Weniger ist mehr - Wege aus Überfluss und Überforderung: Ein SPIEGEL E-Book
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About this ebook
Auch in der Arbeitswelt zeigt sich ein Trend zum "Downshifting": weniger Stunden bei der Arbeit verbringen, dafür mehr Zeit für Familie, Freunde, Freizeit haben.
Wer bewusst Verzicht übt, tut dies meist auch aus Gründen der globalen Gerechtigkeit und ökologischen Verantwortung. Um Alternativen zur Konsumgesellschaft zu schaffen, entstehen zahlreiche Vereine, Organisationen und Unternehmen, die eine nachhaltige, sozialverträgliche Wirtschaft gestalten wollen. Noch sind viele davon in den Anfängen begriffen, von jungen Idealisten auf die Beine gestellt, doch gerade jetzt ist es spannend hinzuschauen, wo und wie sich unsere Welt still und leise, aber dramatisch verändert.
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Reviews for Weniger ist mehr - Wege aus Überfluss und Überforderung
8 ratings1 review
- Rating: 1 out of 5 stars1/5Gefällt mir nicht. Spiegel halt. Was will man erwarten? Im Grunde schreibe ich diese Rezension, dass der Algorithmus mir bessere Vorschläge macht
Book preview
Weniger ist mehr - Wege aus Überfluss und Überforderung - SPIEGEL-Verlag
Inhaltsverzeichnis
Weniger ist mehr
Vorwort
KAPITEL 1
Was man liebt
Immer mehr Menschen verzichten darauf, Besitz anzuhäufen – der Aufstand gegen den Konsumwahn hat längst begonnen
Wahlverlierer
Warum wir glücklicher sind, wenn wir uns nicht dauernd entscheiden müssen
Dr. Allwissend
Der Überfluss hat keinen guten Ruf mehr – zu Recht?
„Das Leben ist verrückt"
Einfach und erfüllt: Die Lepra-Ärztin Ruth Pfau erzählt von ihrem jahrzehntelangen Einsatz in Pakistan
KAPITEL 2
Traumfabrik
Junge Sozialunternehmer versuchen sich in Kreuzberg am Kapitalismus für eine bessere Welt
Geld für lau
Eine Initiative verlost „bedingungslose Grundeinkommen" – ein Experiment in Gerechtigkeit
„Man muss sich klar werden über seine Ziele"
Die Sozialpsychologin Andrea Abele-Brehm erklärt, wann Karriere glücklich macht. Und wann nicht
Was wäre die Welt ohne ... Stechuhr?
Das viel gehasste Instrument der modernen Arbeitswelt hat auch seine Vorteile
Ein bisschen Südsee
Weniger arbeiten – wie geht das? Und was sagt der Chef?
Kapitel 3
Viel zu viel Zeug
Kaufen macht glücklich? Nein, wirklich gut tun uns Freundschaft, Gemeinschaft, Zeit für uns selbst
„Wir brauchen einen Schubs"
Die Konsumforscherin Lucia Reisch über die Macht der Verbraucher und Nachhaltigkeit im Alltag
Freche Früchtchen
Krumm, schief und lecker – eine französische Initiative vermarktet Nahrungsausschuss
Er kam, sah und saugte
In einem Berliner Repair-Café hat der Sozialismus überlebt. Sozusagen
Kaputt produziert
Warum Geräte immer viel zu früh ihren Geist aufgeben
Klein, aber mein
Wohnen auf acht Quadratmetern
ANHANG
Impressum
Weniger ist mehr • Einleitung
Vorwort
Einfacher leben. Verzichten. Bescheidenheit üben. Ganz alte Tugenden fanden ihren Weg in dieses SPIEGEL E-Book, das sich mit neuen gesellschaftlichen Tendenzen beschäftigt. Ob ein minimalistischer Lebensstil, die Entscheidung zu bewusstem Konsum (und zum Verzicht auf Konsum), das Nein zu einer zeitfressenden Karriere oder der Versuch, Nachhaltigkeit in den eigenen Alltag zu integrieren – auf ganz unterschiedliche Arten leben Menschen in Deutschland ein neues Wertemodell. Sie wollen weniger statt immer mehr, sie glauben nicht länger an permanentes Wachstum, an Luxusgüter als Statussymbole und an Glück durch die Anhäufung von immer mehr Prestige und Besitz.
