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SPACE 2014: Das aktuelle Raumfahrtjahr mit Chronik 2013
SPACE 2014: Das aktuelle Raumfahrtjahr mit Chronik 2013
SPACE 2014: Das aktuelle Raumfahrtjahr mit Chronik 2013
Ebook517 pages4 hours

SPACE 2014: Das aktuelle Raumfahrtjahr mit Chronik 2013

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About this ebook

SPACE2014 - Die spannende Welt der Raumfahrt. Die elfte Ausgabe des Raumfahrt-Klassikers.
Powered Flight: Bransons Start ins All +++ Asteroiden: Gefahr aus dem All +++ China landet auf dem Mond +++ Private Raumfahrt schaltet in den nächsten Gang +++ Proton: Pfusch und Pannen +++Mercurys gefährlicher Beginn +++ Kosmos der Frauen X-20 +++ Dyna Soar: Amerikas erster Shuttle +++ Man nennt mich den Khan +++ Raumfahrtchronik +++ Statistik 2012 & Vorschau 2013 +++ und vieles mehr...
LanguageDeutsch
Release dateJan 23, 2014
ISBN9783944819020
SPACE 2014: Das aktuelle Raumfahrtjahr mit Chronik 2013

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    Book preview

    SPACE 2014 - Eugen Reichl

    Titelmotiv: Sir Richard Bransons StarShipTwo „Enterprise" in der Schwerelosigkeit – Künstlerische Darstellung

    Eugen Reichl

    SPACE 2014

    Das aktuelle Raumfahrtjahr mit Chronik 2013

    Inhaltsverzeichnis

    Schmutztitel

    Impressum

    Editorial

    Themen im Fokus

    Einen Gang höher geschaltet

    Powered Flight"

    Das Einhorn tanzt im Flammenschacht

    Chinas erster Mondlander startbereit

    Abwehr erdnaher Asteroiden

    Proton: Pfusch & Pannen

    Man nennt mich den Khan

    Kosmos der Frauen in Wien

    Mir kommen keine Weiber mehr ins All

    Erfolgreiche Fehlschläge

    Amerikas erster Shuttle

    Skylab

    Science-Fiction Kurzgeschichten-Wettbewerb

    Die Faszination der Einsamkeit

    20.000 Kilometer über dem Meer

    Feuervogel

    Raumfahrt-Jahreschronik 01.09.2011 – 31.08.2012

    September

    Oktober

    November

    Dezember

    Januar

    Februar

    März

    April

    Mai

    Juni

    Juli

    August

    Raumfahrt-Statistik

    Das Raumfahrtjahr 2012 – Fakten, Fakten, Fakten

    Das Jahr 2012: Überblick und Vergleich

    Starts im Jahr 2012 nach Missionstyp

    Chronologie der Weltraumstarts im Jahr 2012

    Chronologie der Weltraumstarts vom 01.01.2013 bis 31.08.2013 sowie Ausblick auf das restliche Jahr

    Anhang

    Begriffserläuterungen und Abkürzungen

    Bilder des Jahres

    Impressum

    ePub-Edition Dezember 2013 basierend auf der 1. Print-Auflage vom Oktober 2013

    Copyright © by VFR e.V., München

    Alle Rechte vorbehalten

    Initiator: Verein zur Förderung der Raumfahrt e.V.

