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Instrumente und Techniken der Internen Kommunikation - Band 2: Instrumente zielgerichtet einsetzen, Dialoge erfolgreich managen
Instrumente und Techniken der Internen Kommunikation - Band 2: Instrumente zielgerichtet einsetzen, Dialoge erfolgreich managen
Instrumente und Techniken der Internen Kommunikation - Band 2: Instrumente zielgerichtet einsetzen, Dialoge erfolgreich managen
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Instrumente und Techniken der Internen Kommunikation - Band 2: Instrumente zielgerichtet einsetzen, Dialoge erfolgreich managen

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Die Interne Kommunikation hat sich seit der Veröffentlichung des ersten Sammelbands "Instrumente und Techniken der Internen Kommunikation - Trends, Nutzen und Wirklichkeit" im Jahr 2008 zwar nicht grundsätzlich verändert, jedoch bieten sich durch den Einfluss digitaler Medien erweiterte Möglichkeiten. Um diesem Wandel Rechnung zu tragen, erscheint nun ein zweiter Band, der sowohl klassische als auch neue interne Kommunikationskanäle sowie neue Möglichkeiten des Medienmixes in den Fokus nimmt. Praktiker aus Unternehmen und Kommunikationsexperten aus Agenturen stellen Instrumente vor, die sich in der täglichen Arbeit bewährt haben. Dieser Bereich wird ergänzt mit dem Aspekt des Wandels der Methoden in der Internen Kommunikation.
LanguageDeutsch
Publisherscm verlag
Release dateDec 1, 2013
ISBN9783940543349
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    Instrumente und Techniken der Internen Kommunikation - Band 2 - scm verlag

    Kapitel 1

    Methoden und Medien im Wandel

    1.1 Schöne Geschichte

    Von Lutz Zimmermann

    Die Medienwelt spielt verrückt, und die Unternehmenswelt tut es auch. Ein regelrechter Wettlauf findet statt. Wer ist schneller im neuen sozialen Netzwerk vertreten, wer hat schneller eine neue App, wer hat schneller auf digital umgestellt? Dass sich nicht nur die Kanäle, sondern viel dringender die Inhalte ändern müssen, wird dabei übersehen.

    Das umstürzende Tempo, in dem sich der Medienwandel vollzieht, scheint uns alle zu überfordern. Im Monatsrhythmus hört man Rufe der Empörung und des bitteren Erstaunens, wenn wieder ein bekannter Verlag einen Titel einstellt, sich von populären Blättern trennt, wenn Redaktionen fusionieren oder eine traditionsreiche Publikation nur noch online erscheint. Jedes Mal wird das als kleiner Untergang, als Anfang vom Ende empfunden. Es ist nicht zu übersehen: Die Aufregung in der kommerziellen Medienwelt und die Unsicherheit über das richtige Geschäftsmodell für morgen sind grenzenlos. Weil niemand weiß, welches Medium in Zukunft noch gelesen, gesehen und gehört wird. Niemand weiß, wie lang die Halbwertzeit von Facebook wirklich ist und ob nicht übermorgen eine neue Idee die Medienwelt überschwemmt.

    Diese offenen Fragen beschränken sich schon lange nicht mehr auf Verlage, Fernsehsender, Software- und Internet-Firmen, soziale Netzwerke und andere mediale Dienstleister im weitesten Sinne. Sie haben längst auch alle Unternehmen erreicht, die Wert auf professionelle Kommunikation mit ihren Stakeholdern legen. Auch viele dieser Unternehmen wissen einfach nicht mehr, was richtig und wichtig ist. Sie sehen, dass die Frankfurter Rundschau stirbt und fragen sich, ob ihre eigenen Publikationen noch der richtige Weg hin zu ihren Zielgruppen sind. Sie hören von Millionen Apps und fragen sich, ob sie nicht auch eine brauchen. Und dann entern sie sämtliche sozialen Netzwerke und bündeln alles in einem „Newsroom" in der Hoffnung, auf diese Weise die unübersehbare Flut an Inhalten endlich in den Griff zu bekommen.

