Im Sonnenwinkel 57 – Familienroman: Tante Denise muß bei mir bleiben
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Wundervolle, Familienromane die die Herzen aller höherschlagen lassen.
Niemand hätte vermutet, dass Clarissa Doermer und Denise Dornberg Schwestern waren, denn weniger ähnlich konnten sich solche innerlich und äußerlich nicht sein.
Clarissa, kapriziös, stets nach der neuesten Mode gekleidet, überschlank und immer in Eile, spielte nervös mit ihren blonden Haarsträhnen, die sie weniger der Natur, als einem sehr geschickten Friseur verdankte, nachdem sie einen Wortschwall über die vier Jahre jüngere Denise ergossen hatte.
»Du musst mir einfach helfen«, sagte sie herrisch.
»Ich muss gar nichts«, erklärte Denise dagegen energisch. Sie war mittelgroß, zierlich, hatte braunes Haar und trug vorwiegend sportliche Kleidung. Da sie an diesem Tag ihren Urlaub antreten wollte, hatte sie blaue Jeans und einen leichten Pulli an.
»Und da willst du sagen, dass du Jerry liebst«, schleuderte Clarissa ihrer Schwester ins Gesicht.
Es ging um ihren sechsjährigen Sohn Jerry, aber nicht nur um ihn. Sonst wäre Denise nicht so abweisend gewesen.
»Ich liebe ihn«, erklärte Denise, »und er tut mir leid, weil seine Mutter für alle Zeit hat, nur nicht für ihren Sohn.«
Clarissas Augen verengten sich. »Du weißt genau, wie sehr mein Beruf mich in Anspruch nimmt. Komm nicht mit diesen lächerlichen Vorwürfen.«
Denise verschränkte die Arme über der Brust. »Du solltest einen anderen Ton anschlagen, wenn du etwas von mir willst, Clarissa«, sagte sie kühl. »Ich habe auch einen anstrengenden Beruf und Anspruch auf einen Urlaub. Ich habe mich bereit erklärt, Jerry mitzunehmen, aber ich lasse mich nicht kommandieren, wohin die Reise gehen soll. Du hast doch für die Familie deines Mannes nie etwas übrig gehabt. Und ich kenne keinen von ihnen.«
»Aber du
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Im Sonnenwinkel 57 – Familienroman - Patricia Vandenberg
Im Sonnenwinkel
– 57 –
Tante Denise muß bei mir bleiben
Nur sie konnte Jerry vor bösen Machenschaften schützen
Patricia Vandenberg
Niemand hätte vermutet, dass Clarissa Doermer und Denise Dornberg Schwestern waren, denn weniger ähnlich konnten sich solche innerlich und äußerlich nicht sein.
Clarissa, kapriziös, stets nach der neuesten Mode gekleidet, überschlank und immer in Eile, spielte nervös mit ihren blonden Haarsträhnen, die sie weniger der Natur, als einem sehr geschickten Friseur verdankte, nachdem sie einen Wortschwall über die vier Jahre jüngere Denise ergossen hatte.
»Du musst mir einfach helfen«, sagte sie herrisch.
»Ich muss gar nichts«, erklärte Denise dagegen energisch. Sie war mittelgroß, zierlich, hatte braunes Haar und trug vorwiegend sportliche Kleidung. Da sie an diesem Tag ihren Urlaub antreten wollte, hatte sie blaue Jeans und einen leichten Pulli an.
»Und da willst du sagen, dass du Jerry liebst«, schleuderte Clarissa ihrer Schwester ins Gesicht.
Es ging um ihren sechsjährigen Sohn Jerry, aber nicht nur um ihn. Sonst wäre Denise nicht so abweisend gewesen.