    Herausgeber: Thomas Krieger

    Organisation: Peter Schramm

    Lektorat: Peter Schramm, Eugen Reichl, Stefan Schiessl

    Titelmotiv: Virgin Galactic

    Layout & Satz: Stefan Schiessl, www.exploredesign.de

    Web: www.vfr.de / eMail: space@vfr.de

    ISBN: 978-3-944819-02-0

    Editorial

    Liebe Freundinnen und Freunde unseres Raumfahrtjahrbuches,

    die private Raumfahrt boomt. Zwar nicht in Europa, denn da hat sie mangels fördernder und liberaler Regularien und fehlender institutioneller Unterstützung keine Chance und deshalb auch keine privaten Investoren, aber umso mehr in den USA. Wo dort noch vor wenigen Jahren Powerpoint-Präsentationen, Youtube-Trickfilmchen und bunt bemalte Sperrholz-Mockups vorherrschten, entstehen jetzt überall „richtige Raumfahrzeuge. Viele der „Privatraumfahrer sind derzeit mitten in einer kritischen Erprobungs- und Fertigungsphase. Die Private Raumfahrt bewegt sich weg vom Bastelbuden-Dasein hin zum Wirtschaftsfaktor. In den USA kommen zunehmend mehr Jobs in der Raumfahrt von den Privaten. Man braucht sich nur durch ihre Homepages zu klicken und zu beobachten, was sie auf den sozialen Medien wie Twitter und Facebook vermelden.

    Virgin Galactic veranstaltet, gerade als diese Zeilen entstehen, eine „Job Fair um an das dringend benötigte qualifizierte Personal für seine „Spaceship Company zu kommen. Stratolaunch in Mojave stellt in großem Maßstab ein. Auch Scaled Composites, ebenfalls in Mojave beheimatet, benötigt die ganze Bandbreite vom Testpiloten bis zum Kunststofftechniker. SpaceX in Kalifornien, Texas und Florida hat schon seit Jahren nie weniger als 300 Stellen gleichzeitig offen. Bigelow, drüben in Las Vegas, baut seine Fertigungsanlagen aus. Boeing stellt ein, um seine CST 100 Raumkapsel flugklar zu bekommen und auch auf den Homepages von XCOR und Masten, die zu den Kleinen in der Szene der „Neuen Raumfahrt gehören, leuchten einem sofort die Stellenanzeigen entgegen. Selbst Jeff Bezos‘ supergeheime Raumschiff-Manufaktur Blue Origin, die sonst nie preisgibt was sich auf ihrem ungeheuren Testgelände in Texas oder in ihren Fertigungshallen in Kent, südlich von Seattle tut, bringt auf Seite eins gleich mal seine „Hot Jobs ins Gespräch.

    Die Popstars der neuen Szene heißen Elon Musk, Richard Branson, David Masten oder Jeff Greason. Die Fans verfolgen gebannt die Abenteuer von Testpiloten wie Mark Stucky, Mike Alsbury und Clint Nichols, die in diesen Tagen ihre suborbitalen Raumschiffe in immer größere Höhen steuern.

    So ist es kein Wunder, dass sich gleich zwei Beiträge in SPACE 2014 mit dem Thema Private Raumfahrt und ihrem aktuellen Status befassen.

    Dann sah das Jahr 2013 ein besonderes Jubiläum: 50 Jahre Frauen im Weltraum. Ein halbes Jahrhundert liegt es zurück, dass die damalige Sowjetbürgerin Walentina Tereschkowa zwischen dem 16. und 19. Juni 1963 mit Wostok 6 in den Erdorbit flog. Wir gehen in dieser Ausgabe von SPACE in zwei Beiträgen auf diesen Schwerpunkt ein.

    Ein Thema für SPACE ist auch in diesem Jahr der unaufhaltsame Aufstieg der chinesischen Raumfahrt. China entsandte 2013 erneut ein bemanntes Raumschiff – Shenzhou 10 – zur experimentellen Kleinraumstation Tiangong 1.

    Nachdem wir aber bereits im letzten Jahr ausführlich über die Shenzhou 9-Mission berichtet hatten, richten wir in dieser Ausgabe unser Augenmerk auf Chinas erste Mondlandesonde Chang’è 3. Sie soll etwa um den Zeitpunkt, an dem dieses Buch erscheinen wird, seine Reise zum Erdtrabanten antreten.

    Auch die Raumfahrtgeschichte ist wieder ausführlich vertreten. Hier gehen wir in die Zeit Ende der fünfziger, Anfang der sechziger Jahre zurück und beschäftigen uns mit den harten Lehrjahren, die das Projekt Mercury durchmachen musste sowie mit einer Story über das Vorhaben X-20 Dyna Soar. Mit diesem Vehikel hätten die USA bereits in den frühen 60iger Jahren einen Mini-Shuttle zur Verfügung haben können.