    Print oder Digital, App oder browsergestützt – das sind Fragen, um die sich alles dreht. Das Problem dabei: Hinter diesen Fragen stehen sehr viel wichtigere Fragen, die leider oft unbeachtet bleiben. Nämlich: Wie können wir für unsere Themen in dieser so unglaublich schnellen und unaufmerksamen Welt noch Aufmerksamkeit gewinnen? Wie können wir – zum Beispiel beiunseren Mitarbeitern – noch Interesse, Begeisterung, Leidenschaft erzeugen, kurz das, was der englische Begriff „engagement viel besser umschreibt als jedes deutsche Wort. Dass sie sagen: „Ja, das will ich machen oder wissen, das ist relevant für mich, damit beschäftige ich mich jetzt. Print oder Digital, App oder browsergestützt – das sind natürlich Fragen, die beantwortet werden müssen. Aber sie lösen nicht das eigentliche Problem, dass nämlich auch den Unternehmen immer weniger zugehört wird. Und das liegt in den seltensten Fällen am Kommunikationsinstrument, sondern an der Aufbereitung der Inhalte.

    Wie bringt man ein Thema am besten an den Mann? Wie transportiert man eine Unternehmensbotschaft am wirksamsten? Die einfachste Antwort auf diese Frage lautet: indem man sich am Adressaten orientiert. Das heißt nicht, dass man genau das kommuniziert, was der gerade hören will. Aber man sollte es doch so kommunizieren, dass er seine Sinne schärft. Es bedarf keiner Studie, um festzustellen, dass das viele Unternehmen nicht tun. Sie blicken stattdessen nur auf sich selbst und ihre Kommunikationsziele: Was wollen sie sagen, wie wollen sie wahrgenommen werden, was ist ihnen am wichtigsten, wem möchten sie eins auswischen, was wollen sie verbrämen, was soll mit ihnen verbunden werden, was wollen sie über sich lesen usw. Es ist eine selbstreferenzielle Art der Kommunikation, die in dem Maße zunimmt, in dem sich der Wettbewerb um Aufmerksamkeit und Meinungsbildung verschärft. Und je weniger Zeit bleibt, desto plumper ist die Botschaft.

    Wie bringt man ein Thema am besten an den Mann? Wie transportiert man eine Unternehmensbotschaft am wirksamsten? Die Antwort auf diese Fragen führt uns zurück zu den kommerziellen Medien und zum Wandel, den diese Produkte parallel zum Wandel der Gesellschaft durchlaufen. Denn wenn sich renommierte Titel wie die „FAZ oder der „Spiegel immer wieder Relaunches unterziehen, dann tun sie das nicht, weil sie innovativ sind, sondern weil sie auf die veränderten Lesegewohnheiten der Menschen reagieren. Anders ausgedrückt: Sie richten sich an ihren Adressaten aus.

    Die wohl berühmteste Spiegel-Story aller Zeiten – „Bedingt abwehrbereit –, die zur Spiegel-Affäre führte, hätte heute in der damals präsentierten Form in keinem Blatt der Republik eine Chance auf Abdruck. Sie wäre schlicht zu lang. Sie zog sich im Jahr 1962 über fast 20 Magazinseiten hin und bot dem Leser eine aus heutiger Sicht unzumutbare Bleiwüste, unterbrochen nur von wenigen Porträtfotos. Damals erwarteten die Leser vom „Sturmgeschütz der Demokratie, als das sich der „Spiegel selbst bezeichnete, genau diese ausführliche, detailgenaue Berichterstattung. Dass es das heute nicht mehr gibt, hat vielleicht auch ein wenig damit zu tun, dass das Sturmgeschütz rostet. Aber in erster Linie hat es damit zu tun, dass es für den „Spiegel von vor 50 Jahren heute einfach keine Leser mehr gibt.

    Der „Spiegel und viele andere Medien auch haben sich deshalb gewandelt; und das Internet und die sozialen Medien haben den Wandlungsprozess beschleunigt. Diesen Entwicklungen auf den Grund zu gehen, hilft auch Unternehmen, die sich immer schwerer tun, ihre Botschaften zu vermitteln und „engagement zu schaffen.

    Man frage die Adressaten und man bekommt drei Antworten.

    1. Zeig’s mir!

    Was passiert eigentlich im Internet und in den sozialen Medien? Die Menschen vernetzen sich, sie kommunizieren miteinander, sie nehmen teil. Ja, richtig. Aber was machen sie da? Mit was beschäftigen sie sich? Was zum Beispiel twittern und liken sie? Die Antwort führt in den meisten Fällen hin zu einem Foto oder einem Video, einem Comic, einer Grafik, einer Bildergalerie. Beispiel: Barack Obama umarmt seine Frau, Text des Tweets: „Four more years. Alles inszeniert, und doch: Niemals hatte ein Tweet mehr Retweets, binnen Tagesfrist ging er millionenfach um die Welt. Das „Handelsblatt schrieb, der Tweet sei symbolhaft für einen vollkommen inhaltsleeren Wahlkampf. Das mag sein, aber so ist es heute: Nicht Content ist King, sondern die Inszenierung von Content, und zu der gehört ein starkes Bild.

