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Philosophie: Eine Einführung
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Philosophie: Eine Einführung

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Das Buch "Philosophie - Eine Einführung" von Tizian H. Liechti stellt eine tiefergehende Einführung in die Philosophie dar. Es ist geeignet für's Selbststudium wie auch als Begleiter für ein formales Studium.

LanguageDeutsch
PublisherPublishdrive
Release dateDec 3, 2015
ISBN9789634281665
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    Philosophie - Tizian H. Liechti

    PHILOSOPHIE -

    EINE EINFUEHRUNG

    © Tizian H. Liechti. All rights reserved.

    Autor: Tizian H. Liechti, dipl. Philosoph

    Ort & Datum: Bern, den 15.07.2015

    VORWORT

    Das vorliegende philosophische Buch dient der Einführung in die Philosophie. Dies ge-schieht anhand meiner eigenen Texte, welche ich während meines Studiums der Philosophie, der Volkswirtschaftslehre und der Soziologie geschrieben habe. Die von mir verfassten Texte des Studiums sollen u.a. Aufzeigen, was hinsichtlich eines philosophischen Textes im Studium an Qualität und Quantität verlangt wird. Es sollte demgemäss ein Nachschlagewerk und eine Inspirationsquelle für's Studium der Philsosphie vorliegen, um dem der mag, eine gewisse Anleitung zu geben. D.h. eine Anleitung, die erlaubt, neue Sachverhalte zu entdecken, die für's gelingende Studium unentbehrlich sein dürften. Der Autor geht davon aus, dass sich recht eigentlich nichts von allem im vorliegenden Buch Geschriebenen wirklich entbehren lässt. Er lädt dazu ein sich mit den vorliegenden Texten zu beschäftigen, indem man eventuell auch diskutierte Texte und Autoren ein wenig studiere. Somit wäre dann ein tiefgründiger Einstieg ins Studium der Philosophie möglicherweise denkbar.

    Hoffentlich fühlen Sie sich jetzt nicht gleich erschlagen vom Umfang der zu studierenden Inhalte. Man bedenke, dass diese innere Reise des Studiums der Philosophie eine Reise ist, die möglicherweise nie mehr enden wird. Wer sich als Philosoph betrachtet, möchte dies sicher nicht nur zeitweilig tun. So kommt es eventuell zur nicht-endenden Reise. Viel Spass. Viel Glück und gutes Gelingen. Seien Sie vorsichtig bei dem, was Sie so glauben werden und an Standpunkten vertreten.

    PHILOSOPHIE - EINE EINFUEHRUNG

    Kapitel 1:

    BACON'S INSTANTIAS CRUCIS & NEWTON'S EXPERIMENTUM CRUCIS

    Einleitung:

    Der hier vorliegende Text war mein erster philosophischer Text, den ich verfasst habe. Er stellte eine Arbeit im Rahmen eines Proseminars dar. Ich versuchte gleich von Beginn weg auf gutem Niveau zu philosophieren, was mir mir eigentlich gut gelungen ist.

    Als Basis und Ausgangstexte dienten Francis Bacon's „Novum Organon und ein Artikel zur Optik des Mathematikers Isaac Newton. In meinem Text werden von mir sogenannte „Kreuzfälle - instantias crucis - thematisiert, welche in der Wissenschaft und Wissen-schaftstheorie eine wichtige Rolle spielen. Anhand dieser Fälle kann man jeweils versuchen Ursachen von Wirkungen zu identifizieren. Bacon nennt diese Ursachen jeweils Formen. Die Kreuzfälle bilden also ein grundlegendes wissenschafttheoretisches Element im Versuch Ursachen von Wirkungen zu finden. Bacon's Vorgehensweise ist diesbezüglich bahn-brechend, da Bacon sich vom aristotelischem Vorgehen via Syllogismen - spezifische lo-gische Schlussstrukturen - weitesgehends lösst und versucht unter Einbindung von Beobach-tungen zu wissenschaftlichen Resultaten zu gelangen. D.h. Bacon zeigt im Werk „Novum Organon" eine in bestimmten Sinne empirische Herangehensweise der Wissenschaft auf, im Gegensatz zum früheren blossen Analysieren von jeweiligen Begriffen.

