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Cináed: Durch Blut getränkt
Cináed: Durch Blut getränkt
Cináed: Durch Blut getränkt
Ebook259 pages3 hours

Cináed: Durch Blut getränkt

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About this ebook

"Info Band 2: "Cináed: Durch Blut getränkt"

Die Situation spitzt sich dramatisch zu, als beim Kampf um die Macht des Stiftes "Cináed" ein Mensch ums Leben kommt, der Daniel nahe stand. Der Tod stürzt den jungen Helden in tiefe Verzweiflung. Vom Leben enttäuscht, kehrt Daniel zurück in seine Heimatstadt Swansea, doch er weiß, dass er nicht mehr hierhin gehört. Daniel kennt nun Lous Geheimnis, das beide nur noch enger aneinander bindet. Er sehnt sich nach seiner großen Liebe. Das Problem: Seit einem Unfall bei den Wettkämpfen kann er Lou nicht mehr körperlich berühren. Können die beiden die Trennung überwinden und das Rätsel um den Stift lösen?



Der Roman: "Cináed: Durch Blut getränkt" ist die spannende Fortsetzung der Jugendbuchtrilogie um Daniel Frayne und den Stift Cináed, in der Daniels und Lous junge Liebe auf eine harte Probe gestellt wird."
LanguageDeutsch
Release dateMar 23, 2015
ISBN9783944788159
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    Book preview

    Cináed - Tanja Höfliger

    Tanja Höfliger,

    CINÁED –

    DURCH BLUT GETRÄNKT

    Roman

    Fabulus-Verlag

    Band 2 der Trilogie »Cináed«

    Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

    Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation

    in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische

    Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

    © 2014 by Tanja Höfliger

    Überarbeitete und korrigierte Neuausgabe, 2015

    Alle Rechte vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotografie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung

    elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.

    Lektorat: Elmar Klupsch, Stuttgart

    Umschlaggestaltung: Anita Dietrich, Stuttgart

    Satz und Herstellung: Fabulus-Verlag, Fellbach

    ISBN 978-3-944788-15-9

    Besuchen Sie uns im Internet unter:

    www.fabulus-verlag.de

    Für DICH!

    KAPITEL EINS

    Nie wieder in meinem Leben würde ich noch einmal auf den Rat anderer Menschen hören.

    Lass Kilian gewinnen! Er muss nach Japan … Nein, danke!

    Hätte ich jene verdammten Wettkämpfe an der Akademie gewonnen, wäre ich bei Lou – und nicht dieses Scheusal von Kilian.

    Aber er hatte den Sieg davongetragen.

    Er war bei Lou, konnte mit ihr lachen, sie berühren, einfach bei ihr sein.

    Ich hingegen war von den Wettkampfrichtern zu meinen Eltern nach Hause in Swansea geschickt worden – als Siegprämie für mein Team. Dass ich nicht lache!

    Es nieselte leicht. Genau das Wetter, um am Strand allein zu sein. Doch am Horizont waren schon die ersten Sonnenstrahlen zu sehen. Es würde also nicht mehr lange dauern, bis ich Gesellschaft bekommen würde und andere den Strand ebenfalls aufsuchten.

    Die See lag unruhig vor mir und wirkte auf mich so chaotisch wie meine Gedanken. Alles schien sich aufbäumen zu wollen, nur um sich dann doch wieder zurückzuziehen. Ja, genauso fühlte es sich in meinem Inneren an. Immer wieder die gleichen Gedanken, die ins Nichts führten und sich permanent wiederholten.

    Früher konnte ich mich in der Caswell Bay beim Surfen, mit Freunden oder auch allein am besten entspannen. Nicht ohne Grund war ich dorthin gegangen, wo ich schon viele Stunden meines Lebens verbracht hatte. Dort kamen mir normalerweise die besten Ideen.

    Aber das hatte sich grundlegend verändert, seit ich Cináed besaß. Die wenigen Wochen an der Conwy-Akademie hatten genügt, dass ich mich in der einst so vertrauten Bay fremd fühlte. Aus einem mir unerklärlichen Grund gehörte ich nicht mehr nach Swansea. Vieles war mir dort auf einmal völlig fern, obwohl es einmal mein Zuhause gewesen war.

