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England - Erster Band
England - Erster Band
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England - Erster Band

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Das Werk "England" ist eine Sammlung von Briefen des amerikanischen Schriftstellers James Fenimore Cooper (1789-1851).


James Fenimore Cooper (* 15. September 1789 in Burlington, New Jersey als James Cooper; † 14. September 1851 in Cooperstown, New York) war ein amerikanischer Schriftsteller der Romantik. Cooper ist in vielerlei Hinsicht eine Schlüsselfigur der amerikanischen Literatur. Neben Washington Irving war er der erste amerikanische Schriftsteller, der von seinen Büchern leben konnte. Er blieb bis weit in das 20. Jahrhundert hinein auch in Europa der wohl meistgelesene. Nach dem Vorbild Sir Walter Scotts schrieb er die ersten historischen Romane und die ersten Seefahrtsromane der amerikanischen Literatur. Sein umfangreiches Werk umfasst weiter zahlreiche historiografische Werke, Essays und Satiren über Amerika wie Europa. Besonders bekannt sind bis heute seine fünf "Lederstrumpf"-Romane, die die Erschließung des amerikanischen Westens durch weiße Scouts, Trapper und Siedler, aber auch die allmähliche Zurückdrängung und Vernichtung der indianischen Kultur thematisieren.
LanguageDeutsch
PublisherPaperless
Release dateMar 25, 2016
ISBN9788892581579
England - Erster Band
Author

James Fenimore Cooper

James Fenimore Cooper was a nineteenth-century American author and political critic. Esteemed by many for his Romantic style, Cooper became popular for his depiction of Native Americans in fiction. Before Cooper considered himself a writer, he was expelled from Yale University, served as a midshipman for the United States Navy, and became a gentleman farmer. Cooper wrote many notable works including The Pioneers, The Last of the Mohicans, and The Red Rover, which was adapted and performed on stage in 1828. Cooper passed away in 1851 at the age of 61.

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    England - Erster Band - James Fenimore Cooper

    Vorrede.

    Der Amerikaner, welcher einen gedrängten, philosophischen, richtigen, populären und dennoch umfassenden Abriß über die Hauptunterschiede schriebe, die zwischen den politischen und geselligen Relationen von Amerika bestehen, würde seinem Vaterlande den größten Dienst leisten, der ihm seit dem denkwürdigen Ereigniß vom 4. Juli 1776 erwiesen worden. Dies bestand nur in einer Erklärung der politischen Unabhängigkeit, während jenes wie die Grundlage zur geistigen Emancipation betrachtet werden müßte, die allein im Stande ist, die Nation zu einer großen zu machen, indem sie ihre Gesinnung bis zu ihren Leistungen emporhöbe.

    Dies Werk macht keinen Anspruch auf ein so ausgezeichnetes Verdienst. Es soll nur einen Theil von dem Zeugniß ausmachen – welches noch unendlich oft abgelegt werden muß – das, unter der langsamen Wirkung der Zeit und in Ermangelung der Bemühungen eines höheren Genies, wie wir es eben erwähnt haben, früher oder später – wir wollen es hoffen – dasselbe Resultat hervorbringen wird.

    Man hat sich Mühe gegeben, die Lesewelt zu überreden, der Verfasser dieses Buches sei ganz besonders gegen England eingenommen; und einige Erklärungen möchten daher zu Gunsten der Wahrheit hier nicht am unrechten Orte sein. Um das Gegentheil jener Behauptung zu beweisen, dürfte der Verfasser vielleicht nur auf das Werk selbst hindeuten; doch giebt es immer Viele, die in Wahrheit stets Haß und in Grundsätzen nur Trug sehen. Es ist durchaus kein Grund vorhanden, warum der Verfasser dieses Buches gegen England eingenommen sein sollte. Er selbst wurde von den ausgezeichnetsten Männern gütig behandelt; er ist so vollständig, wie es sein ärgster Feind nur sein könnte, überzeugt, daß er als Schriftsteller über Verdienst gelobt worden; auch hat er für seine literarischen Produkte so viele Remunerationen erhalten, als er nur immer verlangen kann. Er ist in keinem Lande jemals so gut behandelt worden, als in England, sein Vaterland mit eingeschlossen; obgleich er seit der Publication seiner Ansichten dem gewöhnlichen Tadel nicht entgangen ist, der so leicht von den Lippen der Angelsachsen zu fließen scheint.