Und viele von ihnen erleben diese Kehrtwende als Befreiung. Wenn Menschen ihr Leben vereinfachen, auf materiellen Ballast verzichten, tun sie es häufig aus persönlichen Gründen, weil sie spüren, dass ihnen diese Genügsamkeit gut tut – sie verschwenden weniger Zeit, Geld und Energie auf ihr Eigentum und die Sorge darum.
Auch in der Arbeitswelt zeigt sich ein Trend zum „Downshifting: weniger Stunden bei der Arbeit verbringen, dafür mehr Zeit für Familie, Freunde, Freizeit haben – gerade jüngeren Arbeitnehmern ist ihre Zeitsouveränität wichtig, Unternehmen müssen sich auf eine Generation mit anderen Lebenswerten und Lebenszielen einstellen. Anders gesagt: Menschen sind nicht mehr bereit, immer mehr Zeit bei der Arbeit zu verbringen, nur um immer mehr Geld zu verdienen, das sie dann als „Belohnung
für ihren Jobstress wieder ausgeben.
Wer bewusst Verzicht übt, tut dies meist auch aus Gründen der globalen Gerechtigkeit und ökologischen Verantwortung. Um Alternativen zur Konsumgesellschaft zu schaffen, entstehen zahlreiche Vereine, Organisationen und Unternehmen, die eine nachhaltige, sozialverträgliche Wirtschaft gestalten wollen. Noch sind viele davon in den Anfängen begriffen, von jungen Idealisten auf die Beine gestellt – doch gerade jetzt ist es spannend hinzuschauen, wo und wie sich unsere Welt still und leise, aber dramatisch verändert.
Wir würden uns freuen, wenn Sie die vorgestellten Menschen und Projekte ebenso inspirieren und begeistern wie uns.
Susanne Weingarten
KAPITEL 1 • MINIMALISMUS
Was man liebt
Das sollte man behalten. Alles andere nicht. Warum so viele Menschen versuchen, mit weniger auszukommen. Von Maren Keller
LIEBE DREIZIMMERWOHNUNG, weißt du noch, wie ich dich zum ersten Mal betreten habe? Wie leer du warst und wie groß? Und wie ich Kiste für Kiste für Kiste zu dir gebracht habe. Drei Jahre haben gereicht, um dich in ein Museum meiner Erlebnisse zu verwandeln, mit einer Sammlung, deren Größe manch staatlichem Museum Respekt abnötigen würde. Ein neuer Kerzenständer kam zum Flohmarktwandteller zum Schlussverkauf-Cordrock zum Teller voll Muscheln. Bis du plötzlich weder groß noch leer wirktest. Du bist Privatarchiv vergangener Moden geworden. Eine Sammelstelle für Seltsamkeiten. Dabei würde es mir eigentlich völlig reichen, wenn du eines wärest: mein Zuhause.
Wenn dies nur eine Geschichte über dich und mich wäre und darüber, warum ich ein paar der Dinge wieder loswerden möchte, die du beherbergst, gäbe es keinen Grund, darüber einen Text zu schreiben. Aber diese Geschichte beginnt nicht mit den berühmten drei Kisten (eine für alles, das man behalten möchte, eine für alles, was verschenkt / gespendet / verkauft werden soll, und eine Kiste für alles, das auf den Müll gehört). Diese Geschichte beginnt bei Diogenes oder bei Buddha oder vielleicht noch früher.
Erst seit zwei Generationen leben wir in ständigem Überfluss. Oder in ständigem Überdruss.