    Eigentlich hatten wir ja anstelle der X-20 Geschichte eine Dokumentation zu einem der schwersten Unfälle in der Geschichte der Raumfahrt geplant, nämlich dem gescheiterten Jungfernflug der Langer Marsch 3B-Trägerrakete, bei dem am 14. Februar 1996 viele Menschen ums Leben kamen, als der Träger mitten in das Raumfahrtzentrum Xichang hineinstürzte. Zu dieser Story haben wir jedoch kurz vor Redaktionsschluss noch ganz neues, bislang unveröffentlichtes Material von dem bekannten chinesischen Raumfahrtexperten Chen Lan erhalten, das wir erst auswerten, übersetzen und redigieren wollen. Somit haben wir einen Bericht über dieses nie vollständig aufgeklärte Unglück nun für die Ausgabe SPACE 2015 eingeplant. Der Artikel wird dann als Gastbeitrag von Chen Lan veröffentlicht. Seit dieser schrecklichen Katastrophe, das sei hier nur nebenbei erwähnt, hat sich die Langer Marsch 3B zu einem zuverlässigen Träger entwickelt, dem Chinas Wissenschaftler auch die oben erwähnte Mondsonde Chang’e 3 anvertrauen werden.

    Und weil wir gerade bei Gastbeiträgen sind: Wir haben dieses Mal zwei externe Autoren mit an Bord, nämlich einmal Dr. Christian Gritzner vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt mit einem Artikel zum Thema Asteroidenabwehr, sowie Maria Pflug-Hofmayr von „Der Orion", die zum 50jährigen Jubiläum der Mission von Waltentina Tereschkowa schreibt.

    Aber es gibt noch wesentlich mehr in diesem Buch zu finden. Da hätten wir zum Beispiel den ausführlichen Statistik-Teil für die Zahlenfreaks und die nicht weniger ausführliche Chronik des Berichtsjahres, in der über jeden einzelnen Weltraumflug im Detail berichtet wird. Wir haben die drei Siegerstories des Science-Fiction-Kurzgeschichtenwettbewerbs des Vereins zur Förderung der Raumfahrt, die in diesem Jahr ganz besonders spannend sind, und natürlich wieder unseren Fototeil mit den Bildern des Jahres.

    Wie immer will ich auch dieses Mal nicht vergessen, an dieser Stelle dem SPACE-Team recht herzlich zu danken. Allen voran den beiden Hauptprotagonisten Peter Schramm, dem „General Manager des Projektes und unserem Grafiker, Layouter und Ideengeber Stefan Schiessl, der dafür sorgt, dass dieses Werk von optisch herausragender Qualität ist und der Jahr für Jahr eine Druckerei findet, die das Buch schnell und günstig produziert. Reinhold Glasl organisierte wie in jedem Jahr den Science-Fiction Wettbewerb und Ditmar Eckert überprüfte den „Wahrheitsgehalt unseres Statistik-Teils auf Herz und Nieren, was bei den vielen Fakten und Details keine leichte Aufgabe ist.

    Schauen Sie auch in unsere Kontakt-Ecke, wo Sie unter www.vfr.de mit der Mail-Adresse space@vfr.de direkt mit uns in Verbindung treten können. Oder sehen sie sich unser gerade im Entstehen befindliches neues Internet-Portal www.space-jahrbuch.de an. Dort finden sie zukünftig neben interessanten Dingen zum Thema Raumfahrt auch viele Informationen rund um das Jahrbuch und seine Entstehung.

    Wenn Sie Kritik haben oder Lob, Tipps oder Meinungen, ein Problem oder eine Frage zu den Inhalten, wenn Sie sich schon mal die Ausgabe für das nächste Jahr reservieren wollen oder gerne der Tochter oder dem Sohn eines der Bücher schenken wollen: schreiben Sie uns einfach eine Mail. Wir freuen uns auf Ihr Feedback.

