Einsteigerkurs DSLR-Video: Mit der richtigen Ausrüstung, Technik und Vorbereitung zum perfekten Dreh und Schnitt
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About this ebook
Filmemacher Michael Münch macht Sie zunächst mit der Technik vertraut: mit den Grundlagen digitaler DSLRs, den Gestaltungsmöglichkeiten verschiedener Objektive, mit der richtigen Belichtung und dem wichtigsten Zubehör. Dann erläutert er ausführlich das Einmaleins des Filmens: Einstellungen, Perspektiven, Kamerabewegungen, Bildkomposition und Ton sowie die Vorbereitung via Drehbuch und Storyboard. Und weil eine gute Postproduktion Voraussetzung für einen gelungenen Film ist, widmet er zwei Kapitel den Grundlagen des Schnitts und der Ausgabe via DVD oder Web.
Wie das Gelernte umgesetzt werden kann, zeigt Michael Münch an drei Beispielprojekten aus seiner Praxis: einer Reisedokumentation über Los Angeles, einem Interview und einem Werbefilm.
Aus dem Inhalt:
- Was Sie über Kamerasensoren und Objektive wissen müssen
- Das Zusammenspiel von Blende, Belichtungszeit und ISO
- Welche Codecs, Container und Bitraten Sie nutzen
- Das richtige Zubehör: Speicherkarten, Akkus, Stative, Rigs, Follow Focus, Ton- und Lichtequipment
- Wie Film funktioniert: Einstellungsgrößen, Perspektive, Kamerabewegungen und Bildkomposition
- Wie Sie Ihren Film schneiden und präsentieren
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Book preview
Einsteigerkurs DSLR-Video - Michael Münch
Index
Teil I
Grundlagen
1 Was Sie wissen müssen: Kamera, Objektive & technische Grundlagen
Spiegelreflexkameras sind der Motor der digitalen Videorevolution geworden. Sie bieten professionelle Qualität auch zu relativ niedrigen Preisen. Und die Auswahl an Kameras ist mittlerweile enorm groß. Die Unterschiede zwischen den verschiedenen Modellen sind für Einsteiger kaum noch zu erkennen. Bei solch einem reichhaltigen Angebot wird die Wahl des richtigen Modells zum Problem. Viele Kunden (und Verkäufer) orientieren sich daher vor allem am Preis und an der Megapixelanzahl des Geräts.
Aber es gibt noch andere Kriterien. Meine Leitfragen bei einem Kamerakauf sind vergleichweise untechnisch:
Wie viel Geld kann ich ausgeben? (Budget)
Was will ich am Ende mit den Videos machen? (Zielgruppe)
Ist die Kamera angenehm und handlich zu bedienen? (dauerhafte Nutzung)
Wann kommt das nächste Produktupdate? (Zeitpunkt des Kaufs)
Welches Speichermedium wird genutzt? (weitere Ausgaben bei Erstkauf)
Wie zufrieden sind andere Käufer? (Kundenrezensionen)
Aber natürlich geht es auch um Technik, und deshalb sollten Sie die Bestandteile einer DSLR genauer kennen. Allerdings: Ich habe mich bewusst dagegen entschieden, hier einzelne Kameramodelle vorzustellen oder gar zu empfehlen. Zum einen aus Platzgründen, zum anderen, weil ein gedrucktes Buch nicht mit der Geschwindigkeit mithalten kann, mit der die Kamerahersteller neue Modelle auf den Markt bringen. Eine konkrete Empfehlung ist ohnehin nicht möglich, denn jeder Mensch hat andere Wünsche an eine Video-DSLR.
Aus diesem Grund vermittele ich Ihnen im Folgenden die wichtigsten Basics. Mit diesem Grundverständnis und Ihren eigenen Kaufkriterien finden Sie dann sicher im richtigen Preissegment die für Sie passende Video DSLR-Kamera!
Abb. 1–1 Layoutzeichnungen von DSLR-Kameras © Canon
1.1 DSLR-Grundlagen
1.1.1 Sensor
Das Kernstück ist der Sensor im Gehäuse der Kamera – er macht das Filmen mit der DSLR so einzigartig. Mit den Sensoren kleinerer Consumer-Camcorder könnten Sie zum Beispiel nicht diese Unschärfeeffekte erreichen, die Sie aus dem Kino kennen.
In den modernen DSLR-Kameras kommen sogenannte CMOS-Chips (CMOS = Complementary Metal Oxide Semiconductor) zum Einsatz, die auch Live-MOS-Sensoren genannt werden. CMOS-Sensoren sind lichtstarke und pixelreiche Aufnahmemedien. Das Pixelraster auf den CMOS-Platten kann jeden Pixel einzeln ansteuern und auslesen. Dies erhöht die Qualität im Vergleich zu alten Sensormodellen.
