Dr. Laurin 112 – Arztroman: Ein bitterer Weg liegt hinter uns
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Patricia Vandenberg ist die Begründerin von "Dr. Norden", der erfolgreichsten Arztromanserie deutscher Sprache, von "Dr. Laurin", "Sophienlust" und "Im Sonnenwinkel". Sie hat allein im Martin Kelter Verlag fast 1.300 Romane veröffentlicht, Hunderte Millionen Exemplare wurden bereits verkauft. In allen Romangenres ist sie zu Hause, ob es um Arzt, Adel, Familie oder auch Romantic Thriller geht. Ihre breitgefächerten, virtuosen Einfälle begeistern ihre Leser. Geniales Einfühlungsvermögen, der Blick in die Herzen der Menschen zeichnet Patricia Vandenberg aus. Sie kennt die Sorgen und Sehnsüchte ihrer Leser und beeindruckt immer wieder mit ihrer unnachahmlichen Erzählweise. Ohne ihre Pionierarbeit wäre der Roman nicht das geworden, was er heute ist.
Mit Blaulicht und Martinshorn brachte der Sanitätswagen Gerald Delan zur Prof.-Kayser-Klinik. Dr. Sternberg stand mitsamt seinem Team schon bereit, sofort eine Notoperation vorzunehmen, falls eine solche überhaupt noch möglich war.
Gerald Delan war bereits vor einem Jahr von Eckart Sternberg operiert worden, und schon damals hatte der erfahrene Arzt keine zuversichtliche Prognose abgeben können.
Er drückte sich nie um eine Verantwortung und war immer bereit, alles zu tun, um Leben zu retten, doch in diesem Fall wünschte er sich auf den Mond, wenn er es sich auch nicht anmerken ließ.
Der Konzernchef Gerald Delan war ein prominenter Mann, und er hatte eine Mutter, die Himmel und Hölle in Bewegung setzen würde, falls ihr Sohn auf dem Operationstisch sterben sollte. Und das war in diesem Fall absolut möglich.
Sie hörten schon das Martinshorn, als Dr. Sternberg ans Telefon gerufen wurde.
»Es ist dringend«, sagte Schwester Hilda, »Frau Delan will Sie sprechen, Herr Doktor.«
»Auch das noch!«, murmelte er und meldete sich mit finsterer Miene.
Amanda Delan hatte eine hohe Stimme, die immer einen schrillen Klang hatte, und sie redete immer im Befehlston. Dr. Eckart Sternberg musste den Hörer etwas weiter weghalten, weil es in seinen Ohren dröhnte.
Sie wünsche, dass mit einer etwaigen Operation gewartet werden solle, bis ihr Neffe Dr. Delan in der Prof.-Kayser-Klinik eintreffe, erklärte sie herrisch.
»Mir kann es nur recht sein, aber auf Ihre Verantwortung«, erwiderte er. »Ich muss Sie bitten herzukommen und diesen Wunsch schriftlich zu bestätigen.«
Dr. Sternberg wusste genau, dass er sich absichern musste, denn Amanda Delan neigte dazu, alles so zu drehen, wie
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Dr. Laurin 112 – Arztroman - Patricia Vandenberg
Dr. Laurin
– 112 –
Ein bitterer Weg liegt hinter uns
Patricia Vandenberg
Mit Blaulicht und Martinshorn brachte der Sanitätswagen Gerald Delan zur Prof.-Kayser-Klinik. Dr. Sternberg stand mitsamt seinem Team schon bereit, sofort eine Notoperation vorzunehmen, falls eine solche überhaupt noch möglich war.
Gerald Delan war bereits vor einem Jahr von Eckart Sternberg operiert worden, und schon damals hatte der erfahrene Arzt keine zuversichtliche Prognose abgeben können.
Er drückte sich nie um eine Verantwortung und war immer bereit, alles zu tun, um Leben zu retten, doch in diesem Fall wünschte er sich auf den Mond, wenn er es sich auch nicht anmerken ließ.
Der Konzernchef Gerald Delan war ein prominenter Mann, und er hatte eine Mutter, die Himmel und Hölle in Bewegung setzen würde, falls ihr Sohn auf dem Operationstisch sterben sollte. Und das war in diesem Fall absolut möglich.
Sie hörten schon das Martinshorn, als Dr. Sternberg ans Telefon gerufen wurde.
»Es ist dringend«, sagte Schwester Hilda, »Frau Delan will Sie sprechen, Herr Doktor.«
»Auch das noch!«, murmelte er und meldete sich mit finsterer Miene.
