Angstfrei glauben
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Der Autor nennt gute Argumente für einen angstbesetzten Glauben und zeigt auf, dass hinter so manchem Verhalten, das Christen Gott gegenüber an den Tag legen, die Angst vor ihm steckt. Dagegen stellt er das Evangelium in seiner ganzen Tiefe an Bedeutung. Hier liegt der Schlüssel, die vorhandenen Ängste abzubauen, um angstfrei zu glauben.
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Angstfrei glauben - Johann Gerhardt
Johann Gerhardt
ADVENT-VERLAG
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ISBN EPUB: 978 - 3-8150 - 2602-1 (1. Auflage 2014)
ISBN PRINT: 978 - 3-8150 - 1866-8 (2. Auflage 2009)
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Korrektorat: Ulrike Pelczar
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Die Bibelzitate sind – falls nichts anderes vermerkt – der Bibelübersetzung nach Martin Luther (revidierte Fassung 1984, Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart 1985 ff.) entnommen. Ansonsten bedeuten:
GNB = Gute Nachricht Bibel (revidierte Fassung der Bibel im heutigen Deutsch, Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart 1997 ff.)
© 2004 Advent-Verlag GmbH, Pulverweg 6, D–21337 Lüneburg
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Gesamtherstellung: Grindeldruck GmbH, D–20144 Hamburg
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Alle Rechte vorbehalten
ISBN 3 – 8150–1866 – 8
Inhalt
Cover
Titel
Impressum
Einleitung
Kapitel 1 - Wir leben mit der Angst
Kapitel 2 - Sehnsucht und Angst
Kapitel 3 - Gott als die größte Bedrohung
Kapitel 4 - Abwehrwege aus der Gottesangst
Kapitel 5 - Der Mensch als Sünder
Kapitel 6 - Das Evangelium gegen die Angst
Kapitel 7 - Zeichen der neuen Identität
Kapitel 8 - Freiheit und Angst
Kapitel 9 - Freiheit in Gebundenheit
Kapitel 10 - Zum guten Schluss
Zum Buch / Zum Autor
Einleitung
Es ist ein wunderschöner Sommertag. Auf mich richten sich viele erwartungsvolle Blicke. Vor mir sitzen Frauen und Männer, schon etwas älter oder noch ganz jung. Sie gehören zu den Besucherinnen und Besuchern des adventistischen Missionscamps, einer Zeltveranstaltung, die einmal im Jahr auf dem Gelände der Theologischen Hochschule in Friedensau, rund 25 Kilometer von Magdeburg entfernt, stattfindet.
Manche sind schon wieder auf dem so genannten
G-Camp
dabei, wie auch im Vorjahr, andere kommen zum ersten Mal. „G gehört zu „go
oder „gehen. Aber ehe sie gehen und das Evangelium anderen Menschen erzählen, sind sie gekommen. Und manche zu mir in den Workshop „Angstfrei glauben
. Was sie hier wollen?
Die einen wollen sich rückversichern. Sie strahlen – sie leben ein freudiges Leben als Christ. Andere Glaubensgeschwister wollen ihnen Angst machen, sie seien zu fröhlich. Wer zu fröhlich ist, mit dem stimme etwas nicht, denn die Sache mit Gott sei eine ernste Angelegenheit.
Diesen Fröhlichen, die einerseits ansteckend und andererseits „bedrohlich" wirken, ist dieses Buch gewidmet.
Nach dem Workshop steht ein Mann vor mir. Er ist blass, seine Schultern hängen und er spricht leise. In den Augen schimmern Tränen: „Danke, sagt er nur, und dann: „Ich habe so viel gekämpft. Ich bin müde. Ich kann nicht mehr kämpfen.
Dann wendet er sich ab. Ich habe den Eindruck, sein Gang ist etwas fester, die Schultern weniger eingesunken.
Für ihn und alle anderen, die müde geworden sind in ihrem Kampf und die sich nach Frieden sehnen, ist dieses Buch gedacht.
Während des Workshops fällt mir eine junge Frau ins Wort. Es gefällt ihr nicht, dass ich von Angst und Gott spreche. Vor Gott hat man keine Angst zu haben! Sie ist erregt, zornig. Ich spüre ihren Widerstand. Sie hält es nicht aus, sie geht. Doch im nächsten Jahr sitzt sie wieder in den Reihen. Sie erzählt, was in ihr aufgebrochen ist, seitdem sie nicht mehr wegläuft. Sie hat das Evangelium neu entdeckt.
