Homo Sapiens 404 Band 14: Niemand darf das wissen
By Claudia Kern
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About this ebook
Die Ereignisse auf der Destination Moon spitzen sich zu. Der Sprung zum irdischen Sonnensystem und damit zu den tödlichen Waffensystemen der Jockeys steht unmittelbar bevor. Kipling und Ama'Ru sitzen fest und auf der T.S. Eliot müssen sich Rin, Auckland und Arnest mit einem unangenehmen Eindringling herumschlagen.
Über die Serie:
Einige Jahrzehnte in der Zukunft: Dank außerirdischer Technologie hat die Menschheit den Sprung zu den Sternen geschafft und das Sonnensystem kolonisiert. Doch die Reise endet in einer Katastrophe. Auf der Erde bricht ein Virus aus, der Menschen in mordgierige Zombies verwandelt.
Daraufhin riegeln die Außerirdischen das Sonnensystem ab und überlassen die Menschen dort ihrem Schicksal. Die, die entkommen konnten, werden zu Nomaden in einem ihnen fremden Universum, verachtet und gedemütigt von den Außerirdischen, ohne Ziel, ohne Hoffnung.
Neue Folgen der dritten Staffel erscheinen vierwöchentlich als E-Book.
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Homo Sapiens 404 Band 14 - Claudia Kern
Ewigkeit
1
»Scheiß die Wand an!«
Arnest griff nach der Pistole, die im Bund seiner fleckigen Jogginghose steckte.
Auckland berührte seine Waffe nicht. Hätte der Albaner sie umbringen wollen, wären sie bereits tot. Aus den Augenwinkeln sah er, wie Rin ihre Hand einen Moment lang über dem Griff ihrer Pistole schweben ließ, sie dann aber senkte. Vielleicht war sie zu der gleichen Schlussfolgerung gekommen, vielleicht orientierte sie sich auch nur an ihm. Schließlich war er der einzige, der wusste, was der Albaner war.
Zumindest ansatzweise, dachte er.
Der Mann, der sich Albaner nannte, saß mit übereinandergeschlagenen Beinen schweigend im Gang und lächelte. Er trug eine schwarze, an den Knien abgewetzte Cargohose und eine kurze, ebenfalls schwarze Jacke. Auf dem T-Shirt, das er darunter trug, war ein helles Zeichentrickpony mit türkiser Mähne abgedruckt, das aufgeregt zu tänzeln schien. Funkelnde Sterne umgaben es. Eine Aufschrift identifizierte das Tier als Princess Sparkle.
»Ihr seht ihn auch, oder?«, fragte Arnest.
Rin runzelte die Stirn, nahm den Blick aber nicht von dem Albaner. »Wieso sollten wir ihn nicht sehen?«
»Weil …« Arnest kratzte sich am Kopf. Es schien ihm unangenehm zu sein, darüber zu sprechen. »Ich dachte, der wär nur in meinem Kopf, weil ich nich’ klar kam, okay? Aber jetzt stellt sich raus, dass er die ganze Zeit echt war.«
»Regie: M. Night Shyamalan«, sagte der Albaner.
Auckland wusste nicht, was das heißen sollte. »Schickt Brown dich?«, fragte er.
Der Albaner richtete seinen Blick auf ihn. Seine schmalen Augen wirkten schwarz. »Brown?«, sagte er und runzelte die Stirn. Dann lächelte er plötzlich. »Oh, ich verstehe. Er hat sich also endlich dazu durchgerungen, dich umzubringen. Ist ihm bestimmt schwer gefallen.« Er stand in einer fließenden, eleganten Bewegung auf, so als spüre er sein eigenes Gewicht nicht. Die Mündung von Arnests Waffe machte die Bewegung mit.