Es ist genauso die Geschichte eines Feuilletonisten, der eine Debatte auslöste, als er in einem Text ankündigte, jede Woche zehn Bücher aus seiner Sammlung verschenken zu wollen. Es ist genauso die Geschichte der Städter, die weniger im Supermarkt einkaufen wollen und eigenes Gemüse in öffentlichen Gärten anbauen. Es ist die Geschichte darüber, warum plötzlich jeder jemanden kennt (oder mindestens in einer Talkshow gesehen hat), dessen gesamtes Hab und Gut in einen Rucksack passt. Es ist die Geschichte all dieser Leben und der Idee, die sie verbindet. Deshalb ist es eine Geschichte über einen Lebensstil.
Man kann ihn einfaches Leben nennen oder „simple living oder Minimalismus oder „voluntary simplicity
. Für diesen Lebensstil gibt es mehr Wörter, als manche seiner Anhänger Sachen haben.
Wie sehr dieser Lebensstil einen Zeitgeist trifft, kann man schon daran sehen, dass in den Ratgeberabteilungen der Buchhandlungen inzwischen mehr Bücher über das Entrümpeln stehen als über Trennkost oder Microsoft. Wenn man wissen will, was die Welt bewegt, muss man Nachrichten lesen. Wenn man wissen will, was die Menschen in ihrem Inneren bewegt, muss man in die Ratgeberabteilung der Buchhandlungen sehen. Und manchmal hat auch beides miteinander zu tun, die Nachrichten mit den Ratgebern. In den Nachrichten geht es immer öfter um Krise und Wachstum und darum, dass alles in unserer Gesellschaft auf ein unbestimmtes Mehr hin ausgerichtet ist. Aus den Nachrichten kann man lernen, dass ewiges Wachstum nicht funktioniert. Aus den Ratgebern kann man lernen, was die Alternative sein könnte. Ein Leben, das auf ein Weniger ausgerichtet ist.
DIE HISTORIKER haben verschiedene Antworten auf die Frage, wann genau unsere Gesellschaft zu der Konsumgesellschaft geworden ist, von der alle reden. In Westeuropa hat sich am meisten verändert nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs. In den USA kam es schon zwischen den beiden Weltkriegen zu dem, was manchmal Konsumrevolution genannt wird. Eine Revolution, deren Maßeinheit Einkaufswagen sein sollten. Oder Warenkörbe. Eine Revolution, die keine Kampflieder hervorgebracht hat. Sondern nur Jingles. 7600 Generationen lang war der Mensch damit beschäftigt, gegen Mangel zu kämpfen. Erst seit zwei Generationen leben wir in ständigem Überfluss. Oder in ständigem Überdruss.
Der Durchschnittseuropäer soll heute 10 000 Gegenstände besitzen. Toaster, Gitarre, Gästematratze, Lippenstifte, Zweitfahrrad, Besteckkasten, Sommertischdecke, Winterstiefel.
Wir können gerade zugucken, wie die Konsumgeschichte um ein Kapitel länger wird. Was sich da gerade überall andeutet, ist die Konterrevolution zur Konsumrevolution.
VIELLEICHT ERINNERST DU DICH noch an meine Vormieterin, liebe Dreizimmerwohnung, die so gern Baumwollblusen trug und Sonnenblumen auf deinem Balkon gepflanzt hat und bei der bestimmt nur Lebensmittel aus dem Biosupermarkt im Kühlschrank lagen. Es gibt Soziologen und Trendforscher, die hätten sie einen „Loha genannt, einen jener Menschen, die vor ein paar Jahren anfingen, nachhaltig und gesund leben zu wollen. Die gleichen Soziologen und Trendforscher sprechen jetzt viel über „Lovos
, was für „lifestyle of voluntary simplicity" steht. Den Lovos geht es nicht mehr nur darum, kritisch zu konsumieren wie die Lohas. Sondern insgesamt weniger zu verbrauchen, um sich den Zwängen zu entziehen, die der Konsum mit sich bringt.
Eine sehr alte, sehr neue Erkenntnis ist das: dass Besitz