    Ich bitte nun den Leser nicht gleich aufzustecken: der vorliegende Text von mir zu Bacon und Newton ist eher anspruchsvoller und für Anfänger sowieso. MeinText zeigt aber auf, was in der Philosophie, im speziellen der Wissenschafttheorie - einem sehr wichtigen Teilgebiet der Philosophie - so alles möglich und denkbar ist. Zugänglichere Themen und Texte werden dann ab dem dritten Kapitel präsentiert.

    I. INSTANTIAS CRUCIS (Novum Organon II A36)

    1.1 Zum Begriff:

    Der spezifische Beitrag der Fälle des Kreuzes - zu den vorrangigen Fällen gehörend und dem Verstand als Hilfsmittel bei der wahren Interpretation der Natur dienend - liegt in ihrer Entscheidungsfunktion: sie entscheiden zwischen potentiellen Ursachen einer untersuchten Eigenschaft und zeigen nach Bacon die unlösliche Verbindung einer dieser denkbaren ursächlichen Eigenschaften mit der untersuchten. D.h. ein Fall des Kreuzes erlaubt die Elimination aller bekannten potentiellen Ursachen bis auf eine, die dann als Form gilt. Obige Elimination führt also zu einem indirekten Schluss auf die Form. Dieser indirekte Schluss kann sich jeweils auf zwei Weisen vollziehen: erstens kann der Kreuzfall eine unlösliche Verbindung zwischen einer der potentiellen Ursachen und der untersuchten Eigenschaft aufzeigen, indem die Beobachtungen zum Kreuzfall und die Prognosen desselben übereinstimmen, was wiederum dazu führt, dass - im Falle von zwei potentiellen Ursachen - die eine Ursache, welche nicht die Prognosen des Kreuzfalles determinierte, eliminiert wird, und folglich so indirekt auf den Formstatus der anderen potentiellen Ursache geschlossen werden kann. Die eine Eigenschaft darf ausgeschlossen werden, weil ihr die unlösliche Verbindung fehlt, d.h. diese Verbindung aus ihr nicht folgt, und sie auch keine weitere Verbindung zur untersuchten Eigenschaft aufzuweisen vermag, die der als Form identifizierten Eigenschaft fehlen würde. D.h. aus dieser irrelevanten Eigenschaft folgt keine hinreichende Differenz in Bezug zur anderen potentiellen Ursache, eine Differenz die gleichzeitig die unlösliche Verbindung zur untersuchten Eigenschaft ausmachen würde. Die Differenz zwischen den zwei potentiellen Ursachen verbindet also nur die eine ursächliche Eigenschaft mit der untersuchten. Zweitens kann der Kreuzfall die unlösliche Verbindung aufzeigen, indem seine Prognosen nicht mit den beobachteten Tatsachen übereinstimmen. Hierdurch lässt sich nämlich diejenige potentielle Ursache eliminieren, nach der die Prognosen des Kreuzfalles gebildet worden sind (genauere Erläuterungen hierzu folgen weiter unten). Diese Elimination erlaubt auch hier folglich einen indirekten Schluss auf den Formstatus zugunsten der anderen potentiellen Ursache. Auf die Form lässt sich hier schliessen, weil die verdeutlichte lösliche Verbindung der einen potentiellen Ursache zur untersuchten Eigenschaft nur aus dieser einen denkbaren Ursache folgt. Deshalb muss die dritte Eigenschaft unlöslich mit der untersuchten Eigenschaft verbunden sein. Diese unlösliche Verbindung von ursächlicher mit untersuchter Eigenschaft stellt zusammen mit der Forderung nach Vertauschbarkeit der zwei Eigenschaften eine Teilbedingung Bacon’s an das Vorhandensein von Kausalität dar. Um also einer Eigenschaft den Formstatus zusprechen zu können, müssen stets beide Eigenschaften gemeinsam anwesend beziehungsweise abwesend sein. Es ist nach B.’s kausalem Verständnis nicht möglich, dass die jeweilige Wirkung nicht aus der ihr zugeordneten Ursache folgen würde, d.h. durch eine Alternativursache bedingt würde. Die Eigenschaften müssen stets vertauschbar sein in dem Sinne, dass man einer Wirkung eineindeutig die ursächliche Eigenschaft zuschreiben oder umgekehrt mit einer ursächlichen Eigenschaft stets immer dieselbe Wirkung unter Standardbedingungen herstellen kann. (nach N.O. II A4, S.285f)

