Die großen Western 126: Die Totengräber warten schon
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Die Kugel schlug in seinen Rücken, warf ihn nach vorn auf das Sattelhorn. Zuckend krallten sich die Hände in der Mähne des Pferdes fest. Bösartig peitschte der Schuss über die öde Sandfläche und verlor sich in der Weite.
Die Hufe des Pferdes trommelten über den heißen Boden. Mühsam hielt sich der Mann im Sattel. Das Pferd jagte mit ihm über die sandige Bodenwelle hinweg.
Wieder fiel ein Schuss.
Diesmal verfehlte ihn der heimtückische Mann, der ihm im Galopp folgte.
Die gnadenlose Jagd führte durch die Wüste. Verzweifelt und beinahe bewusstlos hing der Verfolgte im Sattel. Stöhnend hob er den Kopf und starrte mit flackernden Augen über das einsame Land. Vor seinen Augen verschwammen die Kakteen und Comas, die kleinen Hügel und die in der Sonne flimmernden Sandwehen.
Es war wie ein böser, schrecklicher Traum. Er fühlte sich von seinem Körper gelöst. Es war ihm, als wäre er nur noch eine Hülle. Das Pferd schien zu schweben. Er spürte keine Erschütterung mehr. Alles war plötzlich so leicht, so leer.
Er begann zu träumen. Von seinem Sohn, von seinem Haus. Er sah nicht diese schreckliche, mörderische Wüste, er dachte nicht an den skrupellosen Verfolger, der schon so lange auf seiner Spur war und ihn umbringen wollte.
Mein Junge, du sollst leben – leben!
Der Verfolger holte auf. Er hielt die Winchester und peitschte das Pferd.
Jäh war der Traum zu Ende. Die grelle, flimmernde Wüste war wieder vor ihm – und plötzlich ein Tal. Und dort stand ein halb zerfallenes kleines Adobehaus.
Der Wille zum Überleben erwachte in ihm. Dort unten würde
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Die großen Western 126 - Frank Callahan
Die großen Western
– 126 –
Die Totengräber warten schon
Frank Callahan
Die Kugel schlug in seinen Rücken, warf ihn nach vorn auf das Sattelhorn. Zuckend krallten sich die Hände in der Mähne des Pferdes fest. Bösartig peitschte der Schuss über die öde Sandfläche und verlor sich in der Weite.
Die Hufe des Pferdes trommelten über den heißen Boden. Mühsam hielt sich der Mann im Sattel. Das Pferd jagte mit ihm über die sandige Bodenwelle hinweg.
Wieder fiel ein Schuss.
Diesmal verfehlte ihn der heimtückische Mann, der ihm im Galopp folgte.
Die gnadenlose Jagd führte durch die Wüste. Verzweifelt und beinahe bewusstlos hing der Verfolgte im Sattel. Stöhnend hob er den Kopf und starrte mit flackernden Augen über das einsame Land. Vor seinen Augen verschwammen die Kakteen und Comas, die kleinen Hügel und die in der Sonne flimmernden Sandwehen.
Es war wie ein böser, schrecklicher Traum. Er fühlte sich von seinem Körper gelöst. Es war ihm, als wäre er nur noch eine Hülle. Das Pferd schien zu schweben. Er spürte keine Erschütterung mehr. Alles war plötzlich so leicht, so leer.
Er begann zu träumen. Von seinem Sohn, von seinem Haus. Er sah nicht diese schreckliche, mörderische Wüste, er dachte nicht an den skrupellosen Verfolger, der schon so lange auf seiner Spur war und ihn umbringen wollte.
Mein Junge, du sollst leben – leben!
Der Verfolger holte auf. Er hielt die Winchester und peitschte das Pferd.
Jäh war der Traum zu Ende. Die grelle, flimmernde Wüste war wieder vor ihm – und plötzlich ein Tal. Und dort stand ein halb zerfallenes kleines Adobehaus.
Der Wille zum Überleben erwachte in ihm. Dort unten würde er Hilfe bekommen. Das Haus war seine Rettung! Er bäumte sich auf und stöhnte erstickt. Die Rechte fand den Zügel und zog schwach daran. Das Pferd änderte die Richtung und lief auf die kleine Hütte zu.
