Ansichten eines Bürgers: oder Warum wir das 'Polit-Navi' neu programmieren müssen
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Hans J. Meyer
Hans J.Meyer wurde 1958 in einer norddeutschen Kleinstadt an der Elbmündung geboren. Anfang der 80ziger Jahre zog er mit seiner Familie nach Berlin und begann seine berufliche Karriere bei der Deutschen Bundespost. Später bei der Deutschen Telekom war im Bereich der Reklamationsbearbeitung für den Vorstand tätig. Immer, praktisch seit den Jugendjahren, war das Thema Politik das zentrale Thema seiner Interessen. Erst später entdeckte er das Schreiben für sich und kombinierte die beiden Leidenschaften. Er veröffentlichte das politische Kinderbuch - Wie der Waschbär Willi-Werner in den Reichstag einzog`. Jetzt legt er sein erstes politisches Buch vor. Hans. J. Meyer ist kein Mitglied einer politischen Partei oder Vereinigung, um sich seine Unabhängigkeit zu bewahren. Er schreibt in seinem Blog ` aversum-meyer.de´ über aktuelle politische und gesellschaftliche Themen.
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Book preview
Ansichten eines Bürgers - Hans J. Meyer
Plane das Schwierige da,
wo es noch leicht ist.
Tue das Große da,
wo es noch klein ist.
Laotse
Inhalt:
Vorwort
Deutschland und die EU
Ein Stoppschild übersehen
Jede Reise braucht einen Kompass und ein Ziel
Die EU und ihre Rolle in der Welt
Das Verhältnis EU–Türkei
Ukraine – ein Konflikt mit Ansage
EU und die Flüchtlingspolitik
Die Parteienlandschaft – die Waage ist aus dem Lot
Sozialpolitik – neu programmiert
Sozialleistungen –
Muss es immer Geld für Kinder sein?
Einige grundsätzliche Worte über Sozialleistungen
Die Rente ist sicher
Finger weg von Volksbefragungen auf Bundesebene
Der Euro – immer noch so gut wie die DM?
Deutschlands Gesellschaft Ein Buddha-Bauch tut gut
Deutschland – eine Bildungsrepublik
Deutschland – ein Einwanderungsland
Auf ein Wort zum Schluss
Vorwort
Es war eine kleine Zahl, die bei den Wahlen in Bremen 2015 auftauchte und die mich endgültig zum Nachdenken brachte. Diese Wahl, die im nicht aufregenden Wahljahr 2015 eigentlich unbedeutend war für das politische Deutschland, machte mich betroffen. Die Zahl hieß 50,2 %. Sie drückte die Wahlbeteiligung aus. In der Konsequenz hieß das, die Gewinnerpartei SPD mit ca. 30 % schaffte gerade einmal 15 % der potenziellen Wähler für sich zu gewinnen. Damit wiederum erhielt eine 15 %-Partei den Auftrag zur Bildung einer Regierung. Bei allen Argumenten, die man finden kann für eine solche Wahlbeteiligung, es bleibt für mich am Ende Tages die Tatsache: Irgendetwas läuft hier total schief.
Nach diesem innerlichen Startschuss war ich noch mehr sensibilisiert für die tagtäglichen Meldung über IS-Krieg, stets steigende Flüchtlingszahlen, marode Brücken und Straßen, zunehmende Kosten im Gesundheitswesen und bei der Altersvorsorge und so weiter. Die Liste der Herausforderungen scheint immer länger zu werden, auch weil offensichtlich wenige Probleme einer Lösung zugeführt werden.
Wir bewegen uns im Hamsterrad der tagtäglichen Politik und scheinen etwas Wesentliches vergessen zu haben: Es gibt Zeiten, da muss man einmal zurücktreten und nach Lösungen und Strukturen fernab des politischen Alltags suchen. Das allgegenwärtige Flüchtlingsproblem im Jahre 2015 macht dies überdeutlich. Natürlich schaffen wir es irgendwie, diese Herausforderung zu meistern. Doch es handelt sich hierbei nicht um eine kurzfristige Herausforderung, die einer Naturkatastrophe gleicht, wie der der Oderflut beispielsweise. Vielmehr müssen wir davon ausgehen, dass das Flüchtlingsthema längerfristig auf der Agenda steht. 800.000 oder mehr Flüchtlinge im Jahre 2015 aufzunehmen ist die eine Sache. Aber vielleicht über Jahre eine noch größere Anzahl an Flüchtlingen aufzunehmen, ist dann wiederum ein ganz anderes Niveau. Ebenso verhält es sich bei der Griechenland-Krise. Mitte des Jahres 2015 wurde durch ein 3. Hilfspaket wieder einmal Zeit gekauft. Keinesfalls bedeutet dies eine Entwarnung für die Euro-Krise.