    An Bacon’s konkretem Beispiel der untersuchten Eigenschaft Ebbe & Flut lässt sich die obige Differenzierung des indirekten Schlusses in zwei Arten verdeutlichen:

    Eine erschöpfende Auflistung der potentiellen Ursachen für Ebbe & Flut besteht hier aus zwei Eigenschaften, nämlich erstens einer fortschreitenden Bewegung und zweitens einer Hebund Senkbewegung des Wassers. Bacon betrachtet im Text die fortschreitende Bewegung und stellt anhand der Eigentümlichkeit dieser Bewegungsform Prognosen über den in der Natur stattfindenden Vorgang bzw. der Ausprägung der Ursache-Eigenschaftsverbindung von Ebbe & Flut auf. Implizit stellt sich der Kreuzfall folgendermassen : wenn Ebbe & Flut durch eine fortschreitende Bewegung verursacht werden, dann muss, während an den Küsten Spaniens und Floridas atlantische Flut herrscht, gleichzeitig an den Küsten von Peru und China je Ebbe feststellbar sein. B. folgert auf Basis des Kreuzfalles weiter, „dass gleichzeitig mit der atlantischen Flut an den entgegengesetzten Küsten von Florida und Spanien auch in der Südsee an den entgegengesetzten Küsten von Peru und China Flut" herrschen sollte, um die Behauptung einer kausalen Relevanz der fortschreitenden Bewegung aufgeben zu müssen. (N.O. II A36, S.443) D.h. lässt sich nun obiges durch Beobachtung feststellen, so muss die fortschreitende Bewegung irrelevant für Ebbe & Flut sein und somit folglich die zweite Bewegungsart, die Heb- und Senkbewegung, als Form gelten. Lässt sich die obige, prognostizierte Konstellation nicht als Tatsache feststellen, so zeigt sich die unlösliche Verbindung der fortschreitenden Bewegung mit Ebbe & Flut dadurch, dass an den Küsten von Florida und Spanien gleichzeitig je Flut bzw. je Ebbe festzustellen ist, während an den Küsten von Peru und China gleichzeitig je Ebbe bzw. je Flut zu beobachten ist, wobei dies nur aus einer fortschreitenden Bewegung des Wassers folgen kann, was folglich zur Elimination der Heb- und Senkbewegung und dann dadurch zum indirekten Schluss auf den Formstatus der anderen Bewegung führt.

    Mit obiger Differenzierung kann also der Umstand berücksichtigt werden, dass Bacon jeweils eine Ursache betrachtet, aus ihr eine Differenz - als Hypothese - zur anderen potentiellen Ursache ableitet, wobei die Differenz - unter hypothetischer kausaler Relevanz der betrachteten Eigenschaft - als ein spezifischer Ursache - Wirkungszusammenhang aufgefasst werden kann, der es dann als Spezialfall unter der Bezeichnung „Kreuzfall" erlaubt, falls er mit einer beobachtbaren Tatsache übereinstimmt, die betrachtete Ursache als Form zu identifizieren, nachdem die andere potentielle Ursache eliminiert wurde, oder, falls er nicht mit einer beobachtbaren Tatsache übereinstimmt, die betrachtete Ursache als irrelevant bezeichnen zu dürfen. Dadurch lässt sich dann die andere potentielle Ursache indirekt als Form erschliessen.

