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Terror.ch
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Ebook263 pages3 hours

Terror.ch

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About this ebook

Terroristen haben die Schweiz in naher Zukunft infiltriert und nutzen die wirtschaftlich und politisch fragile Lage, um mit gewaltsamen Aktionen die Gesellschaft in ihren Grundfesten zu erschüttern. Eine Gruppe Terroristen unter der Leitung von Sahid Sergiew, einem ehemaligen russischen Elitekämpfer, verübt eine Reihe von Anschlägen auf strategisch wichtige und symbolische Ziele in der Schweiz. Der Ingenieur Gian Hotz und die Publizistikstudentin Carla kommen durch raffinierte Ermittlungsarbeit und Glück dem Treiben der Gruppierung auf die Schliche, aber ahnen lange nicht, was es mit der Gruppierung wirklich auf sich hat, wie gefährlich sie ist und wie tödlich ihr Plan ist.
LanguageDeutsch
Release dateJul 30, 2014
ISBN9783990385036
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  • Rating: 2 out of 5 stars
    2/5
    Einige interessante Ansätze finden sich in diesem Roman. Der Schauplatz der Geschichte und die bedrohliche Szenerie allgemein, die man so in der friedlichen Schweiz eher nicht erwartet, sowie die Vertrautheit der realen Handlungsorte beleben das Buch zumindest für den schweizer Leser in einer sehr interessanten Weise.
    Was mir negativ aufgefallen ist, sind der teilweise sehr simple Schreibstil, und die rasche Durchschaubarkeit der Handlung.
    Desweiteren haben sich diverse Rechtschreibfehler im Text eingenistet. Diese sind aber weit weniger störend als die (zu) häufigen inhaltlichen Fehler wie zum beispiel das durcheinanderbringen der Namen der Protagonisten. Mandy die Terroristin ist im nächsten Satz plötzlich Carla. Eigentlich schaade, da hätte sich mehr draus machen lassen und das Werk käme seriöser daher bei sachlicher Überarbeitung.

Book preview

Terror.ch - A. Michael

LXVIII

Impressum

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie­.

Detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://www.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte der Verbreitung, auch durch Film, Funk und Fern­sehen, fotomechanische Wiedergabe, Tonträger, elektronische Datenträger und ­auszugsweisen Nachdruck, sind vorbehalten.

© 2014 novum publishing gmbh

ISBN Printausgabe: 978-3-99038-502-9

ISBN e-book: 978-3-99038-503-6

Lektorat: Dr. phil. Ursula Schneider

Umschlagfotos: Val Thoermer, Peter.wey | Dreamstime.com

Umschlaggestaltung, Layout & Satz: novum publishing gmbh

www.novumverlag.com

Vorwort

Es handelt sich hierbei um einen Roman,

welcher auf einer fiktiven Geschichte beruht.

Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen

und Institutionen sind rein zufällig und unbeabsichtigt."

I

Die Explosion war so heftig, dass die Erschütterung in weiten Teilen Zürichs zu spüren war. Die Sprengladung ging um 11.34 Uhr im Eisenbahntunnel beim Bahnhof Stadelhofen hoch. Sie riss große Teile der Tunneldecke herunter und einige Passanten und wartende Passagiere auf dem nahe gelegenen Bahnsteig von den Beinen. Es regnete im Umkreis von mehreren Hundert Metern Trümmer und der dichte, beißende Rauch verschlug einem den Atem. Die Ordnungskräfte trafen nach wenigen Minuten ein. Der S-Bahnverkehr auf dieser Strecke wurde eingestellt. Glücklicherweise befand sich kein Zug in unmittelbarer Nähe zur Zeit der Detonation. Die Polizei sperrte die Gegend um den Bahnhof ab. Dabei mussten einige Hundert Schaulustige abgedrängt werden, damit die Rettungsfahrzeuge zu den zahlreichen Verletzten vordringen konnten. Einige hatten offene Knochenbrüche und riefen verzweifelt um Hilfe. Einer Frau wurde durch ein durch die Luft wirbelndes Lichtsignal ein Bein sauber unter dem Knie abgetrennt. Die traurige Bilanz dieses Anschlags waren 32, zum Teil schwer Verletzte. Jedoch gab es diesmal wie durch ein Wunder keine Toten zu beklagen.