Meine Ansicht ist es daher, dass unser Land, die Gesellschaft und die politisch Verantwortlichen sich ehrlich machen müssen hinsichtlich der Probleme und des künftigen Weges unseres Landes. Das wabernde Gefühl, dass die ›da oben‹ längst nicht mehr wissen, was ›unten‹ geschieht, greift immer mehr um sich.
Was meine ich mit ehrlich machen und das Politik-Navi neu programmieren? Ich werde anhand von aktuellen Problemfeldern versuchen, durch eine klare Positionierung einige Denkanstöße zu geben. Mir geht es nicht nur darum, ob wir trotz der Krisen, wie Flüchtlingsbewegungen und Griechenland, halbwegs gut durch das Jahr 2015 kommen. Mein Bestreben ist es, Wege aufzuzeigen, bei denen Strukturen und Grenzen eine zentrale Rolle spielen. Ich halte dies für notwendig, weil es jederzeit ansonsten zu einer nicht kalkulierbaren Reaktion in der Gesellschaft kommen kann. Ich halte es schier für Augenwischerei, wenn wir ringsherum in Europa ein Erstarken der rechten demokratischen Parteien erleben und dann denken, dass es bei uns nur die prügelnden und brandschatzenden Nazi-Horden gibt. Ich meine vielmehr, dass es auch bei uns rechte demokratische Ansichten gibt, die sich aufgrund mangelnder politisch demokratischer Alternative aber nicht artikulieren können. Ich beobachte, dass wir solche Debatten und viele andere mehr nicht ehrlich führen und so ohne Kompass loslaufen. Wir sollten uns eben die Zeit nehmen, einmal kurz zurückzutreten, trotz der täglichen Anforderungen. Mir geht es hier um Strukturen, die wir brauchen, um solche Krisen wie gegenwärtig in der Flüchtlingsfrage bewältigen zu können.
Ich betone hier gern noch einmal, dass es sich hier um meine Ansichten handelt. Ich spreche für keine Partei oder Organisation oder Vereinigung. Wie es dem Wesen der Demokratie entspricht, kann jeder zu dem hier Gelesenen seine eigene Position entwickeln und äußern. Aber ich halte eben eine eindeutige Positionierung Deutschlands für unerlässlich. Wir verlieren schlimmstenfalls noch mehr Wahlbürger, die der Meinung sind, dass es egal ist, wen man wählt, die sind alle gleich und machen nicht viel.
Es gab Zeiten in der Bundesrepublik, da waren politische Diskussionen und Aktivitäten ausgeprägter. Mehr Menschen gingen zur Wahl. Das alles der guten alten Zeit zuzuschreiben genügt mir nicht.
Die Bürger der DDR haben als letzte Deutsche die Unfreiheit eines fesselnden Systems besiegt. Nach 1989 waren wir dann größtenteils der Meinung, jetzt kann es nur bergauf gehen in eine freie und unbeschwerte Zukunft. Die Blöcke waren verschwunden, das Denken in Gut und Böse schien bei uns hier in Europa überwunden. Das System der Freiheit hatte ja gesiegt.
Nur 25 Jahre weiter sieht die Lage eben anders aus. Das Wort Krieg in Europa hat wieder unmittelbare Bedeutung bekommen durch die Ukraine-Krise. Gräben brechen auf innerhalb der Staatengemeinschaft der EU. In einer für Deutschland wirtschaftlichen Hochphase erleben wir kaputte Straßen, fehlende Pflegekräfte, Probleme in der digitalen Infrastruktur. Wir suchen nach Deutschlands Verantwortung in der Welt und diskutieren, inwieweit wir Einwanderung brauchen.
