Homo Sapiens 404 Band 12: Die ganze Scheiße
By Claudia Kern
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About this ebook
Jede Tat hat Konsequenzen. Jede Handlung setzt Mechanismen in Gang, die unvorhersehbar und nicht mehr aufzuhalten sind. Und auf jede, noch so vage, spoilerfreie Inhaltsangabe muss eine Geschichte folgen, in der sich alles klärt. Oder das meiste. Oder ein bisschen was. Irgendwas.
In dieser hier wird eines von drei Dingen geschehen:
- Niemand stirbt
- Jemand stirbt
- Jemand Wichtiges stirbt
Über die Serie:
Einige Jahrzehnte in der Zukunft: Dank außerirdischer Technologie hat die Menschheit den Sprung zu den Sternen geschafft und das Sonnensystem kolonisiert. Doch die Reise endet in einer Katastrophe. Auf der Erde bricht ein Virus aus, der Menschen in mordgierige Zombies verwandelt.
Daraufhin riegeln die Außerirdischen das Sonnensystem ab und überlassen die Menschen dort ihrem Schicksal. Die, die entkommen konnten, werden zu Nomaden in einem ihnen fremden Universum, verachtet und gedemütigt von den Außerirdischen, ohne Ziel, ohne Hoffnung.
Neue Folgen der zweiten Staffel erscheinen zweiwöchentlich als E-Book.
Dies ist die letzte Episode der zweiten Staffel (7-12). Weiter geht es im Juli.
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Homo Sapiens 404 Band 12 - Claudia Kern
Ewigkeit
1
Es klickte. Das Licht an der Schleuse der Eliot sprang auf grün. Auckland legte die Hand auf seine Waffe.
»Verriegelung aufgehoben«, sagte eine freundlich klingende Frauenstimme aus den Lautsprechern. »Dies ist das …«
Ein Mann mit gutturalem Akzent fuhr fort: »… siebte …«
»… Mal«, ergänzte die Frauenstimme, »dass Sie Crack & Go verwendet haben. Ihre Trial-Version ist auf zehn Mal beschränkt. Die Vollversion können Sie auf www.crackandgo.tk erwerben. Oder Sie klicken einfach auf den Link am unteren Rand des Fensters. Vielen Dank.«
»Kipling ist wohl nicht mehr dazu gekommen, sich um die Vollversion zu kümmern«, sagte Ama’Ru.
Arnest zog das Magazin aus seiner Pistole, betrachtete es kurz und schob es wieder hinein. »Red nich’ über ihn, so als ob er schon tot wär’.«
»So habe ich das nicht gemeint.«
Arnest knurrte nur. Auckland ahnte, wie nervös er war, auch wenn er sich äußerlich nichts anmerken ließ. Doch er hatte das Magazin schon mindestens vier Mal zuvor überprüft und schien nicht zu wissen, wohin mit seinen Händen. Ab und zu steckte er sie in die Taschen, dann nahm er sie heraus, hakte die Daumen in den Gürtel oder ließ die Hände an den Seiten seines Körpers herabhängen.
Sie hatten Scania unbehelligt erreicht, niemand hatte sie aufgehalten. In der Reichweite der Scanner gab es keine Schiffe und die einzige Sicherheitsvorkehrung der Raumstation schien die Verriegelung der Schleuse zu sein.
»Wäre es möglich, dass sie uns nicht bemerkt haben?«, fragte Ama’Ru. Sie schien den Grund für Aucklands Zögern richtig einzuschätzen.
Er schüttelte den Kopf. »Nein. Sie wissen, dass wir hier sind. Die Eliot übersieht man nicht.«
»Richtig.« Arnest trat neben ihn. »Und je länger wir hier ’rumstehen, desto mehr Zeit haben sie, sich Scheiße für uns zu überlegen.«
Wo er recht hat …, dachte Auckland. Er sah Ama’Ru an. »Wird sie mithalten können?«
Sie warf einen Blick hinunter auf das bandagierte, geschiente Hinterbein der Gottesanbeterin. »Ich würde es vorziehen, sie ausruhen zu lassen, aber …« Sie lächelte auf die typisch gezwungen wirkende Art der Jockeys. »… du wirst uns wohl nicht noch einmal allein an Bord lassen.«
Auckland erwiderte ihr Lächeln nicht. »Sie schon, dich nicht.«
»Ha!« Arnest stieß ein Geräusch aus, das irgendwo zwischen Lachen und Grunzen angesiedelt war. »Und jetzt mach endlich die scheiß Schleuse auf.«
»Nur, wenn klar ist, dass du meine Befehle befolgst, so wie Lanzo es wollte. Ist das klar?«
»Ja, is’ klar.«
»Sag es.«
»Hab ich doch.«
»Vernünftig.« Auckland kam sich vor, als würde er mit einem Fünfjährigen reden. »Als ganzer Satz.«
Einen Moment lang blitzte es in Arnests Augen und Auckland befürchtete, dass er zu weit gegangen war. Arnest fuhr sich mit der Hand über das kurzgeschorene Haar, vor und zurück, vor und zurück, fast ein Dutzend Mal. Er schüttelte sich wie ein Hund und ließ die Hand sinken.
