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Dorian Hunter 49 – Das Bildnis des Teufels
Dorian Hunter 49 – Das Bildnis des Teufels
Dorian Hunter 49 – Das Bildnis des Teufels
Ebook324 pages6 hours

Dorian Hunter 49 – Das Bildnis des Teufels

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About this ebook

Isbrants Versuch, den Bildzauber aufzuheben, ist fehlgeschlagen – das Porträt, das Grégoire de Malnati vor dreihundert Jahren anfertigte, bedroht weiterhin die Existenz des Oberhaupts der Schwarzen Familie. Isbrant unterliegt dem unheilvollen magischen Einfluss, der von dem Bildnis des Teufels ausgeht und der seine großen Pläne zu gefährden droht. Der dämonische Zwerg von Hartmannsberg nutzt diese Schwäche, um Isbrants abermals zu attackieren. Aber welche Ziele verfolgen er und sein Schutzpatron Zakum wirklich? Die Antwort findet Dorian Hunter abermals in den Erinnerungen an sein achtes Leben ...

Der 49. Band der legendären Serie um den "Dämonenkiller" Dorian Hunter. - "Okkultismus, Historie und B-Movie-Charme - ›Dorian Hunter‹ und sein Spin-Off ›Das Haus Zamis‹ vermischen all das so schamlos ambitioniert wie kein anderer Vertreter deutschsprachiger pulp fiction." Kai Meyer

enthält die Romane:
208: "Der Tod aus dem Meer"
209: "Tödliche Schatten"
210: "Das Bildnis des Dämons"
LanguageDeutsch
Release dateJul 1, 2014
ISBN9783955720490
Dorian Hunter 49 – Das Bildnis des Teufels

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    Dorian Hunter 49 – Das Bildnis des Teufels - Ralf Schuder

    Das Bildnis des Teufels

    Band 49

    Das Bildnis des Teufels

    von Ralf Schuder und Christian Montillon

    © Zaubermond Verlag 2014

    © Dorian Hunter – Dämonenkiller

    by Pabel-Moewig Verlag GmbH, Rastatt

    Titelbild: Mark Freier

    eBook-Erstellung: story2go | Die eBook-Manufaktur

    http://www.zaubermond.de

    Alle Rechte vorbehalten

    Was bisher geschah:

    Der ehemalige Reporter Dorian Hunter hat sein Leben dem Kampf gegen die Schwarze Familie der Dämonen verschrieben, seit seine Frau Lilian durch eine Begegnung mit ihnen den Verstand verlor.

    Seine Gegner leben als ehrbare Bürger über den gesamten Erdball verteilt. Nur vereinzelt gelingt es Dorian, ihnen die Maske herunterzureißen.

    Bald kommt Hunter seiner eigentlichen Bestimmung auf die Spur: In einem früheren Leben schloss er als französischer Baron Nicolas de Conde einen Pakt mit Asmodi, dem Oberhaupt der Schwarzen Familie, der ihm die Unsterblichkeit sicherte.

    Um seine Sünden zu büßen, verfasste de Conde den »Hexenhammer« – jenes Buch, das im 16. Jahrhundert zur Grundlage für die Hexenverfolgung wurde. Doch der Inquisition fielen meist Unschuldige zum Opfer; die Dämonen, auf die de Conde es abgesehen hatte, blieben ungeschoren. Vielmehr wurde bald er selbst als Ketzer angeklagt und hingerichtet. Der Pakt galt, und de Condes Seele wanderte in den nächsten Körper. In vielen Inkarnationen verfolgte er seitdem rachsüchtig die Mitglieder der Schwarzen Familie, bis es ihm in der Gegenwart als Dorian Hunter endlich gelang, Asmodi zu vernichten und auch dessen Nachfolgern wenig Glück beschieden war.

