William Shakespeare: Gesammelte Werke
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Über dieses E-Book
Shakespeare schrieb über die großen Gefühle, über Liebe, Leid, Hass und Missgunst. Seine Charaktere gehen bis an die Grenzen der menschlichen Fähigkeiten zu erdulden und zu ertragen, und dennoch: Am Ende gibt es immer die Hoffnung auf einen besseren Morgen.
In dieser Sammlung finden Sie Shakespeare größte Dramen, darunter "Hamlet", "Othello" und "König Lear", sowie eine Auswahl von über achtzig seiner schönsten Sonette.
William Shakespeare
William Shakespeare was an English poet, playwright, and actor. He is widely regarded as the greatest dramatist in the English language. Shakespeare is often called England’s national poet and the “Bard of Avon.”
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Buchvorschau
William Shakespeare - William Shakespeare
Redaktion
SONETTE I
1.
Am besten dient mein Auge blinzend mir;
Denn unbeachtet geht der Tag an ihm vorüber:
Allein im Schlaf, im Traume sieht’s nach dir
Aus Nacht in Helligkeit, nachthell hinüber.
Du, dessen Schatten nun die Schatten so erhellt,
Wie wird am Tag erst deines Schattens Wesen Mit seinem
höchsten Licht erfreun die Welt,
Wenn blinde Augen schon am Schatten so genesen!
Wie selig, sag’ ich, wär mein Auge nun,
Hätt’ ich am heitern Tag erst dich gewahrt,
Wenn öde Nacht den Augen, wie sie ruhn,
Dein schönes bleiches Trugbild offenbart.
Mir scheint Nacht jeder Tag, getrennt von dir,
Und Nächte hell wie Tag, zeigst du im Traum dich mir.
2.
Wär meines Fleisches zäher Stoff Gedanke,
Dann hielt mich neidische Entfernung nicht;
Denn allem Raum zum Trotz entfloh ich jeder Schranke,
Die mich verbannt aus deinem Angesicht.
Dann gält mir gleich, ob auch am fernsten Strande
Mein Fuß stünd, weit von dir; denn unumschränkt
Springt der Gedanke über Meer und Lande
So schnell als er den Ort, wohin er fliehn will, denkt.
Doch ach! Tod ist dies Denken: nicht Gedanke
Zu sein, um Welten weit dir nachzufliehn;
Und dass ich so am Gram der lahmen Zeiten kranke,
Wenn Erd’ und Wasser mich zu Boden ziehn,
Die trägen Elemente, die mich nur
Mit Tränen nähren, ihres Jammers Spur.
3.
Die art’gen Sünden, die dein froher Mut Zuweilen,
mein vergessend, wohl begeht,
Stehn deiner Schönheit, deinen Jahren gut,
Weil, wo du gehst, Versuchung mit dir geht.
Du magst gewonnen werden; bist gelind;
Zum Angriff reizest du; denn du bist schön:
Und wenn ein Weib wirbt, welches Weibes Kind Ließ
mürrisch ungewährt sie weitergehn?
Ach mir! und doch, Kind, möchtest du bei Zeiten
Die Schönheit zügeln und der Jugend Lust,
Die dich in ihrem Taumel noch verleiten,
Dass du zwiefält’ge Treue brechen musst:
Die Ihre, denn du reizest sie zu dir;
Die Deine, denn dein Reiz macht dich zum Dieb an mir.
4.
Dass du sie hast, ist nicht mein ganzer Schmerz;
Und habe doch fürwahr sie treu geliebt.
Dass sie dich hat, ist meines Kummers Herz,
Ein Liebesraub, der tiefer mich betrübt.
Euch Liebessünder will ich so verteid’gen:
Du liebst sie, weil du weißt, dass sie mir wert;
Und so auch sie muss mich um meinethalb beleid’gen,
Erhörend meinen Freund, der meinethalb sie ehrt. Verlier’ ich
dich, mein Liebchen nimmt die Beute;
Verlier’ ich sie, gleich findet sie mein Freund:
Sie beide finden sich, und ich verliere beide,
Zu meiner Qual um meinethalb vereint.