Die ausgedörrte Holztür stand weit offen. Verlassen war der Hof. Staubwirbel tanzten über den Boden, am zerfallenen Stall vorbei und über den Brunnen hinweg.
Niemand kam ihm entgegen.
Er ritt um sein Leben, näherte sich dem Anwesen immer mehr und schrie laut um Hilfe.
Oben am Talrand tauchte der Verfolger auf, riss am Zügel, verhielt, hob die Winchester an und zielte …
In diesem Moment hatte er den Hof erreicht, war in der Deckung der Stallruine. Der Schuss peitschte herüber. Die Kugel streifte den Stall und zerfetzte das Holz vom Dach. Klatschend schlug sie gegen die Mörtelwand des Adobehauses und riss den Lehmputz los. Das Echo des Schusses hallte durch das Tal.
»Hilfe …«, krächzte der Mann und rutschte vom Pferd. »Hilfe!«
Er torkelte über den Hof, schwankte hin und her, schleppte sich zur Tür hin.
Wieder geriet er in das Schussfeld seines Mörders. Wieder zielte der Reiter.
Der Schuss brach. Die Kugel fuhr durch den Ärmel des Mannes, ohne ihn zu verletzen. Erstickt schrie er auf und taumelte über die Türschwelle.
Mit verzerrtem, bleichem Gesicht stolperte er ins Haus und öffnete weit den Mund, wollte schreien – doch kein Laut kam über die Lippen. Er stierte umher, torkelte an den verstaubten Tisch heran und stützte sich.
»Nein«, flüsterte er entsetzt, »nein …«
Das Haus war leer. Der Raum schien seit Langem verlassen. Kein Mensch wohnte hier. Überall lag der Flugsand, der durch die Ritzen hereingedrungen war.
Zitternd drehte er sich um und starrte hinaus ins helle Tal. Oben verhielt der Verfolger, spähte hinunter und wusste offensichtlich nicht, was er tun sollte. Sicher glaubte auch er, dass das Adobehaus bewohnt war. Vom Talrand aus war nicht zu erkennen, dass niemand auf der kleinen Farm lebte.
»Großer Gott«, flüsterte der Schwerverwundete. »Mein Junge …«
Die Schwäche warf ihn um.
Er fiel dicht neben dem Tisch zu Boden, der Staub wirbelte auf und hüllte ihn ein.
Doch er verlor nicht das Bewusstsein. Er starrte hinaus.
Der Todfeind lauerte.
Sein Pferd stand neben dem Stall.
Die Sonne brütete, die Hitze kam herein und füllte seine Lunge wie mit Feuer. Unaufhaltsam lief das Blut über seinen Rücken. Er konnte nichts dagegen unternehmen, er war verdammt zum Sterben – er wusste es.
Zitternd griff er zum Colt, der im Halfter steckte. Er wollte kämpfen, wollte jenen Reiter noch in den letzten Minuten seines Lebens bezwingen.
»Harper Lee«, stöhnte er, »komm her, komm schon! Ich hab nicht mehr viel Zeit. Komm, Harper Lee, du verfluchter Hund!«
Er kannte seinen Todfeind.
Harper Lee aber kam nicht. Er wartete wie eine Hyäne auf den Tod seines Opfers. Am Talrand war er sicher. Er wusste nicht, wie viele Leute im Haus waren. Über sein eingefallenes bleiches Gesicht zog ein zynisches Grinsen. Langsam senkte er die Winchester. Die Sonne brannte. Schweiß rann über sein Gesicht und sickerte ins Halstuch hinein. Staubwirbel wanderten am Talrand entlang …
Im kleinen Adobehaus rang ein Mann mit dem Tod. Er stierte hinaus, lag mit dem Kinn auf dem Boden – und sein schwerer Atem blies den Staub vor seinem Gesicht her.
»Komm, du Schweinehund! Komm!« Plötzlich ritt Harper Lee an, ritt am Talrand entlang und verschwand.
