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Discover Ametsbichl: Von der Midlife-Crisis in die Arktis
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Discover Ametsbichl: Von der Midlife-Crisis in die Arktis

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Einfach mal raus aus dem Alltagsstress. Weg von Allem und Jedem. Wer hat diesen Wunsch noch nicht verspürt?! Wenn mal wieder so gar nichts richtig zu laufen scheint... Die Frage ist bloß: Wohin?
Naja, in die Arktis zum Beispiel! Das ewige Weiß... die ewige Stille. Klingt komisch? Ist aber so! Und wo würde ich es schaffen, endlich mal wieder Zeit für mich zu finden, wenn nicht an einem der abgeschiedensten Plätze der Erde?
In Grönland, um genauer zu sein...
Einem der letzten unerforschten Flecken. Perfekt also für 4 Wochen voll Abenteuer, Abgeschiedenheit und Erlebnissen, bei denen wohl nur eine Handvoll Menschen von sich behaupten können, sie hätten auch nur ansatzweise Derartiges erlebt.
Die Flucht vorm tristen Alltag Deutschlands in eine andere Welt, die vor Lebensfreude und Entdeckergeist nur so strotzt. Unterlegt mit zahlreichen, atemberaubenden Situationsaufnahmen.
LanguageDeutsch
Release dateOct 7, 2015
ISBN9783739260716
Discover Ametsbichl: Von der Midlife-Crisis in die Arktis
Author

Christoph Ametsbichler

“Einmal alle Kontinente besucht haben …” Früh war für Christoph Ametsbichler klar, dass ihn sein späterer Weg in die weite Welt führen wird. Selbst die bittere Erkenntnis, dass auch die Antarktis einen Kontinent darstellt konnte den damals 6-Jährigen nicht von seinen Träumen abbringen. Und so passierte es, dass der passionierte Globetrotter sein früh formuliertes Ziel bereits im Alter von 27 Jahren erreicht hatte. Immer neue Abenteuer mussten her. Die Ideen wurden immer intensiver. Plätze wurden immer exotischer. Nachdem er Russland mit der Transsibirischen Eisenbahn durchquerte, um schließlich 3 Monate in China zu leben, folgten Abenteuer wie: „Per Anhalter durch Westaustralien“, „Planlos durch Indien“, „Mit dem Zelt durch Afrika“ oder „Mit dem Fahrrad quer durch Japan“. Lediglich um das zu erreichen was ihm im Leben mitunter das Wichtigste ist: Erfahrungen sammeln. Durch atemberaubende Erlebnisse wie mächtige Eisberge, die direkt vor seiner Nase kollabierten, bis hin zu oftmals grenzwertigen Situationen, bei denen er durchaus um Kopf und Kragen fürchten durfte, hat sich die Erfahrungspalette schnell gefüllt. Nicht überraschend also, dass ihn der Abenteuerdrang irgendwann ins Unerforschte drang. Und so machte er sich im Alter von 30 Jahren auf nach Grönland, um einen weiteren Kindheitstraum zu erfüllen: Ein Monat Überlebenstraining mitten im Nirgendwo. Um zusammen mit einem international erfahrenen Bergführer eine Reihe von Erstbesteigungen und Gebietserkundungen durchzuführen und zu dokumentieren.

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    Book preview

    Discover Ametsbichl - Christoph Ametsbichler

    Lesen!

    Der dicke fette Spatz

    (Die Sau!)

    Puff… es ist so weit! Kaum zu glauben, aber der unerreichbare Tag ist endlich gekommen. Letztendlich sollte sich mein Traum erfüllen. Ein Traum, der sich vor Jahren leicht in meinem Kopf abgesetzt hat. Wie ein Spatz der sich einen Zweig geschnappt hat… ganz unschuldig anmutend… sodass niemand irgendwie vermuten möchte, er lege gerade den Grundstock für eine weitere Zukunft… genau das ist es aber was er vor hat (sorry schon mal an alle Vogelkundler, falls Spatzen keine Nester bauen sondern in Mülltonnen hausen… oder Ähnliches, aber wie hier gilt auch für den Rest des Buches: wer Fehler findet darf sie gerne behalten).