Doch, Glück! Sind wir nicht eins, er mein, ich sein?
Holdsel’ger Traum! dann liebt sie mich allein.
5.
Ach, wohl ist’s wahr, ich schwärmte her und hin, Bot
mich der Welt zum Spielwerk; in die Seele Schnitt ich
mir selbst, gab Höchstes wohlfeil hin; Mit neuen
Trieben mehrt’ ich alte Fehle.
Sehr wahr ist’s: fremd und schielend und bedingt Sah
ich die Wahrheit. Doch, bei allen Mächten! Dies
Straucheln hat mein Herz mir nur verjüngt; Dich
besten Freund erprobt’ ich unter Schlechten. Nun ist
es alles, bis auf eins getan,
Das ewig währt. Nie kommt zu neuer Probe Des
alten Freundes mehr der Trieb mich an,
Des Liebesgottes, dem ich mich gelobe.
Gib nächst dem Himmel denn die höchste Lust, Den
Willkomm mir an deiner liebsten Brust!
6.
Nicht Götzendienst nennt meine Liebe! Nimmer
Betrachtet als mein Götzenbild den Freund:
Denn all mein Singen, all mein Loben, immer Von
einem, nur auf einen ist’s gemeint.
Gut ist mein Liebling heut, ist morgen gut;
Ein seltnes Wunder treuer Freundespflicht;
Und so, erfüllt von immer gleichem Mut,
Bedarf nicht der Verändrung mein Gedicht.
Schön, gut und wahr ist all mein Gegenstand;
Schön, gut und wahr, verändert nur nach Namen;
In einem drei: welch weites Wunderland!
In ihrem Wechsel aller Dichtung Samen.
Schön, gut und wahr; sie lebten oft zerstreut:
In einem nimmer, bis auf unsre Zeit.
7.
Mein Lieben, scheinbar schwächer, ist vermehrt; Nicht
lieb’ ich minder, weil sich’s mehr verhehlt; Die Lieb’ ist
Ware, deren reichen Wert Des Eigners Zunge aller Welt
erzählt.
Im Lenz war unsre Liebe neu; und helle Hab’ ich sie da
mit meinem Lied begrüßt,
Wie Philomele singt auf Sommers Schwelle,
Und spätem Tagen ihre Kehle schließt.
Nicht weil mir Sommer minder jetzt gefällt Als da ihr
Festlied noch die Nächte weihte;
Nein, weil Musik jetzt wild aus allen Zweigen gellt, Und
am Gewöhnlichen erstarrt die Freude.
Darum, wie sie, bin ich zuweilen still,
Weil ich mit Sang dich nicht betäuben will.
8.
So schalt ich früher Veilchen Übermut:
Wo stahlt ihr süßen Diebe euern Hauch,
Wenn nicht von seinem Mund? Die Purpurglut Auf euern
samtnen Wänglein habt ihr auch Nur schwach gefärbt in
seiner Adern Blut!
Den Lilien warf ich deine Hände vor;
Dass er dein Haar bestahl, dem Majoran.
Furchtsam auf Dornen stand der Rosen Chor,
Teils vor Verzweiflung weiß, teils rot vor
Scham: Und eine, weder rot noch weiß,
vermaß Von beidem sich, und stahl noch
deinen Atem: Allein zur Strafe kam ein
Wurm und fraß Im vollsten Prangen sie für
ihre Taten. - Nicht eine war von aller
Blumen Zahl,
Die dir nicht Farben oder Düfte stahl.
9.
Die ändern, lose Luft und läuternd Feuer, hangen,
Wo ich auch sein mag, immerfort an dir;
Luft, mein Gedanke; Feuer, mein Verlangen,
Im schnellsten Flug sind sie bald dort, bald hier.
Wenn sie, die leichtern Elemente, eben Mit zarter
Liebesbotschaft zu dir ziehn,
Sinkt mein aus vieren gleichgeschaffnes Leben Mit zween
allein in Todesschwermut hin:
Bis sich die Lebensstoffe neu vereinen,
Mit jener raschen Boten Wiederkehr,
Die eben jetzt von dir zurück erscheinen,
Von deinem Wohlsein bringend sichre Mähr.