    Hunter, der sich selbst als Dämonenkiller bezeichnet, besitzt als Hauptstützpunkt seiner Aktivitäten die Jugendstilvilla in der Londoner Baring Road. Dort lebt er zusammen mit der Hexe Coco Zamis, die aus Liebe zu ihm die Seiten wechselte, und weiteren Mitstreitern des Dämonenkiller-Teams. Da wären zunächst der Zyklopenjunge Tirso, der Hermaphrodit Phillip sowie Trevor Sullivan, der alternde Leiter der Mystery Press. Bis vor Kurzem gehörte auch Martin Zamis, Dorians und Cocos Sohn, zu den Bewohnern der Jugendstilvilla. Aber Martin hat die Seiten gewechselt – auf eine Art, die den Dämonenkiller in die schlimmste Krise seines Lebens gestürzt hat. Von einem Dämon namens Isbrant entführt, stürzte Martin durch einen Zeitschacht in die Vergangenheit, wo er ohne seine Eltern aufwuchs und später die Identität seines Entführers annahm. Durch eine hinterhältige Intrige, bei der er Coco vorübergehend eine tödliche Krankheit anhexte, hat er bei der Wahl zum neuen Fürsten im Krakatau dafür gesorgt, dass sich die Zeitschleife schloss. Die Erschütterungen in der Zeit brachten den Vulkan Krakatau zum Ausbruch, und Dorian und Coco gelang es erst im letzten Augenblick, den Ort ihrer schlimmsten Niederlage zu verlassen – nicht ohne die schreckliche Gewissheit: Isbrant ist Martin, und Martin ist Isbrant. Der neue Fürst der Finsternis – ist das quasi über Nacht erwachsen gewordene Kind des Dämonenkillers!

    Doch Isbrant hat mächtige Feinde unter den Dämonen. Nicht zuletzt Zakum, der Archivar der Schwarzen Familie, stellt sich offen gegen den Emporkömmling. Und als in Dorian die Erinnerung an sein achtes Leben als Grégoire Voisine de Malnati erwacht, offenbart sich ihnen eine Schwäche des Fürsten der Finsternis: Es existiert ein Porträt von Isbrant, mit dem er auf magische Art verbunden ist und das ihm einen Teil seines Ichs geraubt hat. Doch dieses befindet sich bereits in höchst unerwarteten Händen ...

    Erstes Buch: Der Tod aus dem Meer

    Der Tod aus dem Meer

    von Ralf Schuder

    1. Kapitel

    Einige der vorbeihuschenden Schatten wirkten wie bizarre Pflanzen, andere wie längst ausgestorbene Tiere oder dämonische Gestalten.

    Es war kurz vor Mitternacht. Elaine Lowell stand auf der höchsten Stelle eines Hügels, blickte durch den Sucher ihres elektronischen Nachtsichtgerätes und hielt Ausschau nach der kleinen Holzhütte, die sich irgendwo dort unten am Ufer des Loch Sinclair befand.

    Ein Käuzchen sandte seinen Ruf in die Dunkelheit hinaus, kurz darauf ertönten geräuschvolle Flügelschläge.

    »Was ist, Elaine?«, fragte Don Chapman, als wieder Stille eintrat. »Kannst du irgendetwas erkennen?«

    Sie bedeutete ihm mit der freien Hand, ruhig zu sein.

    Don gab ein ungeduldiges Seufzen von sich, schwieg aber.

    Elaine suchte weiter. Endlich verschwanden die seltsamen, vom Restlichtverstärker in einem hässlichen Grün dargestellten Schatten. Sie sah die Umrisse der halb verfallenen Hütte. Ein Fenster tauchte im Sucher auf, und sie konnte in das Innere der Hütte blicken. Es war nichts weiter zu erkennen als ein Tisch, auf dem eine brennende Kerze stand. Der Lichtschein wurde auf dem Display als gleißend heller Punkt dargestellt.

    Geblendet nahm die junge Secret-Service-Agentin das Nachtsichtgerät beiseite. Sie rieb sich mit der Linken über den schmalen Nasenrücken. Helle Lichtflecken tanzten vor ihren Augen.

    »Von der jungen Frau ist nichts zu sehen. Ich bin mir aber sicher, dass die Dämonen sie im Haus zurückgelassen haben«, sagte sie schließlich.

    »Dann sollten wir nicht länger zögern und sie befreien«, erwiderte Don.

    »Ich weiß nicht. Ich habe das Gefühl, dass man uns in eine Falle locken will.« Elaine war noch nicht allzu lange für das Dämonenkiller-Team tätig, und ihre Erfahrungen mit den Schwarzblütigen hielten sich in Grenzen, dennoch spürte sie, dass hier irgendetwas nicht stimmte.

