Der neue Landdoktor 18 – Arztroman: Fast wie in einem Liebesfilm
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In Bergmoosbach, dem kleinen, malerischen Ort im Allgäu, wurden die Fensterläden aufgeklappt, die leuchtenden Blumen in den Kästen gegossen, es duftete nach Kaffee und frischen Semmeln. Kinder trabten Richtung Schule, und die Geschäfte öffneten ihre Türen. Ein neuer Tag begann. Auch beim Kiosk auf dem Markt waren die Rollläden hochgezogen worden, und die Besitzerin Afra war damit beschäftigt, die druckfrischen Zeitungen einzusortieren.
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Der neue Landdoktor 18 – Arztroman - Tessa Hofreiter
Der neue Landdoktor –18–
Fast wie in einem Liebesfilm
Doch gibt es auch ein Happy End?
Roman von Tessa Hofreiter
In Bergmoosbach, dem kleinen, malerischen Ort im Allgäu, wurden die Fensterläden aufgeklappt, die leuchtenden Blumen in den Kästen gegossen, es duftete nach Kaffee und frischen Semmeln. Kinder trabten Richtung Schule, und die Geschäfte öffneten ihre Türen. Ein neuer Tag begann.
Auch beim Kiosk auf dem Markt waren die Rollläden hochgezogen worden, und die Besitzerin Afra war damit beschäftigt, die druckfrischen Zeitungen einzusortieren. Afra war eine ältere Frau mit wachen, dunklen Augen, sehr vielen Interessen und einem großen Mitteilungsbedürfnis. Im Moment allerdings war ihr Mund in wortlosem Staunen geöffnet, und sprachlos starrte sie auf einen groß aufgemachten Artikel im Tageblatt. Dann stieß sie einen lauten Schrei aus: »Ja, was sagt man denn dazu!« Sie wirbelte herum und spurtete los, das Tageblatt immer noch in der Hand. Die Nachricht, die sie in helle Aufregung versetzte, war einfach zu schön, über die musste sie unbedingt reden!
Afra stürzte zum gegenüberliegenden Buchgeschäft ›Das Lesezeichen‹ und schnappte sich deren überraschte Besitzerin, die gerade damit beschäftigt war, Polster auf die Bank vor ihrem Schaufenster zu legen. »Konrad Lange kommt nach Bergmoosbach und Renée Bäumler auch, sie wollen hier bei uns einen Film drehen!«, rief Afra aufgeregt.
Die junge Buchhändlerin Elisabeth, genannt Elli, brauchte einen kleinen Moment, um die Tragweite dieser Neuigkeit erfassen zu können. »Konrad Lange und Renée Bäumler? Du meinst diese Filmstars, die nicht nur in Deutschland so beliebt sind? Deren Serien im Fernsehen die absoluten Dauerbrenner sind?«
»Genau die!«, trumpfte Afra auf. »Und die wollen hier einen richtigen langen Spielfilm drehen! Der Konrad ist ein Doktor und Renée seine Verlobte, die Schwester Mareike. Was meinst du, was hier los ist, wenn die kommen! Konrad und Renée, die werden hier wohnen, wir werden sie beim Bummeln sehen, vielleicht ja auch beim Schwimmen im Sternwolkensee, kannst du dir das vorstellen, Elli?«
»Nicht so richtig«, antwortete die junge Frau vorsichtig. Natürlich kannte sie die Namen dieser beiden Schauspieler, und ab und zu guckte sie auch mal in die laufende Serie hinein, aber sie war kein so glühender Fan wie Afra und sehr, sehr viele andere aus dem Ort. Wenn die aktuelle Serie der beiden Stars lief, ›Wolkenlos‹, dann traf man sich zum gemeinsamen Fernsehabend, und am folgenden Tag wurde ausgiebig über den Stand der Dinge diskutiert.
»Ich muss weiter!«, rief Afra atemlos. »Wär doch schade, wenn der Landfrauenverein diese Neuigkeit schon kennt.« Über den kleinen Umweg zu Fannys Kolonialwarenladen spurtete Afra wieder zu ihrem verlassenen Kiosk zurück und hängte sich ans Handy, um mit ihren Freundinnen die sensationelle Nachricht zu besprechen.
Elli legte weiter ihre Polster aus, stellte das kleine Kaffeehaustischchen daneben und nahm ihren kleinen schwarzen Kater auf den Arm, der Afras aufgeregten Besuch sehr interessiert verfolgt hatte. »So, mein kleiner Dante, dann wird hier also sehr bald sehr viel los sein«, sagte sie und fügte nachdenklich hinzu. »Irgendwie habe ich ein bisschen Mitleid mit den beiden, dieser ganze Starrummel ist bestimmt nicht nur schön.«
Sie ging in ihr Geschäft zurück und suchte die Bücher zusammen, die sie über die beiden Stars im Sortiment hatte, und legte sie auf einen kleinen Sondertisch. Ihre Weitsicht erwies sich als richtig, denn im Handumdrehen waren die Bücher ausverkauft und mussten nachbestellt werden. Sowohl Touristen als auch Einheimische zeigten großes Interesse an allem, was es über Konrad Lange und Renée Bäumler zu lesen gab.