    Und jetzt hinein ins Raumfahrtgeschehen. Wir wünschen Ihnen viel Freude bei der Lektüre von SPACE 2014. Halten Sie uns weiterhin die Treue. Im Namen des SPACE-Teams,

    Eugen Reichl

    Themen im Fokus

    14. Juni 2013: Der Grasshopper (Grashüpfer) von SPACEX macht mit 325m seinen bis dato höchsten Sprung. SPACEX

    Einen Gang höher geschaltet

    Launch Pad 39B einst. Hier mit der Raumfähre Discovery. NASA

    Der einstige Stolz der NASA, die Space Shuttles Atlantis, Discovery und Endeavour stehen längst im Museum. Die ehemals vollen Parkplätze am Kennedy Space Center sind leer und verwaist. Die Startanlagen 39A und 39B, von denen aus die Raumfähren in den Orbit aufbrachen und von wo schon in den sechziger und siebziger Jahren die Apollo-Mondflüge und die Skylab-Missionen begannen, sind demontiert. Ihre mächtigen Startgerüste fielen dem Schneidbrenner zum Opfer und sind längst beim Schrotthändler gelandet. Bei der NASA und den Industrieunternehmen, die dafür sorgten, dass die Shuttles flugklar waren, wurden Zehntausende von Ingenieuren und Technikern entlassen.

    Doch das Bild der Tristesse trügt. Bereits wenige Kilometer südlich dieser desperaten Ödnis sind in diesen Tagen Privatunternehmen dabei, die Lücken auf den Start- und Parkplätzen wieder zu schließen. Hier am Cape und bei den Raumfahrtfirmen überall in den Vereinigten Staaten haben die meisten der einstigen Shuttle-Techniker und Ingenieure inzwischen einen neuen Job gefunden. Und das liegt zu einem guten Teil an den Newcomern in der Weltraumszene, an Firmen wie SpaceX, Orbital Sciences, Sierra Nevada, Blue Origin, Virgin Galactic, Stratolaunch und anderen. Sie können die Leute gar nicht so schnell bekommen, wie sie gebraucht werden. Virgin Galactic veranstaltet dieser Tage eine „Job Fair, um an das dringend benötigte qualifizierte Personal für seine „Spaceship Company zu kommen. Stratolaunch in Mojave stellt jeden ein, der dort anklopft, angefangen vom Bauarbeiter bis hin zum Spezialisten für Kohlefaser-Kompositstrukturen. SpaceX hat schon seit Jahren nie weniger als 300 Stellen offen. Auch Scaled Composites benötigt die ganze Bandbreite vom Testpiloten bis zum Kunststofftechniker. Bigelow, drüben in Las Vegas, vergrößert gerade seinen Parkplatz, damit auch all die neuen Mitarbeiter ihre Autos abstellen können. Boeing stellt ein, um seine CST 100 Raumkapsel flugklar zu bekommen und auch auf den Homepages von XCOR und Masten, die zu den Kleinen in der Szene der „Neuen Raumfahrt gehören, leuchten einem sofort die Stellenanzeigen entgegen. Selbst Jeff Bezos‘ supergeheime Raumschiff-Manufaktur Blue Origin, deren Homepage nie preisgibt, was sich auf seinem ungeheuren Testgelände in Texas oder in seinen Fertigungshallen in Kent, südlich von Seattle tut, bringt auf Seite eins gleich mal seine „Hot Jobs ins Gespräch.

    Dann begann die Demontage. NASA

    Alles landete beim Schrotthändler. NASA

    So sieht die Startanlage 39B heute aus. NASA

    Anzeige für die VIRGIN GALACTIC Job Fair. VIRGIN GALACTIC

    Es ist kein Zweifel möglich. Die private Raumfahrt boomt. Viele der „Privatraumfahrer sind derzeit mitten in einer kritischen Erprobungs- und Fertigungsphase. Wo noch vor wenigen Jahren Powerpoint-Präsentationen, Youtube-Trickfilmchen und bestenfalls bunt bemalte Sperrholz-Mockups vorherrschten, entsteht jetzt überall die „richtige Weltraum-Hardware.