    Der Verfasser wird jetzt seinen eigenen Bericht über die Entstehung dieser irrigen Ansichten abstatten. Ein Theil der amerikanischen Reisenden hat den wohlverdienten Ruf der ärgsten Speichellecker geerntet, die jemals das britische Reich betreten haben. Diese liebenswürdige Eigenschaft hat man dem Verfasser bis jetzt noch nicht beigelegt, und diejenigen, welche sich anklagen müssen, in den englischen Gesellschaften ihre Achtung vor sich selbst vergessen zu haben, sind vielleicht ein wenig zu sehr aufgelegt, diejenigen anzuschwärzen, welche es nicht gethan.

    Man hat Anekdoten in Umlauf gesetzt über das, was der Verfasser während seines Aufenthalts in England gesagt, gethan – zum Theil gedruckt, zum Theil mündlich, alle jedoch zu seinem Nachtheil. Viele dieser Erzählungen haben sein Ohr erreicht, doch hat er sich bisher damit begnügt, sie circuliren zu lassen, ohne ihnen zu widersprechen. Hier ist jedoch der richtige Zeitpunkt, zu erklären, daß keine einzige davon wahr ist. Er hat ausdrücklich in der Absicht einen Bericht von einer kleinen Vorkommenheit dieser Art gegeben, um dem Leser zu zeigen, auf welche Weise man aus Maulwurfshügeln Berge macht, und in der Hoffnung, daß der bessere Theil seiner Landsleute einsehen wird, wie gefährlich es ist, Erzählungen Glauben zu schenken, die ihren Grund in dem Haß gegen ihr eigenes Volk haben.

    Die Engländer können die Amerikaner nicht leiden. Sie haben die Sucht, alles zu verbreiten und zu übertreiben, was unsern Nationalcharakter verächtlich oder lächerlich zu machen im Stande ist; und diese Sucht, verbunden mit einem Unwillen über unsere Gleichgültigkeit von Dingen, die ihnen die größte Hochachtung einflößen, haben zur Erfindung vieler Abgeschmacktheiten Veranlassung gegeben, die auch noch Andere, und nicht den Verfasser allein, treffen. Auf der andern Seite ist wieder die Verehrung des Amerikaners von England so groß, und er ist in Bezug auf Englands Lob oder Tadel so empfindlich, daß er das Gesetz übersieht, welches vor der Verdammung Beweise verlangt.

    Es ist richtig, wenn man sagt, ein Reisender sollte über die Mängel eines fremden Landes schweigen, und sich in Bezug auf die Verdienste seines eigenen Regierungssystems mit Bescheidenheit äußern; diese Regel muß jedoch bei ihrer Anwendung bedeutend bedingt werden. Wenn diejenigen, welche besuchen, die Vergleichung herbeiziehen, so dürfen sie sich nicht beklagen, daß sie mit Intelligenz und Feinheit durchgeführt wird. Hätte man der Sucht der Engländer, ohne Bescheid zu wissen und ohne alle Rücksicht über Amerika zu urtheilen, sogleich Festigkeit entgegengesetzt, so würden die erwähnten Abgeschmacktheiten niemals entstanden sein. Leute, die es sich gefallen ließen, unter jeder Bedingung Aufmerksamkeiten anzunehmen, sind nicht immer die besten Richter über Schicklichkeit.

    Seit der Periode dieser Briefe sind mit England große Veränderungen vorgegangen. Es soll jetzt eine größere Kenntniß von Amerika und eine bessere Gesinnung dafür existiren. Bei der Ausführung dieses Werkes hat der Verfasser jedoch die Dinge so schildern müssen, wie er sie während seines Aufenthaltes in England fand. Ein künftiges Werk kann einige der Fehler verbessern, die aus diesem Umstande hervorgingen.

    Es ist sehr möglich, daß dies Buch manche unrichtige Begriffe enthält; es sind jedoch die Unrichtigkeiten eines gewissenhaften Beobachters, und sie dürfen nur dem Kopfe zugeschrieben werden. Seine Ansichten werden gegen die Vorurtheile derer laufen, die in Amerika die sogenannte intelligente Classe bilden, und werden natürlich verdammt werden. Jeder Versuch, irgend einer der hergebrachten Meinungen entgegen zu treten, besonders solcher, die sich auf die Aristokratie in England beziehen, hat den Erfolg, den gewöhnlich alle Versuche haben, die Menschen wider ihren Willen zu überzeugen. Ein Jeder will immer besser daran sein als sein Nachbar,– dies ist der Schlüssel zu allen diesen Untüchtigkeiten.

    April 1837.

    Erster Brief.

    Dem Herrn Hauptmann W. Brandford Shubrick.