    Jedenfalls ist da dieser fiese Spatz, der sich nun über die Jahre mehr und mehr Äste sammelte. Und irgendwann ist aus dem ursprünglich einzelnen Zweig, den der Kleine angeschleppt hat, ein vollständig ausgewachsenes Nest geworden, in dem sich der Fettsack mit Kind und Kegel niedergelassen hat.

    So ist das auch mit Grönland. Ich kann mich noch dran erinnern als ich vor was weiß ich wie vielen Jahren nach Kanada geflogen bin. Die Laune, sprich innere Gemütsruhe war – gelinde gesagt –absolut fürn Arsch. Kurz davor hatte meine Freundin nach knapp drei Jahren Beziehung per Telefon mit mir Schluss gemacht. Um mich abzulenken hatte ich beschlossen diese Reise anzutreten… die ich bereits zuvor buchte um sie zu besuchen. Welche dato in diesem Land wohnte… und mit jener, welcher ich ebenfalls eine bereits gebuchte zweiwöchige Rundreise durchs Land machen wollte… was ja nicht klappte, weil sie eine Woche davor mit mir per Telefon Schluss gemacht hatte. Ich glaube auch der Letzte hat nun den Zynismus in dieser Ausführung erkannt. Egal, ich saß also in meinem Flugzeug nach Kanada… tief geknickt und dem Suizid nahe, als ich aus dem Fenster sah und sich mir majestätische Pyramiden aus weißem Pulverschnee auftun. Zumindest konnte ich vermuten, dass es Pulverschnee sei, da ich ja etwa 10.000 Meter darüber in einer Boeing hinwegsauste.

    Was allerdings außer Frage stand war: Was sich hier meinen Augen bot war absolut atemberaubend! Es war wie Liebe auf den ersten Blick, die mich meinen vorherigen Liebeskummer für einen kurzen Augenblick vergessen ließ. Die weiten Landschaften schienen so ewig weit und abgesetzt von jeglichem Leben. Genau richtig also für mich. Wie eine andere Welt, die auch heutzutage noch der fast vollkommenen erschlossenen Welt moderner Zivilisation zu trotzen schien.

    Und das ist allem Anschein nach auch der Fall – so habe ich es zumindest gelernt.

    Die Idee war geboren. Und immer weiter setzte sie sich in meinem Kopf ab. Mit jedem Abenteuer, das ich erlebte, brachte dieser gierige Mietnomaden-Spatz Grönland einen weiteren Ast in das Nest, das er gerade in meinem Gehirn erbaute. Reisen und Erlebnisse dienten ihm dabei als Futter. Mit jedem Berg, den ich jemals erklettert habe, jedem antarktischen Eisberg, der vor mir einstürzte, jeder außergewöhnlichen Bekanntschaft, die ich im Laufe der Zeit geschlossen hatte… Mit jedem dieser Schritte wuchs die Sehnsucht in mir, dieser eisigen und endlos weißen Schönheit einen Besuch abzustatten.

    Ich erinnere mich an meine Kindheit, als ich es zu meinem offiziellen Lebensziel erklärte, einmal alle Kontinente bereist zu haben. Desillusion folgte auf den Schritt, als mir bewusst wurde, dass die Antarktis ebenfalls ein Kontinent ist. Da ist es wieder… „Das schaffst Du doch nie!"

    Dennoch hat mich meine Lebensphilosophie dazu gebracht, trotz meiner limitierten Erwartung, bereits im Alter von 28 Jahren den Lebenstraum meines jungen Ichs erfüllt zu haben. Und zwar inklusive der Antarktis.