Für sie und alle, die Widerstand spüren und sich dennoch öffnen, ist dieses Buch.
Vor mir in meinem Arbeitszimmer sitzt P. – ein junger Mann. Er hatte sich bei mir angemeldet, und da er keinen Führerschein besitzt, hat ihn sein Pastor zu mir in die Sprechstunde gebracht. Er erzählt, dass sein Leben von Angst bestimmt war. Sie hatte ihn überflutet und ihm alle Freude genommen. Er hat sogar eine Zeit in der Klinik verbringen müssen. Aber dann fand er Jesus und mit ihm neue Hoffnung.
Vor kurzem ist er getauft worden und es sah so aus, als ob alles besser und einfacher werden würde. Aber jetzt sitzt er hier und zweifelt, ob die Entscheidung für die Taufe richtig war. Die Angst ist wieder da. Sollte er nicht lieber aus der Gemeinde austreten und alles für einen Irrtum erklären?
Für ihn und die Zweifelnden, die wieder Hoffnung brauchen, ist dieses Buch.
Während ich schreibe, denke ich an eine Frau aus meiner Gemeinde. Schon in jungen Jahren hatte sie sich taufen lassen. Sie liebte Musik, ihren Beruf, ihren Gott. Als sie fünfzig ist, überfällt sie eine Depression. Und mit ihr kommt die Angst. Sie hat Zwangsgedanken, Flüche gegen Jesus sind dabei. Hat sie die Sünde gegen den Heiligen Geist begangen?
Als ein Befreiungsgebet des Pastors nicht hilft, ist sie sich sicher. Die Angst wird zur Gewissheit, zum Zwang. Was soll man machen, wenn man von Gott verstoßen ist? Die Frau weiß nur noch einen Ausweg. Sie nimmt das Gericht Gottes vorweg, wie sie meint, und bringt sich um.
Im Andenken an sie und für alle, die die Angst vor dem Gericht Gottes umtreibt, ist dieses Buch geschrieben.
Auf unserer theologischen Hochschule studiert ein junger Mann, viel versprechend. Er hat seine Zukunft Gott geweiht. Er will oder muss Pastor werden, aber dann bricht er das Studium ab und hat gleichzeitig Angst, Gott werde ihn bestrafen, weil er sein Gelübde gebrochen hat.
Für ihn und alle anderen, die Angst haben, eigene Entscheidungen zu treffen, ist dieses Buch.
In meinem Büro sitzt ein Student. Wir sprechen über Theologie. Er sagt: „Ich kann nicht mehr so glauben wie früher." Das befreit ihn einerseits, macht ihm aber auch Angst. Wie ist Gott wirklich? So, wie er ihn von den Eltern kennen gelernt hat? Fordert er wirklich absoluten Gehorsam? Oder ist er ein Gott, der Freiheit und Selbstverantwortung will?
Für ihn und alle anderen, die spüren, dass Evangelium eine Chance ist zum Wachstum und zum Risiko, ist dieses Buch.
Und letztlich ist es für mich selbst. Beim Schreiben und Nachdenken kann ich mich erneut vergewissern. Was bedeutet mir der Glaube? Was gebe ich weiter und wie? Schöpfen die Menschen Mut? Ich weiß, die Botschaft des Evangeliums ist größer als unser Leben, immer größer als mein Leben. Weil das Buch vom Evangelium spricht, deshalb ist es auch ein Buch für mich.
Kapitel 1
Wir leben mit der Angst
Alle Welt spricht von Liebe. Liebe ist Thema Nummer eins. Sie wird besungen in endlos vielen Liedern und beschrieben in unzähligen Büchern. Sie motiviert zu edlen Taten – und manchmal auch zu großen Dummheiten. Sie macht stark und schön und gehört wie die Sonne zu unserem Leben.
Aber im Schatten der Liebe gedeiht eine andere Pflanze. Sie hat sich ebenfalls über die ganze Welt ausgebreitet und wuchert bis in unsere Seelen hinein. Wenn sie überhand nimmt, kann sie die Empfindungen für das Schöne im Leben ersticken. Diese Wucherpflanze heißt Angst.