Entzückt vernehm’ ich’s, aber froh nicht lang,
Send’ ich sie gleich zurück, und bin gleich wieder bang.
10.
Mein Herz und Aug’ entbrennen zwiegespalten Um deines
Anblicks Beute zum Gefecht.
Das Auge will dein Bild dem Herzen vorenthalten,
Dem Auge wehrt das Herz dies freigeborne Recht.
Das Herz gibt vor, du wohnst in ihm, dem Schrein,
Den kein kristallnes Auge noch gespalten:
Dagegen sagt der Widersacher, nein,
Dein schönes Gleichnis sei in ihm enthalten.
Ihr Recht zu prüfen wird ein Rat ernennt,
Gedanken, die dem Herzen untertan:
Und siehe, deren Richterspruch erkennt Zu gleichen Hälften
für befugt sie an:
Dass dein auswendig Teil den Augen bliebe,
Wenn sich das Herz erfreut der innern Herzensliebe.
11.
Wie ist von dir, dem Stern des flücht’gen Jahrs,
Die Trennung mir zum öden Winter worden!
Wie schüttelte mich Frost, wie dunkel war’s,
Wie dürr dezemberschaurig aller Orten!
Und doch war Sommer diese Trennungszeit,
Fruchtbarer Herbst, der schwellend überfloss,
Beladen mit des Frühlings Üppigkeit,
Wie nach des Gatten Tod der Witwe Schoß.
Doch vaterlose Frucht, Verwaisungszeichen Sah
ich in dieser Segensfülle nur:
Denn dir folgt Sommer und sein Glück; es schweigen Wo du
fehlst, selbst die Vögel auf der Flur.
Und sängen sie, es wär so bang zu hören,
Dass Blätter, winterscheu, ihr Grün verlören.
12.
Im Frühling war ich fern von dir, wenn bunter April im
vollen Schmuck mit Jugenddrang Auf Erden alles neu erfüllt,
dass munter Saturn, der träge, mit ihm lacht’ und sprang.
Doch nicht der Vögel Lieder, nicht der Auen Vielduft- und
farbenreiches Blumenspiel,
Sie konnten mir ein Sommerwort vertrauen:
Ich ließ sie stehn auf ihrem stolzen Stiel.
Kein Wunder war mir mehr der Lilien Weiße,
Der Rose tiefen Purpur pries ich nie;
Für liebliche, nach deinem Muster leise Entworfne Bilder
nur erkannt’ ich sie.
Doch immer schien mir’s Winter ohne dich:
Nur wie dein Schattenspiel erquickt’ es mich.
13.
Bündner sind Aug’ und Herz nun: jedes achtet Das andre
treuer Liebesdienste wert:
Denn wenn das Aug’ um einen Blick verschmachtet, Das
Herz in Liebesseufzern sich verzehrt:
Dann labt das Auge mit gemalter Kost Das Herz, einladend
auf des Freundes Bild:
Und wieder wird das Herz des Auges Wirt und Trost, Wenn
es ihm einen Teil von seiner Lieb’ enthüllt. Und so erhält
dein Bild, wie meine Liebe,
Auch wenn du fern bist, ewig nah dich mir;
Denn weiter kannst du nicht als meine Triebe,
Und ich bin stets mit ihnen, sie mit dir.
Auch wenn sie schliefen, gleich erwacht die Brust Vor
deinem Bild zu Aug- und Herzenslust.
HAMLET, PRINZ VON DÄNEMARK
PERSONEN
Claudius, König von Dänemark
HAMLET, Sohn des vorigen und Neffe des gegenwärtigen Königs POLONIUS, Oberkämmerer
HORATIO, Hamlets Freund LAERTES, Sohn des Polonius
Voltimand, Cornelius, Rosenkranz, Güldenstern, Hofleute Osrick, ein Hofmann Ein
andrer Hofmann Ein Priester
Marcellus, Bernardo, Offiziere Francisco, ein Soldat Reinhold, Diener des Polonius
Ein Hauptmann Ein Gesandter
Der Geist von Hamlets Vater
Fortinbras, Prinz von Norwegen
Gertrude, Königin von Dänemark und Hamlets Mutter
Ophelia, Tochter des Polonius
Herren und Frauen vom Hofe, Offiziere, Soldaten, Schauspieler,
Totengräber, Matrosen, Boten und andres Gefolge
Die Szene ist in Helsingör.