    Immer mehr hatte mich diese Lebensweise über die Jahre zudem dazu gebracht, an mich selbst zu glauben. Mal mehr, und ok… etwas öfter auch ein bisschen weniger… jedoch immer noch oft genug um meine persönlichen Grenzen weiter und weiter auszudehnen.

    Niemals die Träume hinten anzustellen, das war mir im Laufe meines Lebens wichtig geworden. Zwar bin ich seit meiner Kindheit von meiner Mutter stark als „Träumer" betitelt. Trotzdem würde ich sagen, dass mich diese Eigenschaft weit gebracht hat in meinem jungen Leben.

    Ich kann weiß Gott nicht sagen, dass ich bereits innere Glückseligkeit gefunden habe. Guten Gewissens kann ich allerdings sagen, dass ich weiterhin den Weg danach suche. Ein Punkt, den nicht ein Jeder von sich behaupten kann.

    Träume… Visionen… Das sind Dinge, die ein Jeder haben sollte.

    Seit ich nach dieser ersten Bekanntschaft mit der Arktis also erfahren hatte, dass sie tatsächlich noch weitgehend unerforschte Regionen beherbergt… und obendrein noch Möglichkeiten für Erstbesteigungen unbekannter Berge bietet war der Plan gefasst. Mein innerer Spatz hatte also bereits Eier gelegt. Ich würde nach Grönland reisen! Hauptziel wäre es, einem dieser Berge einen Namen zu verpassen.

    Als Zeichen für alles auf den ersten Augenblick unerreichbar Erscheinende. Und dafür, wie weit man dann doch aus eigener Kraft gelangen kann.

    „Ametsbichl! Perfekt! Das passt doch als Name! Wie praktisch, dass mein Nachname das Wort „Hügel in altbayerischer Sprache beinhaltet. Somit bliebe das Element des Witzes auch nicht ganz unberührt, bei der Namenswahl für meinen zukünftigen Schicksalsberg. Aufbäumend in meiner Schicksalsregion… der Arktis.

    Und zum Thema Träume und Visionen: Was für ein besseres Statement kann man an sich selbst machen, als einen Berg in der tödlichsten Region zu besitzen, der nach Einem Selbst benannt ist. Wobei es sich beim Schreiben des Wortes tödlich irgendwie auf einmal nicht mehr ganz so reizvoll anhört. Aber egal… die Eier in meinem Gehirn müssen schließlich ausgebrütet werden.

    Um alle durch diese Gesellschaft begründeten Selbstzweifel zu beseitigen. Als nehme man seine eigene Geschichte, fasst alle Kritik als Zweizeiler zusammen, nur um sie mit einem lauten „Fuck you! ins Gesicht der zivilen Welt zu knallen. Eigener Berg also, hä? Und was haben SIE so vorzuweisen, Herr Müller?"

    Der Wille ist also von Anfang an dagewesen… bloß, wo kommt die notwendige Kohle her?! Wusste doch dass die Sache einen Haken hat. Eigentlich hatte ich ja für dieses Jahr eine ausgedehnte Reise nach Südamerika geplant - Kolumbien und dann Angel Falls in Venezuela. Oder doch mit dem Motorrad durch Madagaskar? Je mehr ich in meinem Leben bereits gereist bin, desto mehr ist die Anzahl der möglichen Abenteuer für die Zukunft gestiegen… fällt mir gerade auf.

    Über mehrere Jahre habe ich meine Grönlandreise geplant, jedoch ist es immer wieder an den hohen Expeditionskosten gescheitert. Das Ziel war bereits in die Reisekategorie „Da bietet sich schon irgendwann die Gelegenheit" abgerutscht. Eine Gruppe, von der wohl ein Jeder weiß, dass deren Mitglieder auf Immer und Ewig im guten Willen gefangen sind… jedoch nie zum Zug kommen werden.

