf dem Rücksitz des Taxis den Inhalt ihrer Schnäppchen. Sie war zufrieden mit dem Fahrer, der ihr wirklich preiswerte Geschäfte gezeigt hatte und auch zufrieden mit sich. Kleidung bester Qualität kostete in diesem Land nur die Hälfte dessen, was sie in Malaysia kostete. Mit Singapur wollte sie erst gar keinen Vergleich anstellen.
Sie sah auf. Irgendwie hatte sie die Orientierung verloren. Die Sonne war im Begriff unterzugehen. Aber sie ging der Fahrtrichtung zum Hotel nach an der falschen Stelle unter. Sie fuhren nach Süden und nicht nach Osten, woher sie gekommen waren. In ein paar Minuten brach die Dunkelheit ein und sie würde überhaupt nicht mehr wissen, wo sie war.
„Fahrer. Die Richtung stimmt nicht. Da geht es nicht zum Hotel."
Der Fahrer reagierte nicht und beschleunigte.
„Fahrer, da-geht-es-nicht-zum-Hotel!, schrie The-Maria, rutschte auf die Sitzkante vor und klopfte dem Mann auf die Schulter. „Anhalten, sonst rufe ich die Polizei.
Sie hätte nicht einmal gewusst, wie die Notrufnummer in diesem Land lautete, noch in welcher der zwanzig Tüten das Handy war. Der Fahrer holte kurz aus und schlug ihr mit der Faust ins Gesicht. Sie fiel auf die Tüten, schüttelte sich, rappelte sich auf und taxierte den Verkehr um sie herum. Ein Bus fuhr vor ihnen. Mit dem Schrei: „Ich bin eine Khmer", traf ihre Handkante den Hals des Mannes, der augenblicklich zusammensackte und über das Lenkrad fiel.
Hotel Suite
„Jetzt geht die nicht einmal ans Telefon!" Perkin versuchte, seit einer halben Stunde The-Maria zu erreichen. Es war mittlerweile 19.00 Uhr und weder der Anwalt, den keiner seiner Kollegen kannte, noch dieses vietnamesische Halbblut meldete sich. Nervös ging er auf und ab und malte sich in schwärzesten Farben aus, was mit The-Maria passiert sein konnte. War sie entführt worden? Sie war Stössers Tochter. Der Journalist schien in Untersuchungshaft zu sitzen. Das roch nach einer Verschwörung! Wollte jemand Lösegeld für sie, oder war sie einfach verunfallt und lag in irgendeiner Klinik in Jakarta? Wieder war das angesagt, was Perkin am wenigsten konnte … warten.
Perkin bemaß seine Schritte so, dass er sowohl das Haustelefon wie auch den Eingang der Suite mit einem Satz erreichen konnte. Er fühlte sich in diesem Aktionsradius wie ein an die Kette gelegter Hund. Wütend ob seiner Hilflosigkeit und gleichzeitig voller Aggressionen auf jeden und alles. Sollte The-Maria nicht in einer Stunde ein Lebenszeichen von sich gegeben haben, musste er die Polizei einschalten, und die war bekannt für ihre Hilfsbereitschaft gegenüber Ausländern. Jedem Streifenpolizisten stand es auf dem Mützenrand geschrieben, dass er einen unterbezahlten Job schob und nicht die geringste Lust hatte, sich mit den Problemen von Auswärtigen herumzuschlagen. Perkin griff zum Telefon.
„Ist meine Begleitung, Miss Stösser im Haus gesehen worden?" In dem Moment polterte es an Tür, als trete jemand dagegen. Er legte den Hörer auf den Tisch, öffnete und stieß einen Fluch aus.
The-Maria lehnte im Türrahmen und hielt krampfhaft Einkaufstüten fest, war aber kaum noch in der Lage, sich auf den Beinen zu halten. Sie blutete, ihr linkes Auge war geschwollen. Sie versuchte ein Lächeln und sackte zusammen.
Der Arzt richtete sich auf. Perkin hatte die Ohnmächtige, die sich nur mit Gewalt ihre Einkäufe hatte entreißen lassen, aufs Bett gelegt.
„Die Platzwunde sieht schlimmer aus, als sie ist.. Das heilt von selbst und das Auge einfach mit Eis kühlen. Nur … Er hatte hilflos mit den Schultern gezuckt und ein Rezept für Schmerzmittel, Verbände und Salben ausgefüllt. „Nur fürchte ich, dass die Lady eine Gehirnerschütterung hat. Sie muss ein paar Tage im Bett bleiben. Sie darf nicht ohne Hilfe aufstehen. Können Sie das? Oder soll ich Ihnen eine Schwester schicken, die natürlich extra berechnet werden muss. Oder benötigen Sie keine Rechnung?
Perkin sah auf den leblosen Körper, der sich nach einer Injektion in den Schlaf verfügt hatte. Er nickte. „Ich mache das schon. Danke Doktor." Fünfhundert Dollar wechselten die Hand.