ERSTER AUFZUG
Erste Szene
HELSINGÖR. EINE TERRASSE VOR DEM SCHLOSSE
Francisco auf dem Posten. Bernardo tritt auf.
Bernardo: Wer da?
Francisco: Nein, mir antwortet: steht und gebt Euch kund! Bernardo: Lang’
lebe der König!
Francisco: Bernardo?
BERNARDO: Er selbst.
Francisco: Ihr kommt gewissenhaft auf Eure Stunde.
Bernardo: Es schlug schon zwölf; mach’ dich zu Bett, Francisco! Francisco:
Dank für die Ablösung! ‘S ist bitter kalt,
Und mir ist schlimm zu Mut.
Bernardo: War Eure Wache ruhig?
Francisco: Alles mausestill.
Bernardo: Nun, gute Nacht!
Wenn Ihr auf meine Wachtgefährten stoßt,
Horatio und Marcellus, heißt sie eilen!
(Horatio und Marcellus treten auf)
Francisco: Ich denk’, ich höre sie. - He! halt! Wer da?
Horatio: Freund dieses Bodens.
Marcellus: Und Vasall des Dänen.
Francisco: Habt gute Nacht!
Marcellus: O grüß’ dich, wackrer Krieger:
Wer hat dich abgelöst?
Francisco: Bernardo hat den Posten.
Habt gute Nacht! (Ab)
Marcellus: Holla, Bernardo! Sprecht!
Bernardo: He, ist Horatio da?
Horatio: Ein Stück von ihm.
Bernardo: Willkommen Euch! Willkommen, Freund Marcellus! Horatio:
Nun, ist das Ding heut wiederum erschienen? Bernardo: Ich habe nichts
gesehn.
Marcellus: Horatio sagt, es sei nur Einbildung,
Und will dem Glauben keinen Raum gestatten An dieses
Schreckbild, das wir zweimal sahn.
Deswegen hab’ ich ihn hieher geladen,
Mit uns die Stunden dieser Nacht zu wachen,
Damit, wenn wieder die Erscheinung kommt,
Er unsern Augen zeug’ und mit ihr spreche.
Horatio: Pah, pah! Sie wird nicht kommen.
Bernardo: Setzt Euch denn,
Und lasst uns nochmals Euer Ohr bestürmen,
Das so verschanzt ist gegen den Bericht,
Was wir zwei Nächte sahn.
Horatio: Gut, sitzen wir,
Und lasst Bernardo uns hiervon erzählen!
Bernardo: Die allerletzte Nacht,
Als eben jener Stern, vom Pol gen Westen,
In seinem Lauf den Teil des Himmels hellte,
Wo jetzt er glüht: da sahn Marcell und ich,
Indem die Glocke eins schlug -
Marcellus: O still! halt’ ein! Sieh, wie’s da wieder kommt!
(Der Geist kommt)
Bernardo: Ganz die Gestalt wie der verstorbne König.
Marcellus: DU bist gelehrt: sprich du mit ihm, Horatio!
Bernardo: Sieht’s nicht dem König gleich? Schau’s an, Horatio! Horatio: Ganz
gleich; es macht mich starr vor Furcht und Staunen. Bernardo: Es möchte
angeredet sein.
Marcellus: Horatio, sprich mit ihm!
Horatio: Wer bist du, der sich dieser Nachtzeit anmaßt Und dieser edlen
krieg’rischen Gestalt,
Worin die Hoheit des begrabnen Dänemark Weiland einherging? Ich
beschwöre dich Beim Himmel, sprich!
MARCELLUS: ES ist beleidigt.
Bernardo: Seht, es schreitet weg.
Horatio: Bleib’, sprich! Sprich, ich beschwör’ dich, sprich!
(Geist ab)
Marcellus: Fort ist’s und will nicht reden.