    Die Agentin und der Puppenmann waren von Dorian Hunter nach Schottland geschickt worden, um Schloss Sinclair zu beobachten, das von dem dämonischen Zwerg von Hartmannsberg und Zakum, dem dunklen Archivar, in Besitz genommen worden war.

    Die beiden Schwarzblütigen führten irgendetwas im Schilde, und Elaine und Don sollten herausfinden, was sie vorhatten. Zwei Tage lang war es totenstill in dem alten Gemäuer gewesen. Beinahe schien es, als hätten sich die Dämonen längst aus dem Staub gemacht.

    Doch heute, mit Beginn der Abenddämmerung, hatte sich dies grundlegend geändert. Laute Stimmen, vermischt mit dissonanter Musik, waren zu hören gewesen, und hinter den Fensteröffnungen, die an Schießscharten erinnerten, waren Fackeln entzündet worden.

    Der Lärm hatte bis Mitternacht gedauert, dann war es plötzlich still geworden. Elaine hatte aus ihrem Versteck heraus beobachten können, wie das Schlosstor – das wie das gefräßige Maul eines Fabelwesens wirkte – hochgezogen wurde. Eine Prozession aus grotesken Gestalten betrat daraufhin die Schlossbrücke. Der Mond war immer wieder von schnell vorbeiziehenden Wolken verdeckt worden, dennoch war eindeutig zu erkennen gewesen, dass es sich bei diesen Kreaturen um Dämonen und ihre Helfershelfer handelte.

    Und zu ihrem Erschrecken hatte Elaine erkannt, dass diese Teufel eine splitternackte junge Frau mit sich zerrten. Das Mädchen hatte sich verzweifelt gewehrt, gegen die übernatürlichen Kräfte ihrer Peiniger aber nichts auszurichten vermocht.

    Elaine hatte, hinter Bäumen und Büschen Deckung suchend, die Dämonen verfolgt. Don Chapman war nicht von ihrer Seite gewichen.

    Die Nachtgestalten waren wild gestikulierend und laut grölend am Ufer des Loch Sinclair entlanggegangen. Die bedauernswerte Frau hatte ihren Widerstand aufgegeben und es willenlos geschehen lassen, dass zwei der Gestalten sie in die Hütte brachten.

    Elaine trug eine mit Pyrophorgeschossen geladene Handfeuerwaffe sowie mehrere Dämonenbanner bei sich. Auch Don Chapman war bestens vorbereitet. Dennoch wäre es einem Selbstmord gleichgekommen, eine so große Ansammlung von dämonischen Kreaturen anzugreifen.

    So hatten sich Elaine und der Puppenmann auf den Hügel begeben, um die Vorgänge weiter zu beobachten. Sie hoffte darauf, dass sich vielleicht doch noch eine Gelegenheit zum Eingreifen bot.

    Dann hatte es eine Wendung gegeben, die Elaine überrascht hatte. Die beiden Gestalten – ihrer Meinung nach ein Werwolf und ein Vampir – waren nach einigen Minuten ohne die junge Frau aus der Hütte getreten, um sich zu den anderen Nachtgestalten zu gesellen.

    Die dämonische Prozession hatte sich langsam und schweigend in Richtung Schloss Sinclair begeben.

    Das war bereits einige Minuten her, aber Elaine war noch immer unschlüssig.

    Warum hatte man die junge Frau allein in der Hütte zurückgelassen? War sie ermordet worden? Aber warum hier und nicht im Schloss?

    Oder lebte das Mädchen noch? Wollte man sie erst später opfern?

    »Selbst wenn es eine Falle ist«, sagte Don, »können wir die Frau nicht ihrem Schicksal überlassen. Wir müssen sie da rausholen!«

    Elaine nickte stumm. Sie musste zugeben, dass der Puppenmann recht hatte. Im Kampf gegen die Dämonen gab es keine Sicherheit, sie mussten dieses Risiko eingehen.

    Sie steckte das Nachtsichtgerät in ihren Rucksack, hängte sich ihn um und überzeugte sich davon, dass ihre Pyrophorpistole griffbereit war.

    »Gut, befreien wir sie!«, sagte sie entschlossen.

    »So gefällst du mir schon viel besser«, sagte Don, und noch bevor Elaine irgendetwas erwidern konnte, lief er den Abhang hinab der Hütte entgegen.

