Dr. Norden Bestseller 113 – Arztroman: Ein Zufall brachte es zutage
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Patricia Vandenberg ist die Begründerin von "Dr. Norden", der erfolgreichsten Arztromanserie deutscher Sprache, von "Dr. Laurin", "Sophienlust" und "Im Sonnenwinkel". Sie hat allein im Martin Kelter Verlag fast 1.300 Romane veröffentlicht, Hunderte Millionen Exemplare wurden bereits verkauft. In allen Romangenres ist sie zu Hause, ob es um Arzt, Adel, Familie oder auch Romantic Thriller geht. Ihre breitgefächerten, virtuosen Einfälle begeistern ihre Leser. Geniales Einfühlungsvermögen, der Blick in die Herzen der Menschen zeichnet Patricia Vandenberg aus. Sie kennt die Sorgen und Sehnsüchte ihrer Leser und beeindruckt immer wieder mit ihrer unnachahmlichen Erzählweise. Ohne ihre Pionierarbeit wäre der Roman nicht das geworden, was er heute ist.
Fee Norden gestattete sich nicht oft einen Einkaufsbummel, aber wenn irgendwo eine Auktion lockte, bekam sie das große Kribbeln, denn die größte Freude konnte sie ihrem Vater und seiner Frau Anne bereiten, wenn sie ihnen eine Antiquität schenkte. Und Annes Geburtstag stand vor der Tür! Die Kinder, Danny, Felix und Anneka, maulten nicht, wenn sie in die Stadt fahren wollte. Da blieben sie lieber zu Hause, denn von der guten Lenni wurden sie bestens versorgt. Es lag so herrlicher Schnee. Da konnten sie im Garten herumtollen, einen Schneemann bauen oder gar ein Iglu, wenn die weiße Pracht nicht gar zu pulvrig war. Fee fuhr mit der S-Bahn, schnell und sicher, wie sie ihrem besorgten Mann versichert hatte. Da brauchte sie nicht aufzupassen und konnte auch noch ihre Studien treiben. Bei dieser Fahrt in die Stadt erregte jedoch nur ein junges Mädchen ihre besondere Aufmerksamkeit. Es saß ihr gegenüber, in einen Katalog vertieft, den sie sehr eifrig studierte. Das klare, reine Gesicht des Mädchens fesselte Fee Norden. Ein ovales Gesicht, das blonde Haar zu einer modernen Ponyfrisur geschnitten, ganz natürlich fallend, die Augenbrauen seidig und schön geschwungen, die Nase, klein und gerade, über einem vollen zartroten Mund. Plötzlich blickten violette Augen Fee an, bekamen einen verwunderten Ausdruck, und ein Lächeln setzte sich darin fest, das verriet, dass das Mädchen von Fee Norden genauso angetan war, wie sie von diesem jungen natürlichen Geschöpf. Dann hielt der Zug. »Liebe Güte, ich muss ja aussteigen«, murmelte das Mädchen, und Fee stellte fest, dass sie auch am Ziel war. Sie hätte die Station verpasst, weil sie das Mädchen so fasziniert hatte. Dann entschwand die grazile Gestalt im dunkelgrünen Lodenmantel ihren Augen. Fee hatte immer Beklemmungen, wenn sie auf einer Rolltreppe fuhr, seit sie einmal erlebt hatte, wie ein Kind zwischen den Stufen hängen blieb. Sie konnte diese seither nicht mehr so geschwind und leichtfüßig emporeilen.
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Dr. Norden Bestseller 113 – Arztroman - Patricia Vandenberg
Dr. Norden Bestseller
– 113 –
Ein Zufall brachte es zutage
Patricia Vandenberg
Fee Norden gestattete sich nicht oft einen Einkaufsbummel, aber wenn irgendwo eine Auktion lockte, bekam sie das große Kribbeln, denn die größte Freude konnte sie ihrem Vater und seiner Frau Anne bereiten, wenn sie ihnen eine Antiquität schenkte. Und Annes Geburtstag stand vor der Tür!