Amanda Delan hatte eine hohe Stimme, die immer einen schrillen Klang hatte, und sie redete immer im Befehlston. Dr. Eckart Sternberg musste den Hörer etwas weiter weghalten, weil es in seinen Ohren dröhnte.
Sie wünsche, dass mit einer etwaigen Operation gewartet werden solle, bis ihr Neffe Dr. Delan in der Prof.-Kayser-Klinik eintreffe, erklärte sie herrisch.
»Mir kann es nur recht sein, aber auf Ihre Verantwortung«, erwiderte er. »Ich muss Sie bitten herzukommen und diesen Wunsch schriftlich zu bestätigen.«
Dr. Sternberg wusste genau, dass er sich absichern musste, denn Amanda Delan neigte dazu, alles so zu drehen, wie es für sie am vorteilhaftesten war.
Der Krankenwagen war eingetroffen, der Patient wurde in höchster Eile in den Untersuchungsraum gebracht. Er war zwar bei Bewusstsein, aber nicht ansprechbar. Schon nach einer kurzen Untersuchung war sich Dr. Sternberg im Klaren, dass er in diesem momentanen Zustand selbst eine leichte Operation nicht überstehen würde. Er bekam Sauerstoff zugeführt und eine Infusion.
Amanda Delan traf eine halbe Stunde später ein. Sie war von imponierender Erscheinung, das musste man ihr lassen, und ihr Auftritt war bühnenreif. Sie wirkte wie die Hauptdarstellerin einer Tragödie.
»Mein Neffe kann leider erst in ein bis zwei Stunden hier sein«, sagte sie herablassend. »Wie geht es meinem Sohn?«
»Sein Zustand ist ernst«, erwiderte Dr. Sternberg. »Wir könnten ohnehin nicht sofort operieren.«
»Warum nicht?«
»Weil das Herz zu schwach ist.«
»Gerald hatte nie ein schwaches Herz«, sagte sie verweisend.
»Ich kann Ihnen gern die Befunde vom vorigen Jahr zeigen«, erklärte Dr. Sternberg ruhig. »Da hatte Herr Delan einen Myocardinfarkt, und er wurde darüber aufgeklärt, dass er dies beachten müsse.«
»Er hat mir nichts davon gesagt, und Sie hätten mich aufklären müssen.«
»Sie haben mich nicht gefragt, ich habe Dr. Delan die Befunde gezeigt. Er wusste auch Bescheid.«
»Antonio hat mir davon nichts gesagt, aber er wollte mich wohl schonen«, sagte sie.
Dr. Sternberg fröstelte, als ihr Blick ihn jetzt durchbohrte. Noch nie hatte er so kalte Augen bei einem Menschen gesehen. Er glaubte nicht, dass diese Frau überhaupt irgendetwas erschüttern könnte. Sie konnte nicht ahnungslos gewesen sein. Sie war tagtäglich mit ihrem Sohn Gerald zusammen. Sie lebten unter einem Dach. Er war von der Krankheit gezeichnet, das konnte ihr doch nicht entgangen sein. Oder wollte sie es nur nicht wahrhaben, weil es nicht zu ihren Vorstellungen passte?
Als Gerald Delan vor acht Wochen zur Kontrolluntersuchung gekommen war, die er tatsächlich gewissenhaft einhielt, hatte er bereits eine derart schlechte Blutsenkung gehabt, die dem Arzt sagte, dass das letzte Stadium der Krankheit erreicht war. Aber er hatte sich geweigert, in der Klinik zu bleiben. Es gäbe noch zu viel zu tun, hatte er gesagt.
Ja, er hatte einen starken Lebenswillen gehabt, doch jetzt war er gebrochen.
»Meinen Sie nicht, dass mein Sohn in der Universitätsklinik besser aufgehoben wäre?«, fragte Amanda Delan anzüglich.
»Wenn Sie es für richtig halten – die Entscheidung liegt bei Ihnen, Frau Delan«, erwiderte Dr. Sternberg ruhig.
In diesem Augenblick hoben sich Gerald Delans schwere Augenlider. Vielleicht hatte er schon länger zugehört.
»Misch dich bitte nicht ein, Mama«, sagte er heiser. »Und Antonio soll sich auch heraushalten.«
Amanda Delan wurde noch blasser, sofern das überhaupt möglich war. Ihr Gesicht wirkte jetzt fast so wächsern wie das ihres Sohnes.
»Wenn du es bestimmst, kannst du ja auch sofort operiert werden«, sagte sie gereizt.