»Ich werde deine Befehle befolgen, so wie Lanzo es wollte«, sagte er. In seiner Stimme lag ein seltsamer Unterton, der Auckland nicht gefiel. »Zufrieden?«
»Ja. Danke, Arnest.« Er öffnete die Schleuse.
Der Gang, der sich rechts von ihnen erstreckte, war hell erleuchtet und leer. Als Auckland vor den anderen beiden hineintrat, roch er Desinfektionsmittel und abgestandene, recycelte Luft. Der Gang endete in einem offenstehenden Schott. Der Bereich dahinter war ebenfalls beleuchtet.
Auf dem Bildschirm der Eliot hatte die Station fast wie ein Güterzug ausgesehen – einige große, durch Gänge verbundene Metallcontainer, die sich aneinanderreihten. In einigen gab es Fenster, durch die Licht ins All drang, andere waren dunkel. Ob es Lebewesen auf der Station gab, wusste Auckland nicht. Die Scanner wurden blockiert und ein Blick auf sein Pad verriet ihm, dass das auch für das Internet galt.
Er steckte das Pad wieder in die Oberschenkeltasche seiner Cargohose. Arnest ging an ihm vorbei, die Mündung der großkalibrigen Pistole auf den Boden gerichtet. Er blieb an der Wand, um kein Ziel für Gegner, die möglicherweise irgendwo auf der anderen Seite des Schotts lauerten, zu bilden. Abgesehen von seinen Schritten und dem leisen, unregelmäßigen Klacken, mit dem sich die Gottesanbeterin über das Metall bewegte, war es still.
Auckland schloss zu Arnest auf und zog seine eigene Waffe. »Bleib zurück«, sagte er. Arnest verdrehte die Augen, blieb aber stehen und ließ Auckland als erstes durch das Schott treten. Der Gang, der dahinter lag, verlief rund zehn Meter geradeaus und knickte dann nach links ab. Große Pfützen aus getrocknetem Blut bedeckten den Boden, schwarze Spritzer die Wände. Es roch nach Eisen.
Menschen sind hier gestorben, dachte Auckland, aber nicht kürzlich.
»Typisch Jockeys«, sagte Arnest. »Erst ’ne riesen Schweinerei veranstalten und dann nich’ aufräumen.«
Aus den Augenwinkeln sah Auckland, wie Ama’Ru im Schott auftauchte. Die Gottesanbeterin musste sich bücken, um nicht mit dem Kopf gegen den Türrahmen zu stoßen.
»Das könnte auch Jockeyblut sein«, sagte Ama’Ru. »Ihr solltet keine Schlussfolgerungen ziehen, ohne die Tatsachen zu kennen.«
»Ich hab so Tatsachen schon hundert Mal gesehen. Die verschissenen Jockeys sterben nie, nur wir.«
»Du weißt sehr gut, dass das nicht stimmt.« Ärger kroch in Ama’Rus Stimme. Das überraschte Auckland. »Diese Station wurde nicht von uns erbaut, sondern von Menschen. Und ihr seid durchaus in der Lage, einander Gewalt zuzufügen. Das habe ich auch schon hundert Mal gesehen.«
Die Gottesanbeterin stakste an Arnest und Auckland vorbei. Das gebrochene Hinterbein hielt sie dabei hoch, aber es schien sie kaum zu behindern. Als sie die Biegung erreichte, drehte Ama’Ru sich in ihrem Sattel um.
»Kommt«, sagte sie. »Oder habt ihr Angst, dass das, was ihr findet, nicht zu euren voreiligen Theorien passen könnte?«
Sie wandte sich ab. Arnest verließ das Schott und folgte ihr kopfschüttelnd. »Hat die ihre Tage oder was ist los?«, fragte er, als er Auckland erreichte. Aber er sprach leise, so als wolle er nicht, dass Ama’Ru ihn hörte. Die Scheren der Gottesanbeterin flößten auch ihm Respekt ein.
Auckland hob nur die Schultern. Er wollte sich weder auf eine Diskussion mit noch über Ama’Ru einlassen. Sie mussten sich auf ihre Umgebung konzentrieren, nicht auf die Probleme, die sie untereinander hatten.
Die aber irgendwann geklärt werden müssen, dachte er.
Ama’Ru war kurz hinter der Biegung stehen geblieben. Auckland sah einen langen, hell erleuchteten Gang, der rund zwanzig Meter entfernt in einem geschlossenen Schott endete. An der linken Wand lehnten einige große, graue Metallplatten. Neben ihnen stand eine Kabelrolle.
Auckland hob seine Waffe und ging langsam auf die Platten zu. Arnest und Ama’Ru blieben hinter ihm. Niemand sagte ein Wort. Als er näherkam, sah er, dass die Platten nicht aus Metall bestanden, sondern