    Enttäuscht verließ ich den Strand und machte mich auf den Nachhauseweg.

    Als ich mein Zimmer im Elternhaus betrat, warf ich mich genervt aufs Bett. Ich hatte Lou vor ihrer Reise nach Japan nicht mehr zu Gesicht bekommen. Sie war mit dem fürchterlichsten aller Menschen unterwegs, und ich hatte noch nicht einmal die Möglichkeit gehabt, mich von ihr richtig zu verabschieden.

    Sie ging auch nicht ans Handy. Das Einzige, was ich nach meinen unzähligen Versuchen von ihr zu hören bekommen hatte, war eine Antwort von ihr auf meiner Mailbox.

    Warum nur reagierte sie nicht auf meine Anrufe?

    Meine Stimmung war auf dem Nullpunkt. Es brauchte eine gewisse Zeit, um alle Erinnerungen an Lou und an die Akademie in einen kleinen, weit abgelegenen Teil meines Gehirns zu verbannen. Erst dann konnte ich wieder eine Verbindung zu Cináed herstellen.

    Doch das gelang mir nicht.

    Jede Faser meines Körpers spannte sich bei dem Versuch an, endlich wieder etwas von Cináed in meinen Gedanken zu hören. Ich war so vertieft, dass ich vor Überraschung einen Satz in die Luft machte, als plötzlich mein Handy klingelte.

    I’m going in for the kill

    I’m doing it for a thrill

    Oh I’m hoping you’ll understand

    And not let go of my hand …

    Mein Herz raste. Im Bruchteil einer Sekunde kamen mir alle möglichen Anrufer in den Kopf. Lou, bitte, lass endlich etwas von dir hören!, dachte ich unentwegt.

    Ich sprang auf und stürzte zum Handy. Auf keinen Fall wollte ich zu spät abheben.

    »Hey, mit wem spreche ich?«

    »Danny, schön, dass ich dich erreiche. Wie geht es dir?«

    Für einen kurzen Augenblick setzte mein Herz aus zu schlagen – bis ich mir sicher war, dass die weibliche Stimme am Telefon unter keinen Umständen zu Lou gehörte.

    Pause. Auch in meinem Gehirn.

    »Sorry, ich wollte dich nicht verwirren, ich dachte nur, na ja … Wie sieht es aus, hast du vielleicht Lust und Zeit, mit mir etwas zu unternehmen?«

    Nein. Es war nicht Lou.

    Mir war plötzlich nicht mehr danach zumute, mich zu unterhalten, und ich wünschte, ich hätte einen Blick aufs Display geworfen, bevor ich den Anruf annahm. Dann müsste sich mein Gehirn jetzt keine dämliche Ausrede einfallen lassen.

    »Sorry, war nur so eine Idee von mir. Bestimmt hast du deine Zeit schon mit deinen alten Freunden verplant … Ich dachte nur, du hättest vielleicht das Bedürfnis, mit mir über den Verlauf der Wettkämpfe und die Akademie …«

    Es waren genau diese Stichwörter, die mich in die Gegenwart zurückholten. Endlich konnte ich der Anruferin einen Namen zuordnen, und ich unterbrach sie: »Hey, Sue, schön, dass du dich bei mir meldest. Klar habe ich heute Zeit. Alle anderen konnte ich noch nicht erreichen.« Das war natürlich gelogen, da mir in Wirklichkeit der Sinn nicht nach Small Talk oder Fragen stand.

    »Super! Was hältst du davon, wenn du um achtzehn Uhr zu mir kommst?«

    Noch bevor ich etwas erwidern konnte, hatte Sue bereits aufgelegt.

    Natürlich kannte ich ihre Adresse, schließlich hatte ich eine halbe Ewigkeit für sie geschwärmt.

    In meinem Magen fing es an zu kribbeln. Sicherlich war es nur der Hunger! Zumindest versuchte ich das meinem Gehirn mit Nachdruck einzureden. Hartnäckig kamen andere Gedanken dazwischen: Sue ist dir doch nicht so unwichtig geworden, wie du dir gerade selbst weiszumachen versuchst … oder?