Erst die CMOS-Technologie ermöglichte die Movie- und die Live-View-Funktion in digitalen Spiegelreflexkameras. Mithilfe dieser beiden Funktionen können Sie das Bild während der Aufnahme auf dem digitalen Bildschirm der Kamera betrachten. Vorher wäre das Betrachten des Materials erst nach Beenden der Aufnahme möglich gewesen.
Zu den meist verbauten Sensoren gehören der Vollformat-, APS-C-, Micro Four Thirds- und der 1/2 Zoll-Sensor. Diese unterscheiden sich je nach Hersteller in der Größe und Bauart. Die Kamerahersteller verbauen Vollformat-Chips in die Profi-DSLRs (Canon 5D, Nikon D600 und D800) und kleinere APS-C-Sensoren in die Anwender- und Semiprofi-Modelle (Canon EOS 7D, Nikon D7100).
CMOS-Chips haben Vor- und Nachteile. Zum Beispiel können durch die Art und Weise, wie CMOS-Sensoren Videoclips aufnehmen, bei schneller Bewegung gerade Linien im Bild verzerrt erscheinen (z. B. bei einer Autofahrt, sogenannter Rolling Shutter). Außerdem kommt es bei Blitzlicht während der Videoaufnahme zu großen Helligkeitsunterschieden innerhalb eines Bilds. Schließlich haben Kameras mit Vollformatsensoren eine gewisse Größe und sind somit relativ unhandlich im Vergleich zu Kameras mit kleineren Sensoren.
Abb. 1–2 Die gängigsten Sensorformate
Mit den unterschiedlichen Sensorgrößen kommt nun der sogenannte Crop-Faktor ins Spiel. Er drückt aus, um wie viel sich die effektive Brennweite eines für Vollformatsensoren gebauten Objektivs verändert, wenn es mit einem Sensor kleiner als Vollformat verwendet wird (hierzu später mehr). Bei der Kombination eines APS-C-Sensors mit einem 50-mm-Objektiv vergrößert sich die effektive Brennweite (mal 1,6) auf ca. 80 mm. Multiplizieren Sie also einfach den Crop-Faktor Ihres Sensors mit der Brennweite Ihres Objektivs. Bei Objektiven, die eigens für Crop- oder kleinere Sensoren gebaut wurden, tritt dieser Effekt natürlich nicht auf.
Abb. 1–3 So wirken sich die Crop-Faktoren aus (bei gleichem Objektiv)
In der Praxis bedeutet dies drei Dinge:
Der von APS-C-Sensoren aufgenommene Bildauschnitt ist beim gleichen Objektiv kleiner (siehe Grafik oben),
das darin Gezeigte erscheint – verglichen mit dem Vollformat – größer,
der Tiefenschärfebereich ist bei gleicher Brennweite größer (d. h. der Bereich, innerhalb dessen Ihr Objektiv das Gezeigte scharf darstellt), da er von der Größe des Sensors (und von der Brennweite) abhängt.
Wenn dies alles für Sie eine gestalterische Einschränkung bedeutet, sollten Sie zu einer DSLR mit Vollformatsensor greifen.
Effektive Brennweite
Bedenken Sie, dass sie für weitwinklige/telige Aufnahmen mit kleinen Sensoren auf die effektive Brennweite achten müssen. Ein 24mm-Objektiv reicht vielleicht nicht mehr für Aufnahmen von großen Gebäuden, da seine effektive Brennweite dann bei 40 mm liegt. Möglicherweise müssen Sie später also mehr und teurere Objektive für die kleineren Sensoren kaufen. Sie sollten sich also gut überlegen, ob Sie am Anfang etwas mehr Geld für die Kamera ausgeben und Objektive bedenkenlos nutzen können oder ob Sie weniger in die Kamera investieren und später bei den Objektiven drauflegen müssen.
Die Crop-Faktoren für die einzelnen Sensorgrößen lauten wie folgt:
Tab. 1–1 Gängige Sensorgrößen mit ihren Crop-Faktoren
So wird bei einem Micro-Four-Third-Sensor die Brennweite von 50 mm auf 100 mm verdoppelt. Wenn Sie also eine DSLR mit einem Crop-Faktor haben und sich für den Kauf eines bestimmten Objektivs interessieren, fragen Sie nach: Ist es für Vollformat gerechnet oder für einen Crop-Sensor? Wenn für Vollformat, wie verlängert sich dann die Brennweite des Objektivs? Bei Teleobjektiven mag das Vorteile bringen – aber bei einem Weitwinkel?