    Einschiffung zur Reise nach Dover. – Canal. – Stadt. – Felsen und Hafen. – Contrast zwischen England und Frankreich. – Fortificationswerke. – Shakspeare's Felsen. – Aussicht von der Höhe. – Gefühle in Bezug auf England. – Polizei-Amt. – Englische Postkutsche. – Vermoderte Straßen. – Thee in England.

    Es war an einem schönen Tage des Monats Februar, als wir das Hôtel Dessin verließen, um uns nach Dover einzuschiffen. Der Quai war mit tobenden Lastträgern angefüllt, während die Gensdarmen ein wachsames Auge auf die Beobachtung der polizeilichen Vorschriften hatten, damit nicht irgend ein Schelm mehr oder weniger unentdeckt von einer der beiden großen Hauptstädte zur andern gelangen möchte. Da ich einen Commissionair, der zu unserem Gasthofe gehörte, angenommen hatte, so durfte ich weiter nichts thun, als eine Treppe von etwa funfzehn Stufen in das Boot hinabgehen. Das Steigen und Fallen des Wassers ist hier so groß, daß die Schiffe zuweilen mit dem Quai gleich hoch stehen, und zuweilen drei bis vier Faden tiefer als derselbe liegen.

    Aus Mißtrauen gegen die Geschicklichkeit der französischen Seeleute hatten wir bei unserer Ueberfahrt das englische Dampfboot dem französischen vorgezogen. Die Reise war zwar durchaus nicht lang; so kurz sie aber auch war, so ernteten wir doch alle Vortheile unserer guten Wahl, indem wir über eine Stunde früher ankamen als unser Rival.

    Bei hellem Wetter ist es möglich, von der französischen Küste aus Dover zu sehen; diesmal hatten wir jedoch nichts vor uns als einen ausgedehnten Wasserhorizont, während wir durch die lange Einfahrt aus unserm kleinen Hafen in die Nordsee fuhren. Der Tag war ruhig und, wie es häufig bei schnellen Fluthen und engen Passagen stattfindet, der Canal war so glatt und eben wie ein Teich.

    Der Charakter-Unterschied zwischen den beiden großen Nationen, die so nahe neben einander wohnen, daß sie fast gegenseitig ihre Hähne krähen hören können, ist selbst an der Meerenge sichtbar, die sie trennt. An der französischen Küste sahen wir einige Fischerböte mit lohfarbenen Segeln, die für einige Restaurateurs in Paris beschäftigt waren, während sich die geschwellten Segel von zahllosen Schiffen aus dem Busen des Meeres erhoben, als wir der englischen Küste entgegenflogen. Ich glaube, wir begegneten mehr als fünfzig großen Schiffen, bevor wir die englische Küste zu Gesicht bekamen. Mehrere davon waren Indienfahrer, und nicht wenige Kohlenschiffe, die ihre Ladung dem räucherigen London zuführten.

    In den Jahren 1806 und 1807 passirte ich die Meerenge vier Mal. Um diese Zeit beobachtete England alle Bewegungen Napoleons mit Eifersucht. Ich erinnere mich noch, daß wir uns im Herbste 1806, als eben der Tag grauete, in der Gegend von Dungeneß befanden; und ein sprechenderes Bild der Wachsamkeit kann man sich nicht vorstellen, als der Canal bei jener Gelegenheit bot. Die Nähe der beiden Küsten setzte die Franzosen oft in den Stand, englische Kauffahrer zu kapern; und die erwähnten Vorsichtsmaßregeln waren getroffen, um den Handel von London zu sichern. Kein besserer Beweis von der Unfähigkeit der Franzosen als Seevolk kann geliefert werden, als das einfache Faktum, daß sie Häfen besitzen, die keine Geschicklichkeit im Stande ist, innerhalb dreißig Stunden von der Mündung der Themse zu blockiren, und daß es England möglich machte, den Handel seiner Hauptstadt während eines langen und erbitterten Krieges ununterbrochen aufrecht zu erhalten. Ich bin der Meinung, daß ein tüchtiges Seevolk in den ersten fünf Jahren die Hälfte des Handels nach Liverpool oder Bristol getrieben haben würde.