Wie schon beim Anschlag auf die Autobahnbrücke beim bündnerischen Maienfeld, wo vor Kurzem neun Fahrzeuge samt Insassen in den Rhein gestürzt waren, weil mehrere geschickt platzierte Sprengladungen ein Stützelement herausgerissen hatten, tappte die Polizei auch nach mehreren Wochen angestrengten Ermittelns völlig im Dunkeln, was die Täterschaft und deren Motiv anging. Man war sich aber einig, dass es sich um dieselben Täter gehandelt haben müsse, weil eine chemische Analyse des verwendeten Sprengstoffes eindeutig ergab, dass er aus der gleichen Fabrikation stammte. Es handelte sich um Sprengstoff, der in der russischen Armee verwendet wurde. Das Problem war, wie man in den Tageszeitungen lesen konnte, der marode Zustand dieser Streitkräfte und der daraus entstandene Handel mit Sprengstoffen, Munition und zum Teil ganzen Waffensystemen. Neulich wurde vom Grenzwachtkorps ein Lastwagen kontrolliert, welcher, in einem Treibstofftank versteckt, angereichertes, waffenfähiges Plutonium transportierte. Eine europäische Polizei-Task-Force konnte innert weniger Tage diesen organisierten Handel mit radioaktivem Material aus Russland aufdecken und eine große Anzahl Verdächtiger festnehmen.

Ein weiteres Problem stellte auch die sogenannte Proliferation dar: der Export von Spezialisten und die damit verbundene Verbreitung von Fachwissen zur Herstellung von atomaren, biologischen und chemischen Waffen, sogenannten ABC-Waffen. Diverse extremistische Gruppen wurden als Urheber der Anschläge gehandelt. Die hohe Arbeitslosigkeit im europäischen Ausland und immer mehr auch in der Schweiz hatte zu einer angespannten Situation mit Streiks, Aufruhr und Krawallen geführt. Auch ethnische Differenzen zwischen der jeweiligen Stammbevölkerung und zugewanderten Volksgruppen hatten vor allem in den urbanen Ballungszentren in letzter Zeit vermehrt zu Auseinandersetzungen geführt. Einige Stimmen sahen in dieser angespannten Situation die Ursache für die Anschläge. Die Gewaltspirale zeigte eindeutig nach oben.

Sahid Sergiew lauschte am Tag des Attentates auf den S-Bahntunnel wie gebannt dem Nachrichtensprecher im Schweizer Fernsehen. Sahid war der Chef einer geheimen und erst kürzlich vom Hauptquartier zusammengestellten Terrorzelle. Es schien alles nach Plan verlaufen zu sein. Die Zündung der Bombe hatten sie eigentlich auf die Einfahrt eines Zuges festgelegt, welcher sich jedoch verspätet hatte. „Für ein Mal Pech gehabt", knurrte er lächelnd, wohl wissend, dass sich noch viel Schlimmeres in Vorbereitung befand.

Er saß auf dem abgewetzten Ledersofa im Wohnzimmer der Wohnung, welche er in einem heruntergekommenen Mietshaus im Zürcher Stadtteil Oerlikon gemietet hatte. Vor sich auf dem niederen Tisch hatte er seine großkalibrige Pistole in ihre sechs Einzelteile zerlegt und polierte sie nachdenklich. Daneben lag die kleinere Glock von Mandy. Mandy war eine durchtrainierte Blondine, die dank Kampfsporttraining eine katzenhafte Geschmeidigkeit in ihren Bewegungen erlangt hatte. Sahid fand, sie sehe aus wie Lara Croft, bis auf die Haarfarbe und die abgekauten Fingernägel. Sie hatte erst neulich mit der Handkante zur Erheiterung aller Anwesenden eine Kokosnuss zertrümmert.