»Ich liebe ihn«, erklärte Denise, »und er tut mir leid, weil seine Mutter für alle Zeit hat, nur nicht für ihren Sohn.«
Clarissas Augen verengten sich. »Du weißt genau, wie sehr mein Beruf mich in Anspruch nimmt. Komm nicht mit diesen lächerlichen Vorwürfen.«
Denise verschränkte die Arme über der Brust. »Du solltest einen anderen Ton anschlagen, wenn du etwas von mir willst, Clarissa«, sagte sie kühl. »Ich habe auch einen anstrengenden Beruf und Anspruch auf einen Urlaub. Ich habe mich bereit erklärt, Jerry mitzunehmen, aber ich lasse mich nicht kommandieren, wohin die Reise gehen soll. Du hast doch für die Familie deines Mannes nie etwas übrig gehabt. Und ich kenne keinen von ihnen.«
»Aber du warst in Dave verliebt. Leugne es nicht. Ich weiß es ganz genau, und deswegen bist du auch in seinen Sohn vernarrt.«
Ein heftiger Schmerz durchzuckte Denise bei diesen Worten, die der Wahrheit entsprachen. Ja, sie war sehr verliebt gewesen in David Doermer, den sie erst kennenlernte, als Clarissa schon ein paar Monate mit ihm verheiratet gewesen war. Denise war zu dieser Zeit noch in einem Internat in der Schweiz und von der plötzlichen Hochzeit ihrer älteren Schwester Clarissa völlig überrascht worden. Der Grund für diese überstürzte Heirat war Jerry gewesen, der dann sieben Monate später das Licht der Welt erblickte.
David hatte die Geburt seines Sohnes nicht mehr erlebt. Er war bei einem Flugzeugunglück ums Leben gekommen. Clarissa hatte mit ihrem Schicksal gehadert, dann aber ihre wiedergewonnene Freiheit in vollen Zügen genossen und die Fürsorge für Jerry unbesorgt iher Schwester Denise überlassen.
Ihren Schwager hatte sie nie kennengelernt. Er hatte sich aus einem unerfindlichen Grund mit seinem Ältesten überworfen und hatte die Heirat gar nicht zur Kenntnis genommen. Die Geburt des Jungen dann allerdings schon. Er hatte fünfzigtausend Euro für ihn überwiesen. Clarissa hatte das als selbstverständlich akzeptiert, es dann aber aus einem ebenfalls unerfindlichen Grund abgelehnt, Jerry mit seinem Großvater bekannt zu machen. Clarissa war eben unberechenbar.
»Stefan hat mich angerufen, Denise. Der alte Doermer ist schwer krank. Er will seinen Enkel sehen«, sagte sie eindringlich.
»Wer ist Stefan?«, fragte Denise.
»Daves Bruder. Ich kenne ihn auch nicht. Du weißt ja, dass sie mich geschnitten haben, als ob ich der letzte Dreck wäre«, fügte sie wütend hinzu.
»Und du hast dich dafür gerächt, indem du Jerry nie zu ihnen gelassen hast.«
»Kannst du mir das verdenken? Ich habe schließlich auch meinen Stolz. Stefan scheint ja nicht fähig zu sein, eine Familie zu gründen, und der Alte ist versessen auf einen Erben. Ich wollte ihn zappeln lassen.«
»Und jetzt bist du anderen Sinnes geworden«, sagte Denise nüchtern.
»Er ist krank und sicher wird er sterben. Er muss uralt sein. Soll ich Jerry ein Erbe vorenthalten? Ich denke doch dabei an ihn.«
»Und warum fährst du dann nicht selbst mit ihm hin?«
»Weil die Safari mit Pierre schon lange geplant ist. Ich kann ihn nicht im Stich lassen. Außerdem wird mir die Reportage ein Vermögen einbringen.«
Clarissa war Journalistin. Eine recht clevere, das musste man ihr zugestehen. Erfolgreich war sie auch. Sie hatte jede Chance wahrgenommen, die sich ihr geboten hatte, und seit Davids Tod waren auch eine ganze Anzahl Männer auf der Strecke geblieben, aber dieser Pierre schien eine beträchtliche Rolle in ihrem Leben zu spielen. Denise hatte ihn noch nicht kennengelernt und sie legte auch keinen Wert darauf.
Sie runzelte jetzt leicht die Stirn. »Und welchen Plan hast du dir jetzt ausgedacht?«, fragte sie.
Clarissa wurde nun doch leicht verlegen. »Ich dachte, dass du meine Rolle übernehmen würdest. Du wirkst viel seriöser als ich. Jerry wird da bestimmt mitmachen. Ich habe schon mit ihm gesprochen. Ja, er ist geradezu begeistert davon, Mami zu dir zu sagen«, fügte sie spöttisch hinzu. »Für mich hat er sowieso nicht viel übrig.«
Denise rieselte es eiskalt den Rücken herunter. Sie wusste nur zu gut, dass das stimmte, aber dass Clarissa es selbst und so gleichgültig aussprach, entsetzte sie doch.