Die Kinder, Danny, Felix und Anneka, maulten nicht, wenn sie in die Stadt fahren wollte. Da blieben sie lieber zu Hause, denn von der guten Lenni wurden sie bestens versorgt.
Es lag so herrlicher Schnee. Da konnten sie im Garten herumtollen, einen Schneemann bauen oder gar ein Iglu, wenn die weiße Pracht nicht gar zu pulvrig war.
Fee fuhr mit der S-Bahn, schnell und sicher, wie sie ihrem besorgten Mann versichert hatte. Da brauchte sie nicht aufzupassen und konnte auch noch ihre Studien treiben.
Bei dieser Fahrt in die Stadt erregte jedoch nur ein junges Mädchen ihre besondere Aufmerksamkeit. Es saß ihr gegenüber, in einen Katalog vertieft, den sie sehr eifrig studierte.
Das klare, reine Gesicht des Mädchens fesselte Fee Norden. Ein ovales Gesicht, das blonde Haar zu einer modernen Ponyfrisur geschnitten, ganz natürlich fallend, die Augenbrauen seidig und schön geschwungen, die Nase, klein und gerade, über einem vollen zartroten Mund.
Plötzlich blickten violette Augen Fee an, bekamen einen verwunderten Ausdruck, und ein Lächeln setzte sich darin fest, das verriet, dass das Mädchen von Fee Norden genauso angetan war, wie sie von diesem jungen natürlichen Geschöpf.
Dann hielt der Zug. »Liebe Güte, ich muss ja aussteigen«, murmelte das Mädchen, und Fee stellte fest, dass sie auch am Ziel war. Sie hätte die Station verpasst, weil sie das Mädchen so fasziniert hatte.
Dann entschwand die grazile Gestalt im dunkelgrünen Lodenmantel ihren Augen. Fee hatte immer Beklemmungen, wenn sie auf einer Rolltreppe fuhr, seit sie einmal erlebt hatte, wie ein Kind zwischen den Stufen hängen blieb. Sie konnte diese seither nicht mehr so geschwind und leichtfüßig emporeilen.
Aber sie sollte das Mädchen wiedersehen, als sie das Auktionshaus betrat. Unwillkürlich mussten beide lächeln, als sie zusammenstießen.
»Wir hätten auch gemeinsam gehen können, wenn ich das gewusst hätte«, sagte Fee mit ihrem reizvollen, bezwingenden Lächeln.
Das Mädchen errötete. »Ich heiße Mareike Malsen«, sagte eine weiche, angenehme Stimme. »Ich war noch nie auf einer Auktion.«
»Ich heiße Fee Norden. Warum sind Sie heute hier?«
»Es interessiert mich. Ich kannte Frau Pongraz, deren Möbel hier versteigert werden. Ich bin einfach neugierig, ob sie wirklich so wertvoll sind.«
»Sie hegen also Zweifel«, sagte Fee lächelnd.
»Ja, sie neigte in allem zur Übertreibung. Mutschka hat gesagt, dass es reine Zeitvergeudung ist, wenn ich hergehe. Ich habe auch kein Geld, etwas zu ersteigern.«
Sie war herzerfrischend offen. Fee Norden mochte das. Und es bereitete ihr plötzlich umso mehr Spaß, eine so reizende Begleiterin zu haben. Es war noch eine gute Viertelstunde Zeit bis zum Beginn der Versteigerung, aber Fee benutzte diese Zeit nicht, um die angebotenen Stücke anzuschauen. Sie wollte diese Minuten lieber mit dem Mädchen verbringen.
Und Mareike erzählte munter. »Wir dachten nämlich, dass Frau Pongraz alles Herrn von Degenhard vermachen würde, aber sie hat kein Testament gemacht. Aber er scheint ganz froh zu sein.«
»Darf ich fragen, wer Herr von Degenhard ist?« Fee war recht neugierig geworden.
