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Essen und Trinken: Wie wir uns richtig ernähren (GEOkompakt eBook)
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Essen und Trinken: Wie wir uns richtig ernähren (GEOkompakt eBook)

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Essen und Trinken: Wie wir uns richtig ernähren
GEOkompakt-eBook, Band 1

Im Laufe eines Lebens verzehrt der Mensch rund 30 Tonnen feste Kost und 50 000 Liter Flüssigkeit. Denn permanent muss der Körper verbrauchte Energiereserven nachfüllen, muss versehrtes Gewebe reparieren, zerschlissene Zellen nachliefern, spröde Knochen ausbessern. Kaum ein anderes Thema beschäftigt uns daher so sehr wie die täglichen Mahlzeiten.

In diesem eBook haben wir die besten Beiträge aus GEOkompakt zum Thema Ernährung zusammengestellt. Die Autoren dieses reinen Lesebuchs erklären unter anderem, wie unser Geschmack funktioniert, weshalb wir so gern zu Süßigkeiten greifen, auf welche Weise sich genmanipulierte Lebensmittel auf unsere Gesundheit auswirken, wie Kinder richtig essen lernen, warum fettes Essen nicht unbedingt fett macht - und dennoch mehr und mehr Menschen unter Übergewicht leiden.

Inhalt

Evolution: Warum wir essen, was wir essen

Psychologie: Die Kraft des Unbewussten

Stoffwechsel: Was nach dem ersten Bissen geschieht

Erziehung: Wie Kinder essen lernen

Physiologie: Die Macht des Fetts

Lebensmittelproduktion: Die Industrie, die uns satt macht

Grüne Gentechnik: Schaden Gen-Pflanzen der Gesundheit?
LanguageDeutsch
PublisherGEO KOMPAKT
Release dateDec 2, 2014
ISBN9783652004688
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    Book preview

    Essen und Trinken - GEO KOMPAKT

    Evolution

    Warum wir essen, was wir essen

    Wenn wir uns für oder gegen Speisen entscheiden, sind wir nicht immer Herr unseres Handelns. Denn mitunter bestimmen archaische Mechanismen und unbewusste Entscheidungen, welche Nahrung wir bevorzugen. Forscher ergründen die Wurzeln unseres Essverhaltens

    Von Bertram Weiß

    Die Probanden waren gerade zwei Stunden auf der Welt, da nahmen sie schon an einem Experiment teil.

    Im Krankenhaus der University of Pennsylvania flößten Forscher zwölf Neugeborenen eine Portion reinen Wassers ein, um sicherzugehen, dass sie schlucken können. Dann träufelten sie den Babys nacheinander süße, saure, salzige und bittere Flüssigkeiten auf die Zunge. Dabei beobachteten sie die Reaktionen der Kinder und zeichneten deren Gesichter mit einer Kamera auf.

    Es zeigte sich: Bei bitteren Tropfen verschlossen die Kleinen rasch ihre Augen, rümpften die Nase, rissen häufig den Mund auf und streckten die Zunge hervor – gerade so, als würden sie etwas ausspucken wollen. Auf Saures reagierten sie ähnlich, jedoch weniger heftig; auf Salziges eher teilnahmslos.

    Der größte Unterschied offenbarte sich bei süßer Flüssigkeit: Dann entspannten sich ihre Gesichtszüge; und sie schluckten und schluckten, als könnten sie nicht genug bekommen.

    Dieses Experiment zeigte eindrücklich, was Wissenschaftler bis dahin nicht so umfassend untersucht hatten: Bereits Neugeborene vermögen verschiedene Geschmacksrichtungen zu unterscheiden, ohne je zuvor etwas geschmeckt zu haben. Und: Es gibt bei der Auswahl von Nahrung angeborene Präferenzen und Abneigungen.

    Für Evolutionsbiologen und Ernährungsforscher ist diese Reaktion ein Beleg dafür, dass die Geschmacksvorlieben des Menschen keineswegs zufällig sind oder ausschließlich das Ergebnis von Erziehung und Kultur. Vielmehr müssen sie zum Teil in unserer Evolutionsgeschichte wurzeln – also als Vermächtnis unserer tierischen Vorfahren im menschlichen Erbgut verankert sein.

    Psychologen, Paläoanthropologen und Genetiker erkunden deshalb, wie unser biologisches Erbe das heutige Essverhalten bestimmt. Sie erforschen, weshalb wir bestimmte Nahrung zu uns nehmen, warum uns manche Geschmacksrichtungen verlocken, andere dagegen abschrecken. Schritt für Schritt versuchen sie so zu verstehen, wie es den frühen Menschen einst gelang, eine der größten Herausforderungen ihres Daseins zu meistern – die Versorgung mit Energie und Nährstoffen.

    Dabei wird deutlich: Unsere Vorfahren verfügten über Fertigkeiten, deren Entwicklung weit in die Evolutionsgeschichte der Säugetiere zurückreicht und die uns bis heute beeinflussen; sie folgten Instinkten, die uns noch immer im Supermarkt und bei Tisch steuern.