Die Mitglieder der Terrorzelle lebten völlig unauffällig in der Stadt. Sie hatten in Zürich die sogenannte „Sleeper"-Taktik gewählt. Dabei ging es darum, sich möglichst unauffällig zu benehmen, bis das vereinbarte Zeichen kam. So wohnte zum Beispiel der 28-jährige Ivan Fidor bei Frau Zeller in der Mansarde und studierte pro forma Recht an der Universität Zürich. Oder beispielsweise Hannes, der als Doktorand der Biochemie an der ETH eine in finanzieller Hinsicht nicht sehr ertragreiche Anstellung gefunden hatte. Er beschwerte sich andauernd bei seinen Kampfgenossen über die 70-Stunden-Wochen und die dafür lächerlichen 2700 Schweizer Franken Lohn im Monat. Neulich konnte er nicht bei der Vorbereitung von Sprengladungen mithelfen, weil er für eine wissenschaftliche Publikation noch einige Versuche machen musste, die bis weit in die Nacht hinein dauerten. Da waren noch die beiden Weißrussen und der Iraner. Sahid wusste, dass sie nicht die einzige operative Gruppe in der Schweiz waren. Das Hauptquartier hatte mehrere Teams losgeschickt. Sahid wusste aber nicht, wie stark sie waren und wo sie untergetaucht waren.

Das Wolfsrudel, wie sich Sahids Zelle informell nannte, hatte den Auftrag bekommen, in Zürich unterzutauchen, sich zu integrieren und für weitere Aufträge bereitzuhalten. Sie waren alle auf verschiedenen Wegen und an verschiedenen Tagen eingereist. Ivan war per Flugzeug, Hannes per Bus und die anderen mit der Eisenbahn eingereist. Sie alle hätten nicht gedacht, dass sie so schnell zum Einsatz kommen würden. Schon nach drei Wochen wurden sie per SMS aktiviert und Sahid bekam mittels verschlüsselter E-Mail-Nachricht die Aufträge und die Zielkoordinaten zugesandt. Er hatte dann Mandy und Hannes in die Gegend bei Maienfeld beordert, damit sie die Autobahnbrücke über den Rhein, das Ziel des Anschlages, und die Umgebung aufklärten, und mit dem Rest des Wolfsrudels während der Nacht den Sprengstoff bei ihrem logistischen Nachschubpunkt im Wald auf der stadtabgewandten Seite des Uetlibergs abgeholt. Dies war eine Glanzleistung des Hauptquartiers gewesen. Sie hatten mehrere Nachschubpunkte eingerichtet, wo sie jeweils Waffen, Sprengmittel und die wichtigsten Geräte für die Terrorzellen bereitlegten. Wie das Hauptquartier es immer wieder fertigbrachte, das ausgefallenste Material auf Bestellung bei diesen Koordinaten bereitstellen zu lassen, war ihnen allen ein Rätsel. Damals hatten sie 300 kg Plastiksprengstoff, 20 Zündkapseln, 4 Meter Sicherheitsanzündschnur, 30 Meter Sprengschnur und einfache mechanische Schlagzünder bestellt.

Der Iraner und Sahid hatten gerade das Material geborgen und in den Jeep verladen, während die beiden Weißrussen die Zufahrtsstraße und die kleine Lichtung sicherten, als plötzlich ein Wildschwein aus dem Unterholz brach. Sahid hatte einen kurzen Augenblick gedacht, sie seien verraten worden, und hatte mit der Schnelligkeit eines geübten Elitesoldaten seine Pistole aus dem Holster gerissen. Das Tier war aber so schnell, wie es aufgetaucht war, wieder im Dunkel des Waldes verschwunden. Kalter Schweiß war ihm den Rücken hinuntergelaufen und er war sich heute noch nicht sicher, ob aus Nervosität oder aufgrund der Anstrengung.

