Zulässigkeit gewerblicher Sammlungen: Der Konflikt zwischen EU-Recht und deutschem Recht
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Ferner wird eine genauere Betrachtung der Tatbestandmerkmale aus § 17 KrWG durchgeführt. Hierbei wird in Bezug auf das öffentliche Interesse besonders auf eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger und die Leistungsfähigkeit eingegangen.
Des Weiteren setzt sich die Bachelorarbeit mit der Frage der Europarechtskonformität des KrWG auseinander.
Markus Herbst
Mit mehreren Jahren Berufserfahrung als Straßenverkehrsbehörde eines Landkreises hat Markus Herbst sein Wissen im Bereich Straßenverkehrsrecht stetig vertieft. Er hat einen Abschluss als Bachelor of Arts "Public Management", schreibt für Fachzeitschriften und hält Vorträge an Verwaltungsschulen zu Fragen im Bereich Straßenverkehrsrecht. Er war bereits als Referent bei der Verwaltungsschule des Gemeindetages Baden-Württemberg, bei der Kommunal-Akademie Rheinland-Pfalz, beim Deichmann+Fuchs Verlag, beim Bundesverband für Wohnen und Stadtentwicklung, beim Ministerium für Verkehr Baden-Württemberg und bei der Württembergischen Verwaltungs- und Wirtschafts-Akademie zu Fragen im Bereich Straßenverkehrsrecht tätig.
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Zulässigkeit gewerblicher Sammlungen - Markus Herbst
1 EINLEITUNG
1.1 Das KrWG
Einer der wichtigsten gesetzlichen Grundlagen des Abfallrechts ist das KrWG¹, welches am 01.06.2012, als Nachfolger des KrW-/AbfG², in Kraft trat. Die Novellierung des KrWG war vor allem notwendig, um die AbfRRL³ umzusetzen.⁴ Zwei Jahre nach der Einführung des KrWG, zeigt sich, dass, nach wie vor, der wohl umstrittenste Bereich des KrWG die Auseinandersetzung mit gewerblichen Sammlungen ist.⁵
Bei der Fragestellung der Zulässigkeit gewerblicher Sammlungen ist es den Stadt- und Landkreisen selbst überlassen, wie sie mit den bundesrechtlichen Vorgaben in Form des KrWG im Rahmen ihres Ermessensspielraumes verfahren.
Dadurch kommt es zu einer teilweise sehr unterschiedlichen Vollzugspraxis. Sowohl die Rechtsprechung, als auch die Auffassungen der Stadt- und Landkreise, wie der Gesetzgeber das KrWG verstanden haben wollte, differieren.⁶
1.2 Ziele der Bachelorarbeit
Die Bachelorarbeit teilt sich in drei größere Bereiche auf:
In einem ersten Schritt wird eine allgemeine gesetzliche Einordnung der Überlassungspflicht getrennt zu sammelnder Verwertungsabfälle vorgenommen. Anschließend werden grundlegende Begrifflichkeiten bezogen auf gewerbliche Sammlungen erläutert.
Der zweite Teil befasst sich mit einer genaueren Betrachtung der Tatbestandmerkmale aus § 17 KrWG. Hierbei wird in Bezug auf das öffentliche Interesse besonders auf eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des örE und die Leistungsfähigkeit eingegangen.
Der dritte Teil setzt sich verstärkt mit der Fragestellung auseinander, ob der örE bei getrennt zu sammelnder Abfällen als Monopol europarechtskonform zulässig ist. Besonders das Wettbewerbsrecht und die Warenverkehrsfreiheit werden bei der Prüfung betrachtet.
Des Weiteren setzt sich die Bachelorarbeit mit der Frage der Europarechtskonformität des KrWG auseinander.
Bei der Prüfung werden sowohl die jetzt geltenden nationalen Regelungen und die Vorgängerregelungen, als auch europarechtliche Rahmenbedingungen berücksichtigt. Ebenso fließen die bisher zu diesem Thema ergangene deutsche, sowie europäische Rechtsprechung ein. Darüber hinaus werden anhand einer Literaturanalyse die verschiedenen Standpunkte bezüglich der Zulässigkeit gewerblicher Sammlungen dargestellt.
¹ Kreislaufwirtschaftsgesetz vom 24.02.2012 (BGBl. I S. 212), das zuletzt durch § 44 Abs. 4 des Gesetzes vom 22.05.2013 (BGBl. I S. 1324) geändert worden ist.
² Gesetz zur Förderung der Kreislaufwirtschaft und Sicherung der umweltverträglichen Beseitigung von Abfällen vom 27.09.1994 (BGBl. I S. 2705), das am 01.06.2012 durch Art. 6 Abs. 1 S. 2 des Gesetzes vom 24.02.2012 (BGBl. I S. 212) außer Kraft trat und zuletzt durch Art. 4 des Gesetzes vom 17.08.2012 (BGBl. I S. 1726) geändert worden ist.
³ RL 2008/98/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19.11.2008 über Abfälle und zur Aufhebung bestimmter Richtlinien (ABl. Nr. L 312 S. 3).
⁴ Vgl. BT-Drucks. 17/6052, S. 1.
⁵ Vgl. Jarass/Petersen KrWG Kommentar, S. 18 Einf I Rn. 67; Kohlhammer KrWG Kommentar, S. 215 § 17 Rn. 2 m. w. N.; Gruneberg/Piek, in: AbfallR 2013, 213 (213).
⁶ Vgl. Dippel/Hamborg, in: AbfallR 2014, 30 (30); Petersen/Hermanns, in: AbfallR 2014, 138 (139).