    Die Hilfe zum Forschungsabschluss ist jedoch nur der eine Beitrag: die Kreuzfälle dienen auch als Wegweiser auf dem Weg zur Form. D.h. sie können sich auch aneinanderreihen und von Fall zu Fall die notwendigen und dann auch hinreichenden Charakteristika einer Form im Verlauf eines Forschungsprozesses aufzeigen, wodurch man dann letztlich zur wahren Form einer Eigenschaft gelangt; notwendige Charakteristika in dem Sinne, dass die jeweilige Eigenschaft durch sie überhaupt erst in den Kreis der potentiellen Ursachen gelangt; hinreichende Charakteristika im Sinne, als dass diese die unlösbare Verbindung zur untersuchten Eigenschaft ausmachen sollten, welche gleichzeitig den anderen potentiellen Ursachen fehlt. Dies ist, wie zu bemerken ist, vielleicht eine mögliche Interpretation zu einer Stelle im Text Bacon’s (N.O. II A36, S.439unten), wo er explizit vom Aneinanderreihen der Kreuzfälle spricht. Begründen könnte man obige Interpretation möglicherweise damit, dass er an einer anderen Textstelle (N.O. I „Die Einteilung des Werkes, S.43f) folgende Aussagen macht: „Bisher pflegte man so zu verfahren, dass man von den Sinnen und dem Einzelnen zu dem Allgemeinsten flog, als zu bestimmten festen Polen, um die die Disputationen sich drehen. Von diesem wurde das übrige durch Mittelbegriffe abgeleitet. Ein solcher Weg ist zwar kurz, aber gefährlich; er führt von der Natur fort, aber zum Disputieren ist er bequem und geeignet. Nach meinem Weg dagegen werden die Lehrsätze ordnungsgemäss und einer nach dem andern aufgestellt und erst zuletzt gelangt man zu den Allgemeinsten. Dieses Allgemeinste ist dann kein leerer Begriff, sondern wohl bestimmt und so, wie es die Natur als ihr zugehörig anerkennen würde und wie es im Innersten der Dinge steckt. Bacon spricht oben von Lehrsätzen, die nacheinander aufgestellt würden, und dass man erst zuletzt zu den allgemeinsten Sätzen gelange. Wenn Bacon damit meinte, dass die Lehrsätze in Bezug auf jeweils eine untersuchte Eigenschaft nacheinander aufzustellen wären, d.h. für jede untersuchte Eigenschaft je spezifisch Lehrsätze nacheinander aufgestellt würden, dann könnte man dies in Verbindung mit Bacon’s zuvor erwähnten Aussage des Aneinanderreihens der Kreuzfälle so verstehen, dass zum Aufstellen der Lehrsätze für eine untersuchte Eigenschaft oft jeweils auch Kreuzfälle zur Formidentifizierung gebraucht werden, d.h. folglich: wie sich die Lehrsätze aneinanderreihen,tun dies oft auch die Kreuzfälle während der Erforschung einer Eigenschaft. Mit jedem Lehrsatz hätte man dann auch eine umfassendere und somit präzisere Form, wobei damit einhergehend nach jedem Kreuzfall, an den ein jeweiliger Lehrsatz anschliesst, eine Zunahme an Charakteristika festzustellen wäre, welche eine nächstfolgende, noch allgemeinere Form und zuvor die neuen potentiellen Ursachen aufweisen müssten, d.h. sie müssten bestimmte notwendige Charakteristika besitzen, um als potentielle Formen in Betracht genommen werden zu können. Kreuzfälle würden dann wiederum die potentiellen Ursachen bis auf eine eliminieren helfen. Diese Eigenschaft könnte aufgrund einer dann als „momentan-unlöslich" zu verstehenden Verbindung zur untersuchten Eigenschaft bestimmt werden, wobei eben diese unlösliche Verbindung aufgrund spezifisch hinreichender Charakteristika der Form bestehen würde.

    Eine alternative Interpretation des „Aneinanderreihens könnte aber auch an die aus B.’s Aussagen folgende Notwendigkeit einer erschöpfenden Auflistung der potentiellen Ursachen anknüpfen. D.h. diese Liste kann durchaus mehrere potentielle Ursachen beinhalten, woraus wiederum folgt, dass im Prozess der Elimination und Formidentifikation auch mehrere Kreuzfälle notwendig sein könnten, um einer dieser Eigenschaften den Formstatus zu zusprechen. Wird also bei der Betrachtung einer potentiellen Ursache der Kreuzfall aus ihr abgeleitet und entspricht dieser dann keiner beobachtbaren Tatsache, so lässt sich die betrachtete ursächliche Eigenschaft eliminieren, wobei dann - im Falle von mehr als zwei potentiellen Ursachen - folglich mehrere denkbar-ursächliche Eigenschaften potentiell relevant bleiben, da ja die Form noch nicht gefunden ist. Um die Form aber zu bestimmen, wird nun mindestens ein weiterer Kreuzfall benötigt, wodurch man dann nach dessen Verwendung ein „Anein-anderreihenvon Kreuzfällen im Zusammenhang feststellen kann.