    Früher reichte die starke Nachricht für Aufmerksamkeit, und ein Bild dokumentierte die Nachricht. Heute werden Fotos oder Clips zu Nachrichten. Und jeder Redaktion ist klar: Gibt’s kein Bild zur News, ist die News nur die Hälfte wert. So mögen auch die Berater des US-Präsidenten gedacht haben, als sie mit der Nachricht vom Tod Osama bin Ladens auch jenes eine, inzwischen legendäre Foto aus dem Situation Room um die Welt schickten. Wahrscheinlich gibt es kaum eine Tageszeitung auf der Welt, die es nicht gezeigt hat. Es ist in Feuilletons besprochen und von Psychologen analysiert worden. Sitzordnung, Gesichter, Bekleidung und Gesten – ein Foto wie ein Buch. Wer immer heute über den Tod des einstigen Al- Qaida-Chefs spricht, er wird das Bild des Situation Rooms vor Augen haben. Das Foto sorgt dafür, dass auch künftig jeder weiß, welcher amerikanische Präsident es war, der Osama bin Laden zur Strecke brachte. Die Nachricht war bedeutsam, aber erst die brillante Inszenierung verschaffte ihr einen dauerhaften Rang.

    Abbildung 1 | Das Bild zur News: Mit der Nachricht vom Tod Osama Bin Ladens ging dieses Bild aus dem so genannten „Situation Room" im Weißen Haus um die Welt.

    Es gibt unzählige Beispiele dafür, wie die Traditionsmedien auf den Vormarsch des Bildes und des bewegten Bildes im Internet und in den sozialen Medien reagieren. Umgestellt haben sich die Fotoreporter von „Bild, völlig neu ist das Foto auf der ersten Seite der „FAZ, und Magazin-Neuerfindungen wie „Picture oder „View, die das Verhältnis von Story und Bild komplett gedreht haben, hätte es ohne diese Entwicklung nicht gegeben. Hier zählt nur das Foto, und ein kurzer Text erzählt allenfalls noch, was sich dahinter verbirgt. Interessant ist auch die schleichende Entwicklung von bild.de hin zu einem Foto- und Video-Portal. Oft sind es nur noch Textschnipsel, die da geboten werden, die Homepage gleicht längst einer Bildergalerie.

    In vielen Unternehmensmedien allerdings ist die wachsende Bedeutung von Bild und Bewegtbild noch nicht angekommen – am wenigsten in den internen. Manager reagieren genervt, wenn sie fotografiert werden sollen, Foto-Budgets existieren oft nicht, und die beiläufige Frage: „Haben wir Bilder? ist so unwichtig wie sie gestellt wird: Wenn nicht, dann eben nicht. Es wird viel Zeit auf die Formulierung der neuen CSR-Strategie verwendet. Doch wenn es daran geht, diese Strategie „zu zeigen, herrscht Ratlosigkeit. So etwas wie ein Foto-Konzept gibt es natürlich in jedem Unternehmen. Es ist Bestandteil des Corporate Designs. Aber ein solches Fotokonzept hat nichts mit der Inszenierung von Geschichten zu tun, es hilft nicht bei der Motivsuche und in vielen Fällen taugt es ohnehin nur für Marketing-Publikationen, aber nicht für Kunden- oder Mitarbeitermedien. Zudem bleibt bei den meisten dieser Fotokonzepte ein anderer Trend unberücksichtigt, der vom Internet und den sozialen Medien befördert wird: der Trend hin zur Momentaufnahme, zum authentischen und nicht ganz so perfekten Bild, das viel glaubwürdiger daherkommt als das x-mal mit Photoshop perfektionierte.

    Diejenigen, die wir heute mit internen Medien erreichen wollen, die rufen „Zeig’s mir. Sie senden und empfangen täglich Fotos und Videos und sie werden aufmerksam, wenn ihr Unternehmen es genauso macht. Will ein Mitarbeiter-Medium Wirkung erzielen – egal ob Print oder Digital – dann muss dieses Bedürfnis bedient werden. Dazu braucht es neben Redaktionskonferenzen auch Bildkonferenzen, in denen darüber nachgedacht wird, wie Stories im Bild inszeniert werden können. Zwingend – und viel wichtiger als jede App – ist ein Fotobudget und die Bereitschaft, für die Inszenierung von Stories auch professionelle Fotografen zu engagieren. Ein ganz einfacher Weg ist zudem, den Mitarbeitern selbst Platz für ihre Fotos in den Unternehmensmedien einzuräumen. Wetten, dass keine Seite der nächsten Ausgabe des Mitarbeitermagazins intensiver „gelesen wird als diese?