Einen direkten Vergleich zwischen den Vollformat-Kameras Canon EOS 5D Mark III, der Nikon D800 und der Nikon D4 können Sie sich hier anschauen: http://philipbloom.net/2012/05/13/fullframeshootout/.
Aufnahmezeit ist bei DSLRs begrenzt
Aus zollrechtlichen Gründen haben die in der EU verkauften Kameraversionen alle eine maximale Aufnahmezeit von 29:59 Minuten. Bei längeren Aufnahmezeiten würden 4,9 % Einfuhrzoll anfallen und dies würde den Verkaufspreis anheben. Mit einer DSLR werden Sie allerdings nie mehr als 12 – 13 Minuten aufnehmen können, da eine Videodatei auf den Speichermedien aus technischen Gründen maximal 4 GB groß sein darf.
1.2 Weshalb Sie verschiedene Objektive benötigen
Die Auswahl an Objektiven ist enorm groß. Es gibt viele verschiedene Brennweiten von verschiedensten Anbietern und das zu sehr unterschiedlichen Preisen. Für einen besseren Überblick erkläre ich Ihnen zunächst drei Objektivtypen: Festbrennweiten, Zoom- und Tilt-Shift-Objektive. Zu den gängigsten Foto-Festbrennweiten für DSLR-Filmer gehören ein 50-mm-, ein 85-mm- und ein 100-mm-Makro-Objektiv. Das beliebteste Zoomobjektiv ist das 70-200-mm-Objektiv mit einer f/2.8-Blende. Was genau dieses »f« bedeutet, erläutere ich später noch.
DSLR-Objektive sind wesentlich günstiger als Filmobjektive und daher eine gute Alternative. Es bestehen aber wesentliche Unterschiede zwischen den beiden Objektivarten:
Tab. 1–2 Unterschiede beim Scharfstellen von Foto- und Filmobjektiven
Die wahre Investition liegt nicht in der Kamera, sondern in den Objektiven. Hier gibt es gigantische Unterschiede in Preis und Qualität. Es lohnt sich wirklich, Vergleiche anzustellen und sich vom Fachhändler vor Ort beraten zu lassen. Bevor ich mir ein Objektiv kaufe, leihe ich es mir wenn möglich von einem Freund oder direkt vom Verleih/Verkäufer aus und teste es ausführlich. Wenn Sie nicht den höheren Neupreis zahlen möchten, ist ebay ebenfalls eine sehr gute Option.
1.2.1 Festbrennweiten
Festbrennweiten (engl. »Prime«) sind Objektive, deren Brennweite nicht verändert werden kann. Um den Bildausschnitt größer oder kleiner zu machen, müssen Sie die Kamera näher an das Motiv heranbringen oder weiter weg. Der Vorteil der Festbrennweiten ist ihr – verglichen mit Zooms – optisch und mechanisch weniger aufwendiger Aufbau. Daraus folgt, dass diese Festbrennweiten oft eine bessere Bildqualität liefern als Zoom-Objektive.
Was bedeutet »Brennweite«?
Unter »Brennweite« versteht man den Abstand zwischen dem Fokuspunkt in der Kamera (in Digitalkameras ist das der Sensor, in Analogkameras der Film) und der Hauptebene des jeweiligen Objektivs. Diese Hauptebene befindet sich je nach Objektiv auf einer der Linsen innerhalb des Objektivs. Den Abstand zwischen diesen beiden Ebenen drückt man in Millimeter aus. Um so größer dieser Abstand ist, desto größer ist die Brennweite und desto höher die Vergrößerung der abgelichteten Motive – ganz ähnlich wie bei einem Fernglas. Kleine Brennweiten erreicht man durch starke Krümmung der Linsen, große Brennweiten durch geringe Krümmung des Glases.
Abb. 1–4 50-mm-Objektiv © KenRockwell.com
Das 50-mm-Objektiv ist für einen DSLR-Kameramann die wichtigste Linse, da die 50-mm-Brennweite bei einem Vollformat-Sensor der Sehweise des menschlichen Auges am nächsten kommt. Dieses hat in etwa einen Sichtbereich von 170° je nach Alter und Training. Von diesem Sichtfeld wird aber nur ein geringer Teil fokussiert genutzt. Das heißt, Sie nutzen zum Lesen und aus dem Fenster schauen nur einen kleinen Ausschnitt, nicht die ganzen 170°. Dieser Bereich entspricht etwa dem 50mm Objektiv auf einem Vollformatsensor. Deshalb wirkt ein mit einer 50-mm-Linse aufgenommenes Bild auf uns unverfälscht und natürlich.