Bernardo: Wie nun, Horatio? Ihr zittert und seht bleich:
Ist dies nicht etwas mehr als Einbildung?
Was haltet Ihr davon?
Horatio: Bei meinem Gott, ich dürfte dies nicht glauben, Hätt’ ich
die sichre, fühlbare Gewähr Der eignen Augen nicht.
Marcellus: Sieht’s nicht dem König gleich?
Horatio: Wie du dir selbst.
Genau so war die Rüstung, die er trug,
Als er sich mit dem stolzen Norweg maß;
So dräut’ er einst, als er in hartem Zweisprach Aufs Eis warf den
beschütteten Polacken.
‘S ist seltsam.
Marcellus: So schritt er, grad’ um diese dumpfe Stunde, Schon
zweimal krieg’risch unsre Wacht vorbei.
Horatio: Wie dies bestimmt zu deuten, weiß ich nicht; Allein so viel
ich insgesamt erachte,
Verkündet’s unserm Staat besondre Gärung.
Marcellus: Nun setzt euch, Freunde, sagt mir, wer es weiß, Warum
dies aufmerksame strenge Wachen Den Untertan des Landes
nächtlich plagt?
Warum wird Tag für Tag Geschütz gegossen Und in der Fremde
Kriegsgerät gekauft?
Warum gepresst für Werfte, wo das Volk Den Sonntag nicht vom
sauren Werktag trennt?
Was gibt’s, dass die schweißbetriefte Eil’
Die Nacht dem Tage zur Gehülfin macht?
Kann jemand mich belehren?
Horatio: Ja, ich kann’s;
Zum mind’sten heißt es so. Der letzte König Ward, wie ihr wisst,
durch Fortinbras von Norweg,
Den eifersücht’ger Stolz dazu gespornt,
Zum Kampf gefordert; unser tapfrer Hamlet
(Denn diese Seite der bekannten Welt Hielt ihn
dafür) schlug diesen Fortinbras,
Der laut dem untersiegelten Vertrag,
Bekräftiget durch Recht und Rittersitte,
Mit seinem Leben alle Länderei’n,
So er besaß, verwirkte an den Sieger;
Wogegen auch ein angemessnes Teil Von unserm
König ward zum Pfand gesetzt,
Das Fortinbras anheim gefallen wäre,
Hätt’ er gesiegt; wie durch denselben Handel Und Inhalt der
besprochnen Punkte seins An Hamlet fiel. Der junge
Fortinbras Hat nun, von wildem Feuer heiß und voll,
An Norwegs Ecken hier und da ein Heer Landloser
Abenteurer aufgerafft,
Für Brot und Kost, zu einem Unternehmen,
Das Herz hat; welches denn kein andres ist (Wie unser Staat
das auch gar wohl erkennt),
Als durch die starke Hand und Zwang der Waffen Die
vorbesagten Land’ uns abzunehmen,
Die so sein Vater eingebüßt: und dies Scheint mir der Antrieb
unsrer Zurüstungen,
Die Quelle unsrer Wachen und der Grund Von diesem Treiben
und Gewühl im Lande.
Bernardo: Nichts anders, denk’ ich, ist’s, als eben dies. Wohl
trifft es zu, dass diese Schreckgestalt In Waffen unsre Wacht
besucht, so ähnlich Dem König, der der Anlass dieses Kriegs.
Horatio: Ein Stäubchen ist’s, des Geistes Aug’ zu trüben. Im
höchsten palmenreichsten Stande Roms,
Kurz vor dem Fall des großen Julius, standen Die Gräber leer,
verhüllte Tote schrien Und wimmerten die röm’schen Gassen
durch.
Dann feu’rgeschweifte Sterne, blut’ger Tau,
Die Sonne fleckig; und der feuchte Stern,
Des Einfluss waltet in Neptunus’ Reich,
Krankt’ an Verfinst’rung wie zum Jüngsten Tag.
Und eben solche Zeichen grauser Dinge (Als
Boten, die dem Schicksal stets vorangehn,
Und Vorspiel der Entscheidung, die sich naht)
Hat Erd’ und Himmel insgeheim gesandt An unsern
Himmelsstrich und Landsgenossen.