    2. Berühr’ mich!

    Eine zweite interessante Entwicklung, die mit dem Siegeszug von Internet und sozialen Medien einherging, könnte man mit der „Vermenschlichung" der Medien beschreiben.

    Früher hieß es: „Das stand in der Zeitung", und damit war es Fakt, war Tatsache, war unumstößliche Gewissheit. Heute aber sind Zeitungen – die meisten jedenfalls – keine Instanz mehr. Es gibt neue Instanzen, mindestens jedoch neue Bezugsgrößen: Freunde und Bekannte, Freunde von Freunden und oftmals einfach nur irgendwer, der im Internet seine Meinung zu einem Hotel kundtut, seine Reiseerlebnisse veröffentlicht oder einen Kommentar abgibt. Das Internet und die sozialen Medien rücken den Menschen und das Menschliche in den Fokus. Das Individuum, das persönlich angesprochen wird und sich selbst mitteilt, gewinnt an Bedeutung – und der Mensch, der wirkliche Mensch im Zentrum realer Geschichten auch.

    Auch diesen digitalen Trend haben die kommerziellen Medien längst aufgenommen. Sowohl im Boulevard als auch in vielen TV-Formaten ist das Ergebnis zu sehen: Unzählige Storys über Menschen, die reisen, Häuser bauen, auswandern, heiraten, sich trennen, aussteigen, das Abenteuer suchen oder eine Krankheit bekämpfen. Man kann über diese Sendungen und Reportagen lange streiten. Aber sie befolgen eine einfache Weisheit:

    Abbildung 2 | Das Konzept konsequent zu Ende gedacht: Titel des Kölner Magazins „Mensch"

    Die Story über jemanden, der den Krebs besiegt (oder den Kampf verliert), ist viel packender als eine über den Krebs an sich. Zahlreiche Illustrierte mutierten in den letzten Jahren deshalb zu reinen People-Magazinen und immer neue Titel dieses Genres suchen ihr Glück auf dem Markt – wobei anzumerken wäre, dass die meisten dieser Magazine zu ca. 75 Prozent aus Bildern bestehen!

    Im Fernsehen ist der gleiche Trend zu beobachten. Illustratives Beispiel ist eine Sendung wie „Das perfekte Dinner" auf VOX, das der einfachen Überzeugung folgt: Eine Kochsendung ist gut. Besser ist, die Geschichte zu erzählen, wie sich fünf Menschen gegenseitig bekochen.

    Geschichten sind immer dann stark, wenn sie die Geschichte eines Menschen erzählen oder zumindest einen kleinen Ausschnitt seiner Geschichte. Kommerzielle Medien befolgen dieses Gesetz immer unmittelbarer. Es wird Zeit, dass man auch in der Unternehmenskommunikation mehr Phantasie entwickelt und für die eigenen Botschaften passende Geschichten sucht; dass man für diese Geschichten die passenden Protagonisten findet und deren Geschichte emotional in Wort und Bild inszeniert. Denn die Mitarbeiter, die wir erreichen wollen, sie rufen: „Berühr’ mich!" Sie sind es aus ihren sozialen Netzwerken, dem Internet, dem Fernsehen und vielen Print-Medien gewohnt, berührt zu werden. Sie erwarten es also. Und das gilt für jedermann und nicht nur für die, die mit Internet und Social Media aufgewachsen sind.

    „Storytelling" ist in diesem Zusammenhang ein Begriff, der seit einiger Zeit in der Unternehmenskommunikation die Runde macht. Es lohnt nicht, die entsprechenden Diskussionen zu verfolgen oder die Fachbeiträge zu lesen. Es genügt, einfach Geschichten zu erzählen, in denen richtige Menschen vorkommen. Es genügt, nie wieder eine Meldung über ein Unternehmensprojekt zu schreiben, das gerade gestartet oder abgeschlossen wurde. Stattdessen: Schreiben Sie die Geschichte über den Leiter des Projekts, menschlich und nah.

    3. Hol’ mich ab!

    Mit einem Klick ans Ende der Welt – sieben Worte beschreiben, was noch vor 25 Jahren unmöglich schien. Die Welt sei kleiner geworden mit dem Internet, heißt es. Sie drehe sich schneller, die Menschen kämen sich jetzt viel leichter viel näher. Das Internet sprengt Grenzen und die sozialen Medien tun das ihre, damit Beziehungen über Kontinente hinweg aufgebaut und gepflegt werden.