»Ein Gutsbesitzer. Meine Mutter ist seine Wirtschafterin. Ich arbeite als Gutssekretärin«, erwiderte Mareike ohne zu zögern. »Wollen Sie etwas kaufen?«
»Wenn mir etwas gefällt«, meinte Fee.
»Die Möbel von Frau Pongraz sind bestimmt sehr gepflegt«, sagte Mareike. »Sie hat ja nichts anderes im Sinn gehabt.«
»Sie hatte keine Erben?«, fragte Fee beiläufig.
»Nein, gar keine. Sie war eine alte verbitterte Jungfer. Furchtbar arrogant und ein richtiger Eisberg. Verzeihen Sie, gnädige Frau, Mutschka würde es überhaupt nicht gefallen, dass ich so rede.«
»Mir gefällt es«, sagte Fee herzlich. »Man kann ja seine eigene Meinung über die Menschen haben.«
»Aber Toten soll man nichts nachreden«, meinte Mareike. »Wie geht das bei einer solchen Auktion eigentlich vor sich?«
Fee erklärte es ihr, und sie lauschte aufmerksam. »Mitzubieten traue ich mich nicht«, sagte Mareike. »Herr von Degenhard hat nämlich gesagt, dass ich den Sekretär für ihn ersteigern soll, wenn es nicht zu teuer wird. Würden Sie mir bitte ein bisschen helfen? Aber wenn Sie den mögen, sollen Sie ihn auch haben.«
Die violetten Augen strahlten Fee an. Grübchen hatten sich in den Winkeln des frischen Mundes gebildet. Fee fand Mareike bezaubernd.
»Wenn ich auch nichts finde, was mir gefällt, es lohnt sich doch, dass ich hergekommen bin«, sagte sie.
»Warum?«
»Weil ich Ihre Bekanntschaft gemacht habe, Mareike.«
»Aber ich bin doch ein kleines Nichts«, sagte das Mädchen, heiß errötend.
»Keineswegs«, meinte Fee lächelnd.
»Sie sind wunderschön. Ich war ganz hin, als ich Sie vorhin angeschaut habe. Sind Sie eine Prinzessin?«
»Gott bewahre. Ich bin Ärztin und mit einem Arzt verheiratet. Wie alt sind Sie, Mareike?«
»Neunzehn. Benehme ich mich sehr töricht?«
»Nein, ich freue mich, dass wir uns begegnet sind«, sagte Fee.
Sie merkten gar nicht, wie schnell sich der Raum gefüllt hatte. Eine Glocke ertönte. Die Auktion begann.
»Machen Sie mich aufmerksam, wenn der Sekretär angeboten wird«, raunte Fee dem Mädchen zu.
*
Fee bemerkte dann mit Kennerblick, dass viele schöne Dinge angeboten wurden, aber ihr Interesse blieb mäßig. Immer wieder beobachtete sie das Mädchen.
»Das ist der Sekretär«, sagte Mareike plötzlich aufgeregt.
»Renaissance, wunderschön«, murmelte Fee. Ein Gebot von viertausend Euro war nicht zu hoch gegriffen. Aber Mareike riss die Augen ganz weit auf. Sie war verstummt.
»Viertausendachthundert zum Ersten, zum Zweiten«, rief der Auktionär.
»Fünftausend«, rief Fee. Sie wartete, dass Mareike bieten würde, aber das Mädchen blieb stumm. Fee bekam den Zuschlag.
»Jetzt gehört er Ihnen«, sagte Mareike. »So viel Geld, dafür könnten wir einige Kälber kaufen.«
Fee musste unwillkürlich lachen, obgleich ihr eben durch den Sinn gegangen war, was Daniel sagen würde, wenn sie fünftausend Euro für einen Sekretär ausgab. Aber er übte eine außergewöhnliche Anziehungskraft auf sie aus, und ihr ging es durch den Sinn, dass sie ihr Sparkonto im vergangenen Jahr nicht sehr strapaziert hatte.
Sie schrieb einen Scheck aus und sagte, wohin man den Sekretär schicken solle. Sie war bekannt, und es war schnell erledigt.