    Wie es der Teufel allerdings so will hat sich urplötzlich dieses Jahr eine Chance aufgetan, das Ganze günstiger zu gestalten, als es die ursprüngliche Kalkulation hergab. Paul Walker hatte wohl einen Weg gefunden seine Kosten zu senken. Es ist wie eine einmalige Gelegenheit. Und seien wir mal ehrlich, wenn ich jetzt nicht zugeschlagen hätte, hätte es niemals geklappt.

    Um also nun nicht weiter auf die Folter zu spannen: Nach ca. 6-monatiger Vorbereitungszeit sitze ich nun in Helsinki und warte auf meinen Weiterflug nach Island.

    Yeah, ich habs getan! Island? Ja, Island…! Zumindest fürs Erste.

    Es ist gar nicht so leicht nach Grönland zu gelangen. Dann, wenn es sich um die unerforschte Wildnis dieser rar besiedelten Gegend handelt. So werde ich mich in Reykjavik mit Expeditionsorganisator und meinen anderen Reisebegleitern treffen bevor wir uns zusammen ins ewige Eis der grönländischen Arktis wagen.

    Kapitel 1

    Vor dem Start ist nach dem Start – oder so ähnlich

    Bereit zum Aufbruch… mal wieder

    Ok, mir ist klar… das war jetzt erst mal eine riesen Salbe, die ich im Intro losgelassen habe. Daher soweit schon mal danke an alle die noch immer fleißig am Lesen sind. Jedoch denke ich, dass es wichtig ist, meine Beweggründe zu verstehen, wie man denn eigentlich auf die blöde Idee kommt eine Reise nach Grönland zu unternehmen. Und das auch noch freiwillig. Viele Stellen in diesem Buch könnte man sonst als puren Masochismus abstempeln. Und so falsch würde man damit wohl auch gar nicht liegen. Wenn… und auch nur wenn… man denn die Geschichte dazu nicht kennt die mich zu all diesem Blödsinn verleitet hat. Und wohl auch in Zukunft noch oftmals verleiten wird. Aber dazu will ich jetzt mal gar nicht zu viel wegnehmen.

    Dank des warmen Winters in Deutschland fiel die Vorbereitung auf meinen Trip in die Arktis eher human aus. Ich meine, die Ziele waren ambitioniert gesteckt: Jedes Wochenende draußen in den Bergen bei eisigen Temperaturen übernachten. Regelmäßige Skitouren, bei denen ich gewichtsmäßige Adäquate ausgeschlachteter Militärflugzeuge hinter mir herziehe, und, und, und!

    Die Realität sah leider etwas anders aus. Sei es, weil Väterchen Frost Mitleid mit mir hatte und sich dachte Der dumme Junge ist schon gestraft genug oder aus anderen Gründen. Der Winter blieb aus. So wurden aus meinen Guten Vorsätzen vereinzelte Fahrten ins Ausland um wenigstens ein bischen der deutschen Wintersauna zu entgehen. Hier nochmals danke an meinen guten Freund Paul, der sich nie zu schade war, mich auf meinen Sturkopffahrten zu unterstützen. Mehr noch: Bei jeder noch so blödsinnigen Idee sogar noch einen oben draufzusetzen.

    Jedoch schafften wir es, vereinzelte Wintertouren zur Vorbereitung durchzuführen. Ja, sogar bei komplett unzureichender Ausrüstung auf dem Gipfel des Biberkopfes in den Schlaf zu frieren. Meinen Vorsätzen allerdings hatte das auf gar keinen Fall Genüge getan. Umso Verständlich also, dass ich umso nervöser wurde, je näher der große Tag der Abreise kam. Das Beängstigendste war die absolute Abgeschiedenheit der Arktis, die bereits auf mich wartete.

    Auf unseren Kurztrips nach Italien, Österreich… oder wo auch immer hin dachten wir uns nicht viel. Was auch immer schief gehen würde, in den europäischen Alpen wäre man so oder so relativ sicher.