    SpaceX, repräsentiert durch seinen Eigentümer, CEO und Ideengeber Elon Musk ist in dieser Szene eindeutig der Popstar. Das Unternehmen betreibt eine Öffentlichkeitsarbeit, die eine ganz eigene Mischung aus frisch, frech und geheimnisvoll ist. Dabei werden die sozialen Medien gekonnt eingesetzt. Elon Musk hat Fan-Blogs wie sonst nur Film- und Fußballstars und ist eine Ikone auf Twitter mit über einer Million Followern auf seinen verschiedenen Konten. Musk ist der Hoffnungsträger der Raumfahrtgemeinde, denen die institutionelle Raumfahrt zu bräsig, zu verzagt und zu risikoscheu ist. Und, das nur nebenbei, Musk betreibt noch zwei weitere kaum weniger innovative Unternehmen: Den Elektroauto-Hersteller Tesla und Solar City, die Firma, mit der er den Energiesektor revolutionieren will. Der Mann strotzt nur so vor Ideen. Vor wenigen Tagen erst hat er mit einem neuen Projekt Furore gemacht, dem „Hyperloop. Eine Art Rohrpost für den Personentransport, wo in evakuierten Röhren Menschen mit nahezu Schallgeschwindigkeit zwischen den Großstädten reisen sollen. SpaceX hat in der privaten Raumfahrt eine ganze Reihe von Alleinstellungsmerkmalen. Eines besteht darin, dass Elon Musks Dragon-Raumschiffe etwas bewerkstelligen, das früher nur der Shuttle konnte: Fracht in wesentlichen Mengen von der Raumstation zur Erde zurück zu bringen. Damit sind nicht die paar Kilo gemeint, die man bei der Rückkehr bemannter Sojus-Raumkapseln noch mit in die enge Kabine dazu packen kann. Der Dragon ist in der Lage, schlafzimmerschrankgroße Experimenten-Racks der ISS, komplette Raumanzüge oder auf der ISS produzierte Proteinkristalle mitsamt ihrem Kühlschrank nach unten zu bringen. SpaceX hat inzwischen seine erste Entwicklungs- und Bauphase schon hinter sich gelassen und schreitet mit großen Schritten neuen Zielen entgegen. „Wiederverwendbarkeit heißt das Mantra des Unternehmens. Das ist was Neues bei Trägerraketen. Dieser Schritt soll mit der Falcon 9.1.1 gelingen, die mit dem neuen Merlin 1D Triebwerk ausgerüstet ist. Der neue Falcon ist das Schlüsselelement der zukünftigen Geschäftsplanung von SpaceX. Musk verkauft ihn dabei als Weiterentwicklung des schon fünfmal erfolgreich geflogenen Falcon 9.1.0. Doch damit schwindelt er ein wenig, denn der neue Träger hat zwar eine gewisse äußere Ähnlichkeit mit dem erfolgreichen Vormodell, tatsächlich ist es aber fast ein von Grund auf neuer Träger. Während diese Zeilen entstehen, wird diese neue Rakete gerade auf der Luftwaffenbasis Vandenberg für den Jungfernflug vorbereitet. Obwohl Erstflüge traditionell keine höhere Erfolgsquote als 50 Prozent haben, ist Musk zuversichtlich genug, bei dieser Mission gleich eine Nutzlast mitzuführen: den kanadischen Forschungssatelliten den CAScade, Smallsat and IOnospheric Polar Explorer, oder kurz CASSIOPE. Die zukünftige Eigenschaft der SpaceX-Träger – die Wiederverwendbarkeit – wird bereits bei dieser ersten Mission erprobt. Musk wird versuchen, die erste Stufe nach ihrem Einsatz heil zur Wasseroberfläche herunter zu bringen. Er ist sich ziemlich sicher, dass das die ersten Male noch nicht gelingen wird. Aber vielleicht beim Versuch fünf, sechs oder sieben. Sobald dieser erste Schritt klappt, wird er beginnen, die erste Stufe, gebremst von ihren Merlin-Triebwerken, wieder zum Startort zurückzufliegen und dort zu landen. Auf einem Helipad direkt neben der Startrampe. Das bisherige Verfahren bei ausnahmslos jedem Träger weltweit ist: im Meer versenken oder die Stufen über Land abstürzen zu lassen.

