Den Holocaust beschreiben: Auf dem Weg zu einer integrierten Geschichte
Von Saul Friedländer
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Über dieses E-Book
Saul Friedländer
Born in Prague, Saul Friedländer spent his boyhood in Nazi-occupied France. He is a professor of history at UCLA, and has written numerous books on Nazi Germany and World War II.
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Buchvorschau
Den Holocaust beschreiben - Saul Friedländer
Namenverzeichnis
Den Holocaust beschreiben
Auf dem Weg zu einer integrierten Geschichte
Der Gedanke, daß es notwendig sei, eine integrierte Geschichte des Holocaust zu verfassen, geht auf Debatten zurück, die Mitte der achtziger Jahre über die Geschichte des Nationalsozialismus und des Holocaust geführt wurden. Letztlich veranlaßte mich vor allem die Auseinandersetzung mit Martin Broszat dazu, 1990 die Arbeit an Das Dritte Reich und die Juden aufzunehmen¹. Broszat hatte sich in seinem Plädoyer für eine Historisierung des Nationalsozialismus² gegen die traditionelle Schwarzweißdarstellung des »Dritten Reiches« gewandt, an deren Stelle ein Bild in abgestuften Grautönen treten sollte. Erst in unserem Briefwechsel³, den wir darüber führten, trat Broszats kaum verhüllter Subtext zutage, wonach die Wahrnehmung dieser Vergangenheit seitens der jüdischen Überlebenden zwar ebenso wie die ihrer Nachkommen »achtenswert« sei, aber doch eine »mythische Erinnerung« darstelle. Sie lege einer »rationalen« deutschen Geschichtsschreibung ein Hindernis in den Weg, was zu einer Vergröberung des historischen Diskurses führe. Diese Auffassung verewigte die intellektuelle Abtrennung der Geschichte der Juden von der deutschen Gesellschaft während der NS-Zeit und überließ ihre Bearbeitung bestenfalls jüdischen Historikern.
Mit dem Ansatz einer integrierten Geschichte wollte ich das Gegenteil beweisen: daß die zwei Geschichten in einem Gesamtbild zu schreiben möglich und die jüdische Dimension in eine integrierte historische Erzählung einzubeziehen war. Denn im Hinblick auf den professionellen Umgang mit dem Holocaust als Forschungsgegenstand ist eine Unterscheidung zwischen Historikern unterschiedlicher Herkunft nicht gerechtfertigt; vielmehr müssen sich alle Historiker, die sich mit diesem Thema befassen, über ihre unvermeidlich subjektive Herangehensweise im klaren sein: Sie müssen genügend selbstkritische Einsicht aufbringen können, um ihre Subjektivität unter Kontrolle zu halten.
Im folgenden gehe ich auf drei wesentliche Aspekte meiner Arbeit ein. Zunächst befasse ich mich mit dem Begriff einer »integrierten Geschichte des Holocaust« und wende mich dann einigen Entscheidungen hinsichtlich der Erzählweise und der Interpretation zu, die sich aus meinem Ansatz ergeben. Schließlich skizziere ich einige Probleme, die bei dieser Form der Geschichtsdarstellung auftreten können, sowie Fragen, die auch nach einem solchen Unternehmen unbeantwortet bleiben.
I.
David Moffie wurde am 18. September 1942 an der Universität Amsterdam zum Doktor der Medizin promoviert. Ein zu diesem Ereignis aufgenommenes Photo zeigt ihn mit den Professoren C. U. Ariens Kappers, seinem Doktorvater, und H. T. Deelmann, die zu seiner Rechten stehen, sowie dem Assistenten D. Granaat zu seiner Linken. Ein weiteres Mitglied des Lehrkörpers, das von hinten zu sehen ist, möglicherweise der Dekan der Medizinischen Fakultät, steht ihnen gegenüber auf der anderen Seite eines großen Schreibtisches. Im Hintergrund sind – etwas unscharf – die Gesichter einiger Menschen zu erkennen, die sich in dem kleinen Saal drängen – zweifellos Familienmitglieder und Freunde. Die Angehörigen des Lehrkörpers sind in ihre akademischen Festgewänder gekleidet, während Moffie und