    In Grönland ist das ein anderes Kaliber. Oh shit, jetz hab ich doch glatt meine Kuscheldecke vergessen… Dumm gelaufen würde ich sagen. Hier würde es niemanden geben, der Einem helfen kann. Und selbst wenn es den gäbe… wenn er irgendwie erreichbar wäre… dann wäre dieser Typ derart weit entfernt, dass man ihm als Bo Frost Kost entgegenstrahlt sobald er seinen Weg zu Einem durchgebahnt hat.

    Guter Rat war daher teuer bei derartigen Unterfangen und ich wollte sichergehen, dass auch wirklich ALLES stimmt, bevor es losgeht.

    Hab ich daran gedacht? Und was passiert, wenn das und das kaputt geht? etc. Bei meinen Planungen kam ich Schnell vom Hundertsten ins Tausendste. Das Ganze beschleunigt von meiner Berufskrankheit des Projektmanagers, der alles bis aufs minutiöseste durchplanen will.

    Alle Risiken waren mir bekannt… aber ich bin mir nicht sicher ob das eine gute Sache war. Da ich dadurch viele Risiken kannte, die ich gerne bewusst außen vor gelassen hätte. Schließlich konnte ich mich ja nicht um alles kümmern. Und der große Tag sollte irgendwann kommen.

    Doch nicht nur meine Nervosität macht mir dieser Tage zu schaffen. Es hat sich bei mir noch ein weiteres Gefühl breitgemacht, welches mich auf meiner Reise begleiten wird! Seit geraumer Zeit ist mir mehr und mehr klar geworden, dass ich vom ursprünglichen Leben, wie ich es mir nach zahlreichen „Erleuchtungen" zum Ziel gesetzt hatte abgewichen bin.

    Mehr und mehr habe ich über die Jahre and Begeisterungsfähigkeit verloren, welche mich früher doch so sehr ausmachte. Es war mir immer ein riesen Spaß gewesen… ach was sage ich… es war mir eine Erfüllung, das Leben in vollen Zügen bei den Eiern zu packen. So verdammt stolz war ich darauf, meinen Traum zu leben. Ständig neue Abenteuer in der Weltgeschichte zu erleben – und zwar wie, und wann ich es möchte.

    Dieser Lebensstil, den ich mir herausgesucht hatte, scheint mir jedoch mehr und mehr zur Farce zu verkommen. Eine Leidenschaft, die sich irgendwann ins Zwanghafte verkehrt hatte. Du musst das jetzt erreichen.

    Ok, das hört sich jetzt von meinem Standpunkt etwas heuchlerisch an. Klassisch nach der Note Jammern auf hohem Niveau. Bin ich doch gerade dabei in ein Flugzeug zu steigen, um das größte Abenteuer meiner bisherigen Geschichte zu erleben. Aber dieses Problem hat rein gar nichts mit meiner bevorstehenden Reise zu tun.

    Es ist wie ein Virus, der mich in letzter Zeit stark heimsucht. Ein Virus, von dem ich hoffe ihn irgendwie in der Arktis heilen zu können.

    Erinnere ich mich daran wie ich vor drei Jahren voller Lebenslust und Hochmut nach einer Weltreise aus Argentinien zurückkehrte, nur um noch und noch mehr sehen zu wollen. Mit der Idee mich selbst zu verwirklichen, und niemals zu rasten. Schaue ich mich jetzt an… drei Jahre später, ist all das verflogen.

    Meine damalige Reiselust ist in eine Zwanghaftigkeit gewichen, mehr und mehr Orte zu besuchen. Nicht mehr Spaß und Erfüllung sind im Vordergrund. Sondern die Angst davor, wieder in das Raster der Durchschnittlichkeit zu verfallen.

    Reisen scheint mir inzwischen als Vorwand zu dienen, dass ich immer noch die selbe Person bin die, damals dick bepackt und voller Tatendrang aus dem Flugzeug stieg. Die Person, auf die ich so derart stolz war und welche ich mir geschworen hatte, immer zu bleiben.