    SCALED COMPOSITES gehört zu den Profis. Hier wird ein Raketentreibsatz in das Heck des SpaceShipTwo eingebaut. SCALED COMPOSITES

    Elon Musk. Das Time-Magazine ist der Meinung, dass er zu den 100 einflussreichsten Menschen auf diesem Planeten zählt. TIME MAGAZINE

    Eine SPACEX Dragon nähert sich der ISS. NASA

    Die Falcon 9.1.1 wird – noch ohne Nutzlastspitze – in Vandenberg auf den Start vorbereitet. SPACEX

    Um sein Rückführ-Verfahren schon mal auszuprobieren hat SpaceX einen Erprobungsträger für die neue Technologie geschaffen: Den „Grasshopper". Dieses Testvehikel – von immensen Ausmaßen übrigens, 50 Tonnen schwer und mehr als 30 Meter hoch – hat bereits ein halbes Dutzend immer anspruchsvollerer Flüge hinter sich. Wenn man den Grasshopper fliegen sieht, glaubt man sich in einem schlechten Science-Fiction Film der fünfziger Jahre zu befinden. Das Ding steigt brüllend hoch, macht in einigen hundert Metern Höhe (und bald auch in Höhen bis zu 100 Kilometern) Manöver, die man von einer Großrakete bisher nur dann sah, wenn sie Sekunden später explodierte, und kommt dann donnernd auf einem mächtigen Flammenstrahl reitend wieder zum Startplatz zurück.

    Elon Musk riskiert mit seinen Neuentwicklungen wesentlich mehr als die institutionelle Raumfahrt. Aber anders, als mit der Bereitschaft hohe Risiken einzugehen, sind große Entwicklungsschritte bei moderatem finanziellen Entwicklungsaufwand nicht realisierbar. Die Flüge von SpaceX kontrolliert übrigens nicht die NASA. Das macht das werkseigene Flugkontrollzentrum in Hawthorne, Kalifornien.

    Der SPACEX Grasshopper bei einem Versuchsflug. SPACEX

    Ebenfalls mit dem Flugbetrieb beginnt in diesen Tagen der Dream Chaser der Sierra Nevada Corporation. Noch nicht mit richtigen Orbitaleinsätzen, aber immerhin mit Testflügen in der Atmosphäre. Der „Dream Chaser" ist bei den Amerikanern besonders beliebt, denn er sieht so aus, als hätten die großen Shuttles auf ihre alten Tage nochmal Nachwuchs bekommen. Knuffig und hamsterbackig, als wäre er einem Disney-Film entsprungen. Dieser Mini-Shuttle wird dieser Tage auf der Luftwaffenbasis Edwards auf seine ersten Flugtests vorbereitet. Dafür bringt ihn ein riesiger Erikson Air-Crane Hubschrauber auf eine Höhe von 4.000 Metern und wirft ihn dann ab. Danach wird er im Gleitflug auf dem Trockenbett der Luftwaffenbasis Edwards landen.

    Der SIERRA NEVADA Dream Chaser. SIERRA NEVADA

    In der Zwischenzeit wird auf der anderen Seite der USA, in Wallops Island, der Cygnus von Orbital Sciences auf seine erste Mission vorbereitet. Der Cygnus ist ein Frachtschiff für die Versorgung der ISS und wurde privat entwickelt, wenn auch mit finanzieller Beihilfe der NASA. Für seine Trägerrakete, die ebenfalls privat entwickelte „Antares, ist es dann schon der zweite Start. Der erfolgreiche Erstflug, vorsichtshalber ohne Nutzlast, fand im April statt. Bei diesem zweiten Start wird der Cygnus in die Nähe der Internationalen Raumstation geflogen und dort getestet. Allerdings noch ohne anzukoppeln. Kontrolliert wird der Flug in den meisten Phasen natürlich auch nicht wie früher von der NASA, sondern vom neuen Orbital Kontrollzentrum in Dulles. Nur bei der Phase der Annäherung an die ISS hat die NASA wieder mitzureden. Schließlich ist die ISS ja in weiterem Sinne eine staatliche „Einrichtung. Der Bereich um die Raumstation, in dem die Zuständigkeit der NASA herrscht, wird übrigens informell als „KOS-Zone bezeichnet, als „Keep Out Sphere, also die „Bleib-Draußen-Zone". Sollten Antares und Cygnus ihre Ziele erreichen, dann wird Orbital Sciences die erste reguläre Versorgungsmission zur Raumstation im Januar 2014 durchführen.