    Alles richtig. Und das Gegenteil stimmt auch.

    Denn das Internet und auch die sozialen Medien sorgen für eine Rückbesinnung auf das Unmittelbare. Der Kiez ist wieder in und wird gepflegt. Im Internet ist eine neue Form des Journalismus entstanden, der sich „hyperlokal nennt und einzelne Straßenzüge von Stadtteilen in den Fokus nimmt. In fast jeder größeren Stadt, aber auch in ländlichen Regionen gibt es diesen „alternativen Lokal- und Regionaljournalismus mittlerweile. Er öffnet die kleine Welt der Stadt oder des Stadtteils und die kulturellen Eigenheiten des Landstrichs. Und er berichtet nicht über Tempo-30-Zonen und Schützenfeste, sondern sucht sich interessante Menschen auf der Straße und lässt sie erzählen, was sie bewegt.

    Abbildung 3 | ZOOMBERLIN ist ein Hyperlokal-Projekt, das die Berliner Oranienstraße in den Fokus nimmt.

    Diese Wiederentdeckung des Unmittelbaren, Lokalen und Regionalen – parallel zur digitalen Eroberung der Welt – hat längst auch wunderbare Print-Magazine hervorgebracht. In ganz Deutschland treten Titel wie z.B. „Muh", das Heimatmagazin des 21. Jahrhunderts, den Beweis an, dass die besten Geschichten vor der Haustür liegen.

    Dieses Phänomen hat sehr viel mit Unternehmenskommunikation zu tun. In der gibt es leider meist nur einen „Lokal-Teil, den selbstreferenziellen aus der Zentrale. Er hat die falsche Perspektive, mehr denn je. Grund: Unternehmen aller Branchen haben ihre Mitarbeiter in den vergangenen beiden Dekaden durch unzählige Veränderungsprozesse getrieben. Nach vielen Restrukturierungen, Strategiewechseln, Fusionen und Integrationen, Abspaltungen und Re-Engineerings ist vielerorts nur ein kultureller Trümmerhaufen zurückgeblieben. Die echte Bindung an das Unternehmen, wie es sie einmal gab, ist eine seltene Erscheinung geworden. Was Menschen aber noch bindet, ist das Unmittelbare, das Nahe, das eigene Team, der eigene Standort, das direkte Umfeld. Hier erlebt man noch „engagement. Hier findet man den Funken Identifikation, den man entfachen kann. Wer seine Mitarbeiter also wirklich erreichen und packen will, der sollte nicht in den Projekten der Zentrale nach Geschichten suchen, sondern vor Ort, im Werk oder im Vertriebsgebiet. Hier liegen die Geschichten, die erzählt werden müssen.

    Natürlich geht es nicht darum, einfach nur gute Geschichten zu erzählen. Interne Medien sind schließlich kein Selbstzweck. Sie dienen vielmehr der Unternehmensführung, sie sollen Strategien und Haltungen vermitteln, aufklären und Hintergründe liefern. Die Kunst dabei ist, das aus der Perspektive der Adressaten zu tun. Man kann eine Strategie von einem Vorstand erklären lassen, man kann sie aber auch am Beispiel eines Standortes erklären. Es ist die Kunst der internen Medien, die relevanten Themen mit den Menschen vor Ort zu verbinden, den dort glühenden Funken für die Geschichte zu nutzen. Dann hören und schauen auch alle zu.

    Bilder sprechen lassen, über Menschen berichten und vor Ort sein – das sind die eigentlichen Lehren, die man aus dem Vormarsch von Internet und sozialen Medien für die Unternehmenskommunikation ziehen kann. Es sind die Lehren, die auch die kommerzielle Medienwelt zieht, die sich an ihren Lesern, Nutzern und Zuschauern orientiert und täglich um Aufmerksamkeit kämpft.

    Lutz Zimmermann

    ist Gründer und Geschäftsführer von Zimmermann Editorial, einem Corporate Publishing-Dienstleister in Köln.

    Nach der Ausbildung an der Journalistenschule des Axel Springer Verlags schrieb Lutz Zimmermann als Redakteur und Reporter für diverse Titel, u. a. für WELT und WELT am Sonntag. Später entwickelte und produzierte er Magazine und Sonderpublikationen, u. a. für den Axel Springer Verlag, Heinrich Bauer Verlag und Jahr-Verlag.