    Das Packetboot wurde vortrefflich geführt, wenn gleich wir auch nur mit einer sehr ruhigen See zu thun hatten. Die Ruhe und Ordnung, welche überall herrschte, bewiesen uns hinreichend, daß sich die Schiffsmannschaft auch bei einem schwierigern Fall gut bewährt haben würde. Mich überraschten jedoch die kleinen Gestalten der Mannschaft, die aus lauter untersetzten unansehnlichen Leuten bestand, welche gewiß in Verlegenheit gerathen wären, wenn sie auf den untern Segelstangen eines größern Schiffes hätten Dienste thun sollen. Ich habe diese Eigenthümlichkeit bei mehreren Gelegenheiten bemerkt, und ich bin überzeugt, daß die englischen Seeleute, die wir beide früher in unserer Heimath gesehen haben, alle größer waren als diese. Ein hohes Gehalt verlangt auch in der Regel eine bessere Qualification zum Dienst, und hierin mag, wie ich glaube, die Erklärung des angeführten Umstandes liegen. Auf jeden Fall habe ich bei unserer Marine niemals so kleine Leute gesehen, und aus unserm alten Freund Jack Freeman ließen sich vier von ihnen schnitzen.

    Nach einer Fahrt von zwei Stunden wurden die Felsen von Dover deutlich sichtbar; der Nebel hatte sie uns entzogen, bis wir ziemlich dicht an die Küste gekommen waren. Obgleich diese berühmten Kalkfelsen keine Vergleichung mit den herrlichen Küsten des mittelländischen Meeres vertragen, die Ihnen so wohl bekannt sind, so bilden sie doch schöne Erhebungen, und verdienen die Auszeichnung, von Shakspeare erwähnt worden zu sein.

    Die Stadt Dover liegt zum Theil in einem engen Thal zwischen zwei Felsen, und zum Theil am Meeresufer am Fuße derselben. Es scheint, als hätte die Natur an diesem Punkte offenbar einen Weg zwischen den Kalkbergen hindurch nach dem Meere gelassen; denn während die Berge höchstens drei- bis vierhundert Fuß hoch sind, so nimmt man auf der Straße, die ins Land hineinführt, doch kaum eine Erhebung wahr. Der Ort ist natürlich und poetisch schön; denn wenn man bedenkt, daß sich diese zufällige Formation gerade an derjenigen Stelle der Insel befindet, die dem Continent am nächsten liegt, so gewinnt er den Charakter eines prächtigen Einganges zu einer großen Nation. Die Klippen dehnen sich mehrere englische Meilen zu beiden Seiten der Stadt aus, und werden endlich in der Richtung von Hastings und Dungeneß zu einem ansteigenden, urbaren Ackerlande. Dungeneß ist der Ort, wo Wilhelm der Eroberer landete; und ich halte diesen Punkt auch für geeigneter zu einem solchen Zwecke, als irgend einen andern Punkt an der englischen Küste. Am Meeresufer befinden sich noch Ueberreste der Befestigungswerke, die man zur Zeit der drohenden französischen Invasion aufwarf; und ich erinnere mich noch sehr gut der Zeit, wo diese Werke reichlich mit Kanonen gespickt waren.

    Der Anblick von Dover und seinen Felsen, als wir uns der Küste naheten, war gefällig und in einiger Beziehung sogar schön. In dem künstlichen Theil des Gemäldes fand man zwar nichts von dem Klassisch-Malerischen, aber mit dem Ort waren so viel Erinnerungen aus der englischen Geschichte verknüpft, daß selbst die alten Schornsteine, mit denen die Felsen den Ort reichlich versorgt hatten, ehrwürdig und anziehend aussahen. Auch das Schloß, welches auf dem östlichen oder vielmehr nördlichen Berge steht, ist ein schickliches Gebäude, das sich sehr leicht durch die Einbildungskraft bevölkern läßt. Ich glaube, ein Theil desselben wird dem großen Baumeister Cäsar zugeschrieben.

    Der Hafen ist nur klein, doch liegt er sehr bequem und sicher von der Stadt umschlossen. Die Einfahrt ist durchaus eine künstliche, obgleich ich keine Thore bemerkt habe. Wenn sich auch sein Verkehr hauptsächlich nur auf die Communication mit Frankreich bezieht, so glaube ich doch, daß Schiffe von Bedeutung einfahren können. Der Damm ist an und für sich eine sehr schöne Promenade, und alle öffentlichen Werke, die damit in Verbindung stehen, sind äußerst solide und achtbar. Wir gleiteten um ein Uhr ruhig in diesen kleinen Hafen, und betraten abermals den Boden von Alt-England.