    ORBITAL SCIENCES Antares. ORBITAL SCIENCES

    ORBITAL SCIENCES Cygnus (Illustration). ORBITAL SCIENCES

    Ist also alles in Butter im neuen Reich der privaten Raumfahrt? Nein, durchaus nicht alles. Wie immer und überall im Leben gibt es auch hier Licht- und Schattenseiten. Fangen wir daher gleich mit einem Nachruf an. Ein Unternehmen der ersten Stunde in der privaten Raumfahrt, Armadillo Aerospace, hat aufgegeben. Schon in den letzten Jahren war eine gewisse Ziellosigkeit zu erkennen, und die Richtung, in der es weitergehen sollte, blieb zunehmend unklar. John Carmack, der Gründer und Eigentümer hat Armadillo, wie er selbst sagt, in den Schlafmodus geschaltet. Es steht zu befürchten, dass es die ewige Ruhe werden wird. Carmack befasst sich jetzt mit einem anderen spannenden Gebiet, nämlich mit der Tiefsee. Ist ja auch nicht ganz schlecht.

    Die private Raumfahrt ist in permanenter Bewegung. Fast im Wochenabstand tauchen Newcomer auf, doch die meisten von ihnen sind schon nach wenigen Monaten wieder weg vom Fenster. Es ist ein bisschen wie zur Zeit der „Barnstormer" in der Luftfahrt der frühen zwanziger Jahre. 90 Prozent der Unternehmen, die aus dem Boden schießen wie die Pilze nach einem warmen Sommerregen verschwinden nach kurzer Zeit wieder. In den Tagen, in denen dieser Artikel entsteht sind das Unternehmen wie etwa die ShipinSpace Ltd. Es ist ein reines Powerpoint-Projekt, bei dem es noch nicht mal zu einer nett illustrierten Internet-Seite gereicht hat, sondern nur zu einem Facebook-Auftritt. Auch auf youtube ist nur ein schwachbrüstig animiertes Filmchen zu sehen.

    Ein anderes Unternehmen, auch erst wenige Monate alt ist, ist die Swiss Space Systems. Während im EU-Europa eine hoch restriktive Bürokratie suborbitale Raumfahrt weder vorsieht noch zulässt, stellt die pragmatische Schweiz in dieser Hinsicht eine kleine Oase der Freiheit dar. Und nur deshalb, weil dieses Unternehmen in der Schweiz agiert, dürfte Swiss Space Systems eine minimale Chance für eine Weiterentwicklung haben.

    Oder wie wäre es mit der B612-Foundation? Ihr Ziel ist es, sagenhafte 450 Millionen Dollar aufzutreiben, für keinen geringeren Zweck, als die Erde zu retten. Es geht um Asteroiden-Abwehr. Der Umstand, dass mit den namhaften Ex-Astronauten Ed Lu und Russell Schweickhardt zwei prominente Kapazitäten mit an Bord sind, wird verhindern, dass dieses Unternehmen sofort wieder in der Versenkung verschwindet. Man kann dennoch mit Sicherheit davon ausgehen, dass sie noch nicht einmal die erste ihrer benötigten 450 Millionen zusammenbringen werden (ihr selbsterklärtes Ziel sind 20 Millionen im ersten Jahr). Somit können wir auch die B612-Foundation schon jetzt getrost vergessen, sie wird in Zukunft keine Rolle mehr spielen.

    Viele Firmen, darunter auch manche, die mit durchaus realistischen Ansätzen in die New Space Szene eingestiegen sind, mussten nach einer Weile wieder aufgeben. Wer kennt heute noch AEREA, Aero Astro, Bristol Spaceplane, Canadian Arrow oder Cerulian Aerospace. Sie führen eine seitenlange Liste an, die nach fünf, sechs Dutzend anderen Unternehmen mit Namen wie Starcraft Boosters, Transorbital, Third Millienium Aerospace, The daVinci Project und TGV Rocket endet. Manche von ihnen existieren noch als Internet-Leiche, mit einem Datum im Impressum, an dem zu erkennen ist, wann der Eigentümer das gesunkene Schiff verlassen hat.