    Als Geschäftsführer und Partner der Kommunikationsberatung Deekeling Arndt Advisors entwickelte Lutz Zimmermann mehr als zehn Jahre lang Medien- und Kommunikationsstrategien, Positionierungs- und Profilierungskonzepte für Unternehmen und ihr Management und konzipierte und realisierte Medien für die interne und externe Kommunikation. Im Jahr 2011 gründete er – als SpinOff von Deekeling Arndt Advisors – Zimmermann Editorial.

    1.2 Kill your ideals: Mythos und Wahrheit in der internen Kommunikation

    Von Jeanette Wygoda

    Sind tradierte Leitlinien eherne Gesetze? Oder entpuppen sie sich bei näherem Hinsehen als fragwürdige Mythen? Eine gedruckte Mitarbeiterzeitschrift ist die Basis jeder guten internen Kommunikation. Und heute wünschen sich die Mitarbeiter nichts anderes als Social Media. Eine interne Kommunikation muss wandelbar sein, wenn sie Erfolg bei ihren Zielgruppen haben soll. Das Beispiel von Gruner + Jahr zeigt, wie eine mediale Transformation erfolgreich gelingen kann.

    1. Blick zurück nach vorn

    Interne Kommunikation entstand beim Druck- und Verlagshaus Gruner + Jahr AG vor mehr als 40 Jahren. 1971 erschien die erste Ausgabe der wöchentlichen Mitarbeiterzeitung „Zeitschriften Intern. Später wurde „ZI zu einem grün-weißen Leporello unter dem Titel „Der Grüne Dienst. Der Erscheinungstag der Mitarbeiterzeitung wurde damit auch zu dem „Kommunikationstag. Die Neueinführung von Zeitschriften, Beförderungen oder andere wichtige Ereignisse fanden somit nach Möglichkeit immer an einem Donnerstag statt, damit „Der Grüne Dienst" aktuell und als Erster darüber berichten konnte. Dass ein Zeitschriftenhaus mit seinen Mitarbeitern über ein gedrucktes Medium kommunizierte, verstand sich auch nach der Verbreitung des Internets von selbst. Das gedruckte Wort war Teil der Identität des Unternehmens.

    Obwohl bereits 1998 die wichtigen Marken von Gruner + Jahr wie STERN.de oder BRIGITTE.de erfolgreich im Netz gestartet waren, wurde intern immer noch weiter gedruckt kommuniziert. Erst 2004 entwickelte die verantwortliche Redakteurin der Mitarbeiterzeitschrift in Zusammenarbeit mit der IT einen ersten Online-Newsbereich auf der Startseite des Intranets. Die Integration von Inhalten der Mitarbeiterkommunikation auf der internen Homepage kam damals einem Kulturwandel gleich: Die IT sah das Intranet zu diesem Zeitpunkt noch als ureigene Domäne an, als technischen Service, den man dem Unternehmen und seinen Mitarbeitern zur Verfügung stellte. Mit der Integration eines News-Bereichs wurden die Fronten durchlässiger: Das Intranet hatte nun viele Väter und Mütter. Erste Schritte zu einer Aneignung der technischen Kommunikationsmittel durch mehrere Stakeholder im Unternehmen waren getan.

    2007 erfolgte die Einführung eines neuen Intranets mit einem Content Management System, das als Eigenentwicklung passgenau auf die Kommunikationsbedürfnisse von Gruner + Jahr zugeschnitten wurde: Bildstark, journalistisch geprägt und dezentral bespielbar. Herzstück ist eine News-Datenbank, die ein Ausspielen der Nachrichten auf unterschiedlichen Seiten und Templates erlaubt. Effizienter Kommunikations- und Publizierungsworkflow waren bereits während der Entwicklung eine Leitlinie. Eine weitere Besonderheit stellt auch das modulare Layout der Startseite dar. Über eine Vielzahl von Layoutvorlagen kann die Optik der Startseite täglich der Nachrichten- und Bildlage angepasst werden.

    Der crossmediale Workflow, der mit der neuen Plattform entstand, sah auf der Startseite den Newsbereich als dominierendem Element vor. Die Redaktion der Internen Medien entscheidet täglich, wo welche Inhalte in welchem Format publiziert werden sollten. Nachrichtliche Schwerpunkte fanden im Intranet statt, Hintergrundinformationen, Interviews, Personality-Stories zu Mitarbeitern hingegen im „Grünen Dienst".