    DIE SUCHE NACH NAHRUNG ist, so trivial es klingt, ein Urproblem des Lebens. Viele andere Bedürfnisse und Triebe muss ein Organismus dieser Suche unterordnen. Er muss sich erst ernähren, ehe er sich um andere Fragen des Lebens kümmern kann – etwa, sich vor Gefahren zu schützen, Biotope zu besiedeln oder sich fortzupflanzen.

    Schon für den Naturforscher Charles Darwin, der seit rund 150 Jahren unsere Vorstellungen vom Evolutionsprinzip entscheidend prägt, zählten deshalb das Aufspüren von Essbarem und der Wettbewerb um Nahrungsquellen zu den wichtigsten Faktoren bei der Entfaltung der Lebewesen. Jene Individuen, die Nahrungsressourcen erschlossen und erfolgreich verteidigten, konnten ihre Gene in eine neue Generation weitertragen – und erwiesen sich somit als evolutionär erfolgreich.

    Das gilt auch für die Stammesgeschichte des Homo sapiens: Überleben konnten unsere Urahnen nur, wenn der Nachschub an Essbarem funktionierte. Wer da versagte oder sich gar versehentlich Schädliches in den Mund steckte, hatte geringere Überlebenschancen.

    Schon unsere Ur-Urahnen folgten einer naheliegenden Strategie: Die affenähnlichen Vormenschen ernährten sich zwar hauptsächlich von Blättern, Beeren und Wurzeln, verzehrten aber gelegentlich auch Fleisch. Zu Beginn der Altsteinzeit durchstreiften sie die südostafrikanischen Wälder und Savannen, entbeinten mit scharfkantigen Steinen die energiereiche Nahrung.

    Auch die ersten Vertreter der Gattung Homo, die sich vor 2,5 Millionen Jahren entwickelten, hielten hier und da nach der tierischen Kost Ausschau. Vermutlich stöberten diese Urmenschen anfangs Kadaver toter Tiere auf, die nach Verletzungen, Krankheiten oder Geburten verendet waren. Später entwickelten sie sich zu geschickten Jägern, die vor allem in der Gruppe Beute machten.

    Damit kam ein Prozess in Gang, der die Entwicklung des Gehirns förderte. Denn die tierischen Eiweiße und Fettsäuren begünstigten eine Vergrößerung des Denkorgans.

    Zudem entdeckte der Mensch das Feuer sowie die Kunst des Kochens und fand so einen Weg, die wertvolle Energie im Fleisch noch effizienter zu nutzen.

    Die Gattung Homo – und mit ihr der Homo sapiens, der vor rund 200 000 Jahren entstand und sich letztlich gegen alle anderen Menschenarten durchsetzte – war (und ist) wissenschaftlich gesehen ein Omnivor (von lat. omnia, alles), ein „Allesfresser".

    Als Generalist nutzte er, wie heute unter anderem Ratten, Schweine oder viele Primatenarten, unterschiedliche Nahrungsquellen, und das hatte Vorteile: Ging eine zur Neige, etwa durch den Wechsel der Jahreszeiten, standen zumeist andere zur Verfügung.

    Das unterschied den Menschen fundamental von den Spezialisten. Löwen etwa fressen vornehmlich Fleisch, sie sind Carnivoren (von lat. carnis, Fleisch). Antilopen oder Büffel bevorzugen pflanzliche Kost, sie sind Herbivoren (von lat. herba, Kraut). Der Große Panda ist hauptsächlich auf eine einzige Pflanze aus, den Bambus. Ebenso der Koala, der sich nahezu ausschließlich von Eukalyptusblättern ernährt.

    Der Mensch dagegen ist nicht sehr wählerisch. Er verspeist Fleisch, Fisch und Milch, zudem Nüsse, Früchte, Wurzeln, Knollen, Pilze; auch Algen oder Insekten wie Heuschrecken – und sogar Weichtiere, etwa Muscheln.

    Die vielseitige Mischkost stellte den Menschen in seiner Evolutionsgeschichte allerdings auch vor große Probleme. So musste er im Laufe der Evolution vor allem lernen, was genießbar ist, und dieses Wissen erfolgreich an folgende Generationen weitergeben.

    Denn während ein Nahrungsspezialist stets mehr oder weniger die immer gleichen Dinge erfassen und sie von der Umwelt unterscheiden muss – ein Leopard etwa Maße und Gesundheitszustand einer Gazelle, ein Schmetterling die Qualität des Blütennektars –, ist bei einem Generalisten die Gefahr eines Fehlgriffs, bei dem etwas Unverdauliches, vielleicht sogar Giftiges in den Körper gelangt, deutlich größer.

    Denn ob Früchte, Pilze oder Nüsse: Vieles von dem, was zunächst nahrhaft erscheint, enthält Giftstoffe, da zahlreiche Pflanzen Abwehrstoffe herausgebildet haben, um ihr Überleben zu sichern.