»Wenn du aber nicht willst, schicke ich ihn allein hin«, sagte Clarissa.
»Allein? Bist du wahnsinnig?«
»Warum nicht? Ich setze ihn in ein Taxi. Das fährt bis zu dem Haus, und dort wird er bestimmt liebevoll in Empfang genommen. Dann bin ich ihn los, du aber auch.«
Denise sprang auf. »Wie gemein du bist«, rief sie mit zornsprühenden Augen aus. »Ich werde ihn hinbringen und sagen, dass seine Mutter keine Zeit für ihn hat.«
»Wenn du das tust, werde ich dafür sorgen, dass du Jerry nie wiedersiehst«, sagte Clarissa eisig.
Denise wusste, dass sie es tun würde. Sie kannte ihre Schwester, und für sie selbst wäre es das Schlimmste, was ihr widerfahren könnte, wenn sie Jerry hergeben müsste.
»Sie werden dahinterkommen, dass ich nicht Jerrys Mutter bin«, sagte sie leise.
»Ach was. Du bist doch nicht von gestern. Doermer ist schwerkrank. Er will Jerry sehen und wird froh sein, wenn er da ist. Dich wird er gar nicht beachten. Du kannst doch außerdem so gut die kleine graue Maus spielen.«
Denise richtete sich auf. »Ich tue es, aber ich tue es für Jerry.«
»Ich wusste ja, dass du vernünftig bist«, sagte Clarissa von oben herab. Und da stand Jerry, der Denise viel ähnlicher sah als seiner Mutter, in der Tür.
»Fahren wir jetzt endlich, Denny«, fragte er, »oder muss ich mir das Geschrei noch lange anhören?«
»Wohin soll die Reise gehen?«, fragte Denise mit frostiger Stimme.
»Erlenried heißt das Kaff. Bei Hohenborn liegt es am Sternsee. Pierre hat es in der Karte eingezeichnet. Ich muss mich jetzt auch beeilen. Jerry, du wirst dich anständig benehmen und alles so machen, wie Denise es sagt.«
Jerry drängte sich an Denises Seite. Sie fühlte, dass er zitterte, und drückte ihn an sich.
»Und denk daran, dass du einmal sehr reich sein wirst, wenn du nett zu deinem Großvater bist«, sagte Clarissa.
Jerry warf den Kopf zurück. »Dann kriegst du aber nichts ab«, sagte er trotzig.
»Das werden wir ja sehen«, erwiderte Clarissa mit einem frivolen Lächeln.
*
In einem kleinen Ort in der Nähe von Rothenburg übernachteten sie. Denise war ziemlich erschöpft von der langen Fahrt. Sie waren ja auch erst am späten Vormittag aufgebrochen.
Ja, es war ganz überraschend für sie gekommen, als Clarissa ihr mit diesem Plan kam, mit dem sie sich noch immer nicht vertraut machen konnte.
Sie wünschte sich sogar, dass Jerrys Vorschlag, irgendwohin zu fahren, wo niemand sie finden könnte, durchführbar wäre. Aber das konnte sie sich nicht leisten. Sie konnte ihre gutbezahlte Stellung als Rundfunksprecherin einfach nicht aufgeben. Es war nicht einfach, eine ähnliche zu finden. Erst recht keine, die ihr doch verhältnismäßig viel Zeit für Jerry ließ.
Der Junge war nach dem Abendessen fast sofort eingeschlafen. Sie hatte noch ein Bad genommen.
In der Wanne liegend hatte sie darüber nachgegrübelt, was der kommende Tag ihr bringen würde, aber dann waren ihre Gedanken doch in die Vergangenheit zurückgewandert.
Clarissa war ihrer Mutter liebstes Kind gewesen, nachdem sie den einzigen Sohn durch einen tragischen Tod früh verloren hatte. Sie hatte die bildhübsche, grazile Clarissa dem kleinen Pummelchen Denise auch deshalb den Vorzug gegeben, weil sie schmeicheln konnte.
Es war seltsam, aber Denise hatte das sogar verstanden. Sie stand immer im Schatten der schöneren und angeblich auch klügeren Schwester. Der jähe Tod beider Eltern, die