Das letzte noch vorrätige Exemplar ergatterte Nannerl Graubner, eine energische Frau mittleren Alters mit schwarz gefärbten Haaren. Ihr gehörte ein bekanntes Geschäft für Trachtenmoden, in dem die Dirndl noch selbst entworfen und geschneidert wurden. Ihre Kleider waren exklusiv und entsprechend teuer, aber sie waren ihr Geld wert und weit über die Landesgrenzen hinaus bekannt und begehrt.
»Aufregende Neuigkeiten, gell, Frau Faber?«, sagte Nannerl, als sie zufrieden ihr Buch verstaute. »In der Schneiderei ist den ganzen Tag von nichts anderem die Rede. Zu schade, dass unsere Magdalena gerade im Urlaub ist! Ich hätte gern die Augen der Kleinen gesehen, wenn sie die Nachricht hört.«
»Dann ist Magdalena auch ein Fan von Konrad Lange?«, erkundigte sich Elli höflich.
»Und wie!« Die andere Geschäftsfrau lachte. Es klang nicht unfreundlich, aber ein wenig herablassend. »Magdalena ist eher so eine Stille, aber man merkt es ihr halt an, dass ihr ganzes Herz an diesem Konrad Lange hängt. So wie ich sie kenne, wird sie niemals den Mut haben, ihn anzusprechen, sondern ihn nur aus der Ferne anhimmeln.«
»Vielleicht ist das ja das Netteste, was sie für den Schauspieler tun kann«, antwortete Elli. Sie kannte und mochte Magdalena Hauser, die jung, zurückhaltend und eine sehr begabte Schneiderin war. »Ich kann mir vorstellen, dass den Stars der ganze Rummel um ihre Person auch gewaltig auf die Nerven geht.«
»Wieso? Dafür sind sie halt Stars.« Nannerl Graubner zuckte nur mit den Achseln und verließ die Buchhandlung.
»Siehst du, Dante, genau das meine ich«, sagte Elli zu ihrem Kater, der zufrieden im Schaufenster lag und das Treiben auf dem Marktplatz beobachtete. »Ob es wirklich immer nur toll ist, eine Berühmtheit zu sein?«
*
Nein, das war es mit Sicherheit nicht, Konrad Lange konnte ein Lied davon singen. Jeder Schritt und jedes Wort in der Öffentlichkeit wurden beobachtet und kommentiert, sogar sein sogenanntes Privatleben war größtenteils erdacht und gehörte nicht wirklich ihm.
Als er jetzt einen Landarzt spielen sollte und ein geeigneter Drehort im schönen Allgäu gefunden worden war, griff Konrad zu einem Trick, um sich für wenige Tage etwas echte Privatsphäre zu verschaffen. Unter falschem Namen mietete er sich eine abgelegene Hütte, zog sich in die Natur zurück und versuchte, unerkannt die Gegend zu erforschen. Konrad genoss die Ruhe und die Abgeschiedenheit. Er holte das Wasser aus der Pumpe neben der Hütte, lief barfuß durch das taufeuchte Gras, schlief bei weitgeöffneten Fenstern, durch die nur die Sterne hereinschauten, und ging den wenigen Wanderern aus dem Weg. Auch in Bergmoosbach war er gewesen, um sich vorsichtig den Ort und die Menschen anzuschauen, und er war tatsächlich unerkannt geblieben.
Alles war gutgegangen – bis zu dem Augenblick, als er bei einer Wanderung voller übermütiger Lebensfreude von einem Felsbrocken zum nächsten sprang, abrutschte, unglücklich auftrat und sich am Fuß verletzte. Jetzt hockte er am Wegesrand, hielt seinen schmerzenden Knöchel umfasst und verfluchte seinen Leichtsinn.
Der Mann war ein tüchtiges Stück von seiner Hütte entfernt, hatte nichts zum Abstützen dabei und würde für den Rückweg sehr lange brauchen. Konrad wusste, dass er den Fuß nicht gebrochen hatte, aber trotzdem würde er einen Arzt oder zumindest eine Apotheke aufsuchen müssen. So oder so wäre es vorbei mit seiner Privatsphäre und der himmlischen Ruhe. Er sah schon die Fotos vor sich, die ihn, der nun den Arzt Martin Rhöder spielen sollte, mit bandagiertem Fuß und Krücke zeigten! »Wirklich toll gemacht, Doktor Rhöder!«, knurrte er.
Wenn er hier doch wenigstens einen Knüppel finden würde, auf den er sich beim Gehen abstützen konnte! Suchend schaute Konrad sich um, entdeckte aber weiter nichts als Gräser, Wildblumen und Steine, ein Kiefernwald befand sich erst in einiger Entfernung. Er seufzte. So sehr er auch seine Einsamkeit begrüßt hatte, wünschte er sich jetzt einen Wanderer, den er um Hilfe bitten konnte, aber weit und breit war niemand zu sehen. Es blieb ihm also nichts anderes übrig, als sich alleine auf den Weg zu machen.
Konrad humpelte los. Verbissen ging er gegen die Schmerzen an, aber jeder Schritt tat sehr weh, und ihm war klar, dass das Belasten dem verletzten Fuß nicht gut tat. Schon nach kurzer Zeit musste er Pause machen und ließ sich entmutigt auf einen anderen Stein sinken. Offenbar war er in einem Funkloch, denn sein Handy hatte keinen Empfang, also konnte er niemanden zu Hilfe rufen.