    Don führte eine winzige Stabtaschenlampe mit sich, die er nun eingeschaltet hatte. Trotz seiner Körpergröße kam er auf diesem Gelände schneller voran als seine Begleiterin. Wie ein Wiesel hüpfte er über Äste, Steine und andere Hindernisse, und wegen seines geringen Körpergewichts versanken seine Schuhe nicht so tief im feuchten, laubbedeckten Boden.

    Es war noch immer dicht bewölkt und damit stockdunkel, sodass auch Elaine ihre Taschenlampe einschaltete. Die junge Frau hatte Mühe, dem Puppenmann zu folgen. Nur ab und zu tauchte der quirlige Don im Lichtkegel ihrer Taschenlampe auf.

    Erst, als sie sich der Hütte näherten, verlangsamte er das Tempo. Er wartete, bis Elaine zu ihm gestoßen war, und bedeutete ihr, stehen zu bleiben. Die Geheimagentin hielt für einen Augenblick inne und lauschte. Bis auf das Rauschen der Bäume und Büsche, die vom Wind bewegt wurden, war nichts zu hören. Die Tiere in der Umgebung schienen verstummt zu sein, was Elaine mit Sorge erfüllte. Tiere besaßen ein untrügliches Gespür, einen sechsten Sinn, der sie vor unsichtbaren Gefahren warnte.

    Sie ging weiter auf die Hütte zu, die schattenhaft zwischen kahlen Bäumen und Büschen stand. Die Agentin richtete den Strahl der Taschenlampe nach vorn und konnte die windschiefe Baracke besser sehen. Sie war schlampig zusammengenagelt, und die Bretter waren morsch und wurmstichig. Hinter dem Fenster war noch immer der flackernde Kerzenschein zu erkennen.

    Elaine war bemüht, sich der Hütte möglichst lautlos zu nähern, doch dann trat sie auf einen Ast. Das verräterische Knackgeräusch schien die Totenstille zu zerreißen. Sie hielt einen Moment inne, doch zu ihrer Erleichterung rührte sich nichts. Vorsichtig schlich sie weiter.

    Sie musste zugeben, dass Don sich wesentlich geschickter anstellte. Er wich jedem Hindernis aus und schlich mit katzenhafter Geschmeidigkeit über den Untergrund.

    Elaine schaltete ihre Lampe aus. Auch Don löschte das Licht. Es war nicht auszuschließen, dass sich ein Schwarzblütiger in der Baracke aufhielt, um das unglückliche Opfer zu bewachen.

    Die Agentin näherte sich dem Fenster und warf einen vorsichtigen Blick durch die Scheibe.

    »Was ist?«, fragte Don.

    »Niemand zu sehen.«

    »Das kann nicht sein. Die Dämonen haben die Frau zurückgelassen – sie muss sich noch in der Hütte befinden.«

    Bevor Elaine etwas erwidern konnte, raste Don an ihr vorbei. Er lief zur Stirnseite der Baracke, wollte offenbar durch die Eingangstür stürmen.

    Seufzend folgte sie ihm. Tatsächlich sah sie ihn Sekunden später an der Tür herumhantieren. Er griff mit seinen kleinen Händen in den Spalt zwischen Tür und Rahmen. Er versuchte mit aller Kraft, in die Hütte einzudringen.

    »Geh aus dem Weg, Don!«

    Sie drückte die rostige Klinke nach unten. Die Tür war verriegelt. Elaine warf sich mit der Schulter gegen das Holz und musste überrascht feststellen, dass die so marode wirkende Tür nicht nachgab.

    Sie nahm ihren Rucksack ab, öffnete ihn und hielt wenige Sekunden später ein Bund mit Spezialschlüsseln in der Hand. Einen der Dietriche steckte sie in das verrostete Schloss der Barackentür. Er passte nicht. Sie musste vier weitere Dietriche probieren, bevor das Türschloss zurückschnappte.

    Sie zögerte einen Augenblick, dann drückte sie die Klinke nieder und gab der Tür einen Stoß, woraufhin sie unter lautem Knarren aufschwang; das hässliche Geräusch ähnelte dem Knurren eines Raubtiers und hallte unheimlich durch die Nacht.

    Elaine leuchtete in die Hütte hinein. Noch immer rechnete sie mit einem Angriff, doch nichts geschah.

