Homo Sapiens 404 Band 10: Blut, überall Blut
By Claudia Kern
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About this ebook
Scania - eine halb fertige, nie zu Ende gebaute Raumstation der Menschen tief im All. Der Name geistert auf einmal durch das Internet, aber alle Versuche, den Grund dafür herauszufinden, scheitern. Kipling überzeugt die Besatzung der Eliot, dieser Station einen Besuch abzustatten. Dass sich das als eine seiner schlechteren Ideen herausstellt, verrät bereits der Titel.
Über die Serie:
Einige Jahrzehnte in der Zukunft: Dank außerirdischer Technologie hat die Menschheit den Sprung zu den Sternen geschafft und das Sonnensystem kolonisiert. Doch die Reise endet in einer Katastrophe. Auf der Erde bricht ein Virus aus, der Menschen in mordgierige Zombies verwandelt.
Daraufhin riegeln die Außerirdischen das Sonnensystem ab und überlassen die Menschen dort ihrem Schicksal. Die, die entkommen konnten, werden zu Nomaden in einem ihnen fremden Universum, verachtet und gedemütigt von den Außerirdischen, ohne Ziel, ohne Hoffnung.
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Homo Sapiens 404 Band 10 - Claudia Kern
Ewigkeit
1
Mit einem Knopfdruck schaltete Rin die Triebwerke ab. Die James K. Polk stürzte in die Tiefe. Es wurde still auf der Brücke, weder Kipling noch Lanzo sprachen Rin an. Aus den Augenwinkeln sah sie, dass sich beide an den Armlehnen ihrer Sitze festhielten. Das grüne, blinkende Licht, das den eingehenden Funkspruch eines der drei Abfängjäger angezeigt hatte, erlosch. Die Jockeys an Bord schienen erkannt zu haben, dass die Besatzung der Polk nicht mit ihnen reden würde. Noch hingen ihre Schiffe reglos am Himmel. Das abrupte Manöver hatte die Piloten überrascht.
Das wird nicht so bleiben, dachte Rin, während sie den Höhenmesser betrachtete. Die Polk hatte sich in neuntausend Meter Höhe befunden, als sie von den Jockeyschiffen abgefangen worden war, der Fall zurück zur Oberfläche würde rund drei Minuten dauern.
»Positionslichter und Scheinwerfer aus«, sagte Rin. Sie schloss die Hände fest um die Joysticks.
Kipling beugte sich vor. »Sind aus.«
Auf dem Bildschirm war Schwärze zu sehen und das kalte Funkeln der Sterne. Die Messungen der Scanner wurden in 3D-Modelle übertragen, die in dem kleinen Monitor in Rins Konsole zu sehen waren. Sie zeigten einen vollkommen flachen Untergrund. Die Polk fiel dem Ozean entgegen.
»Nur um das Offensichtliche auszuschließen«, sagte Kipling. »Die Polk kann nicht tauchen, oder?«
Rin schüttelte den Kopf. Auf ihrem Monitor sah sie, dass die drei Abfangjäger ihre Positionen verlassen hatten. Sie hatten ihre Triebwerke nicht abgeschaltet und kamen deshalb rasch näher. Ihre Lichter tauchten nun auch auf dem Hauptbildschirm auf.
»Können ihre Scanner uns sehen?«, fragte Rin.
»Nein«, sagte Lanzo. »Wir geben kaum Wärme ab und keine Helligkeit. Deshalb haben die Jockeys die Scheinwerfer eingeschaltet.«
Deren Licht strich über die dichten Wolken unterhalb der Polk. Sie sahen aus wie graue Gebirge. Rin drückte die Nase des Schiffs nach unten. Es schoss auf die Wolken zu. Die Joysticks zitterten in ihren Händen. Turbulenzen schüttelten die Polk durch.
»Wir sind aus der Zielerfassung der Jockeys raus«, sagte Kipling. Er klang erstaunlich ruhig. »Sie können nur noch auf Sicht schießen.«
Und das taten sie im gleichen Moment. Ein bläulich leuchtender Plasmabolzen raste einige Dutzend Meter an der Polk vorbei und verlor sich in der Dunkelheit.
Lanzo stieß laut den Atem aus. »Und ich hatte gehofft, dass sie uns lebend wollen.«
Rin antwortete nicht. Sie konzentrierte sich auf die Joysticks und das Gefühl, das sie ihr für das Schiff vermittelten. Ohne Triebwerke reagierte die Polk noch schwerfälliger als sonst. Es kam ihr fast so vor, als müsse sie das Schiff mit reiner Muskelkraft steuern, so sehr widersetzte es sich jeder ihrer Bewegungen.