    Schnell ging ich nach unten in die Küche, um etwas Essbares zu suchen. Mir war es gleich, was ich fand. Hauptsache, ich hatte etwas zu essen.

    Wie immer sprang ich zwei Stufen auf einmal hinunter, da ich möglichst schnell an mein Ziel gelangen wollte. Als ich um die Dielenecke sauste, hatte Dad es allem Anschein nach eilig, in sein Arbeitszimmer zu kommen. Ich konnte gerade noch mit einem reflexartigen Schritt zur Seite Schlimmeres verhindern.

    »Daniel, gut, dass ich dich hier antreffe. Vielleicht kannst du dich noch daran erinnern, dass ich dir von Daniel Joseph, dem Dad deiner Ausbildungsleiterin …«

    »Ich weiß … und weiter?«

    »Okay, also die Sache ist die. Wir haben …« Dad unterbrach sich plötzlich selbst, wobei er sich mit einem Mal hektisch nach allen Seiten umschaute.

    Ich musste ein Schmunzeln unterdrücken, da wir uns in den eigenen vier Wänden befanden und ich keinen plausiblen Anlass erkennen konnte, warum er im eigenen Zuhause geradezu ängstlich die Umgebung observierte.

    Als sein Blick schließlich an meinem Handy hängen blieb, war mir nicht mehr nach Lachen zumute. Etwas in seinem Blick und in seiner Stimme jagte mir seltsamerweise eine Gänsehaut über den Rücken.

    »Diese ständige Erreichbarkeit. Nicht immer die beste Erfindung. Mir soll es heute recht sein. Aber wir müssen uns nun beeilen. Komm mit, es wartet ein Geschenk auf dich.«

    Noch bevor ich ihn fragen konnte, wohin er mit mir gehen wollte, hatte er sich umgedreht und lief nach draußen.

    Als ich vor das Haus trat, sah ich mich nach allen Seiten um. Schließlich entdeckte ich Dad im Wagen, hinter dem Steuer sitzend. Sofort öffnete ich die Tür, um auf dem Beifahrersitz Platz zu nehmen. Ich wartete auf eine Erklärung von ihm, doch Dad sagte kein Wort. Ein Blick von ihm genügte, und mir wurde bewusst, dass ich das Handy nach wie vor mit den Fingern umklammerte.

    Sofort ließ ich es in der Hosentasche verschwinden. Es dauerte aber noch eine Weile, bis meine Finger sich wieder entkrampft hatten.

    Dad startete das Auto wortlos und lenkte es auf die Straße.

    Da ich wusste, dass Nachfragen in diesem Augenblick bei ihm nichts bewirkten, saß ich einfach nur neben ihm und beobachtete die an uns vorbeifliegende Landschaft. Es war schön geworden, und die Sonne wärmte mein Gesicht. Ich wurde immer müder, bis ich meine Augen nicht mehr aufhalten konnte. Kein Wunder, seit zwei Tagen war Lou fort, und in dieser Zeit hatte ich so gut wie kein Auge zugetan.

    Sie fehlte mir entsetzlich!

    Als ich aufwachte, wusste ich nicht, wie lange ich geschlafen hatte.

    Meine Augen tränten. Ich streckte mich kurz und sah mich um. Dad zog gerade durch das geöffnete Fahrerfenster eine Parkkarte aus einem Automaten. Er hielt sie mir entgegen und sagte: »Guten Morgen. Na, schon erraten, was wir heute zusammen machen werden?«

    Er schenkte mir ein erwartungsvolles Lächeln.

    »Keine Ahnung. Wenn ich mich nicht täusche, ist das die Tiefgarage vom Marriott. Heißt das, wir sind in Cardiff?«

    Noch etwas verschlafen versuchte ich, mir einen Reim daraus zu machen, was Dad mit mir in Cardiff vorhatte, und rieb mir die müden Augen.