    Richtig… die Midlife-Crisis hat mich voll am Wickel. Eins ist mir klar vor Abreise ins ewige Eis: Ich muss irgendwas ändern!

    Um jeden Preis will ich wieder der quietschvergnügte Aufreißer werden, der ich damals war. Fragt sich nur wie? Eine Frage, die sich hoffentlich in der grenzenlosen Abgeschiedenheit beantworten wird.

    Als wichtige Information sollte ich nun an dieser Stelle ebenfalls erwähnen, dass ich kurz vor der Reise den Entschluss fasste, endlich meine Zelte abzubrechen. Und zwar langfristig. Irgendwohin… egal wohin. Aber Hauptsache raus aus Deutschland, sobald ich aus Grönland zurückkomme.

    Eines meiner Hauptgefühle ist, dass ich meine Weltreise zu früh abgebrochen habe. Ich meine… das Schlimmste für mich ist es im Leben rückwärts gehen zu müssen. Das aber genau scheint der Fall gewesen zu sein. Als hätte meine Auszeit / Weltreise nie stattgefunden.

    Oder – noch schlimmer – als wäre mein Leben nur kurz mit mir Gassi gegangen um mich dann wieder zurück über Los zu schicken.

    Zurecht fragen sich die meisten Leser wohl nun, reden wir hier eigentlich noch über die Arktis Expedition? JA! Denn jetzt kommt es: Das Schicksal ist eine hinterlistige, fiese Pottsau die immer wieder versucht uns zu testen. Beziehungsweise ist es auch wie ein weiser alter Mann, der Gefallen daran gefunden hat, Suchende mit Rätseln zu testen, bevor sie ihren Weg finden.

    Und so tat sich für mich eine Gabelung auf, als ich kurz vor meiner Reise ein verlockendes Angebot meiner Firma bekommen habe, permanent nach Madrid zu migrieren. Innerlich habe ich, so denke ich, bereits den Entschluss gefasst alle meine Zelte abzubrechen. Meine Arbeit zu kündigen und mich neuen Abenteuern auf der großen weiten Welt zu widmen. So wurde mir also mit diesem Angebot ein zusätzlicher Gewissenskonflikt mit auf die Reise nach Grönland gegeben. Es heißt nun charmantes, bezahltes und gemütliches Leben innerhalb der Komfortzone des wunderschönen Spanien, oder durch konstruktive Zerstörung einen neuen Lebensabschnitt im Leben zu beginnen. Eine neue Weltreise als Alternative zum Berufsleben im Ausland.

    Um ehrlich zu sein hat der gemütliche Lebensstil in letzter Zeit so seine Spuren hinterlassen. Die Entscheidung, einen gut bezahlten Job im – doch über die Jahre arg ersehnten und schwer erarbeiteten – Ausland abzulehnen wird keine Leichte werden. Gepaart mit der Unsicherheit, ob diese Entscheidung, wieder auf Reisen zu gehen, überhaupt des Rätsels Lösung ist. Wie ein Kampf David gegen Goliath scheint mein innerer Gewissenskonflikt zeitweise.

    Kapitel 2

    … oder doch nicht…

    Rauchschwaden auf Island statt Eisberge in Grönland

    Es erscheint mir wie eine Ewigkeit in der ich nun unterwegs bin. Bis jetzt sind es nur zwei Tage, klar. Aber der Fakt dass sich all mein Hab und Gut in einem gut verpackten Rucksack befindet, der eine andere Reise angetreten hat als ich selbst, machte die Reise mit Zwischenstopp in Helsinki nicht unbedingt komfortabel. Zwei Tage Leben aus dem Handgepäck… jippeye!

    Endlich fühle ich mich wieder als richtiger Backpacker. Das Gefühl, ungewaschen durch die Straßen zu schlendern. Andere Dinge im Fokus zu haben als die tägliche Dusche oder die saubere Buze… es ist alles schlagartig wieder da. Wie oft habe ich bereits aus der Not eine Tugend gemacht, wenn ich schlicht und einfach mal wieder den gewohnten westlichen Luxus missen musste?