(Der Geist kommt wieder)
Doch still! Schaut, wie’s da wieder kommt! Ich kreuz’ es, Und
sollt’ es mich verderben. - Steh, Phantom!
Hast du Gebrauch der Stimm’ und einen Laut:
Sprich zu mir!
Ist irgendeine gute Tat zu tun,
Die Ruh’ dir bringen kann und Ehre mir:
Sprich zu mir!
Bist du vertraut mit deines Landes Schicksal,
Das etwa noch Voraussicht werden kann:
O sprich!
Und hast du aufgehäuft in deinem Leben Erpresste Schätze in
der Erde Schoß,
Wofür ihr Geister, sagt man, oft im Tode Umhergeht: sprich
davon! verweil’ und sprich!
(Der Hahn kräht)
Halt’ es doch auf, Marcellus!
MARCELLUS: Soll ich nach ihm mit der Hellbarde schlagen? HORATIO:
TU’S, wenn’s nicht stehen will!
BERNARDO: ‘S ist hier.
HORATIO: ‘S ist hier.
MARCELLUS: ‘S ist fort. (Geist ab)
Wir tun ihm Schmach, da es so majestätisch,
Wenn wir den Anschein der Gewalt ihm bieten.
Denn es ist unverwundbar wie die Luft,
Und unsre Streiche nur boshafter Hohn.
BERNARDO: Es war am Reden, als der Hahn just krähte. HORATIO: Und
da fuhr’s auf, gleich einem sünd’gen Wesen
Auf einen Schreckensruf. Ich hab’ gehört,
Der Hahn, der als Trompete dient dem Morgen,
Erweckt mit schmetternder und heller Kehle Den Gott des Tages,
und auf seine Mahnung,
Sei’s in der See, im Feu’r, Erd’ oder Luft,
Eilt jeder schweifende und irre Geist In sein Revier; und von der
Wahrheit dessen Gab dieser Gegenstand uns den Beweis.
MARCELLUS: ES schwand erblassend mit des Hahnes Kräh’n.
Sie sagen, immer wann die Jahrszeit naht,
Wo man des Heilands Ankunft feiert, singe Die ganze Nacht
durch dieser frühe Vogel.
Dann darf kein Geist umhergehn, sagen sie,
Die Nächte sind gesund, dann trifft kein Stern,
Kein Elfe faht, noch mögen Hexen zaubern:
So gnadevoll und heilig ist die Zeit.
HORATIO: SO hört’ auch ich und glaube dran zum Teil.
Doch seht, der Morgen, angetan mit Purpur,
Betritt den Tau des hohen Hügels dort:
Lasst uns die Wacht aufbrechen, und ich rate,
Vertraun wir, was wir diese Nacht gesehn,
Dem jungen Hamlet; denn, bei meinem Leben,
Der Geist, so stumm für uns, ihm wird er reden.
Ihr willigt drein, dass wir ihm dieses melden,
Wie Lieb’ uns nötigt und der Pflicht geziemt?
MARCELLUS: Ich bitt’ Euch, tun wir das; ich weiß, wo wir Ihn am
bequemsten heute finden werden. (Ab)
Zweite Szene
EIN STAATSZIMMER IM SCHLOSSE
Der König, die Königin, Hamlet, Polonius, Laertes, Völtimand, Cornelius, Herren vom Hofe und
Gefolge
KÖNIG: Wiewohl von Hamlets Tod, des werten Bruders,
Noch das Gedächtnis frisch; und ob es unserm Herzen
Zu trauen ziemte, und dem ganzen Reich,
In eine Stirn des Grames sich zu falten:
So weit hat Urteil die Natur bekämpft,
Dass wir mit weisem Kummer sein gedenken, Zugleich
mit der Erinn’rung an uns selbst.
Wir haben also unsre weiland Schwester,
Jetzt unsre Königin, die hohe Witwe Und Erbin dieses
kriegerischen Staats,
Mit unterdrückter Freude, so zu sagen Mit einem heitern,
einem nassen Aug’,
Mit Leichenjubel und mit Hochzeitklage,
In gleichen Schalen wägend L