    »Richtig. Wir sind in Cardiff. Kannst du dich noch erinnern, was wir in diesem Parkhaus manchmal zu suchen hatten?«

    »Hmm … das Stadion? Mensch, Dad, mach es nicht so spannend. Ich bin noch nicht mal richtig wach.«

    »Nun gut, dann werde ich es dir eben verraten, auch wenn du mir damit den Spaß verdirbst …« Er erhaschte einen kurzen Blick von mir, der ihn weiterreden ließ: »Sorry, du hast ja recht. Ich fühle mich wohl etwas in die Vergangenheit zurückversetzt.«

    Dad holte tief Luft, um anschließend einen tiefen Seufzer auszustoßen.

    »Wir sind hier, um uns das Qualifikationsspiel zwischen Wales und Finnland anzusehen. Leider habe ich die Karten erst heute ergattern können, sodass wir ziemlich spät dran sind. Ich dachte, dir damit eine Freude zu bereiten.«

    Seltsam. Warum konnte ich mich nicht wie ein ganz normaler 16-jähriger Kerl einfach nur auf das bevorstehende Fußballspiel freuen, sondern wurde sofort wieder misstrauisch?

    Als wir zu Fuß durch die Straßen von Cardiff zum Millennium-Stadion gingen, wurde ich von den Anfeuerungsrufen der Fans mitgerissen. Obwohl wir uns beeilten und rasch unsere Plätze im Innenraum einnahmen, war das Spiel bereits in vollem Gange.

    Wieder kehrte dieses beklemmende Gefühl zurück, das ich dieses Mal wenigstens einzuordnen wusste. Die wenigen Male, die Dad bislang mit mir ins Stadion gegangen war, hatten ausgereicht, um mir ein Bild davon zu machen, welche Blöcke und Sitze er bevorzugte. Wir saßen aber auf Plätzen, die seiner Vorstellung nie und nimmer entsprachen. Überall um uns herum waren Sprechchöre zu hören, und unmittelbar neben uns befand sich der gegnerische Fanblock. Die allgemeine Stimmung ergriff mich, und ich konnte gar nicht anders, als von der Welle der Begeisterung mitgerissen zu werden. Ich war durch und durch ein Sportfreak.

    Dann sah ich plötzlich, wie einer der Finnen einen langen Ball nach vorn schlug. Besser konnte man es nicht machen. Johansson nahm den Ball überragend an und schob ihn aus etwa zwanzig Metern an dem herausstürmenden Torwart vorbei ins Tor von Wales. Um mich herum sah ich enttäuschte Gesichter. Die Hoffnung der walisischen Fußballfans auf eine Teilnahme an der WM 2010 in Südafrika schien mit dem Tor der Finnen in der 42. Minute in weite Ferne gerückt.

    Die mitgereisten Finnen waren vor Glück ganz aus dem Häuschen. Genau in dem Moment des allgemeinen Torjubels versuchte Dad mir etwas zu sagen: »Deinändy, deinändy!«

    Langsam war mein Gehirn in der Lage, die Worte zu sortieren.

    Verwirrt zog ich das Handy aus der Hosentasche, um es näher zu betrachten. Doch ich konnte auf dem Display keinen einzigen Anruf in Abwesenheit ausmachen.

    Dad schien den Torjubel der Finnen einen Block weiter zu nutzen, um mir irgendetwas ins Ohr zu schreien. Das, was ich zu verstehen glaubte, ergab keinen Sinn. Dad wiederholte immer und immer wieder das gleiche: »Handy … abhören … Edmund.«

    Als die Menschen auf den Rängen neben uns sich ein wenig beruhigten und Dad endlich aufhörte, jene drei Worte wie ein Wahnsinniger mir ins Ohr zu brüllen, saß ich fassungslos neben ihm.

    Mein Handy wurde allem Anschein nach von Sir Edmund abgehört. Aus diesem Grund hatte mein Dad genau den Platz im Stadion ausgewählt, um mir das mitzuteilen. Es musste so laut wie möglich um uns herum sein, damit uns sonst niemand verstand.

    Doch wenn Sir Edmund mein Handy schon seit längerer Zeit abhörte, wusste er über verdammt viel Bescheid.