    „Hinter" der Startseite jedoch wird konsequent das Prinzip der Dezentralität gewahrt. Dezentralität und Eigenverantwortung sind wichtige Elemente der Unternehmenskultur bei Gruner + Jahr. Akzeptanzprobleme gab es deshalb nicht. Die Seiten der Fachbereiche können von den jeweiligen Redakteuren selbständig und eigenverantwortlich bearbeitet werden. Das Corporate Design wurde im Rahmen von Formatvorlagen für die Seitengestaltung eingebaut. Die Mitarbeiter in den Bereichen sind frei, ihre Seiten zu gestalten. Die Interne Kommunikation ist nicht Kontrolleur oder Gestalter, vielmehr Sparringspartner und bestenfalls Coach, wenn es um die Präsenz der Abteilungen im Internet geht. Nicht jeder Auftritt wirkt aus Sicht der Unternehmenskommunikation optisch und inhaltlich gelungen. Doch ist das ein Preis, der im Interesse allgemeiner Akzeptanz und einer aktiven Mitarbeit gern gezahlt wird. Nur wenn die einzelnen Ressorts ihre Inhalte selbst verantworten und nach ihrem Gusto gestalten, können sie sich auch mit den Kommunikationsmaßnahmen identifizieren.

    Im Zuge der Wirtschaftskrise 2008/2009 fanden auch bei Gruner + Jahr tiefe Einschnitte in der Organisation statt. Um ein deutliches Zeichen zu setzen, entschied der Vorstand Ende des Jahres 2009, die Mitarbeiterzeitung aus Kostengründen einzustellen. Diese Entscheidung kam einem Kulturbruch gleich, hatte aber erstaunlicher Weise nicht die Wirkungen, die anfangs befürchtet wurden.

    2. Ein Zeitschriftenhaus kommuniziert intern „online only"

    Seit 2010 kommuniziert das Medienhaus intern „online only. Der befürchtete Protest unter den Mitarbeitern blieb aus. Vielmehr zeigte sich, dass sich die neue Intranetplattform „Greenport erfolgreich etabliert hatte. Die konzernweite Mitarbeiterbefragung im Juni wies darüber hinaus sogar höhere Zustimmungswerte zur Internen Kommunikation aus als in der Befragung vier Jahre zuvor. (2010: 83 Prozent positive Antworten, 2006: 79 Prozent positive Antworten). Innerhalb weniger Jahre war die Interne Kommunikation des Medienhauses von reiner Print-Kommunikation über crossmediale Komunikation zu „Online Only" transformiert worden.

    Abbildung 1 | 90 Prozent sind im Allgemeinen sehr zufrieden bzw. zufrieden mit dem Greenport

    Die Akzeptanz der Internen Kommunikation durch die Mitarbeiter ist medien-unabhängig. Die Bindung der Leser und User erfolgt in erster Linie über Inhalte und erst in zweiter Linie über Kanäle. Trotzdem ist eine mediale Transformation nicht über Nacht zu erreichen. Für ein neues Medium, das perspektivisch eine Leuchtturmfunktion einnehmen soll, müssen Macher und Verantwortliche eine langfristige Perspektive entwickeln.

    Schnelle Erfolge lassen sich nicht garantieren. Neuen digitalen Tools sollte man Zeit geben. Nach einem Jahr lässt sich erstmals seriös ein Fazit ziehen, wie die Kanäle von den Usern angenommen werden. Nach einem weiteren Jahr kann ein Kanal als etabliert bezeichnet werden. Dies ist für Verantwortliche in den Kommunikationsabteilungen keine bequeme Nachricht. Die Erwartungshaltung ist verständlicherweise höher: Mit einem neuen Kanal sollen bitte auch schnell Ergebnisse her. Aber auch hier gilt: Kill your ideals – vergiss Deine Ideale und hinterfrage vermeintlich leichte Lösungen.

    3. Ausblick

    Die mediale Transformation der Internen Kommunikation bei Gruner + Jahr zeigte auch, dass bei der Einführung neuer Features eine sensible Balance gefragt ist, um den richtigen Zeitpunkt für die Einführung eines neuen Mediums zu finden. Für Web-2.0-Funktionen wie interne Chats, Blogs oder Instant Messaging gilt das umso mehr. Die unterschiedlichen Nutzergruppen wie Digital Natives und Printliebhaber sind in einem Medienhaus wie Gruner + Jahr besonders zahlreich anzutreffen, und entsprechend kontrovers fallen auch die Diskussionen aus, welche neuen Features gebraucht werden und welche überflüssig sind.