    Der vor ihr liegende Raum sah aus wie eine verwahrloste Rumpelkammer. Die Kerze auf dem Tisch war vom Luftzug der aufgestoßenen Tür gelöscht worden. Im Taschenlampenlicht sah sie drei Stühle, deren Lehnen und Beine mit seltsamen Schnitzmustern versehen waren, sowie eine verrottete Couch. Sie erschrak, als sie auf einem Regal ein blutbesudeltes Schlachtermesser erblickte.

    »Die Bestien haben die Frau umgebracht«, flüsterte sie. »Sie haben sie brutal abgeschlachtet.«

    »Aber ich sehe keine Leiche«, stellte Don fest. »Ich werde mich ein wenig umsehen. Warte vor der Tür, Elaine! Vielleicht überlegen es sich diese Teufel doch noch und kehren zurück.«

    Der Puppenmann betrat den verwahrlosten Raum.

    Unwillkürlich wandte Elaine den Kopf, als irgendwo ein Käuzchen zu schreien begann; die Starre schien von den Tieren des Waldes gefallen zu sein.

    Rechts von ihr erklang das Geräusch eines zerbrechenden Astes. Sie leuchtete in die Richtung und sah einen Schatten davonhuschen. Vielleicht war es ein Reh, vielleicht auch etwas anderes.

    Bevor sie sich darüber Gedanken machen konnte, stand Don wieder vor ihr. »Ich habe eine interessante Entdeckung gemacht«, sagte er. »Komm mit!«

    Sie folgte ihm. Auf dem Boden lag ein löchriger Teppich. Don hatte ihn ein Stück beiseite gerollt.

    Nun sah Elaine, dass sich im Boden eine Luke befand. Es gab einen Riegel, der jedoch nicht mit einem Schloss gesichert war. Sie beugte sich nach vorn und zog an dem Riegel. Die Luke gab keinen Millimeter nach.

    »Das Ding ist mit einem Zauber versiegelt«, erklärte Don.

    Er hatte bereits ein Stück magischer Kreide hervorgezogen und zeichnete nun einige Symbole auf den Boden. Einen tellergroßen Abraxas, in den er zusätzlich einige Zeichen des Himmelsalphabets einfügte.

    Augenblicklich spürte Elaine eine eisige Kälte. Die Holzwände knarrten, ein Windhauch fuhr durch ihre Haare, dann war der Spuk vorbei.

    Don nahm den Riegel in beide Hände – und tatsächlich: Nun ließ sich die Luke bewegen.

    »War doch ganz einfach«, sagte er zufrieden.

    »Ein wenig zu einfach.« Elaine blieb misstrauisch.

    Sie beugte sich nach vorn und zog die Luke ganz auf. Die Klappe schwang herum und landete polternd auf dem Boden. Unmengen von Staub wurden aufgewirbelt und sie konnte nicht erkennen, was sich in der Öffnung befand.

    Dennoch spürte Elaine deutlich, dass dort unten irgendetwas Unheimliches lauerte. Ein Schauer lief ihr über den Rücken. Der Puppenmann beugte sich weit über die Öffnung.

    »Sei vorsichtig, Don!«, sagte sie.

    Er richtete den Lichtstrahl seiner Taschenlampe in die Tiefe. Der Staub begann sich zu legen, und schemenhaft wurden die Umrisse eines menschlichen Körpers sichtbar. Er lag ausgestreckt auf dem Boden und rührte sich nicht.

    »Vielleicht haben die Dämonen das Mädchen nur gefesselt, vielleicht lebt es noch«, sagte Elaine, obgleich sie nicht wirklich daran glauben mochte. Das blutbesudelte Schlachtermesser hatte eine deutliche Sprache gesprochen.

    »Oh, mein Gott!«, stieß Don plötzlich hervor.

    »Was siehst du?« Elaine starrte angestrengt in die Tiefe.

    Der Staub legte sich.

    Nun war der Körper deutlich zu erkennen. Die junge Frau war tatsächlich tot. Die Dämonen hatte sie entsetzlich zugerichtet.

    Die Leiche lag auf dem Rücken. Arme, Beine und Kopf waren abgeschlagen worden ... zweifellos mit dem Schlachtermesser. Die Körperteile lagen dicht bei den blutigen Stümpfen, was auf gewisse Weise obszön wirkte. Gewiss hatten der Werwolf und der Vampir das absichtlich arrangiert, um ihr Opfer noch im Tode zu verhöhnen.