2 ABFALLRECHTLICHE ÜBERLASSUNGSPFLICHT
Grundsätzlich sind Erzeuger oder Besitzer von Abfällen dazu verpflichtet, die Abfälle, derer sie sich entledigen möchten, gemäß § 7 Abs. 2 KrWG zu verwerten.
Sofern ein Erzeuger oder ein Besitzer nicht in der Lage ist, die Abfälle, derer er sich entledigen möchte, zu verwerten, ist § 15 Abs. 1 KrWG anzuwenden. Nachrangig sind nach § 15 Abs. 1 KrWG Erzeuger oder Besitzer von Abfällen zur Beseitigung ihrer Abfälle verpflichtet.
Abweichend hiervon sind gemäß § 17 Abs. 1 KrWG Erzeuger oder Besitzer von Abfällen aus privaten Haushaltungen verpflichtet, diese Abfälle den nach Landesrecht zur Entsorgung verpflichteten juristischen Personen, auch örE genannt, zu überlassen. Diese Abweichung von § 7 Abs. 2 und § 15 Abs. 1 KrWG ist nur dann gültig, wenn Erzeuger oder Besitzer von Abfällen aus privaten Haushaltungen zu einer Verwertung auf den von ihnen im Rahmen ihrer privaten Lebensführung genutzten Grundstücken nicht in der Lage sind oder diese nicht beabsichtigen.
Ungeachtet der Tatsache, dass Abfälle zuerst der Verwertungs- und Beseitigungspflicht und nachrangig der Überlassungspflicht an den örE unterliegen, falls die Voraussetzungen des § 17 Abs. 1 KrWG erfüllt sind, gilt die Überlassungspflicht in den Fällen des § 17 Abs. 2 KrWG nicht.
Fraglich ist, ob die Überlassungspflicht im Falle gewerblicher Sammlungen ebenfalls nicht zutreffend ist.
3 GETRENNTE ABFALLSAMMLUNG
Eine getrennte Abfallsammlung soll gemäß § 14 Abs. 1 KrWG spätestens ab dem 01.01.2015 für Papier-, Metall-, Kunststoff- und Glasabfälle stattfinden. Diese Regelung fußt auf Art. 11 Abs. 1 UAbs. 3 AbfRRL.⁷
Die gewerbliche Sammlung von Abfällen, die nach § 3 Abs. 5 KrWG, oder nach der AVV⁸ als Sternchen-Abfälle gelten und damit als gefährlich einzustufen sind, ist unzulässig.⁹ Die Abfälle, die gemäß § 17 Abs. 1 KrWG aus privaten Haushaltungen getrennt gesammelt werden und zur Verwertung bestimmt sind, sind als ungefährlich einzustufen.¹⁰ Demnach könnte vermutet werden, dass diese Abfälle ohne weitere Ausnahmen gewerblich gesammelt werden könnten.
Es gilt aber zu berücksichtigen, dass nach § 17 Abs. 3 S. 2 KrWG die gewerbliche Sammlung gemischter Abfälle, sowie die gewerbliche Sammlung von Abfällen, die beseitigt werden sollen, unzulässig ist.¹¹
Die Aufstellung einer Restmülltonne, sowie das Sammeln von Speermüll, ist einem Gewerbebetreibenden demnach verboten.¹²
Des Weiteren wurde durch Art. 3 Nr. 5 lit. b des Gesetzes zur Neuordnung des Kreislaufwirtschafts- und Abfallrechts¹³ § 9 Abs. 9 ElektroG¹⁴ geändert, sodass eine gewerbliche Sammlung von Elektro- und Elektronikaltgeräten nicht möglich ist.¹⁵
Dass einige Abfallfraktionen getrennt zu sammeln sind, geht auf die AbfRRL und die AbfVerbV zurück, die auf die AVV verweisen. Der europäische Abfallschlüssel gibt vor, dass Papier und Pappe (20 01 01), Glas (20 01 02), als auch Metall (20 01 40) getrennt zu sammeln sind. Darüber hinaus deklariert der europäische Abfallschlüssel ebenfalls Alttextilien (20 01 10 und 20 01 11) als Verwertungsabfälle, die einer getrennten Abfallsammlung zugeführt werden sollen.¹⁶
In der Praxis werden hauptsächlich Alttextilien, Altmetall und Altpapier gewerblich gesammelt.
3.1 Abfallbegriff
Sowohl im europäischen, als auch im deutschen Abfallrecht existiert bislang keine abstrakte Regelung zur Frage des Beginns und des Endes der Abfalleigenschaft.¹⁷ Somit wurden von der Rechtsprechung für spezielle Stoffe und Gegenstände bestimmte Merkmale, wann die Abfalleigenschaft beginnt und wann sie endet, festgelegt.¹⁸
Aus Gründen der Vereinfachung ist im folgenden Abschnitt lediglich beispielhaft erörtert, ob Alttextilien hinsichtlich gewerblicher Sammlungen unter den Begriff „Abfall" subsumiert werden können.
Hierbei gilt es zu beachten, dass es nicht möglich ist Alttextilien allgemein als Abfall zu bezeichnen. Vielmehr ist dies davon abhängig zu machen, welches Rücknahmesystem betrachtet wird.¹⁹ Im Folgenden soll demnach beispielhaft dargestellt werden, ob im Falle einer Container-Sammlung Alttextilien den Abfallbegriff erfüllen. Ob die Prüfung des folgenden Abschnittes jedoch ebenso auf andere gewerblich gesammelte Abfälle des hier erläuterten Rücknahmesystems übertragen werden kann, bleibt offen.
§ 3 Abs. 1 KrWG definiert, dass Abfälle