»Jetzt gehen wir essen, Mareike«, sagte sie fröhlich. »Ich lade Sie ein.«
»Ich muss mittags heimfahren«, erklärte Mareike kleinlaut.
»Ich auch«, sagte Fee, »aber ein Stündchen haben wir doch Zeit. Die Auktion ist noch lange nicht beendet. Wollen Sie den Sekretär haben?«
»Um Gottes willen. Herr von Degenhard hat mit nicht mehr als zweitausend Euro gerechnet. Sie hat also doch nicht übertrieben.«
»Erzählen Sie mir ein bisschen mehr von dieser Frau Pongraz. Es ist interessant, wenn man weiß, wem ein Stück gehörte, das man selbst erhalten will.«
Ich wollte doch was für Anne kaufen, dachte sie, aber sie wusste jetzt schon, dass sie sich von diesem Sekretär nicht trennen würde.
Mareike war verwirrt. Sie folgte Fee mechanisch zu einem Restaurant. Sie konnten sich einen Tisch aussuchen. Es war noch kein Betrieb, und warmes Essen gab es auch noch nicht. Auch das war Fee recht. Sie bestellte Räucherlachs und Toast, und Mareike nickte dazu verlegen. »Habe ich noch nie gegessen«, sagte sie.
»Schmeckt sehr gut«, meinte Fee. »Wie alt war die Dame Pongraz, als sie starb?«
»Noch nicht sehr alt. Vielleicht sechzig. Schwer zu schätzen. Sie hat aus ihrem Alter ein Geheimnis gemacht. Aber sie war ziemlich lange krank. Valerie hieß sie mit Vornamen. Mutschka kannte sie schon lange, aber sie redet nie darüber. Sie wird froh sein, wenn der Sekretär nicht ins Haus kommt.«
So manches, was Mareike sagte, stimmte Fee nachdenklich, aber sie ließ sich nichts anmerken.
»War sie vielleicht mit Frau von Degenhard befreundet?«, klopfte sie auf den Busch.
»Eine Frau von Degenhard gibt es schon lange nicht mehr«, erwiderte Mareike. »Sie ist schon vor achtundzwanzig Jahren gestorben. Herr von Degenhard ist ein rechter Eigenbrötler, aber zu uns ist er sehr nett.«
Dann aß sie mit Genuss den Lachs und versicherte immer wieder, wie gut er sei. »Und dass ich Sie kennengelernt habe, Frau Doktor, ist mein schönstes Erlebnis«, sagte sie.
Sie fuhren dann auch in der gleichen S-Bahn heim. Mareike musste vier Stationen weiterfahren, wie Fee erfuhr. Fee gab ihr eine Visitenkarte. »Rufen Sie mich mal an, und besuchen Sie uns doch mal, Mareike«, sagte sie. »Ich würde mich sehr freuen. Und sollte Ihnen Herr von Degenhard grollen, dass er den Sekretär nicht bekommt, sagen Sie mir Bescheid.«
»So viel Geld hätte er dafür bestimmt nicht ausgegeben«, sagte Mareike. »Ich möchte Sie sehr gern wiedersehen«, fügte sie mit einem strahlenden Lächeln hinzu.
Fee konnte nicht ahnen, welche Bedeutung diese Bekanntschaft noch für sie bekommen sollte.
*
Über den Sekretär konnte sie erst am Abend mit ihrem Mann sprechen. Ein bisschen kleinlaut nannte sie ihm den Preis.
»Fünftausend Euro?«, staunte Daniel nicht schlecht, »aber wenn es dir Spaß macht, mein Schatz, warum nicht?«
Dann erst erzählte sie von Mareike. Er lachte herzlich. »Meine Frau verliebt sich in ein Mädchen!«
»Sie ist goldig. Wann findet man heutzutage so was noch. Ich hoffe, du wirst sie kennenlernen und mich verstehen.«
»Und wo willst du den Sekretär hinstellen?«, fragte er später.
»Warte erst, bis