Sie hatten etwa 30 cm Waldboden abgegraben, um an die Plastikkisten mit dem Material zu gelangen. Dann hatten sie die Kisten endlich freigelegt und in den Jeep verladen. Die beiden Weißrussen nahmen die Uetlibergbahn zurück in die Stadt, während der Iraner und Sahid sich mit dem Jeep in den Abendverkehr eingereiht hatten. Am nächsten Abend hatten sie dann auf Sahids Dachboden das Material vorbereitet und auf seine Funktionalität überprüft. Die Pistolen wurden geputzt, geölt und geladen. Der Iraner hatte die Funkgeräte ausgeteilt. Als Sahid die Verbindungskontrolle durchführen wollte, stellte sich heraus, dass der Iraner vergessen hatte, die Akkus einzusetzen. Dies hatte Sahid zu einem Exkurs über Disziplin veranlasst. Er hatte gewettert, dass der Einsatz fast wegen ein paar vergessener Batterien im Vornherein zum Scheitern verurteilt gewesen wäre. Es hätte sich in allen Echteinsätzen bei jeder Armee immer wieder gezeigt, dass die Verbindungen das Wichtigste seien … Sahid war sehr stolz auf seine Vergangenheit bei einer paramilitärischen Spezialeinheit, die im ersten Golfkrieg den amerikanischen Truppen einige schmerzliche Verluste zugefügt hatte.

Mandy und Hannes hatten Bericht über die Resultate ihrer Erkundung erstattet. Das Ziel war total ungesichert und ohne Weiteres mit einer Beißzange zugänglich zu machen. Sie hatten im Schutze der Dunkelheit ein paar Drähte des Autobahnzaunes aufgeschnitten, waren dann ein Stück weit hinter der Leitplanke der Autobahn entlang geschlichen und hatten sich jeweils, sobald ein Fahrzeug vorbeigebraust kam, zu Boden geworfen, um nicht gesehen zu werden. Interessanterweise fanden sich Zugangsschächte zum Regenwasserabflusssystem und zu den elektrischen und Kommunikationsleitungen auch an neuralgischen Punkten der Brücke. Diese Schächte waren schon beim Bau der Brücke eingelassen worden. Am nächsten Abend um 03:00 Uhr waren Sahid, Mandy und Hannes nach Maienfeld gefahren. Auf der Brücke hatten sie auf dem Pannenstreifen angehalten, die Warnblinker eingeschaltet und mit einem Brecheisen direkt vor dem Jeep einen der Schächte geöffnet und die erste Ladung angebracht. Danach waren sie mit dem Jeep ein paar Meter weitergerollt und mit dem nächsten Schacht in gleicher Weise verfahren. Nach wenigen Minuten hatten sie fünf der Schächte mit je 60 kg Plastiksprengstoff präpariert und die Ladungen untereinander mit Sprengschnur verbunden. In die erste Ladung hatten sie eine Sprengkapsel mit der Sicherheitsanzündschnur gesteckt und die Ladungen mittels Sprengschnur untereinander verbunden. Sahid hatte die Länge der Zündschnur so gewählt, dass die Ladungen 15 Minuten nach Betätigung des Zünders detonieren würden, damit sie genug Zeit hätten, über die Brücke und dann ein gutes Stück des Weges zurück Richtung Zürich zu fahren. Sahid hatte den Abzug des mechanischen Zünders gezogen. Dies hatte die Sicherheitsanzündschnur in Brand gesetzt. Danach hatten sie keine Zeit verloren und waren bei der Autobahnausfahrt Maienfeld rausgefahren, um sogleich in der Gegenrichtung die Autobahneinfahrt wieder über die präparierte Brücke in Richtung Zürich zu nehmen. Nach einer Viertelstunde, als die Sprengladungen hochgegangen waren und neun Autos inklusive Insassen in den Rhein gerissen hatten, hatten sie sich schon wieder auf der Autobahn am Walensee befunden. „Das war eine tolle Aktion", knurrte Sahid und die anderen zollten ihm klatschend Beifall.

