Die Postkutschenzeit in Hannover: Die Poststraße Hannover - Celle
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Gerhard Stoffert
Gerhard Stoffert (* 2. September 1926 in Hannover) ist ein deutscher Professor für Gartenbau und Gartenbauökonomie und Autor von Sachbüchern zur Heimatkunde.
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Book preview
Die Postkutschenzeit in Hannover - Gerhard Stoffert
Vorwort
Bei der Beschaffung der Archivalien waren mir behilflich und haben damit den Fortgang dieser Arbeit wesentlich gefördert:
Benjamin Geier, Stadtarchiv Celle
Stefan Heuer, Kulturabteilung Burgdorf
Hartmut von Hinüber, Architekt, Burgdorf
Friedhelm Stein, Ortsbürgermeister Engensen
Katharina Walter, Historisches Museum, Hannover
Ellen Zwinge, Niedersächsisches Landesamt
für Denkmalpflege, Hannover
Beim Aufsuchen von Erinnerungsstätten am Alten Postweg und an der Neuen Poststraße Hannover – Celle haben mich begleitet und die Photographien gemacht:
RA Axel Stoffert, Groß-Schwülper
Bärbel Wall, Berlin
Dr. Wilhelm Walter, Hannover
Allen genannten Damen und Herren danke ich sehr für ihre Mitarbeit an dieser Publikation.
Prof. Dr. Gerhard Stoffert
Hannover, im Mai 2016
Inhaltsverzeichnis
Vorwort
Die Postkutschenzeit
Meile, Post, Kurs und Kutsche
Postillion und Posthorn
Reichspost, Kramerpost, Landespost
Die Post in Hannover
Der erste Fahrplan
Ordinäre und andere Posten
Schmiergeld, Trinkgeld, Felleisen
Ein Post-Verzeichnis aus dem Jahre 1679
Preise für Fahrende Posten von Hannover aus
Von dem Versenden mit der Post
Der Postkutschen-Passagier
Der Posthof von Hinüber in Hannover
Die anderen hannoverschen Posthöfe
Das hannoversche Postwesen um 1800
Extra-Post ab Hannover
Miethwagen aus Hannover
Post-Botenwesen
Der Alte Postweg Hannover – Engensen
Ausbesserung der Osterforth-Brücke
Der Posthof in Engensen
Der Alte Postweg Engensen – Celle
Was heute noch an den Alten Postweg erinnert
Die neuen Kunststraßen im Kurfürstentum Hannover
Die neue Poststraße Hannover – Schillerslage
1779 klagten die Klein-Buchholzer gegen den Straßenverlauf
Der Posthof in Schillerslage
Das geschah 1789 im Posthof Schillerslage
1860 – Das Aus für den Posthof Schillerslage
Die Neue Poststraße Schillerslage – Celle – Harburg
Meilensteine
Die Wege-Geld-Verordnung von 1768 und 1797 sowie 1848
Eid des Chausseegeld-Einnehmers
Chaussee-Aufseher und Chaussee-Wärter
Chaussee-Geld auf Wegezetteln
Ende der Postkutschenzeit, Fortfall des Wegegeldes
Was heute noch an die Neue Poststraße Hannover – Celle erinnert
von Hinüber in Hannover
Klein-Buchholzer Meilenstein von 1820 / 2007
Klein-Buchholzer Brückensteine von 1782
Klein-Buchholzer Chausseebäume
Zwei steinerne Zeugen
Zwei Durchlässe an der Zollstraße
Der Posthof Schillerslage
Die drei Meilensteine von Ehlershausen
Von Ehlershausen nach Celle
Entwicklungsgeschichtliches
Von der Pferde-Droschke zur Auto-Droschke
Epilog
Literaturverzeichnis
Der Postillion bläst sein Abschiedslied.
Illustration von Moritz von Schwind.
Die Postkutschenzeit
Die Postkutschen waren in Europa über zwei Jahrhunderte die wichtigsten öffentlichen Transportmittel. Postkutschen waren von mehreren Pferden gezogene Wagen zur Beförderung von Postsendungen und zahlenden Fahrgästen. Es gab lange keine Straßen, die Fahrwege waren schlecht, die Postkutschen gar nicht oder nur schlecht gefedert. Häufig gab es Achs- oder Radbrüche, und trotzdem wird die Postkutschenzeit heute als romantisch verklärtes Zeitalter angesehen. Woran liegt das? Einige befragte Historiker wussten darauf keine Antwort zu geben.