Die Welt scheint unendlich komplizierten geworden zu sein. Wir werden immer mehr zu Zeugen in Echtzeit von Krieg, Vertreibung und Naturkatastrophen. Das alles dank der digitalen Möglichkeiten. Wir surfen um die Welt und wünschen doch in kleinen überschaubaren Einheiten zu leben, die wir verstehen können.
Vor diesem Hintergrund widme ich mich den verschiedenen Problemfeldern. Die Analysen erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Mir ist auch bewusst, dass Politik nie das Wünschenswerte ist, sondern sich immer aus dem Machbaren speist. Aber die Richtung muss stimmen, und daran zweifle ich derzeit. Auch ich weiß nicht, was alles an Unwägbarkeiten in der Zukunft auf uns wartet. Daher verstehe ich die geäußerten Ansichten nicht als dogmatisch, sie sind also kein Korsett. Aber wie bei einer Autofahrt in ein ungewisses Gelände, brauche ich die Zielvorgabe im Navi, um den Weg überhaupt zu finden. Hier handelt es sich also um ›politische Navi-Ziele‹, die genannt werden müssen. Sie basieren auf der Annahme, dass die richtigen Fragen gestellt werden müssen, um die Zielvorgaben eingeben zu können. Mein Credo dabei ist: Wir brauchen Grenzen in einigen Bereichen und wir sollten einen Irrweg auch als solchen benennen und dann umsteuern zu einem anderen ›Navi-Ziel‹.
Beginnen wir also mit der Navi-Eingabe. Kommen Sie mit auf meine kleine Reise. Ich habe mich dabei entschieden, dem Prinzip von außen nach innen zu folgen. Dies bedeutet hier, ich beginne mit dem Thema EU und lande nachher bei innerdeutschen Themen. Der Übergang ist manchmal fließend und manches überschneidet sich. Natürlich kann jeder seine eigene Prioritäten setzen und erst einmal mit dem Bereich Zuwanderung beginnen, dem aktuell wohl emotionalsten. Die Themen bauen also nicht zwangsläufig aufeinander auf.
Noch ein Hinweis vorweg:
Ich schreibe auf meiner Webseite: aversum-meyer.de meinem Blog über tagespolitische und gesellschaftliche Themen. Jeder Besucher ist willkommen und seine Kommentare erwünscht.
Deutschland und die EU
Einfach das Stoppschild übersehen
Die Ausgangslage:
Die Gründerväter der Einigung Europas hatten eine Vorstellung und einen Kompass. Von der Montanunion ausgehend trieben sie die Verständigung der Völker Europas über die Römischen Verträge voran. Der Kurs war klar: Verständigung und Zusammenarbeit der einstigen Kriegsgegner hin zu einer besseren gemeinsamen Zukunft. Beseelt war dieser Gedanke durch die bisherigen Erfahrungen in jenem Jahrhundert. Die Parameter standen im Stammbuch: Am Anfang war die Ur-Katastrophe, der 1. Weltkrieg, dann kam die Weltwirtschaftskrise in den 1930er Jahren und am Ende der alles vernichtende 2. Weltkrieg.
Die Architekten des neuen Europa hatten genug gemeinsame leidvolle Erfahrungen sammeln müssen, um ihren Kompass des friedvollen Zusammenlebens zu entwickeln.
Die nachfolgenden Politiker gestalteten daraus das Europa, welches wir heute im Großen und Ganzen vorfinden. Verträge sind die Basis dieses Zusammenlebens geworden: Vom Maastricht-Abkommen über die Vereinbarungen zum Schengen-Raum bis hin zu dem Dublin-Abkommen und dem Lissabon-Vertrag. Die Staatengemeinschaft wuchs an bis auf heute 28 Staaten und es wird weiterverhandelt über die Aufnahme weiterer Staaten. Nur Norwegen und Island erteilten der EU bisher eine Absage. Und natürlich die stets neutrale Schweiz. Wir schufen ein Bürokratie-Monster in Brüssel. Aber unsere politischen Institutionen bleiben entfernt von wirklichen demokratischen Strukturen eines einheitlichen Gebildes. Das EU-Parlament hat sich aktuell zwar das