    Die Augen des Leichnams waren weit aufgerissen und schienen Elaine und Don mit schier namenlosem Entsetzen anzustarren. Die Leichenteile schwammen in einem Sud aus Erde und Blut. Elaine hatte in ihrem Beruf schon einiges erlebt, aber diese Form der Leichenschändung verursachte selbst ihr Übelkeit.

    »Diese abartigen Kreaturen«, sagte Don. »Sie haben die junge Frau nur hierher gebracht, um sie umzubringen.«

    In diesem Moment fiel die Eingangstür der Hütte krachend ins Schloss.

    Elaine mochte nicht daran glauben, dass ein Windzug dafür verantwortlich war. Sie hastete zur Tür, erreichte sie jedoch nicht. Die junge Agentin prallte gegen ein unsichtbares Hindernis, und im selben Augenblick durchzuckte sie ein Schmerz wie von einem heftigen Stromschlag. Lichtpunkte explodierten vor ihren Augen, während sie gleichzeitig glaubte, innerlich zu verbrennen. Laut aufschreiend taumelte sie zurück.

    Don wich ihr geistesgegenwärtig aus, sonst wäre er zertrampelt worden. Sie stieß gegen den Tisch, und die längst erloschene Kerze kippte samt Halter zu Boden. Elaine hielt sich an der Tischkante fest. Es dauerte einige Augenblicke, bis der Schmerz endgültig aus ihrem Körper verschwand.

    »Also doch – eine Falle!«, wisperte sie.

    In diesem Moment hörte sie aus dem Kellerloch einen tiefen, kehligen Laut.

    Elaine stieß sich von der Tischkante ab, lief auf die Kelleröffnung zu und leuchtete mit ihrer Taschenlampe in die Tiefe. Die Augen der Toten waren noch immer geöffnet, doch nun waren sie von einem seltsamen Glanz erfüllt; sie rollten hin und her, während aus dem weit aufgerissenen Mund noch immer entsetzliche Laute kamen – mal waren es Schmerzensschreie, mal das düstere Knurren eines bösartigen Raubtiers.

    Ein widerlicher Geruch stieg empor. Der Gestank rührte eindeutig von dem Blut her, das sich unter dem Leib der Toten befand, und das zu brodeln begonnen hatte. Kleine Luftblasen bildeten sich auf der Oberfläche der braunroten Masse und zerplatzten sofort wieder. Doch das war nicht das einzig Widernatürliche, was in diesem Augenblick vor sich ging. Es kam Leben in die abgetrennten Körperteile: Im Zeitlupentempo wanderten sie in Richtung des Rumpfes. Die Extremitäten und auch der Kopf fügten sich wieder an jene Stellen an, von denen sie abgeschlagen worden waren!

    Elaine spürte, wie sich die gnostische Gemme, die sie an einer Kette um den Hals trug, erwärmte.

    »Ein Dämon ist in die Tote gefahren«, stellte sie mit heiserer Stimme fest.

    »Die schwarzmagische Ausstrahlung ist ungewöhnlich stark«, erwiderte Don. »Ich werde einen Dämonenbanner auf die Dielen zeichnen.«

    Doch noch während er die magische Kreide aus der Tasche zog, rissen unsichtbare Kräfte den Puppenmann von den Beinen und stießen ihn zur Bodenluke. Bevor Elaine eingreifen konnte, hingen seine Beine über den Rand, und er wäre in die Tiefe gestürzt, wenn er nicht im letzten Augenblick an einem überstehenden Brett Halt gefunden hätte. Mit schwingenden Beinen versuchte er wieder nach oben zu kommen.

    Die Leichenteile hatten sich inzwischen vollständig zusammengefügt. Die Untote richtete sich ruckartig auf und griff mit ausgestreckten Armen nach dem Puppenmann.

    Elaine kam ihr zuvor. Sie packte Don und zog ihn aus der Öffnung. In aller Eile setzte sie ihn auf dem nahen Tisch ab, um sich sofort wieder der Untoten zuzuwenden.

    Die unheimliche Gestalt war bereits dabei, aus dem Kellerloch hervorzuklettern.