Das 85-mm-Objektiv eignet sich sehr gut für Porträtaufnahmen, während das 100-mm-Makro-Objektiv ein Muss für jeden Naturfilmer ist. Strukturen und Details Ihres Motivs leben hier besonders schön auf, da Sie dank Makro nicht nur nah an Ihr Motiv herangehen können, sondern durch die Brennweite auch einen hohen Abbildungsmaßstab erreichen.
Geringe Brennweiten zwischen 8 – 24 mm werden oft für Aufnahmen verwendet, die aus kurzer Distanz möglichst viel vom Umfeld zeigen sollen. Durch die oben erwähnte starke Krümmung der Linse im Objektiv entstehen aber starke Verzerrungen im Bild. Gebäudekannten werden z. B. gebogen dargestellt. Superweitwinkel-Objektive (wie 12 mm) bieten sich etwa bei Skateboardaufnahmen an, wie ich sie später im Buch noch zeige. Bei Brennweiten zwischen 18 – 24 mm fällt die Verzerrung nicht ganz so stark auf. Damit können Sie z. B. gut Landschaften filmen.
Abb. 1–5 Mit einem Makro-Objektiv erstellte Nahaufnahme
Abb. 1–6 Makro-Objektiv Tokina ATX-Pro 100-mm © Tokina
1.2.2 Zoomobjektive
Ein Zoomobjektiv bietet einen variablen Brennweitenbereich. Das heißt, anstatt z. B. drei verschiedene Objektive für Brennweiten zwischen 70 und 200 mm zu verwenden, nutzen Sie einfach den ganzen Bereich eines 70-200-mm-Zoom-objektivs. Dies eröffnet Ihnen auch neue gestalterische Spielräume, denn Sie können so den Bildausschnitt verändern, ohne das Objektiv wechseln oder Ihren Standpunkt verlassen zu müssen.
Abb. 1–7 AF-S VR NIKKOR 70 – 200mm-Objektiv © Nikon
1.2.3 Tilt-Shift-Objektive
Die Tilt-Shift-Objektive (Neigen&Verschieben) können die Schärfe nicht, wie für das Auge gewohnt, nur in einer Ebene parallel zum Kamerasensor verlagern, sondern den Schärfebereich zusätzlich im rechten Winkel zum Sensor verschieben. Einen der so möglichen Effekte kennen Sie vielleicht aus der Werbung als »Miniaturlandschaft«.
Abb. 1–8 24-mm-Weitwinkel-Tilt-Shift-Objektiv © Canon
Abb. 1–9 So ändern sich bei einem Tilt-Shift-Objektiv die Schärfe-Ebenen abhängig vom Neigen oder Verschieben der Linsen.
1.2.4 Alte Objektive an Ihrer DSLR?
Sie fragen sich vielleicht, ob Sie nicht einfach Ihre alten Fotoobjektive an der neuen Kamera befestigen können. Dies ist von Marke zu Marke unterschiedlich und kann oft mithilfe von Adapterringen bewerkstelligt werden. Da diese als Zwischenstück nun den Abstand zwischen Sensor und Objektiv vergrößern, verlieren Sie möglicherweise einen Teil der Brennweite Ihres Objektivs an der neuen Kamera. Prüfen Sie auch, ob das Objektiv richtig mit der Kamera zusammenarbeitet. Einige alte Objektive haben sogar so ein tiefes Bajonett, dass dieses den Spiegel einer DSLR beschädigen kann. Seien Sie also besonders vorsichtig beim Anbringen!
Das in Abbildung 1–10 dargestellte Ultra-Prime-Objektiv von Zeiss lässt sich z. B. nur auf DSLR-Kameras setzen, wenn ein PL-Mount (Prime Lense) für die Kamera zur Verfügung steht. Die alternativen Compact-Prime-Objektive besitzen teilweise den richtigen EF-Mount, sodass sie keinen Zwischenadapter brauchen. Durch die spezielle Bauweise dieser PL-Aufsätze geht Ihnen hier weder Qualität noch Brennweite verloren.
Abb. 1–10 Vergleich zwischen einem Prime-Objektiv und einem Canon-Fotoobjektiv © Zeiss, © Canon
Bekannte Beispiele für DSLR-Videos
5D Mark II
Eine der besten und auch aufwendigsten Produktionen der frühen DSLR-Videos ist der Kurzfilm »The last 3 minutes« (http://vimeo.com/10570139).
In kurzer Zeit