Einige Jahrzehnte nach dem 2. Weltkrieg begann man, alte Meilensteine mit Erklärungstafeln zu versehen und sehr teure Repliken für verschwundene Meilensteine aufzustellen. Neue Gastwirtschaften schmücken sich mit historischen Namen aus der Postkutschenzeit. Alte Straßennamen wurden umbenannt in „Alter Postweg, und der vierte deutsche Bundespräsident Walter Scheel sang, für gemeinnützige Zwecke, im August 1973 das Volkslied „Hoch auf dem gelben Wagen
. Dieses Lied wurde danach 300.000mal als Schallplatte verkauft.
Warum wird diese langsame unbequeme Fortbewegungsart heute so romantisch verklärt gesehen? Das Signal des Posthorns ertönt heute nicht mehr, das in den Menschen früher ein Fernweh geweckt hat, die Sehnsucht, ihre vertrauten, eng begrenzten Verhältnisse zu verlassen und das Glück in der großen weiten Welt zu suchen.
Der heutige Mensch sieht die Postkutschenzeit vermutlich im Vergleich zur schnelllebigen Gegenwart als geruhsam vorgestellte Zeit. Das ist eine wehmütige Hinwendung zur vergangenen Postkutschenzeit, die nur das Positive sieht und diese Zeit stark idealisiert.
Es geht sogar so weit, dass im Tourismus die Zeit zurückgedreht wird und es werden Postkutschenfahrten zwischen verschiedenen Orten angeboten, auch in der Lüneburger Heide erfreuen sich Fahrten mit einer Postkutsche durch die blühende Heide zunehmender Beliebtheit.
Voller Unverständnis jedoch liest man in der örtlichen Presse und auch im Internet, dass früher bei der Gastwirtschaft Noltemeyer, zuvor „Klein-Buchholzer Turm genannt und bei der Bothfelder Gastwirtschaft „Fasanenkrug
, heute in Isernhagen-Süd gelegen, eine Stallung für den Pferdewechsel der Postkutschenpferde gewesen sein soll.
Erstens gibt es dafür keine historischen Belege, denn diese kann es auch gar nicht geben, weil diese Gastwirtschaften erst nach der Postkutschenzeit gebaut wurden, und zweitens lässt sich mit der Logik beweisen, dass es innerhalb eines Kreisbogens von 20 bis 25 km, geschlagen vom Posthof in Hannover aus, keine Pferdewechselstationen gegeben haben kann. Der Grund hierfür ist einfach, denn der Unterhalt von Posthöfen ist teuer, und deswegen wurden diese erst dort errichtet, wo Pferde so ermattet sind, dass sie gegen ausgeruhte Pferde ausgetauscht werden müssen. Das war aber zu jener Zeit niemals der Stadtrand von Hannover.
In den folgenden Kapiteln soll deswegen im eng begrenzten regionalen Bereich des Alten Postweges und der Neuen Poststraße zwischen Hannover und Celle über die damalige Postkutschenzeit berichtet werden, und in einem zweiten Schritt sollen alle die Dinge vorgestellt werden, die einen Bezug auf diese beiden Poststrecken haben und heute noch vorhanden sind.
Meile, Post, Kurs und Kutsche
Das Wort „Meile" ist lateinischen Ursprungs. Das antike Rom hatte in seinem großen Imperium schon ein Verkehrsnetz aufgebaut, das wohl hauptsächlich als Heerwege genutzt wurde, denn die Entfernungsangaben auf den an Wegen stehenden Meilensteinen wurde nach Doppelschritten der Soldaten angegeben. 1 Mille Passus waren 1.000 Doppelschritte von insgesamt 1,48176 km. Die Schrittlänge betrug also 74 cm. Die römischen Meilensteine wurden an den Wegen im Abstand von 5x 10.000 Doppelschritten = 7,4088 km aufgestellt.
Diese Meilen wurden von den damals zahlreichen deutschen Staaten übernommen, aber deren Meilen unterscheiden sich geringfügig in der Länge. So war die Hannoversche Meile 7,42 km lang. Diese stimmte mit der Geographischen Meile, von der 15 Meilen auf ein Äquatorialgrad passen, überein, denn diese war 7.420,4 m lang.
Auch das Wort „Post ist lateinischen Ursprungs, denn „A POSITIS EQUIS
heisst „Standort der Pferde". Dieser feste Standort für die Pferde war je nach Wegebeschaffenheit so gewählt, dass die Pferde vor ihrer starken Erschöpfung gegen frische Pferde ausgetauscht werden konnten. Es war also der Ort des Pferdewechsels, der in unserer Region später in Posthöfen stattfand.
Posthöfe wurden von Posthaltern betrieben, die zuerst die Pferde und später auch die Postkutschen besaßen und der Post nach Verträgen zum Wechseln zur Verfügung stellten. Auch war es dann in den Posthöfen möglich, sich bewirten zu lassen und ein Nachtquartier aufzusuchen. Wirtshäuser „Zur Post" erinnern heute noch daran. In der Regel waren die