    Wenn wir durch den Contrast zwischen England und Frankreich bei unserm ersten Besuch des letzteren Landes überrascht wurden, so wurden wir es, wie ich glaube, noch mehr, als wir zu dem ersteren zurückkehrten. Noch vor vier Stunden befanden wir uns in dem Lande der Höflichkeit, des Geschreis, der Fröhlichkeit und des Betrugs, auf dem Quai von Calais, und jetzt befanden wir uns auf dem von Dover, in dem Lande der affectirten Ruhe, des mürrischen Wesens, der Erpressung, des »Dank Ihnen« und der halben Kronen. Es würde schwierig gewesen sein, anzugeben, welches von beiden schlimmer sei; doch glaube ich, daß man im Ganzen in dem letztern noch immer besser fortkommt; denn wer bezahlt, dem wird seine Arbeit ohne viele Redensarten verrichtet. Die Franzosen nennen einen englischen Lastträger oder Hafenarbeiter zuweilen einen Schreier; doch verdienen dieselben diesen Namen im Vergleich mit einem echten französischen Prolétaire durchaus nicht, zumal wenn dieser noch sein Mittagbrod zu verdienen hat. In England stirbt ein solcher Mensch wenigstens vor Hunger, ohne ein Wort zu sagen.

    Wir begaben uns nach Wright's Hôtel, bestimmt der beste Gasthof in Dover, und er bewies sich einem französischen Gasthof oder einem amerikanischen unter diesen Umständen so wenig ähnlich wie möglich. Das Haus war klein, durchaus nicht so groß wie die meisten unserer Dorfschenken, und in Bezug auf Ausdehnung durchaus nicht mit dem Hôtel zu vergleichen, welches wir so eben auf der andern Seite des Canals verlassen hatten; aber es war geräuschlos und geräumig. Es war eben nicht sauberer als Dessin's, oder ein guter amerikanischer Gasthof; aber die ruhige Weise, mit welcher die Aufwärter Ihre Dienste verrichteten, war etwas ganz Unbezahlbares. An einer so großen Heerstraße wie diese, würden wir Amerikaner ein ungeheures Gebäude mit ganz kleinen Schlafzimmern, einem großen Eßsaal und einer Küche errichten, wie sie sich für eine Kaserne eignen möchte; und in dieser respublica von einem Gebäude würden die Reisenden ohne Unterschied zu derselben Lebensweise emporgehoben oder hinabgedrückt werden; denn es gilt in Amerika fast für einen Verstoß gegen die Moral, wenn ein Mann noch keinen Appetit hat, während die andern schon hungrig sind, oder wenn er noch etwas essen will, nachdem die Masse bereits dinirte. In der Mitte des Geräusches und Getümmels einer solchen Karavanserei würde ein Amerikaner, wie er es nennt, im »glänzenden Styl« leben. Ein »glänzendes Elend« würde man es nennen müssen, wäre nicht die Anwendung des ersten Wortes hier abgeschmackt.

    Ich habe oft daran gedacht, daß die Regelmäßigkeit, Ruhe, Ordnung, Reinlichkeit und Schicklichkeit eines englischen Gasthofes, vereinigt mit den Betten, der Eleganz, dem Tische und den Getränken eines französischen Gasthofes, das non plus ultra eines Hôtels geben würde; und das Gasthaus zu Calais, welches in einiger Beziehung durch seine Lage sehr viel Englisches angenommen hat, führt den Beweis dazu. Es drängt seinen englischen Nebenbuhler zu Dover gänzlich in den Schatten. Wir vermißten die Spiegel, das Tischgeschirr und die guten Manieren; doch gewannen wir dafür einen guten Theil wirklichen Comforts.

    Während sich W. nach dem Zollhause begab, nahm ich mit Madame – einen Führer, und wir gingen aus, um die Felsen zu besuchen. An der einen Seite erhebt sich der Kalkstein so steil wie eine Mauer, und an seinem Fuß hängen die Häuser. An diesem Punkte ist ein Schacht mit einer Wendeltreppe hineingehauen, auf welcher wir auf die Höhe gelangten. Diese Passage war angebracht worden, um die Verbindung zwischen den verschiedenen Festungswerken zu erleichtern. Als wir die Stufen verließen, befanden wir uns auf einem unregelmäßigen Abfall, der den Gipfel der Felsen bildete und mit Gras bewachsen war. Von der senkrechten Erhebung kamen vielleicht zwei Drittel auf die steilen Kalkfelsen, die nach dem Canal hingewendet sind, und das andere Drittel auf den grünen Abhang, auf welchem wir standen.

    Hier trafen wir Werke der neueren Befestigungskunst, bestehend aus den gewöhnlichen Brustwehren, Gräben und

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