    Bacon erwähnt im Text (N.O. II A36, S.439) weiter, dass die Kreuzfälle dem Forscher als längst bekannte oder als neue Fälle begegnen können. Das Heranziehen alter Kreuzfälle könnte unter anderem vielleicht durch eine Eigentümlichkeit der erschöpfenden Auflistung von potentiellen Ursachen bedingt sein. Diese Eigentümlichkeit der geforderten umfassenden Auflistung besteht in ihrer temporären Gültigkeit. D.h. im weiteren Verlauf nach einem Schluss auf die Form mittels eines Kreuzfalles besteht stets die Möglichkeit zu neuen potentiellen Ursachen zur untersuchten Eigenschaft, da diese neuen potentiellen Ursachen im Zeitpunkt des Formschlusses noch nicht eliminiert worden sind, weil sie sich - wie das Wort „neu aussagtnoch nicht in der Auflistung befanden, da sie während der Auflistung noch nicht als potentiell kausal relevant angesehen werden konnten. Wird eine Auflistung nun später als für nicht-er-schöpfend befunden, so muss die Form neu erschlossen werden, wobei der alte Kreuzfall wieder verwendet werden kann, falls der Fall immer noch nur aus der betrachteten Ursache folgt. Als Beispiel für eine Tatsache, die eine Neubeurteilung notwendig macht, lässt sich im Text B.’s für die untersuchte Eigenschaft Ebbe & Flut die Negation der Basisannahme „Die Erde dreht nicht. angeben. Dadurch, dass die Erde sich drehen würde, könnte nach Bacon die „ungleich schnelle Bewegung der Erde und der Ozeane in Bezug auf die Schnelligkeit und den Auftrieb" (N.O. II A36, S.443) neu potentiell relevant werden.

    Gemäss Bacon ist es von zentraler Bedeutung anhand von Kreuzfällen (z.B. in der Form: Kreuzfall → Überprüfung der Ursache-Eigenschaftsverbindung anhand einer Feldbeobachtung) und „lichtbringenden" Experimenten (z.B. in der Form: Kreuzfall → experimentelle Beobachtung zur Überprüfung der Ursache-Eigenschaftsverbindung) die Natur zu erforschen. Ein Argument für die Betonung der Wichtigkeit der Kreuzfälle ist möglicherweise, dass sie die Forschung stets auf den richtigen Weg - den Weg zur Form nach Bacon - verweisen, wobei dies entweder zum Forschungsabschluss oder zum weiteren Verfolgen des richtigen Weges hin zur allgemeinsten Form führt. Eine Frage, die sich hierbei nicht unterdrücken lässt, ist sicherlich, ob jemals eine allgemeinste Form zu finden bzw. zu erreichen ist, da die stete Möglichkeit besteht, dass die Form zum Beispiel einen neuen Fall, worin die untersuchte Eigenschaft auftritt, nicht ursächlich zu erklären vermag, weil die Form ja zuvor aufgrund einer endlichen Zahl an Fällen zur untersuchten Eigenschaft gebildet worden ist. Derartige Situationen erfordern jeweils eine noch allgemeinere Form.

    1.2 Ein Anwendungsschema: (gemäss B.’s Beispiel über die Schwere, N.O. II A36, S.449f)

    Folgend werde ich anhand eines Beispiel Bacon’s ein Schema entwickeln, nach dem die Kreuzfälle im Forschungsprozess verwendet werden könnten.

    1.3 Schlussbemerkungen:

    Die Kausalitätsbedingung Bacon’s, welche die strikte Vertauschbarkeit von Ursache und Wirkung fordert, d.h. deren eineindeutige Verbindung, erlaubt bei deren Erfüllung Eigenschaften als Form zu identifizieren. Eine Folge der Striktheit der Bedingung ist die Unvereinbarkeit mit Alternativursachen derselben. Lässt die Natur aber selbst keine Alternativursachen zu? Könnte man sich z.B. nicht Bereiche vorstellen, worin die Striktheit gilt, aber ebenso andere, die auch Alternativursachen zulassen?

    Weiter ist es nach Bacon vorderhand wichtig einfache Eigenschaften und einfache Formen zuerst zu erforschen (N.O. II A17, S.353), d.h. monokausale Zusammenhänge bzw. Wirkweisen zu ergründen. Wie sieht das Verhältnis von einfachen zu zusammengesetzten Formen aus? Sind diese zusammengesetzten Formen als eine Zusammenstellung bzw. eine Art Auflistung der verschiedenen Ursachen zu verstehen, also als voneinander unabhängige Eigenschaften, oder besteht eine zusammengesetzte Form aus einem interdependalen Netz der ursächlichen Eigenschaften, wobei sich diese gegenseitig bedingen?