    So enthält etwa der Eisenhut den Wirkstoff Aconitin. Bereits einige Milligramm dieser Substanz führen bei einem Erwachsenen zu Herzversagen oder Atemstillstand. Vom Rizin der Rizinusstaude genügen dafür gar 0,25 Milligramm: Schon wenige Samen dieses Gewächses können für einen erwachsenen Menschen tödlich sein.

    Doch schon unsere tierischen Ahnen entwickelten ausgefeilte Mechanismen, um bedrohliche Substanzen zu erkennen: Manche ihrer Sinne formten sich nach und nach zu feinen Sensoren, dank deren schließlich die frühen Menschen Verträgliches und Nährstoffreiches von giftigen Speisen unterscheiden konnten.

    Vor allem die Augen halfen dem Homo sapiens dabei, schon aus der Ferne ein geeignetes Nahrungsmittel zu erkennen und dessen Güte einzuschätzen. Ist etwa eine Frucht reif, hebt sie sich in leuchtenden Farben aus dem grünen Blattlaub hervor. Beginnt sie jedoch zu faulen, verfärbt sie sich bräunlich.

    Um solche Nuancen zu unterscheiden, war es besonders wichtig, Farben ausgesprochen differenziert wahrnehmen zu können. Deshalb, so glauben Forscher, verfügten schon die gemeinsamen Ahnen von Mensch und Affe über drei Sorten von Farbsehzellen, während die meisten anderen Säugetiere nur zwei Typen ausgebildet haben.

    Mit diesen drei Zellarten vermögen wir Rot, Grün und Blau voneinander zu unterscheiden – und können so rund zwei Millionen Nuancen und Mischungen dieser Farbtöne auseinanderhalten. Unser Sehsinn ist also gleichsam ein empfindliches Navigationssystem, das uns durch die Fülle des Angebots führt.

    DOCH AUF DIE AUGEN allein konnten sich die Allesfresser nicht verlassen. Noch wichtiger bei der Nahrungsauswahl war in unserer Stammesgeschichte die Ausbildung empfindlicher Sensoren für Geschmack und Geruch. Noch heute schützen sie uns vor Gefahren – etwa vor verdorbenen oder gar giftigen Nahrungsmitteln.

    Rund 10 000 verschiedene Gerüche vermag der Mensch zu unterscheiden. Forscher teilen diese Aromen gemeinhin in sieben Klassen ein: blumig, ätherisch, moschusartig, kampferartig, schweißig, faulig, stechend. Manche Gerüche, etwa der von faulem Fleisch, stoßen uns von Natur aus ab. Steigen uns modrige oder stechende Düfte in die Nase, schrecken wir zurück.

    Gelangt dennoch ein ungenießbarer Bissen in den Mund, erfassen unsere Geschmacksrezeptoren meist dessen Inhaltsstoffe. Diese Sensoren haben sich vermutlich sehr früh in der Evolution entwickelt: Denn schon Tiere, deren Vorfahren bereits vor Hunderten von Jahrmillionen entstanden sind, nehmen Futter- oder Gefahrstoffe in ihrer Umgebung wahr – darunter Fadenwürmer oder Insekten wie etwa Fruchtfliegen.

    Beim Menschen alarmieren die Geschmacksrezeptoren bestimmte Bereiche der Großhirnrinde, aber auch das limbische System – eine Region, die bei der Entstehung von Emotionen mitwirkt und für Gedächtnis und Bewusstsein eine wichtige Rolle spielt – und den Hypothalamus, eine Zellstruktur im Zwischenhirn. Je stärker der Sinnesreiz an den Geschmacksknospen, desto heftiger unsere Empfindung.

    Vor allem ein Aroma ist für den menschlichen Körper dabei ein deutliches Warnsignal: Bitterkeit. Viele Stoffe, die uns schaden können, schmecken abstoßend bitter. Sie können uns helfen, Schädliches zu vermeiden. Das ist womöglich auch die Erklärung dafür, dass Frauen in den ersten Monaten einer Schwangerschaft häufig eine Abneigung gegen bittere Pflanzenkost zeigen – denn etwa Brokkoli und Rosenkohl enthalten Substanzen, die für einen jungen, sich entwickelnden Körper in zu großen Mengen schädlich sein können. Vermutlich weigern sich auch Kinder aus diesem Grund so häufig, gerade diese Gemüse zu essen.

    Wie universal die Aversion gegen Bitteres ist, zeigten chinesische Forscher, als sie das Pennsylvania-Experiment wiederholten: Wieder reagierten die Babys auf keinen anderen Geschmack mit solch eindeutiger Abwehr. Weit rissen sie den Mund auf, verzogen die Stirn, kniffen die Augen zusammen.

    Vermutlich ist dieser Gesichtsausdruck zugleich ein Alarmsignal für Artgenossen, dass

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