»Wozu denn, es nützt nichts mehr, das weiß ich sehr gut. Würdest du bitte heimfahren und dich um Robert kümmern, Mama!«
Das klang auch wie ein Befehl, und ihre Lippen pressten sich aufeinander.
»Rufen Sie bitte Dr. Köster«, sagte Gerald jetzt zu Dr. Sternberg.
»Du solltest dich erst erholen, Gerald«, mahnte Amanda Delan.
»Mir bleibt keine Zeit mehr«, sagte er tonlos. »Geh jetzt.«
Es blieb ihr nichts anderes übrig, als diesem Wunsch Folge zu leisten.
Was hat dieser Mann auch jetzt noch für einen starken Willen, dachte Dr. Sternberg. Aber seine Mutter hat etwas dagegen, dass er seinen Anwalt sprechen will. Warum?
Dr. Sternberg hatte Amanda Delan in wenig guter Erinnerung, seit Gerald zum ersten Mal operiert wurde. Sie hatte an allem etwas auszusetzen gehabt, und auch ihr Neffe Antonio, ein Arzt ohne Erfahrung, dafür aber umso arroganter, hatte nur einen negativen Eindruck in der Prof.-Kayser-Klinik hinterlassen.
Er soll nur kommen, dachte Dr. Sternberg spöttisch, nachdem er Dr. Köster verständigt hatte, denn Gerald Delan hatte soeben bewiesen, dass er auch jetzt noch keine Bevormundung duldete.
*
Der sechsjährige Sohn des Großindustriellen saß auf dem breiten Fensterbrett und starrte zur Straße, wo er das Sanitätsauto hatte wegfahren sehen. Er hatte sich seitdem noch nicht von der Stelle gerührt.
»Robert, wir müssen spazieren gehen«, ertönte die Stimme seiner Erzieherin.
»Warum müssen wir?«, fragte er störrisch. »Großmama ist doch gar nicht da!«
Er hörte keinen Kosenamen, er hörte nur Befehle. Es war ganz gleich, wer gerade für seine Betreuung im Haus war. Er hatte schon eine ganze Anzahl Kindermädchen und Erzieherinnen kennen gelernt. Lange hielt es keine unter dem Kommando von Amanda Delan aus. Manche auch deshalb nicht, weil das Kind so streng erzogen wurde.
»Hast du nicht gehört, Robert?«, mahnte Carla Ullrich.
»Ja, ich hab’s gehört«, erwiderte der Junge aggressiv. Langsam drehte er sich um. In seinen großen dunklen Augen war ein Ausdruck von Verlorenheit – und das entging Carla Ullrich nicht.
»Diesmal haben sie Papa mit dem Krankenwagen geholt«, sagte Robert nachdenklich. »Wann kommt er wieder?«
»Das weiß ich nicht, und du solltest dir jetzt nicht den Kopf darüber zerbrechen. Deine Großmama hat gesagt, dass wir einen Spaziergang machen, und das werden wir tun.«
»Wir könnten ja Schaufenster angucken«, meinte er. »Ich sage es Großmama bestimmt nicht.«
Das hatten sie schon öfter getan, und es bereitete ihm Spaß. Er durfte ja all das nicht, was er sich insgeheim wünschte. Er musste lernen, während andere Kinder in seinem Alter spielten. Er wurde darauf vorbereitet, der Nachfolger seines Vaters zu werden …
Aber selbst Amanda Delan musste nun begreifen, dass ihr Sohn sterben und Robert erst in vielen Jahren erwachsen sein würde.
Aber auch andere Gedanken quälten sie, weil Gerald nach Dr.
Köster verlangt hatte. Ihr war es, als würden sich drohende Wolken über ihrem Haupt zusammenziehen.
*
Dr. Klaus Köster hatte sich sofort auf den Weg zur Prof.-Kayser-Klinik gemacht, als ihn Dr. Sternbergs Anruf erreicht hatte. Er ahnte, dass es schlecht um Gerald Delan stand. Er war erst zwei Jahre für ihn tätig, seit er die Kanzlei des verstorbenen Familienanwalts übernommen hatte, aber es hatte sich ein Vertrauensverhältnis zwischen den beiden so grundverschiedenen Männern entwickelt, das Amanda Delan überhaupt nicht gefiel.
Klaus Köster war Mitte dreißig, weltoffen und keineswegs ein verknöcherter Jurist wie sein Vorgänger, und er hatte schnell erkannt, dass Gerald Delan im