„Stets zu Diensten, Mr. Perkin. Ich habe die ganze Nacht Dienst. Wenn es Komplikationen gibt … Perkin nickte geistesabwesend. „Ich weiß Sie zu finden. Danke.
Du solltest keinem Arzt und seinen Medikamenten mehr trauen, drohte Perkins Erinnerung. In den Medikamenten deiner Frau war auch nicht das, was hätte drin sein sollen. Die haben sie umgebracht, und du weißt bis heute noch nicht, wer die Substanzen ausgetauscht hat.
„Moment Doktor! Er hielt den Arzt auf. „Darf ich die Ampulle haben, die Sie der Lady gespritzt haben und dann hätte ich gerne Ihre Legitimation als Hotelarzt.
Der Angesprochene zog die Stirn in Falten und setzte sein Köfferchen auf den Couchtisch im Salon. „Natürlich. Das ist Ihr gutes Recht. Aber wenn man gerufen wird, weist man sich nicht erst aus. Der Patient geht immer vor." Er klappte seine Brieftasche auf und reichte Perkin seinen Ausweis und die Zulassung der Gesundheitsbehörde.
„Sie scheinen mit meinem Berufszweig schlechte Erfahrungen gemacht zu haben. Darf ich wissen warum?"
Perkin studierte die Papiere und überging seine Frage.
„Dr. Med. Jan van Ruijten. Vierundvierzig Jahre alt und geboren in Jakarta", dozierte Perkin aus den Dokumenten und reichte sie dem Arzt zurück.
„Sie sind also aus einem holländischen Stamm." Perkin versenkte die Hände in seinen Hosentaschen, was er immer tat, wenn er eine Idee hatte.
„Ja, meine Vorfahren kamen bereits im 17. Jahrhundert nach Batavia ..."
„Mit der Vereinigten Ostindischen Kompanie, wie man bei uns schon in der Schule etwas über misslungenen Kolonialismus lernt", vollendete Perkin den Satz und umrundete den Mann.
„Warum arbeitet ein Arzt in Ihrem Alter in einem solch schlecht bezahlten Job in einem Hotel? Die Hälfte des Verdienstes kassiert schon das Management hier. Da bleibt doch nichts zum Leben übrig."
Der Arzt wurde unruhig und griff sich seine Tasche. „Das geht niemand etwas an. Ich darf mich verabschieden."
Im gleichen Moment läutete das Telefon.
„Mr. Perkin, hier ist ein Mr. Achmad Arsad", meldete die Rezeption.
„Soll warten. Ich bin noch beschäftigt." Wenn du mich schon sitzen lässt, dann warte jetzt gefälligst auch auf mich, dachte Perkin und wurde sich gleich des nächsten Problems bewusst. Die Lady darf unter keinen Umständen alleine aufstehen.
„Moment Doktor. Ich brauche Sie noch! Er rief den Arzt zurück, der schon die Türklinke in der Hand hatte. „Sie haben finanzielle Probleme, die mich nichts angehen, bei denen ich Ihnen aber vielleicht helfen kann.
Der Mann hielt inne und wusste nicht, woran er war. Perkin half nach. „Fünftausend Dollar pro Woche, wenn Sie ab sofort nur noch für mich arbeiten."
Van Ruijten schloss die Tür, behielt aber den Koffer in der Hand. „Was müsste ich für so viel Geld tun? Das verdient in diesem Land nicht einmal ein Chefarzt."
Perkin zog ihn wieder an den Platz, an dem er vorher gestanden hatte. „Sie werden mir beim Ausziehen der …", er überlegte, als was er The-Maria bezeichnen sollte. Lady? Eine Lady fuhr nicht Motorrad. „Sie werden mir helfen Miss Stösser zu entkleiden. In diesen blutigen Kleidern kann sie nicht bleiben. Sie bekommt ja einen Schock, wenn sie wach wird".
Van Ruijten nickte. „Und dann? Dafür zahlt niemand fünftausend pro Woche."
„Dann mache ich Sie meiner zukünftigen Frau zum Hochzeitsgeschenk."
Der Arzt setzte seine Tasche ab und kratzte sich am Kinn. „Ich weiß nicht. Ich bin verheiratet, habe zwei Kinder und Sklavenhandel und Prostitution sind eigentlich verboten."
„Blödsinn. So meine ich das nicht. Perkin bot ihm eine Zigarre an, die der Arzt dankend ablehnte. „Ich rauche nicht.
Dafür qualmte Perkin und erklärte, was er vorhatte. „Miss Stösser bekommt von mir ihren Herzenswunsch geschenkt. Eine finanziell gut ausgestattete Stiftung, um unterprivilegierten Kindern in den armen Ländern Bildung beizubringen. Und dazu gehört meiner Vorstellung nach auch ein engagierter Arzt. Sind Sie einer? Dann schlagen Sie ein."
Perkin erschrak, dass er mit Vehemenz und ohne Vorbehalt über eine Hochzeit gesprochen hatte. Er, der bisher nur einmal und unter dem Zwang der Umstände eine Notheirat mit der bereits vom Tod gekennzeichneten Siu eingegangen war. Meinte er wirklich