    Und da ist sie nun wieder: die Einfachheit die uns immer wieder im Leben zeigt, wie sinnlos doch so manche Etabliertheiten sind. Und wie einfach wir doch trotzdem durchs Leben kommen, wenn wir nichts anderes bei uns haben als das Paar Klamotten am eigenen Leib.

    Ob mir mein Gepäck auf dem Flug zu meinem ersten Ziel Island abhandengekommen ist? Scheiße… nein… das wäre einer meiner Albträume gewesen. Vielmehr musste ich gleich zu Beginn eine Odyssee mit Übernachtung in Finnland antreten, bevor ich letztendlich in Reykjavik angekommen bin.

    Mein Gepäck war da allerdings schlauer und hat gleich den direkten Weg genommen. Und so sind wir also doch letzten Endes wieder glücklich vereint.

    An meiner Hygienesituation hat das allerdings nichts verändert. Durch all die Kniffeleien und Tricks, die Unmengen an benötigter Ausrüstung in ein erträgliches Packmaß zu bringen kann ich nicht mal daran daran denken, mein Hab und Gut vor Ankunft in Grönland zu entpacken. Ungeöffnet liegt mein Rucksack seit Ankunft in Island bereit.

    Dann gehts halt mal wieder ohne Dusche weiter, denke ich mir… oder auch nicht.

    Noch vor meiner geplante Abreise von Reykjavik nach Akureyri, dem Ort an dem ich auf meinen Weitertransport nach Grönland warten sollte, erreicht mich die freudige Nachricht, mein Weiterflug könnte sich verzögern.

    Nun ja, könnte ist ungefähr so durchschaubar wie ein Bioladen neben dem Oktoberfest. Natürlich ist es genauso gekommen. Was mir nun die Freude beschert an einem wunderschönen (aber todlangweiligen) Ort in Island festzustecken.

    Akureyri. Ein Ort, an dem ich unter normalen Umständen nicht tot überm Gartenzaun hängen möchte.

    Um ehrlich zu sein amüsiert es mich allerdings, dass genau das zu einem Abenteuer gehört. Das Unberechenbare! Durch genau diese Kleinigkeiten versuche ich doch dem Alltag zu entkommen. Da würde es mir doch schon fast scheinheilig vorkommen, wenn bereits zu Beginn alles glattläuft bei einem Unterfangen wie Diesem.

    Starker Sturm mit Geschwindigkeiten von 50kmh und extremer Schneefall – allem Anschein nach ist das der Grund für unser zeitweiliges Zeit totschlagen am nördlichen Arsch Islands.

    Diese Information hat mich per Email erreicht. Aber wenigstens kann ich mir hier nach Tagen endlich mal wieder den Luxus einer Dusche gönnen. Wenn schon in einem Nest verrotten… dann wenigstens wohlduftend! Es soll sich ja bloß um eine extra Nacht handeln.

    Voller Elan spurte ich also am nächsten Tag die Treppen meines Hotels herunter. Wohl wissend: Endlich ist es soweit. Der Abflug nach Grönland ist nach Tagen des „Zeit-Totschlagens" und unvorhergesehenen Verzögerungen gekommen. Gespannt sitzen bereits alle Expeditionsteilnehmer am Frühstückstisch… freudestrahlend dass nun auch für sie das Warten ein Ende hat.

    Wir sind zwei Gruppen. Neben uns gibt es eine Gruppe Engländer (irgendwie sind es immer Engländer und Deutsche die so einen verrückten Mist machen), welche mit meiner Gruppe zusammen nach Grönland kommen werden. In Constable Point – dem Flughafen und Basiscamp, von welchem die Unternehmung losgeht – werden sich unsere Wege dann trennen.