Sie hatten die Wolkendecke fast erreicht. Rin wusste nicht, wie tief sie herunterreichte. Sie hatte auf dem Weg nach oben nicht darauf geachtet. Kurz bevor das Grau über dem Schiff zusammenschlug, riss sie die Joysticks mit aller Kraft nach hinten.
Die Nase der Polk hob sich langsam, schwerfällig, widerwillig. Das Metall der Tragflächen knirschte unter der Belastung. Graue Schlieren, durch die immer wieder das Licht der Jockeyschiffe fiel, rasten auf dem Bildschirm vorbei.
Komm schon, dachte Rin. Sie zog an den Joysticks, bis ihre Arme schmerzten und warf einen Blick auf den Höhenmesser. Die Fallgeschwindigkeit nahm ab, die Polk stabilisierte sich. Wie ein Segelflugzeug glitt sie nun durch die Wolken, getragen vom Wind und ihrer eigenen Geschwindigkeit.
»Sehr Star Trek II«, sagte Kipling. »Kirk gegen Khan im Mutara-Nebel. Wie lange–«
Ein Plasmabolzen schoss diagonal am Bug der Polk vorbei, dann ein zweiter aus der gleichen Richtung. Unwillkürlich stellte sich Rin Männer vor, die mit Speeren im trüben Wasser nach Fischen stießen.
Kipling räusperte sich und wischte sich nervös die Hände an seiner Hose ab. »Wie lange noch, bis du die Triebwerke einschalten musst?«
»Ein paar Minuten vielleicht.« Rin sah nicht auf. Ihre Blicke glitten zwischen dem Höhenmesser und den Sensorenanzeigen hin und her. Die Polk fiel immer noch, aber deutlich langsamer als zuvor. Die Jockeyschiffe irrten hinter und über ihnen durch die Wolken.
»Sie haben keine Ahnung, wo wir sind, oder?«, sagte Lanzo. Er hatte sich in seinem Sitz vorgebeugt, hielt sich mit einer Hand an der Konsole fest und tippte mit der anderen etwas ein. »Waffensysteme sind online.«
»Was ist mit der Zielerfassung?«
»Würde ich nicht riskieren.« Kipling beugte sich nun ebenfalls vor. »Das Signal ist sehr stark. Eventuell könnten sie uns darüber orten.«
»Okay.« Das hatte Rin befürchtet. Sie drückte die Joysticks zur Seite und brachte die Polk in eine langgezogene Rechtskurve. Die Geschwindigkeit nahm ab, das Schiff sackte nach unten. Einen Augenblick lang fühlte sich Rin beinahe schwerelos, dann drückte ihr Gewicht sie wieder in den Sitz.
Aus der Kurve wurde ein Halbkreis. Die Jockeyschiffe verschwanden kurz vom Monitor, als die Scanner sie in den Wolken verloren. Nur Sekunden später blinkten sie wieder. Rin zuckte zusammen. Eines der Schiffe befand sich unmittelbar vor ihr. Sie konnte auf dem Bildschirm sogar das Licht seiner Triebwerke sehen.
Lanzo schoss.
Zwei Plasmabolzen, kleiner und schmaler als die der Jockeys, rasten auf das Triebwerklicht zu. Der Abfangjäger machte einen Schlenker nach links. Einer der Bolzen verschwand in den Wolken, doch der andere traf sein Ziel.
Rin hörte einen gedämpften Knall. Die Explosion riss die Wolkendecke auf. Wasser, Metall und Kunststoff verdampfte in einem gewaltigen, gleißend hellen Feuerball. Trümmer rasten an der Polk vorbei, einige schlugen gegen den Rumpf. Die Druckwelle warf das Schiff herum. Es überschlug sich mehrfach, die Sicherheitsgurte schnitten tief in Rins Schultern. Dann, auf einmal, klatschte Regen auf die Außenkameras. Die Wolkendecke befand sich über der Polk, ein aufgewühlter Ozean unter ihr.
Ein Knopfdruck und die Triebwerke heulten auf. Das Schiff raste auf die Wellen zu. Rin riss an den Joysticks. Metall knirschte, das Deck bebte unter ihren Füßen, die Tür zur Brücke öffnete sich und knallte gegen die Wand.
Auf dem Bildschirm sah sie, wie brennende Trümmer in den Ozean stürzten. Die Nase der Polk hob sich Zentimeter um Zentimeter, aber das Wasser kam immer näher. Die Wellen wogten hoch, so als wollten sie das Schiff verschlingen.
Wir sind zu schwerfällig, dachte Rin. Das schaffen wir nicht mehr.
Trotzdem zog sie weiter an den Joysticks. Sie