    II. EXPERIMENTUM CRUCIS (Newton’s New Theory about Light and Colors, in Philosophical Transactions, 1672)

    2.1 Eingangsbemerkungen:

    Die Kernaussage Newton’s aus seinen Experimenten mit Licht, im wesentlichen aus seinem Experimentum Crucis, ist:

    - Sonnenlicht ist nicht homogen bzw. nicht aus gleichartigen Strahlen aufgebaut. Es heteroist heterogen, d.h. Sonnenlicht besteht aus verschiedenen Strahlen, die jeweils spezifisch brechbar und in sich homogen sind, also nicht weiter in Strahlen anderer Art zerlegbar sind.

    - Farben sind keine speziellen Mischungen des homogenen Sonnenlichts - hergestellt durch die Brechung oder Reflexion dieses Lichts an natürlichen Körpern. Sie sind Eigenschaften, die in strikter Beziehung zu Lichtstrahlen stehen, d.h. je nach spezifischer Brechbarkeit eines Strahls folgt strikt seine nur ihm zugehörige Farbe auf der Projektionsfläche.

    Das brisante und kontroverse ist nun aber die Art und Weise, wie Newton anhand seines Experimentum Crucis zu den obigen Aussagen gelangt. Hauptkritikpunkt ist, dass N. hierbei keinen zwingenden Kausalschluss auf die Heterogenität des Sonnenlichts vollziehe - woraufer jedoch beharrte - , sondern dass die obigen zwei Aussagen nur Hypothesen seien.

    2.2 Rekonstruktion des Experimentum Crucis und Versuch des Nachvollzugs Newton’s Schluss auf die Heterogenität des Sonnenlichts:

    A.Weg zum Experimentum Crucis:

    Newton selbst nennt seine Beschäftigung mit dem Schleifen von optischen Gläsern, die andere Formen als die von Sammellinsen aufweisen sollten, als den praktischen Kontext, woraus sich seine folgenden - unten erläuterten - Experimente ergaben. Im Jahr 1666 beschaffte er sich dreiecksförmige Glasprismen zwecks weiteren Untersuchungen zur Optik. Dabei stellte N. folgendes Ausgangsexperiment an: er verdunkelte ein Zimmer, machte ein kleines Loch für den Lichteinfall in den Fensterladen und platzierte danach ein Prisma vor’s Loch, so dass das Licht, welches durch das Loch einfiel, vom Prisma gebrochen wurde und auf der gegen-überliegenden Wand auftraf. Hierbei zeigte sich N. dann ein farbiges Bild. Zum Erstaunen Newton’s war die Länge des Bildes respektive des Spektrums etwa fünfmal grösser als seine Breite. Diese übermässige Länge und die Konsequenz, dass das Bild dadurch nicht, wie eigentlich erwartet, kreisförmig war, entfachten Newton’s Neugier. Er wollte nun wissen, was diese längliche Form des Bildes verursachte.

    Der Mathematikprofessor prüfte darauffolgend mittels Differenzentests verschiedene potentielle Ursachen innerhalb des Versuchsaufbau auf ihre kausale Relevanz. Dabei verläuft ein Differenzentest nach Newton folgendermassen:

    Erstens ist die Wirkung - die längliche Form des Spektrums - innerhalb der Versuchsanordnung mit der spezifischen Ausprägung der Kontextbedingungen - den potentiellen Kausalfaktoren - gegeben. In einem zweiten Schritt variierte nun Newton jeweils eine potentielle Ursache, während alles andere im Vergleich zur Ausgangsanordnung gleich blieb. Dass alles andere identisch bleiben soll, stellt die sogenannte Homogenitätsbedingung dar. Zeigt sich aber mit einer singulären Variation eine Veränderung der Wirkung - keine rechteckige Form mehr - , so lässt sich auf die kausale Relevanz dieser veränderten potentiellen Ursache schliessen. D.h. sie wäre dann als Ursache für die veränderte Wirkung identifiziert, wobei sie gleichzeitig in unveränderter Ausprägung die unveränderte Wirkung - die längliche Form - verursachen würde. Dies wäre zu schliessen, weil N. soweit wie möglich analog Bacon (N.O.II A4, S.285f) einer Wirkung strikt eine Ursache zuordnet. Nach diesem Verständnis ist mit der Präsenz bzw. Absenz einer Ursache - respektive der Zunahme bzw. Abnahme ihres Grades - stets auch die Wirkung präsent bzw. absent - respektive zunehmend bzw. abnehmend. Zeigt sich aber, dass mit dieser Variation einer potentiellen Ursache keine Veränderung der Wirkung einhergeht, so lässt sich nach dem oben Ausgesagten auch auf die kausale Irrelevanz der ververänderten Eigenschaft schliessen. Anhand derartiger Differenzentests schloss N. innerhalb des Ausgangsexperiments die kausale Relevanz z.B. einer Variabilität der Glasdicke, eines spezifischen Lochdurchmessers, verschiedener Prismastellungen (*S.48), den verschiedenen Einfall von Strahlen von verschiedenen Stellen der Sonne kommend, eine Kurvenbewegung der Strahlen nach Austritt aus dem Prisma (*S.49f) und weitere potentielle Ursachen aus. N. testete so letztlich innerhalb dieser Versuchsanordnung alle potentiellen Ursachen durch, wobei sich alle als kausal irrelevant herausstellten. Es lag also für N. eine Versuchsanordnung vor, die eine kausale Fragestellung aufwarf, sie aber nicht ermöglichte zu beantworten.

    B. Experimentum Crucis:

    1.Versuchsanordnung und Experimentablauf: (*S.50)

    (siehe Graphik auf der nächsten Seite)

    Um oben erwähnter, scheinbar ausweglosen Situation in Bezug auf die kausale Klärung doch noch entrinnen zu können, konstruierte Newton „sein" Experimentum Crucis. Es besteht aus zwei Teilen. Der erste Bereich beinhaltet eigentlich die Anordnung des Ausgangsexperiments, wobei das Spektrum hier auf B1 fällt. Somit gelangt Licht durch das Loch in B1 und breitet sich dann auf B2 erneut aus. B2 ist mit einem gleichen Loch wie B1 versehen, so dass auch hier wiederum Licht hindurch fällt, jedoch diesmal auf ein zweites Prisma, das von genau gleicher Konstitution wie das erste Prisma ist. Das Licht wird hier also auch gebrochen, wobei es danach auf die Wand fällt. Der zweite Teil der Versuchsanordnung beginnt somit bei B1 und endet an der Wand.

    Der Experimentablauf gestaltete sich folgendermassen:

    Newton nahm nun P1 in die Hand und drehte es langsam um seine Achse, so dass die Strahlen der verschiedenen Bereiche des Spektrums kontinuierlich und nacheinander - beginnend beim roten und endend beim violetten Spektrumrand - durch das Loch des zweiten Brettes fallen konnten. Durch das Drehen des Prismas wurde es also jeweils einem Bereich des länglichen Bildes, der eine spezifische Farbe auf B2 aufwies, ermöglicht, dass einige seiner Strahlen vom zweiten Prisma gebrochen werden konnten. Wichtig anzumerken ist dabei der jeweils für die Strahlen eines Bereichs im Vergleich zu den Strahlen der jeweiligen anderen Bereiche identische Einfall auf P2 , der durch das Drehen des ersten Prismas bzw. des Verschiebens des Spektrums ermöglicht wurde. D.h. Newton bezweckte, durch das Drehen den Verlauf der an P1 gebrochenen Strahlen eines Bereichs im Vergleich zu den Strahlen der anderen Bereiche jeweils für die Strecke P1 - zweites Loch - P2 gleich zu gestalten. Hiermit konnte Newton die Homogenitätsbedingung erfüllen, insofern als für die an P2 gebrochenen Strahlen so jeweils identische externe Bedingungen herrschten.

    An der Wand war nun je ein Lichtfleck zu beobachten, wobei diese einfarbigen Lichtflecken für die verschiedenen Bereiche des Spektrums an unterschiedlichen Stellen der Wand feststellbar waren. D.h. Licht am einen Ende des Spektrums wurde an P2 stärker gebrochen als Licht am

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