II

Zur Zeit des Bombenanschlages auf die Zürcher S-Bahnstation Stadelhofen befand sich das Infanteriebataillon 68 in Chur im Wiederholungskurs. Seit einer Woche stand Infanterieausbildung auf dem Programm. Es wurden die Infanterieeinsatzaufgaben trainiert. Oberleutnant Hotz hatte an diesem Tag mit seinem Zug, bestehend aus 36 Soldaten und Unteroffizieren, mobiles Patrouillieren und Errichten und Betreiben eines Checkpoints wiederholt. Er genoss es, seine Gruppenführer und Soldaten bei der Arbeit zu beobachten. Er ließ sie zuerst allein trainieren, bevor er sie dann mit möglichst real nachgestellten Situationen herausforderte. Zu diesem Zweck setzte er Soldaten und Autos als Figuranten ein. So konnte er den Ausbildungsstand seiner Leute überprüfen und sie auf alle möglichen Situationen vorbereiten. Denn Vorbereitung war im Moment das Wichtigste. Das Bataillon hatte nämlich vor einer Woche den Befehl bekommen, sich in Chur bereitzuhalten und zugunsten der zivilen Einsatzkräfte im Raum Zürich eingesetzt zu werden, falls sich keine Deeskalation der Situation nach den neusten Anschlägen abzeichnete. Dies wäre ein sogenannter subsidiärer Einsatz. Das heißt, ein Einsatz zur Unterstützung ziviler Kräfte.

Die Ratlosigkeit der Polizei bezüglich der Täterschaft ließ die Behörden ziemlich hilflos aussehen. Ihnen wurden vermehrt Inkompetenz und Unfähigkeit vorgeworfen. Es kam zu Krawallen mit jeweils mehreren Hundert Vermummten. Die Krawalle führten täglich zu neuen Schäden in der Zürcher Innenstadt. Mehrere Geschäfte an der Bahnhofstraße wurden mit Molotowcocktails in Brand gesetzt. Auch in Bern, Luzern, Genf und Basel zogen nachts Randalierer durch die Straßen. Die Polizeikorps waren rund um die Uhr im Einsatz. Es wurde vor allem in Zürich deutlich, dass zu wenig Polizisten für eine Sicherung der Innenstadt zur Verfügung standen. Aus den anderen Städten konnte auch keine Polizei abgezogen werden, da die Situation vor Ort jeweils ähnlich war wie in Zürich. Deshalb wurde vom Parlament in einer Notsitzung ein subsidiärer Einsatz des Militärs grundsätzlich bewilligt. Im Hinblick auf den möglichen bevorstehenden Einsatz absolvierten die Soldaten eine sogenannte einsatzbezogene Ausbildung. Und tatsächlich musste das Infanteriebataillon 68 nicht lange auf eine Auslösung warten. Anlass gab die Erstürmung des Zürcher Rathauses durch eine aufgebrachte Menge mit Dutzenden Verletzten und weiteren größeren Ausschreitungen im Raum Bahnhofstraße. Der Kanton Zürich bat daraufhin beim Bund um militärische Verstärkung der Polizeikräfte in der Stadt.

Mit zwölf Super-Puma und Cougar-Helikoptern wurden die Soldaten der Kompanie 2 in voller Kampfmontur in Zürich eingeflogen. Die Schützenpanzer des Typs Piranha und die Logistikfahrzeuge wurden währenddessen über die Autobahn nach Zürich verschoben.

