Aktion Streicheleinheiten: Liebe macht blind Teil 5
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Liebe macht blind - das macht sie auch so schön. Weil man nachsichtig wird, wenn man nicht weiter sieht als bis zu der rosaroten Brille, die sie einem aufsetzt, oder bis zu den Gurkenscheiben, die man vor Augen hat, damit die Liebe auch schön frisch bleibt. Aber die Welt jenseits davon ist natürlich voller Ecken und Kanten, voller Hindernisse und Hürden. Wer den Blick dafür verliert, stolpert dann bald durch ein Leben zwischen Haushalt und Beziehungskisten, zwischen Ehealltag und Kinderkram.
Christine Nöstlinger erzählt Geschichten aus diesem Leben, über die sie gestolpert ist, und sie tut das, wie es keine andere kann: mit klarem Blick, bissig, ironisch, aber immer auch liebevoll.
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Book preview
Aktion Streicheleinheiten - Christine Nöstlinger
978-3-7017-1600-5
5. Aktion Streicheleinheiten
Störung der Harmonie
In vielen Ehen herrscht erfreulicherweise fast rund um die Uhr der Zustand totaler Harmonie. Das einschränkende „fast" hat der Realist beizufügen, weil es ja auch das Fernsehen gibt und Fernsehgewohnheiten zweier Lebenspartner, auch wenn sie ansonsten harmonisieren, sehr unterschiedlich sein können.
Das betrifft nicht bloß so Zwiste wie Fußball oder Liebesdrama, Krimi oder Talk-Show! Da kann man sich ja noch irgendwie einigen, nach dem Motto: einmal nach meinem Geschmack, einmal nach deinem! Oder auch: sechsmal nach deinem, wenn wir dafür am siebenten Tag ins Kino gehen!
Gröbere Schwierigkeiten entstehen durch die unterschiedliche Handhabung der Fernbedienung. Es gibt Leute, die wollen fernschauen, als säßen sie im Kino, und sitzt man im Admiral-Kino, kann man nicht elf Minuten nach Beginn des Filmes sagen: „Ich schau nur auf einen Sprung ins Elite-Kino rüber, was dort grad los ist!"
Doch beim Fernsehen ist per Knopfdruck zu schauen, was auf einem anderen Kanal „los ist. Nicht nur auf einem, auf deren 26, so man wohlverkabelt ist. Abgesehen von der Minderheit derer, die stets „zappend
verfolgen, was sich gerade auf anderen Kanälen tut, ist auch Leuten, die üblicherweise „wie im Kino TV konsumieren, manchmal nach „Herumschalten und Suchen
zumute. Und hat man selbst die Fernbedienung in der Hand, findet man gar nichts dabei. Aber neben einem Menschen zu sitzen, der sich durch 26 Programme rauf und runter „zappt", da ein wenig länger, dort ein wenig kürzer verweilt, strapaziert die Nerven!
Darum kommt es auch in allerharmonischsten Partnerschaften vor, dass der eine Partner hocherfreut ist, wenn der andere am Abend außerhäuslichem Vergnügen nachgeht: Denn dann darf er sich endlich, ohne schlechtes Gewissen, einen superben Cocktail aus 10 Minuten Western, 13 Minuten Sitten-Drama, zweimal 4 Minuten Show, siebenmal 8 Minuten Gorilla-Leben und zwischendurch je 20 Sekunden Freistilringen mixen. Oder er kann „Die Fischerin vom Bodensee" in voller Länge genießen, ohne dauernd Happen aus den Ansichten von dreimal vier Talk-Show-Teilnehmern eingeschoben zu bekommen.
Zwei Fernsehapparate wären freilich auch eine Möglichkeit, aber irgendwie, und abgesehen vom Geld, wie stünde man da? Als unheilbarer Fernsehtrottel, einem Medium ausgeliefert!
Und das will man sich ja doch nicht nachsagen lassen!
Woran sich keine Frau gewöhnen kann
An viele Unannehmlichkeiten und Ungeheuerlichkeiten im Leben kann man sich gewöhnen, werden sie einem mit schöner Regelmäßigkeit vorgesetzt. Man kann sich schließlich nicht ein halbes Jahrhundert mit dem gleichen Elan darüber erregen, dass der Ehemann hinter allen Damen mit Oberüberweite herjappelt.
Wenn man deswegen nicht schon im siebenten Ehejahr die Scheidung verlangt hat, kann es sein, dass man am Tag der Goldhochzeit Mitgefühl spürt, weil der Mann bei den Überoberweiten nicht mehr hoch im Kurs steht.
Ich kenne auch eine Frau, die gelassen hinnimmt, dass der Mann jährlich ein Auto zu Schrott fährt. Sie fragt dann bloß: „Verletzte?" Und wenn dies nicht der Fall war, seufzt sie erleichtert und klebt weiter Borten an Lampenschirme. In Heimarbeit. Jährlich ein neuer Wagen muss schließlich verdient werden!
Ich weiß auch von