Entführt und verloren?: Spektakuläre Fälle von Menschenraub und Geiselnahme
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About this ebook
Entführungen gehören zu den spektakulärsten Verbrechen überhaupt.
So unterschiedlich die Täter vorgehen, so vielfältig sind ihre Motive: finanzielle, sexuelle, politische, persönliche.
Erstaunlich: es trifft viel mehr Menschen, als man vermutet.
Der bekannte Krimiautor Stefan Ummenhofer hat Fälle mit deutschen Opfern zusammengetragen, die durch Raffinesse, Banalität oder Grausamkeit verblüffen. Er beleuchtet die Hintergründe, ordnet ein, fragt nach.
40 Verbrechen, Hunderte Opfer, unzählige Täter − diese erste umfassende Publikation zu außergewöhnlichen Entführungsfällen wartet mit spannenden und teils bislang unbekannten Details auf.
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Book preview
Entführt und verloren? - Stefan Ummenhofer
schützen.
Fall 1
Joachim – Die erste Kindesentführung in der Bundesrepublik
Tatzeit:
15. April 1958
Tatort:
Stuttgart-Degerloch
Opferversteck:
Leichenversteck im Stuttgarter Waldgebiet zwischen Sonnenberg und Kaltental
Entführungsdauer:
Opfer wird direkt nach der Entführung ermordet
Urteil:
Keines, Täter begeht Selbstmord
Kindesentführung, das ist im Wirtschaftswunderland Bundesrepublik 1958 ein Begriff, der nichts mit dem realen Leben zu tun hat. Kidnapping, so etwas kommt vielleicht in den USA vor, aber in Deutschland?
Wir schreiben Dienstag, den 15. April 1958. Der siebenjährige Joachim Goehner wächst ohne größere Sorgen auf. Sein Vater René ist ein wohlhabender Textilkaufmann, die Familie bewohnt eine Villa im noblen Stuttgarter Stadtteil Degerloch am Südrand der Landeshauptstadt auf der Filderebene.
Joachim gilt als aufgeweckter Junge.
An diesem Dienstagmorgen, einen Tag vor seinem ersten Schultag, verlässt er sein Elternhaus, um sich mit einem Spielkameraden zu treffen. Später am Vormittag, Joachim spielt gerade allein, spricht ihn ein unbekannter Radfahrer an – mit einem verlockenden Angebot: Er könne ihn zu ein paar zahmen Rehen bringen, die der Junge auch anfassen dürfe. Joachim liebt Tiere und lässt sich deshalb auf den Gepäckträger des Rades setzen.
Der Mann fährt ihn in ein nahe gelegenes Waldstück. Doch der Siebenjährige wird dort, im Haldenwald, keine Rehe finden.
Der Täter wird später aussagen, er habe das Kind sofort erdrosselt. Und: Er wird berichten, ein zuvor von ihm angesprochener Junge habe von den Rehen nichts wissen wollen.
So trifft es Joachim.
Als dieser zum Mittagessen nicht zuhause in der Löwenstraße auftaucht, machen sich seine Eltern große Sorgen. Sein Vater alarmiert umgehend die Polizei. Beamte durchkämmen im Verlauf des Dienstags den ganzen Stadtteil Degerloch, doch der Siebenjährige bleibt verschwunden.
Während die anderen Kinder des Jahrgangs am Mittwoch, 16. April 1958, eingeschult werden, wartet das Ehepaar Goehner den ganzen Tag über verzweifelt auf ein Lebenszeichen seines Sohnes.
Kurz vor Mitternacht wird durch einen Anruf klar: Joachim ist das Opfer einer Entführung geworden! 15.000 Mark solle René Goehner zahlen, dann bekäme er seinen Sohn zurück. Und der Anrufer warnt: Keine Polizei!
Diese geht jedoch längst im Hause der Goehners ein und aus. Sie schließt ein Tonbandgerät an das Telefon der Familie an. Der Anschluss wird von einem Beamten im Stuttgarter Fernsprechamt dauerhaft überwacht, um den nächsten Erpresseranruf möglichst schnell zurückzuverfolgen.
Zuständig für die Fahndung ist die Dienststelle D 1, verantwortlich Kripo-Chef Kriminalhauptkommissar Kurt Frey. Dieser betreibt die Suche nach Joachim zunächst mit seinem Team unter Geheimhaltung – auf eine Öffentlichkeitsfahndung soll verzichtet werden.
Beim zweiten Anruf des unbekannten Täters bestätigt sich der polizeiliche Verdacht, dass sich der Mann von einer öffentlichen Telefonzelle aus meldet. Der Erpresser befiehlt René Goehner, mit seinem Auto und den 15.000 Mark in Richtung Vaihingen zu fahren. Auf dieser Strecke werde man ihm den Übergabeort des Geldes mitteilen – und zwar durch eine versteckte Botschaft.
Doch etwas läuft schief, die Übergabe scheitert.
Die Polizei intensiviert derweil die Fahndung, doch ist sich über die Methoden uneins: Soll man alle öffentlichen Fernsprechzellen in Stuttgart überwachen lassen, bis der Täter wieder anruft? Mehrere hundert sind es, und das hieße, es müsste polizeiliche Verstärkung aus anderen Städten angefordert werden.
Ein Untergebener von Kriminalhauptkommissar Frey entwickelt einen Plan: An sämtlichen Fernsprechzellen im Stadtgebiet sollen demnach möglichst schnell Beamte in Zivil positioniert werden. In dem Moment, in dem aus dem Fernsprechamt ein Anruf bei Goehners mitgeteilt würde, müssten alle Alarmsirenen Stuttgarts angestellt werden. Das sei für die Zivilpolizisten das Signal, sofort die Person, die gerade in der beobachteten Zelle telefoniert, festzunehmen. Der Täter müsse demnach unter den Festgenommenen sein.
Die Wahrscheinlichkeit, den Mann zu fassen, würde wohl bei 100 Prozent liegen.
Andererseits: Der Aufwand dafür wäre erheblich, die Kosten ebenso. Zudem würde man zunächst mehr als 99 Prozent Unschuldige festsetzen.
Aber: Müsste nicht fast jeder Aufwand für das Leben eines Kindes angemessen sein?
Dennoch verwirft KHK Frey den Plan und setzt auf einen anderen: Die Funkstreifenwagen der Stuttgarter Schutzpolizei – Uran-Wagen genannt – werden in den Süden der Landeshauptstadt beordert, wo der Täter vermutet wird. Im Alarmfall sollen sie – ohne Sirene und Blaulicht, um den Erpresser nicht zu warnen – zur betreffenden Telefonzelle fahren.
Das Problem: Vom Beginn des Täteranrufes bei Goehners bis zur Ermittlung des Anruferstandortes dauert es zwei Minuten. Die Übermittlung vom Fernsprechamt über die Polizeizentrale an die Streifenwagen kostet mindestens nochmals eine Minute und dann ist noch die Fahrzeit zur betreffenden Telefonzelle einzukalkulieren.
Bei den ersten beiden Anrufen hat der Täter nie länger als 90 Sekunden mit René Goehner telefoniert und sich deutlich bemüht, das Gespräch kurz zu halten. Demnach hätte er bei einem erneuten Anruf mehrere Minuten Vorsprung, bis die Polizei mit ihrem Uran-Wagen vor Ort ist.
Und genau so geschieht es: Am Freitag, 18. April, ruft der Erpresser gegen 18.30 Uhr wieder von einer Telefonzelle im Süden Stuttgarts aus an. Nach langen fünf Minuten stellt sich heraus: Der Erpresser der Goehners hat sich aus der linken Zelle des Vaihinger Postamtes