»Aber um deine Frage zu beantworten«, fuhr der Albaner fort, ohne ihn zu beachten. »Nein. Brown schickt mich nicht.«
Rin sah Auckland an. »Brown will dich umbringen?«
»Ja.« Er hob die Hand, als sie nachhaken wollte. »Lass uns später darüber reden, okay?«
Er wandte sich wieder dem Albaner zu. »Was will–«
Arnest unterbrach ihn, bevor er die Frage zu Ende stellen konnte. »Wo ist mein Bruder, Arschloch?«
»Ihr habt es ihm gesagt?« Der Albaner zog theatralisch die Mundwinkel nach unten. »Schade. Dabei war er auf einem so guten Weg.« Er zeigte in Richtung der Schleuse. »Was er da hinten angerichtet hat, war schon nicht schlecht, aber mit ein wenig Unterstützung hätte er ein echtes Kunstwerk vollbringen können. Es steckt in ihm, das habe ich gespürt.«
»Hör auf, so eine Scheiße zu erzählen, und sag mir, wo Lanzo ist.«
Arnest machte einen Schritt auf den Albaner zu, doch Auckland stellte sich ihm in den Weg. »Du kannst ihn das auch von hier fragen.«
Der Albaner lachte. Es klang herzlich und offen, brach aber so plötzlich ab, als habe jemand einen Schalter umgelegt. »Er hat recht. Du solltest mir nicht zu nahe kommen. Was ich tun könnte, wenn ich wollte …« Er machte eine Pause. Einen Moment lang schien er sich in Erinnerungen zu verlieren, dann schüttelte er den Kopf. »Ich bin ein wenig enttäuscht. Will denn keiner von euch wissen, wie es mir gelungen ist, an Bord zu kommen?«
Auckland hatte sich die gleiche Frage bereits gestellt und war zum einzig möglichen Schluss gekommen. »Du benutzt ein Tarnfeld«, sagte er. »Deshalb hat dich Gonzales beim Scan der Eliot auch nicht entdeckt.«
Jahrzehntelang hatten Militärs mit Tarnfeldern und -vorrichtungen experimentiert, aber erst kurz vor Omega hatten sie einen Durchbruch erzielt und den gewaltigen Energieverbrauch eindämmen können.
»Richtig«, sagte der Albaner. »Wir waren die erste Einheit, die mit den neuen Tarnfeldern ausgerüstet wurde. Better Life Solutions hat sich nicht mal die Mühe gemacht, sie euch auch zu geben. Ihr wart schon veraltet, bevor ihr erwachsen wurdet. Tragisch, oder?«
»Und trotzdem stehen wir beide hier.«
»Aber nur, weil ich es so will.«
Es wurde still. Der Albaner wartete sichtlich auf eine Reaktion, doch Auckland schwieg und blieb mit in die Hosentaschen geschobenen Händen vor ihm stehen. Dass er sie zu Fäusten geballt hatte, wusste niemand außer ihm.
Die Sekunden zogen sich in die Länge, dann räusperte sich Rin auf einmal. »Für den Fall, dass ihr es vergessen habt«, sagte sie. »Die Moon hat uns die Sprungkoordinaten geschickt und erwartet, dass wir mit unseren Vorbereitungen beginnen. Wenn wir zu lange zögern, könnte Gonzales ihr Missfallen an Kipling und Ama’Ru auslassen.«
»Ihr wollt das wirklich durchziehen?«, fragte der Albaner. »Euer Leben für zwei von euren Leuten opfern?«
Woher weiß er davon?, fragte sich Auckland. Bevor er darüber nachdenken konnte, sagte Arnest hinter ihm »Ich nicht« und spuckte aus. »Das höre ich zum ersten Mal, aber wenn das ein Plan sein soll, dann ist es ein verdammt beschissener.«
»Wir hatten keine andere Wahl«, sagte Rin. »Wir konnten entweder einige Leben retten oder keine.«
Sie klang gelassen, beinahe erleichtert, dachte Auckland. Er fühlte sich ähnlich. Sie alle hatten keine Zukunft mehr und das Beste, worauf sie hoffen konnten, war ein sinnvoller Tod, selbst, wenn sie Kipling und Ama’Ru damit nur ein paar Tage erkauften.
Besser als in einem Habitat der Jockeys zu verrotten oder irgendwann abgeschossen zu werden.
»Und wenn ihr alle retten könntet?«, fragte der Albaner. »Euch selbst, den Hacker, die Jockey – was auch immer ihr mit der wollt – und Lanzo?«
»Wie?« Arnest schnappte schnell wie ein Hai nach dem hingeworfenen Köder. Auckland schüttelte den Kopf, als er das Aufblitzen in den Augen des Albaners sah. Er hatte gewonnen und er wusste es.
Der Albaner lächelte. »Indem ihr tut, was ich sage.«
»Okay.«
»Arnest–«, setzte Rin an, aber der ließ sie nicht weiterreden.
»Euer Plan ist scheiße«, sagte er, während er seine Waffe wieder in den Hosenbund steckte. »Probieren wir also