Vorsicht, der Teller ist heiß!: Phrasen für alle Lebenslagen
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Im Restaurant "Vorsicht, der Teller ist heiß!" , am Rand des Fußballfelds "Über den Flügel, verdammt!" , beim Abhören des Mobiltelefons "Sie haben keine neue Nachricht!" oder vor der Gegensprechanlage "Ich bin's!" -: In allen diesen Phrasen steckt ein Surplus.
Delerm öffnet die Hintertürchen der Kommunikation, und wir staunen mit dem Autor darüber, was alles bei einer tausendfach verwendeten Floskel mitschwingen kann. "Ich sollte mal wieder Proust lesen", genau. Und was ist mit der Flasche Wein, die wir etwas zu forsch bestellten? "Wir müssen sie ja nicht austrinken." "Jetzt mal ganz unter uns": Das ist "wirklich" eine schöne Textsammlung. Und "wenn man erst mal drin ist, ist es gar nicht so kalt!" Oh, das bezog sich auf etwas anderes "Mir fehlen die Worte." Nein, denn: "Das steht alles in meinem Buch!"
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Book preview
Vorsicht, der Teller ist heiß! - Philippe Delerm
verlag
Über dieses Buch
Delerm sammelt Redensarten wie andere Bierdeckel oder Briefmarken, um sie ebenso kritisch wie liebevoll zu sortieren und zu studieren. Er spielt mit unseren Sprach- und Redegewohnheiten, untersucht Ober- und Untertöne gängiger Phrasen und entlarvt deren unfreiwillige Komik sowie tieferen Sinn. Delerm öffnet die Hintertürchen der Kommunikation, und wir staunen mit dem Autor darüber, was alles bei einer tausendfach verwendeten Floskel mitschwingen kann. »Ich sollte mal wieder Proust lesen«, genau. Und was ist mit der Flasche Wein, die wir etwas zu forsch bestellten? »Wir müssen sie ja nicht austrinken.« »Jetzt mal ganz unter uns«: Das ist »wirklich« eine schöne Textsammlung. Und »wenn man erst mal drin ist, ist es gar nicht so kalt!« Oh, das bezog sich auf etwas anderes … »Mir fehlen die Worte.« Nein, denn: »Das steht alles in meinem Buch!«
»Delerm ruft uns in Erinnerung, welch ein Genuss die Erforschung von Sprache ist. Nebenbei hält er der heutigen Welt und all den Sprücheklopfern, die sie bevölkern, den Spiegel vor: den Wichtigtuern und Phrasendreschern, den Aufschneidern, Ignoranten, Snobs und anderen Nervensägen.« (Livres Hebdo)
Der Autor
Philippe Delerm, 1950 in Auvers-sur-Oise geboren, zählt zu den meistgelesenen französischen Autoren. Nach dem Studium der Philosophie war er Lehrer am Collège Marie Curie in Bernay. Er lebt mit seiner Familie in der Normandie. Gelegentlich arbeitet er als Sportkommentator, so bei den Olympischen Spielen in Athen und Peking. 1997 erhielt er in Frankreich den Preis der Buchhändler. Er hat 45 Bücher publiziert, die in mehrere Sprachen übersetzt wurden. Das erfolgreichste war Ein Croissant am Morgen (Goldmann). Beim französischen Verlag Seuil gibt er die Reihe Le goût des mots heraus.
Die Übersetzerin
Sonja Finck lebt als freiberufliche literarische Übersetzerin in Berlin und Montréal und hat u. a. Werke von Leslie Kaplan, Mathias Malzieu und Val McDermid ins Deutsche übertragen.
2012 erschien im persona verlag ihre Übersetzung des Erzählungsbandes Minotaurus 504 von Kamel Daoud (auch als E-Book erhältlich).
www.sonja-finck.de
Inhalt
Das hört sich jetzt vielleicht spießig an, aber …
Sie haben keine neue Nachricht
Das Haus nimmt keine Schecks mehr an
Ich bin’s!
Erst einmal guten Tag!
Ich habe drei Jahre lang in der Rue Commines gewohnt!
Jetzt mal ganz unter uns …
Dem hat er’s aber gegeben!
Wenn man erst mal drin ist, ist es gar nicht so kalt!
Mir fehlen die Worte
Das steht alles in meinem Buch
Wenden Sie sich bitte an einen Mitarbeiter
Das ist Panzerglas!
Das ist schon fast kitschig
Da war ich noch nicht auf der Welt
Looos
Ich bewache meinen Herrn
Das muss man gesehen haben
Ich habe fünf Jahre lang Klavier gespielt
Ein schöner Hut, Madame
Sonst kann ich Sie auch mitnehmen
an bekommt Sie viel zu selten zu Gesicht
Und das, war das keiner?
Mir gefällt Le Havre besser als Rouen
Vielleicht ist es besser so
Aber gut gemacht ist er schon
Ihn bringt nichts aus der Ruhe
Das läuft zu spät
Warten Sie schon lange?
Über den Flügel, verdammt!
Und was ist mit heute Abend?
Vorsicht, der Teller ist heiß!
Sie hatten es doch angesagt
Ich sollte mal wieder Proust lesen
Setz deine Mütze auf!
Wir müssen sie ja nicht austrinken
Ach, Sie mögen keine Akkordeonmusik?
Ich gehe mal kurz bei Mentec vorbei
Aber wirklich nur, weil es sündhaft lecker ist
Ich komme immer nur selbst auf meine Felder!
Lassen wir die Leute erst mal aussteigen
Ich kann nichts mehr damit anfangen
Impressum
Das hört sich jetzt vielleicht spießig an, aber …
Unter den rhetorischen Warnungen nimmt diese eine Sonderstellung ein. Sie hat nicht den hinterhältigen oder hochtrabenden Charakter ihrer Geschwister. Sie will durch ihre Form überraschen, durch ihre unverblümte Direktheit, die gleich von vornherein einen bösen Verdacht aus der Welt räumen soll: dass man ein Reaktionär sei. Das Gegenüber soll allerdings noch nicht protestieren, nicht, bevor man seine Meinung geäußert hat. Man erhofft sich lediglich ein leichtes Zucken der Mundwinkel à la: »Du, ein Spießer?!«
Die Äußerung, die man derart einleitet, kann Erziehungsfragen betreffen, die Etikette des Schenkens, allgemeine Umgangsformen, Tischmanieren oder Höflichkeitsregeln beim Ein- und Aussteigen in der Metro. Eins aber ist sicher: Man nimmt Bezug auf eine goldene Zeit, in der alles besser war. Unterschwellig schwingt dabei immer auch der Verweis auf die eigenen revolutionären Erfahrungen mit: Oh ja, niemand anders als ich sagt das, dabei kennst du mich, ich war im Mai 68 ganz vorne mit dabei. Vielleicht wäre es damals angebracht gewesen, eine verführerisch gestrige Bemerkung in die Diskussion einzuwerfen, einen kleinen Zwischenruf, mit dem man gegen den Strom angeschwommen wäre, Garant der eigenen intellektuellen Redlichkeit.
Denn es ist doch so: Mit fünfundzwanzig oder dreißig, jenem Alter, in dem man mit flatterndem Schal und zerzaustem