»Feigling«, flüsterte der Sterbende. »Du sollst herkommen, damit – ich dir – eine Kugel verpassen kann …« Die Ohnmacht erstickte seine Stimme. Erschöpft lag er am Boden.
Der Wind bewegte die Tür. Sie knarrte in den hölzernen Angeln. Immer wieder dieses monotone Geräusch, das ihn endlich zu sich kommen ließ. Und immer noch sah er hinaus, doch Harper Lee blieb verschwunden.
Wie ein todkrankes Tier richtete er sich auf, prallte gegen den Tisch, stieß ihn um, fiel gegen die Wand.
Der Colt lag vor der Tür im flimmernden Sonnenschein.
Auf einmal wurde Hufschlag laut.
Harper Lee …!
Der Wille, seinen Feind mit in den Tod zu nehmen, wurde übermächtig in ihm. Er schaffte es bis zum Colt, packte die schwere Waffe und kauerte kniend vor der Tür.
Da kam ein Mann auf den Hof geritten und verhielt.
Nicht Harper Lee! Ein großer, hagerer Fremder war es, ein Mann mit strähnigem sandfarbenem Haar und steingrauen Augen.
Der Fremde glitt vom Pferd, hielt eine Winchester in der Rechten und näherte sich der Tür.
Vor den Augen des Sterbenden verschwamm alles. Er erkannte nur die Umrisse eines Menschen, eine Silhouette vor dem hellen Himmel. Wie aus weiter Ferne drang eine Stimme zu ihm: »Nicht schießen. Ich will Ihnen helfen.«
Die Nebel vor seinen Augen zerrissen. Der Tod war plötzlich nicht mehr nahe. Er sah, wie der Mann hereinkam, sich zu ihm niederkniete.
»Wer hat auf Sie geschossen?«, tönte die raue Stimme des Fremden in die lastende Stille.
»Harper Lee – einer von Donovans Revolvermännern! In – Albuquerque …«
»Sag mir deinen Namen.«
»John – Smith.« Der Sterbende sackte zurück und starrte ins Leere. »Mein Junge – ist in Gefahr! Tommy … Ich wollte Hilfe holen – einen US Marshal, aber – Harper Lee sah mich und …« Er stöhnte und blickte den großen Fremden gequält an. »Wer – bist du?«
»Cheyenne.«
Smith schloss einen Atemzug lang die Augen. Leise, kaum hörbar, kamen die Worte über die blutleeren Lippen: »Cheyenne? – Ich dachte, Cheyenne wäre schon lange tot.«
»Nein, John Smith, ich lebe.«
»Ich höre dich, Cheyenne … Oder ist es nur ein Traum? Vielleicht – gibt es dich nicht wirklich?«
Vielleicht träumte er alles nur.
Es gab sicher gar keinen Fremden und keinen Cheyenne. Vielleicht lag er hier allein im Haus, einsam und verloren, und das Fieber gaukelte ihm alles vor.
»Hilf – Tommy, Cheyenne! Mein Junge ist – sonst verloren!« Die Lippen zuckten, das Gesicht wurde schneeweiß. Er stierte Cheyenne an und wollte weitersprechen, doch der Tod nahm ihn in sein ewiges Reich.
Still hockte Cheyenne neben ihm. Die Tür knarrte.
Draußen schnaubten die Pferde. Staub wehte herein.
Mit der linken Hand strich Cheyenne über die Augen des Mannes hinweg. »Ich werde Tommy helfen, Smith.« Niemand hörte Cheyenne.
Langsam richtete er sich auf, stand hager und sehnig im Raum und hielt die Winchester.
Es war nicht weit bis nach Albuquerque.
Er hob John Smith auf und trug ihn hinaus, legte ihn über den Sattel und breitete eine Decke über ihn.
Dann ritt er davon, das Pferd hinter sich am langen Zügel. Der heiße Wind raunte und sang, die Wüste schwieg. Weiße Wolken zogen am stahlblauen Himmel. Der Hufschlag der beiden Pferde verlor sich nach Norden.
*
Donovan