Wintertraum
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Book preview
Wintertraum - Claudia Lütje
Claudia Lütje
WINTERTRAUM
Liebesgeschichte
© 2013
édition el!es
www.elles.de
info@elles.de
Alle Rechte vorbehalten.
ISBN 978-3-95609-095-0
Coverillustration:
© nataliazakharova – Fotolia.com
»Tina, sag ja, bitte, bitte sag ja!«
Irritiert hob Tina den Kopf und sah ihre kleine Schwester fragend an. »Und wozu soll ich ja sagen?«
»Du musst unsere Begleitung sein für die Skifreizeit nächste Woche, sonst fällt das flach.«
»Ich muss gar nichts und schon gar nicht Skifahren.« Tina winkte genervt ab und senkte den Kopf wieder zwischen ihre Bücher.
»Du hast ja bloß Angst, weil du nicht Skifahren kannst«, nörgelte Sarah weiter. »Du kannst ja einen Kurs belegen, dann lernst du es mal, und außerdem«, sie legte eine theatralische Pause ein, die Tina dazu brachte, den Kopf zu heben, »außerdem würde es dir nicht schaden, mal vom Schreibtisch wegzukommen. Du vergräbst dich ja nur noch in deinen Büchern.«
Tina seufzte leise auf, dann sah sie ihre quirlige Schwester ernst an. »Wenn du wie ich kurz vor dem ersten Staatsexamen stehen würdest, dann würdest du deine Zeit – hoffentlich – auch mit Lernen verbringen. Und jetzt raus, ich muss mich wieder um meine Gesetzestexte kümmern.«
»Aber –« Sarah wollte nicht so leicht aufgeben.
Tinas eisiger Blick ließ sie allerdings schnell verstummen. »Raus!« Mit dem Finger zeigte sie zur Tür.
»Mama, sag du doch mal was!«
Durch die geöffnete Tür konnte Tina nur zu gut hören, wie ihre Schwester auf ihre Mutter einredete.
»Du hast doch auch gesagt, dass es Tina guttun würde, mal raus an die frische Luft zu kommen. Außerdem kann sie da vielleicht mal jemanden kennenlernen.«
Bei diesen Worten zog Tina scharf die Luft ein. Was bildete sich ihre Schwester eigentlich ein? Sie wollte niemanden kennenlernen, wozu auch? Allein konnte sie sich gut auf ihr Studium konzentrieren. Und etwas anderes interessierte sie gerade eh nicht.
Seufzend versuchte sie sich auf den trockenen Text vor sich zu konzentrieren, doch die lauten Stimmen aus dem Flur ließen sie nicht zur Ruhe kommen. Sie ahnte schon, dass sie nicht so einfach davonkommen würde, und genauso war es auch.
Mit ihrer Mutter im Schlepptau stürmte Sarah erneut in ihr Zimmer.
»Ach Tina, Sarah hat doch Recht. Du sitzt viel zu viel über deinen Büchern und kommst gar nicht mehr raus. Es würde dir wirklich guttun, ein paar Tage auszuspannen und unter Leute zu kommen.«
»Oh Mama, aber doch nicht mit so einer Horde Küken! Und dann auch noch Skifahren. Wo ich den Winter über alles hasse. Bitte verschont mich damit.« Doch der bettelnde Blick ihrer Schwester und der nicht minder energische Blick ihrer Mutter machten ihr schnell klar, dass sie aus dieser Sache nicht so leicht herauskommen würde. »Wann soll es losgehen, wohin und wie lange?« Sie schob resignierend ihren Stuhl nach hinten und drehte sich zu ihrer Schwester um.
Mit einem lauten Schrei fiel Sarah ihr um den Hals. »Du bist die Beste, Tina! Ich wusste, dass ich auf dich zählen kann. Wir fahren am Samstag los, für eine Woche. Es geht nach Lech am Arlberg, das wird ein Wintertraum. Und wir sind zehn junge Frauen, keine Küken«, fügte sie mit erhobenem Zeigefinger hinzu.
»Ich habe noch nicht zugesagt«, versuchte Tina eine letzte Ausflucht, doch das Grinsen ihrer Mutter und die weiteren Jubelschreie ihrer Schwester bezeugten eindeutig, dass sie verloren hatte.
»Wir haben heute Abend eine Besprechung, da lernst du alle kennen und auch, was wir mitzunehmen haben.« Sarah strahlte über das ganze Gesicht.
Doch auch Tina verspürte einen leichten Anflug von Freude. Warum auch nicht, dachte sie bei sich, ein paar Tage Pause vom Lernen sind sicherlich nicht verkehrt.
Am Abend machten sich die beiden Schwestern auf den Weg zu Sarahs Schule.
Mit gemischten Gefühlen betrachtete Tina das große Gebäude des städtischen Gymnasiums. »Bin ich froh, dass ich die Zeit hinter mir habe.«
Sarah sah sie überrascht von der Seite an.
Grinsend hob Tina die Schultern. »Ist doch wahr. Neun Jahre sind mehr als genug. Außerdem fand ich die Lehrer nicht so prickelnd.«
Sarah stupste sie leicht in die Seite. »Und ich dachte, du wärst gern zur Schule gegangen. Außerdem warst du ja auch nicht hier, sondern auf dem naturwissenschaftlichen Gymnasium. Du hast doch immer von deiner Klassenlehrerin geschwärmt.«
Tina fühlte die leichte Röte, die ihren Nacken überzog. Gerade daran wollte sie nun gar nicht mehr erinnert werden. »Komm, lass uns reingehen.« Zögernd öffnete sie die große Tür und ließ ihrer Schwester den Vortritt.
»Du kannst dann mit fünf von uns in den Anfängerkurs, und die anderen gehen mit Frau Dr. Sperling in den Fortgeschrittenenkurs.«
Auf einmal hatte Tina das Gefühl, dass ihr der Boden unter den Füßen weggezogen wurde. Abrupt blieb sie stehen, packte ihre Schwester am Ellenbogen und starrte sie einer Panik nahe an. »Was hast du gesagt?«, flüsterte sie mit heiserer Stimme.
»Na, Frau Dr. Sperling kommt als zweite Aufsichtsperson mit. Ich dachte, das wüsstest du. Immerhin ist sie ja meine Klassenlehrerin.«
Tina spürte die eisige Kälte, die ihre Knochen entlangkroch, sich wie ein enges Band um ihre Brust legte und ihr das Atmen zur Qual machte. Alle Farbe war aus