    Mir wurde schlagartig übel. Das Spielfeld drehte sich vor meinen Augen. Meine Gedanken überschlugen sich bei dem Versuch, mir alle Kurznachrichten von Levi in Erinnerung zu rufen. Die letzte Erkenntnis, dass sowohl die Nachrichten zwischen Cináed und mir als auch mein Treffen mit Sue keine private Sache geblieben waren, brachte mich dazu, abrupt vom Sitz aufzuspringen und panisch auf den Ausgang zuzusteuern. Dabei stieß ich immer wieder gegen die Zuschauer, an denen ich mich vorbeidrückte. Natürlich hatten einige von ihnen einen gereizten Kommentar für mich übrig. Sie schienen davon auszugehen, dass ich so kurz vor der Halbzeitpause einen Toilettengang einlegen musste.

    »Na, dieser Spielstand geht dir wohl zu sehr an die Nieren, was?«, sagte ein Mann, der sich von seinem Platz erheben musste, um mich durchzulassen. Mir fiel darauf keine passende Antwort ein, da ich zu sehr auf den Weg achten musste. Endlich erreichte ich die Stufen, die mich zum Ausgang führten. Vorübergehend hielt ich mich am Treppengeländer fest, um meine innere Balance wiederzufinden.

    Mit aller Macht starrte ich das Handy an, das sich auf einmal wie ein Fremdkörper anfühlte und meine Hand bleischwer werden ließ.

    Mist, auch das noch! Aufgrund der ganzen Ereignisse hatte ich überhaupt nicht mehr an die Verabredung mit Sue gedacht und sie versetzt.

    Ich konnte es einfach nicht fassen. Sicherlich hatte ich nach all den Vorfällen der letzten Wochen nicht damit gerechnet, dass ich mir zusammen mit Dad ein tolles Fußballspiel ansehen würde. Aber mit so etwas? Never ever!

    KAPITEL ZWEI

    Als wir endlich wieder in die Queensroad einbogen, konnte ich es kaum erwarten, für mich zu sein.

    Seit ich den Stift Cináed besaß, hatte ich noch nie einen solch starken Drang verspürt, mit ihm in Verbindung zu treten und zu kommunizieren. Dringend musste ich ihm den Verrat an uns mitteilen. Wie wir im Radio hörten, hatte unsere Mannschaft, passend zu meinem glücklosen Leben, 2:0 gegen die Finnen verloren.

    Ich wurde aus meinen Gedanken gerissen, als Dad das Auto in der Einfahrt parkte.

    Jemand saß auf den Stufen vor der Haustür und schien zu warten.

    Da Dad die Scheinwerfer immer ausschaltete, sobald unser Haus in Sichtweite war – es hätte sich ja irgendein Nachbar an dem Licht stören können –, konnte man nur die Silhouette eines Körpers erkennen. Doch als wir auf die Person zugingen und sie den Kopf hob, wurde mir erneut übel.

    »Oh shit, Sue, alles in Ordnung?«, entfuhr es mir, da ich ehrlich besorgt um sie war.

    Im schwachen Schein der Straßenbeleuchtung sah ihr Gesicht geschwollen und total verweint aus. Kurz schaute sie zu meinem Dad, blickte dann jedoch sofort wieder nach unten, und es waren nur noch ihre langen, blond gelockten Haare zu sehen.

    Mein Dad erfasste sofort die Situation und ergriff die Initiative. Nach einem knappen Gruß an Sue verschwand er im Haus.

    Als wir allein waren und ich vor Sue in die Hocke ging, kehrte das Schwindelgefühl zurück, sodass ich mich an den Stufen vor mir festhalten musste. Dabei rutschte mir das Handy aus der Hosentasche und fiel mit einem lauten Klack auf die Fliesen zu unseren Füßen.

    Wutentbrannt starrte ich es an. Nicht zu fassen, dass auch solch intime Momente von Sir Edmund abgehört werden konnten. Zwar hatte ich Mitleid mit Sue, doch in dieser Situation konnte ich unmöglich mit seiner Nichte sprechen. Sollte er sie doch trösten, wenn er Gelegenheit dazu hatte. Ich für meinen Teil hatte erst einmal genug von den Spencers. Mit einem Ruck hob ich das Handy auf und nahm es an mich, dann erhob ich mich und verschwand mit wenigen Schritten im Haus.