Hotz war gerade mit dem Bezug des Bereitschaftsraumes im Fußballstadion Letzigrund beschäftigt, als der Kompaniekommandant Hauptmann Ledergerber vom Krisenstab der Polizei und der Stadtregierung gebrieft wurde. Die Lage war tatsächlich noch um einiges verschärft worden, da durch den Nachrichtendienst erhöhte Gefahr für Anschläge mit atomaren, biologischen oder chemischen Waffen gemeldet wurde. Man berief sich auf Erkenntnisse aus dem Plutoniumschmuggel, der kürzlich aufgeflogen war.

Da Hotz mit seinen Leuten als Erster im Letzigrundstadion eingetroffen war, musste er innert weniger Minuten die Einweisung der restlichen vier Züge organisieren und auch die Rundumsicherung gewährleisten. Zu diesem Zweck wurden alle Eingänge zum Stadion entweder gesperrt oder durch eine Zutrittskontrolle gesichert. Auf jeder Seite des Stadions wurde ein Beobachtungsposten mit Wärmebildgeräten aufgestellt. Diese ermöglichten auch ein Beobachten bei völliger Dunkelheit. Die eintreffenden Züge wurden dann innert Kürze in die Mannschaftskabinen eingewiesen, wo sie sich sofort minimal einrichteten. Es wurde eine Einsatzzentrale mit den benötigten Kommunikationsmitteln vorbereitet. Bald trafen auch schon die Radschützenpanzer und die Lastwagen mit dem Material und der Küche ein. Nach drei Stunden war die komplette Kompanie 2 im Letzigrundstadion eingetroffen und einsatzbereit.

Hauptmann Ledergerber hatte seinen Entschluss gefasst und einen Ablöseplan für seine fünf Züge befohlen. Während ein Infanterie-Zug als Einsatzelement das Stadion sicherte, stand jeweils ein zweiter als Reserveelement und ein dritter als Ruheelement im Einsatz. Mit dieser Einteilung waren die Durchhaltefähigkeit und die Erfüllung des Auftrages gewährleistet.

Die Kompanie 2 hatte schon bald darauf den neuen Befehl erhalten, das Rathaus zu sichern. Schusswaffeneinsatz war in Notwehr, also wenn ein Soldat selbst bedroht wurde, oder in Notwehrhilfe, das heißt, wenn ein Kamerad oder eine Drittperson bedroht wurde, erlaubt. Der Objektschutzbegriff „sichern" beinhaltete u. a. auch die Errichtung von Zufahrts- und Zutrittskontrollen. Die Piranha-Schützenpanzer wurden zur Abschreckung und auch zum raschen Sperren der Zufahrtswege bereitgestellt. Das Militär betrieb also die Sicherung der äußeren und der inneren Schutzzone und die Polizei war für das Kernobjekt, also das Rathaus, selbst zuständig. Diese Maßnahmen zeigten rasch Wirkung und die Lage beim Rathaus beruhigte sich schnell.

Es kam während dieser ersten Nacht jedoch wiederum zu größeren Krawallen im Gebiet der Langstraße, wo ein Haus in Brand geraten war, nachdem ein Polizeiauto bei der Verfolgung von Plünderern in ein Geschäft mit Campinggasflaschen gefahren war. In den nachfolgenden Tagen wurde vor allem das Plündern von einzelnen Geschäften nach Ladenschluss zum Problem.

Hotz befand sich auf seinem Rundgang entlang des Absperrzauns, der die äußere Schutzzone um das Rathaus markierte. Dieser Zaun war auch die juristische Grenze. Innerhalb dieses Bereichs war das Militär zuständig, im Rathaus und außerhalb des Zauns die Polizei. Sie hatten den Gitterzaun am ersten Tag innert Kürze aus Gitterelementen zusammengefügt und mit verschiedenen Härtungsmaßnahmen verstärkt. Als Hotz auf die Zutrittskontrolle zusteuerte, meldete sich der Soldat. Seine Leute waren hoch motiviert, ihnen entging nichts.