    Noch vor uns wird sich die Gruppe nach Liverpool Land verabschieden, von wo sie selbstständig per Tourenski ihren Weg zurück nach Constable Point machen. So zumindest der Plan. Wobei sich manche von Ihnen eines Kites mit mehreren Quadratmetern Spannweite bedienen, um sie mit rasanten Geschwindigkeiten durchs Eis zu ziehen.

    Per Kite durch die Arktis, denke ich mir. Das ist auch mal eine geniale Idee für eines meiner nächsten Abenteuer. Und ZACK… die Idee für Eine meiner nächsten Reisen ist geboren.

    Das ist das, was ich so am Reisen liebe. Daran, neue Menschen und deren Geschichten zu treffen: Sie inspirieren Einen fast regelmäßig neue Dinge auszuprobieren. Sie bringen Dich auf Ideen auf die man selbst nie kommen würde, und welche man mit den eigenen Erfahrungen und Wünschen kombiniert, um daraus etwas Neues zu erschaffen.

    Eine Art von Kreativität, die uns viel öfter im Leben begegnen sollte, und welche meiner Meinung nach den echten Schlüssel für Erfolg darstellt: Sich nicht vor Wandel und dem Unplanbarem verschließen, sondern dem Fremden Typ namens „Leben öfter mal im eigenen Heim zu beherbergen anstatt ihn klatschnass im Regen stehen zu lassen: Nein danke, wir brauchen nix!"

    Und dabei spreche ich bei Erfolg nie von irgendeiner Karriereleiter im Beruf. Vielmehr geht es doch darum, das Glück im Leben zu suchen, um so viel wie nur möglich aus sich zu machen im Leben. Auf mentaler Ebene - versteht sich von selbst.

    Aber zurück in mein Gasthaus in Akureyri, in welchem ich mich noch immer befinde. Neben der fremden Gruppe gibt es hier ebenfalls meine eigene Gruppe, die sich mental auf die Abreise vorbereitet. Meine Teamkollegen habe ich bereits vor Tagen in Reykjavik getroffen, wo sie mich in einem gnadenlos vollgestopften Jeep abholten um die kurze Strecke von ca. 400km nach Akureyri anzutreten.

    Beinahe in Phötusstellung haben wir uns neben unsere Gepäckstücke im Fahrzeug gequetscht, ächzend und jammernd, als mir bereits nach kurzer Zeit der Hintern taub wurde. Aber hey: herzlich willkommen im Backpacker Leben. Schampus und Sprudelbad gibts zu Hause in der Welt, aus welcher ich mich mehr als glücklich vollends vor einigen Tagen verabschiedet hab…

    DAS hier ist die Welt des Traveller Chris. DAS sind wohl nun die Leute, mit denen ich in den nächsten paar Wochen engsten Raum teilen werde. Bereits davor war ich sehr aufgeregt, wie sie wohl sein werden. Die Menschen, an die ich auch das kleinste Bischen Privatsphäre abgebe. Schließlich werden sie entscheiden, ob sich die Erfahrung als voller Erfolg entpuppt, welchen ich mein Leben lange nicht mehr vergessen werde… oder ob das nicht mehr vergessen daher rührt, dass sich bereits nach zwei Stunden laszive Mordgedanken in meinem Kopf festsetzen. Hass, den ich durch ein permanentes inneres reg Dich nicht auf, der Onkel macht nur Spaß besänftigen muss.

    Tom, mein Führer, ist so ziemlich wie ich ihn mir im Vorhinein vorgestellt hatte. A oida Hund wie wir ihn in Bayern nennen würden, sprich: die Erfahrung strahlte bereits aus seinen Augen, als ich ihn zum ersten Mal sah. Er erscheint wie die manifestierte Ruhe in Menschengestalt.

    Was mich stark beruhigt… wird es doch er sein, in wessen Hände ich mein Leben innerhalb der nächsten drei Wochen legen werde. Seine bedachte, und vor allem sehr reife Art gibt mir

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