    In meinem Zimmer angekommen, nagte das schlechte Gewissen an meinen Nerven, und ich rannte ans Fenster, um nach Sue zu schauen. Doch wie mir mein Bauchgefühl bereits gesagt hatte, war sie nicht mehr da.

    Trotz oder vielleicht gerade wegen des in meinem Inneren herrschenden Gefühlschaos machte ich mich sofort auf die Suche nach dem Menschenblocker, den ich am letzten Wettkampftag in der Akademie bekommen hatte.

    Er sorgte auf wundersame Weise dafür, dass alle Menschen um mich herum verschwanden, auch wenn sie anwesend waren. Wie dieser Menschenblocker funktionierte, hatte ich mich schon seit Längerem nicht mehr gefragt. Solche Gedanken würden zu viele Fragen in mir aufwerfen. Und dazu hatte ich momentan keine Lust. Trotzdem tauchte eine Frage immer wieder auf: Wie war es für mich möglich, mit einem Stift verbunden zu sein. Mehr sogar noch, dass ich mit diesem Stift förmlich verschmolzen war, was dazu führte, dass ich seine Stimme in meinem Kopf hörte und umgekehrt. Jedoch nur, solange Lou sich nicht in meiner Gedankenwelt aufhielt oder ich zu sehr an sie denken musste. Dann war die Verbindung zu Cináed wie nicht vorhanden. Weitere Gedanken zu dem Wie hätten zwangsläufig dazu geführt, mich selbst für verrückt zu erklären.

    Das Ganze war überaus seltsam und irreal für mich. Ich konnte es selbst kaum glauben, was mit mir und um mich herum vor sich ging. Diesen Grübeleien wollte ich nun aber ein Ende setzen. Ich kramte umständlich in meinen Hosentaschen nach dem Menschenblocker.

    Dabei spürte ich Cináed zwischen den Fingerspitzen, die wegen der Wettkampfverletzungen verbunden waren. Mit ihm zog ich den Menschenblocker heraus und betrachtete für eine Weile lang jenen kleinen schwarzen Kasten, an dem ich außer einem schimmernden, kleinen Lichtpunkt nichts Auffälliges entdecken konnte. Mit Nachdruck versuchte ich ihn unter den Verband der linken Hand zu schieben, hatte damit aber keinen allzu großen Erfolg. Außerdem fingen die Wunden wieder an, unglaublich zu schmerzen.

    Genervt nahm ich den Blocker kurz zwischen die Zähne, um zumindest eine Hand vom Verband zu befreien. Ganz unerwartet vernahm ich Cináeds Stimme in meinem Kopf.

    Danny, endlich … Warte einen Augenblick mit all deinen Fragen und zeig mir nach Möglichkeit die Erinnerungen deiner letzten Tage.

    Sofort konzentrierte ich mich darauf, die Vergangenheit in eine Chronologie zu bringen. Als ich nach einiger Zeit bei Sue ankam, stoppte ich den Erinnerungsfluss und wandte meine Gedanken erneut Cináed zu. Da ich nichts weiter von ihm hörte, nahm ich den Menschenblocker ganz in den Mund, in der Hoffnung, damit die Wirkung zu erhöhen.

    Ich kann momentan keine Worte finden … Das Einzige, was mir dazu einfällt, ist Verrat. Aber gedulde dich noch einen weiteren Augenblick, bis ich …

    Cináeds Ausführungen brachen mitten im Satz ab, und ich hörte nichts mehr von ihm in meinen Gedanken. Mit klopfendem Herzen setzte ich mich aufs Bett und lauschte angestrengt. Geduld zu haben oder zu warten war überhaupt nicht mein Ding. Mir war einfach nicht danach, Ruhe einkehren zu lassen und gemütlich sitzen zu bleiben. Also begann ich, im Zimmer unruhig auf und ab zu gehen.

    Nachdem ich das Ergebnis meiner erhöhten Speichelproduktion mehrmals ins Waschbecken gespuckt und der Menschenblocker mehr als einmal die empfindlichste Stelle meines Halses berührt hatte, war ich froh, nach einigen Würgeattacken Cináed endlich in meinem Kopf zu hören.

    Daniel, du musst dir selbst etwas einfallen lassen. Es tut mir

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