Weiter unten, wo der Absperrzaun an die Limmat grenzte, befand sich einer der Beobachtungsposten. Dort traf er auf Korporal Müller. „Und, Müller, wie ist die Lage?" Wie zu erwarten war, gab es keine besonderen Vorkommnisse.

Es wurde langsam dunkel und es waren merklich weniger Personen in der Stadt unterwegs als noch bei Arbeitsende. Seit dem hektischen ersten Tag, als sie die Absperrungen aufgebaut, die Zutrittskontrollen eingerichtet und die Beobachtungsposten aufgestellt hatten, war nicht mehr viel geschehen. Bald schon hatte die Routine Einzug gehalten. Und das war gefährlich, denn die Langeweile konnte die Aufmerksamkeit der Soldaten dämpfen. Dies war der beste Zeitpunkt für die Gegenseite zuzuschlagen. Deshalb ließ Hotz nicht nach mit seinen Kontrollgängen. Er fragte die Soldaten, mit welchen Aktionen der Gegenseite sie rechneten, welche möglichen Bedrohungen zu erwarten seien, wie das Vorgehen wäre, falls es zu einem Zwischenfall käme, und so weiter. Er hielt seine Soldaten durch diese sogenannten „Prontokontrollen" in einem hohen mentalen Bereitschaftsgrad.

Tags zuvor war in Paris eine Ausgangsperre ab 20:00 Uhr in Kraft gesetzt worden. Nach einer Rede des Innenministers war es zu unschönen Straßenschlachten zwischen Studenten, Jugendlichen und der Polizei gekommen. Die öffentliche Ordnung war massiv gestört. Diese Unruhen wurden von Plünderern genutzt, um sich unter anderem mit den neusten elektronischen Geräten einzudecken. Es wurde befürchtet, dass diese Unruhewelle auch auf die Schweiz überschwappen könne.

Nach einer Krawallnacht in Genf mit hohem Sachschaden und mehreren Dutzend Verhafteten wurden für die größeren Schweizer Städte ähnliche Maßnahmen gefordert wie in Zürich, falls die Unruhen nicht eingedämmt werden könnten.

III

Gerade als Sahid die volle Einkaufstasche auf dem Küchentisch abstellte, klingelte es an seiner Wohnungstür. Er öffnete und ließ Mandy eintreten. Sie sah wieder einmal umwerfend aus. „Hast du das Militär gesehen beim Rathaus?, fragte sie, nachdem die Wohnungstür ins Schloss gefallen war. Ihm waren natürlich die Polizeipräsenz und nun die Soldaten auch aufgefallen. Er antwortete mit einem Schulterzucken und reichte ihr ein kühles Bier. „Mandy, wir müssen reden. Ich hab neue Informationen vom Hauptquartier. Aber ich will das im Plenum besprechen. Am nächsten Donnerstag, abends um 20:00 Uhr, am Escher-Wyss-Platz. Informiere die anderen!

Sahid stellte die Bierflasche auf dem Tisch ab, streifte sich die schwarze Fliegerjacke über und verließ die Wohnung. Er wählte den Hinterausgang durch den Keller. Er hatte noch was zu erledigen. Beruhigend spürte er seine Waffe im Schultertragholster. Heute war eigentlich sein freier Abend. Normalerweise besuchte er jeweils am ersten Montag jeden Monats ein Etablissement an der Langstraße dem Zürcher Rotlichtmilieu. Dort frequentierte er immer die gleiche Prostituierte. Manchmal brachte er ihr Geschenke mit. Er konnte sich keine Freundin leisten, da sie immer die falschen Fragen stellten. Das war zumindest seine Rechtfertigung für sein Versagen in den Beziehungen zum anderen Geschlecht … Denn in Wahrheit hatte er es zwar öfters versucht,

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