Angst als Schutz
Angst gehört wie die Liebe zu unserem Leben. Manchmal kann man ihr sogar eine gute Seite abgewinnen: Stellen wir uns vor, wir hätten nie Angst! Vielleicht würden wir überhaupt nicht mehr leben! Angst vor Gefahren macht vorsichtig und umsichtig. Wir spüren das Risiko und bleiben auf der sicheren Seite: Lieber bei Rot an der Ampel anhalten, auch wenn ich es eilig habe und gerade keiner da ist – aber vielleicht kommt doch noch ein anderer Raser?
Lieber nicht ungesichert auf ein Dach steigen. Lieber die Leiter nehmen, anstatt einen wackligen Stuhl oben auf einen noch wackligeren Tisch stellen. Lieber den Strom abstellen, ehe ich an der Steckdose hantiere. Lieber einen Bogen um den Hund machen, lieber …
So kann Angst unser Leben schützen. Wir verkleinern das Risiko auf einen Rest, den wir ertragen können oder müssen. Doch auch wenn ich vorsichtig bin und folgsam bei Rot an der Ampel stehen bleibe, kann jemand auf mich auffahren. Auch wenn ich meine regelmäßigen Vorsorgeuntersuchungen machen lasse, kann etwas in der Zwischenzeit krank werden.
Doch wenn das befürchtete Ereignis eintritt, muss ich mir wenigstens keine Vorwürfe machen, unverantwortlich gewesen zu sein. Die Angst hat mich beschützt, so gut es eben ging.
Angst schützt nicht nur das persönliche Leben, sondern auch die Moral, zumindest äußerlich. Viele Untaten werden nicht begangen, aus Angst, „erwischt zu werden – von den Kindern angefangen bis zu den Erwachsenen, vom einfachen Bürger bis zum hehren Volksvertreter im Parlament, frei nach Wilhelm Busch: „Moral sei nicht das Gute, das man tut, sondern das Böse, das man lässt.
Angst durch Abschreckung sichert auch das Überleben von Staaten und verhindert, dass aus einem „kalten Krieg ein „heißer
wird. Weil Angst also vorsichtig macht und Leben schützen kann, lehren wir schon kleine Kinder, Angst zu haben vor den Gefahren, und sagen: „Fass die Herdplatte nicht an! Sie könnte immer heiß sein und dann verbrennst du dich." Um noch nachdrücklicher zu sein, legt Mama oder Papa die Hand des Kindes auf die Herdplatte. Diese ist zwar nur gut warm, aber trotzdem zuckt die kleine Hand zurück. Das Erziehungsziel ist erreicht, die Angst ist programmiert – obwohl wir vielleicht später hoffen, unser Kind wäre auch mutig und nicht zu übervorsichtig.
Mit Recht sagen Eltern ihren Kindern „Steigt nicht in ein fremdes Auto! Öffnet keinem Fremden die Wohnungstür! Nehmt keine Süßigkeiten und keine Schokolade von jemandem, den ihr nicht kennt! Seid vorsichtig! Es könnten schlimme Menschen dabei sein, die euch weh tun wollen!"
So lehren wir Angst und hoffen, sie schützt das Kostbarste und zugleich Verwundbarste, was wir haben – unsere Kinder. Doch wir zahlen immer einen Preis, denn die einmal „gelernte" Angst setzt sich tief in der Seele fest.
Der Preis der Angst
Der Schutz durch Angst fordert seinen Preis. Wir müssen dafür bezahlen, ja manchmal dafür büßen. Die einen müssen Waffen produzieren, bis ihnen die Puste ausgeht. Die anderen können nicht wahrhaft echt sein, weil sie ja nicht dürfen, was sie eigentlich wollen. Die Dritten trauen sich nichts mehr zu, weil sie Angst haben vor dem Urteil anderer.
Doch wahre Tugend und Moral ist nicht die Vermeidung von Strafe, sondern die gute Gesinnung und das Streben nach dem Guten von innen heraus. Der Preis ist auch körperlich und seelisch zu zahlen. Angst verkrampft, vertreibt den Schlaf. Das Essen schmeckt nicht. Dort, wo normalerweise der Magen sein soll, fühlt man einen „Knoten" im Bauch. Die Verdauung streikt. Und auch die Seele bekommt die Angst zu spüren, sie trauert oder ist