    Abbildung 2 | Der Wunsch nach einem Blog, einem Instant Messenger sowie einer Kommentar-Funktion unter Greenport-Artikeln ist am größten.

    Um für die Beantwortung dieser Frage eine empirische Basis zu erhalten, führte die Interne Kommunikation im Mai 2012 mit der G+J-Marktforschung eine unabhängige und anonyme Mitarbeiterbefragung durch. Dabei zeigte sich, dass der Wunsch der Belegschaft nach Web 2.0 eher verhalten war. Nur 40 Prozent wünschten sich Blogs, 56 Prozent waren dagegen. Einen Instant Messenger bewerteten nur 34 Prozent positiv, 60 Prozent nicht. Kommentarfunktionen wünschten sich 33 Prozent gegenüber 63 Prozent.

    Persönliche Profilseiten und Chats erhielten mit 19 Prozent bzw. 17 Prozent die geringste Zustimmung. Bei diesen Ergebnissen ist bemerkenswert, dass Blogs, die von der Mehrzahl passiv gelesen werden, noch die meiste Zustimmung erhielten. Die Funktionen, die eine höhere Interaktion erfordern, wie Profilseiten oder Chats, stießen auf das geringste Interesse.

    Abbildung 3 | Ein Chat/Chatroom sowie eine persönliche Profilseite stoßen auf das geringste Interesse.

    Bei Social-Media-Funktionen muss in der Bewertung auch zwischen (Arbeits-)Tools und (Kommunikations-)Medien unterschieden werden. Wenn Mitarbeiter sich über Instant Messaging zu aktuellen Projekten austauschen, ist der Bezug zu den Erfordernissen des Arbeitsalltags sofort klar zu erkennen und der „outcome" in kurzer Zeit positiv. Funktionen der sozialen Medien erfordern jedoch auch ein stärkeres Engagement des Einzelnen, wodurch der Nutzer sichtbarer wird - eine Konsequenz, die nicht jeder Mitarbeiter tragen möchte. Gerade in Deutschland achten die Menschen vielfach auf eine klare Trennung zwischen Arbeitswelt und Privatleben. Diese Dualität zu respektieren und die Mitarbeiter zugleich an einen verantwortungsvollen Umgang mit Social Media heranzuführen, ist heute eine der großen Aufgaben jeder internen Unternehmenskommunikation.

    Jeanette Wygoda

    ist seit 2010 Leiterin Interne Kommunikation der Gruner + Jahr AG & Co KG in Hamburg. Zuvor war sie hier als stellvertretende Leiterin Interne Kommunikation für die Projektleitung des Intranetlaunchs (2007) und die Einführung eines internationalen Intranets zuständig. Zuvor war sie Redakteurin der Mitarbeiterzeitung. Von 2001 bis 2003 leitete sie die Presse und Öffentlichkeitsarbeit für handy.de, eine ehemalige Bertelsmann-Tochter für Mobile Entertainment. Von 1998 bis 2001 war sie PR-Beraterin bei Hoschke & Consorten PR-Agentur.

    1.3 Partizipation im Intranet

    Von Dr. Georg Kolb

    1. Status

    Partizipation ist ein Thema unserer Zeit. Wo Bürger und Verbraucher früher nur stummes Publikum waren, äußern sie heute im Internet ihre Meinung. Sei es zu Unternehmen und Produkten, sei es zu großen Infrastrukturprojekten wie Stuttgart 21 oder sei es zum prekär gewordenen Verhältnis von Kirche und Gesellschaft. Sie tun das aber nicht nur, weil durch soziale Medien aus dem Internet ein Mitmachnetz geworden ist, sondern weil Partizipation zum Lebensstil individualisierter Gesellschaften gehört.

    Institutionen in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft haben viel von ihrer Informations- und Interpretationshoheit verloren. Der Einzelne hat demgegenüber im Verlauf der letzten Jahrzehnte immer mehr Gestaltungsraum gewonnen. Er kann sein Leben individueller einrichten. Aber in einem Umfeld, in dem nichts von Dauer zu sein scheint, lastet auch mehr Verantwortung auf ihm. Im Sozialstaat ist an die Stelle der Gewissheit sicherer Renten die Erwartung privater Vorsorge getreten. Und selbst große Unternehmen – einst ein Hort der Stabilität – erfinden sich unter dem Druck globaler Märkte ständig neu und verlangen von ihren Mitarbeitern bleibende Flexibilität.

    Umgekehrt wollen die Betroffenen dafür aber auch den Wandel mitgestalten oder zumindest

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