    Einige wollten ihr Space Unternehmen unsinnigerweise in Europa oder gar in Deutschland aufbauen, dem Mutterland der Bürokratie und Technikfeindlichkeit. Ein solches Unternehmen ist Talis Enterprise mit ihrem Projekt Enterprise. Der Plan war gut, und Talis wollte mit einem technisch durchaus machbaren kleinen Raketenflugzeug in den suborbitalen Weltraumtourismus einsteigen. Nachdem man den rührigen Magdeburgern ein ums andere Mal Knüppel zwischen die Beine geworfen hat, ist die entnervte Truppe inzwischen nach Malaysia umgezogen, wo die Bedingungen offenbar (und hoffentlich) besser sind als hierzulande.

    Und dann gibt es die Unternehmen, die schwer einzuschätzen sind. So wie Planetary Space. Deren zukünftiges Geschäftsfeld soll die bergmännische Ausbeutung von Asteroiden sein. Die Investoren des Unternehmens dürften zusammen 10 Milliarden Dollar schwer sein (Ram Shirarm, Charles Simony, Larry Page, Ross Perot, James Cameron und andere). Doch offensichtlich haben sie es dennoch nötig, schon für die erste Million (die benötigt wird, um die Entwicklung ihres Arkyd-Teleskops zu beginnen) auf Crowdfunding zurückzugreifen. Ich hätte erwartet, dass sie dieses Startgeld einfach mal kurz aus der Portokasse bezahlen. Verwunderlich ist aber, dass innerhalb kürzester Zeit 18.000 Menschen insgesamt 1,5 Millionen Dollar gespendet haben. Damit kann Phase 1 des Vorhabens gestartet werden, ohne dass einer der schwerreichen Investoren seine Geldbörse öffnen musste.

    Arkyd Weltraumteleskop. Planetay Resources

    Da ist die Sache mit Dennis Tito und seiner „Mission America" zum Mars schon anders gestrickt. Dennis Tito, mancher erinnert sich noch daran, ist ein schwerreicher Unternehmer und der erste Wteltraumtourist überhaupt, der sich einen Flug zur Internationalen Raumstation selbst bezahlte. Er will das Vorhaben, das am Ende wahrscheinlich eher einen siebenstelligen als einen sechsstelligen Eurobetrag kosten wird, zumindest die ersten Jahre aus eigener Tasche finanzieren. Sein Plan: Schon 2018 will er eine kleine Crew bestehend aus einem Mann und einer Frau (er wünscht sich ein Ehepaar) auf eine Interplanetare Reise zum Mars senden. Das Raumschiff wird weder dort landen, noch auf eine Umlaufbahn um den Roten Planeten einschwenken, sondern auf einer freien Rückkehrbahn bleiben und nach 437 Tagen wieder auf der Erde zurückerwartet. Verrückte Sache, technisch machbar, wenngleich sicher nicht 2018 oder 2021 (da gäbe es das nächste Startfenster), aber vielleicht 2023. Dennis Tito ist als Mann der Tat bekannt, und er hat eine Vision.

    Er bezahlt „Mission America fürs Erste. Unternehmer und „Privatastronaut Dennis Tito. ARCHIV REICHL

    Die private Mission America ist eine Rundreise Erde – Mars – Erde. Nur ohne Landung. INSPRIATION MARS

    Schon etwas unwahrscheinlicher ist dagegen die Realisierung von Mars One, das es sich zum Ziel gesetzt hat, bis zum Jahr 2023 Menschen auf dem Mars zu landen und dort eine Basis zu errichten. Was das Konzept des holländischen Unternehmers Bas Landsdorp so überraschend und vom Denkansatz her erfrischend macht: die teilnehmenden Astronauten können nicht wieder zur Erde zurückkehren. Sie müssen ihr gesamtes restliches Leben auf dem Mars verbringen. Das macht die Mission nicht nur technisch wesentlich einfacher, sondern auch

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