    Die ehemals hübsche Frau bot nun einen entsetzlichen Anblick. Ihre langen blonden Haare waren von dem Blut verklebt, das aus ihrem eigenen Körper geströmt war, und in dem sie noch eben gelegen hatte. Die Stellen ihrer Haut, die nicht von Blutschlieren bedeckt wurden, waren schneeweiß. Der Kopf saß nicht richtig auf dem Hals. Die Bewegungen der Untoten wirkten ruckartig und unkontrolliert.

    Ihre Augen waren weit aufgerissen und von unzähligen roten Äderchen durchzogen. Das Gesicht war eine hassverzerrte Maske. Es war unverkennbar, dass sich der lebende Leichnam auf Elaine und den Puppenmann stürzen wollte.

    Die Agentin hatte die Pyrophorpistole hervorgezogen. Sie zögerte keinen Moment. Mit einem ohrenbetäubenden Knall raste das Geschoss aus der Waffe.

    Doch schwarze Magie setzte die Naturgesetzte außer Kraft. Statt in den Körper der Untoten einzuschlagen, driftete das Projektil nach links ab, schlug in eine Wand ein und setzte das morsche Holz in Brand. Von einer Sekunde zur anderen breitete sich beißender Qualm im Raum aus. Die Untote stapfte unbeirrt weiter. Sie hielt erst inne, als ihr die junge Agentin eine gnostische Gemme entgegenstreckte.

    Fauchend hielt sich der lebende Leichnam die Hände vor die Augen.

    Die Luft in der Hütte war von dichtem Rauch durchsetzt und kaum noch zu atmen. Elaine warf einen Seitenblick zu Don Chapman. Der Puppenmann kämpfte gegen einen Hustenanfall an. Er hatte seine Miniaturpistole gezogen, die mit winzigen Eichenpflockpfeilen bestückt war.

    Er zog den Abzug durch und ein Mini-Pfeil raste auf die Untote zu. Wiederum wurde das Projektil von einer unsichtbaren Kraft aus der Bahn gebracht. Es verfehlte sein Ziel und verschwand im lodernden Feuer, das sich nun immer rascher in der winzigen Hütte ausbreitete.

    Elaine bekam kaum noch Luft, sie rang um Atem und senkte dabei unabsichtlich die Gemme. Die Untote, die keinen Sauerstoff benötigte, um ihr widernatürliches Leben fortzuführen, nutzte diesen Moment der Schwäche sofort aus. Sie stürmte nach vorn, bekam Elaine zu fassen und umklammerte den Oberkörper der Agentin mit den Armen.

    Elaine schrie vor Überraschung und Ekel laut auf. Sie blickte in ein blutverschmiertes, teuflisch verzerrtes Gesicht. Aus dem weit geöffneten Mund der Untoten schien der schlimmste Gestank der Hölle zu strömen. Das Monstrum fletschte die Zähne und versuchte nach Elaine zu schnappen.

    »Don, hilf mir!«

    Sie vermochte sich des Angriffs kaum noch zu erwehren. Die Kraft ihrer Gegnerin war unvorstellbar; der Druck nahm Elaine den Atem, und sie glaubte, ersticken zu müssen.

    Dann hörte sie, wie Don Chapman etwas in einer ihr unbekannten Sprache rief. Die Untote stieß ein fauchendes Geräusch aus, während sie im gleichen Augenblick die Umklammerung lockerte. Elaine nutzte die Gelegenheit und befreite sich. Sie verpasste der Untoten einen Faustschlag nach dem anderen und traktierte sie mit Fußtritten.

    »Du musst sie zum Feuer drängen!«, rief Don aufgeregt. »In den Flammen wird sie umkommen!«

    Er schrie weitere Bannformeln, um Elaine zu unterstützen. Doch nach wenigen Sekunden verstummte er.

    Der Rauch raubt ihm die Sinne, dachte Elaine verzweifelt.

    Der Puppenmann zog ein Taschentuch hervor und versuchte durch den Stoff weiterzuatmen. Die Taschenlampe war ihm längst aus der Hand gefallen. Er torkelte wie ein Betrunkener hin und her.

    Elaine ging es nicht viel besser. Der Rauch brannte wie Feuer in ihrer Lunge. Die vom beißenden Qualm hervorgerufenen Tränen raubten ihr die Sicht. Es war ihr nicht gelungen, die Gegnerin ins Feuer zu drängen. Im Gegenteil – die Untote hatte die Oberhand gewonnen.

    Vor Wut und Hass brüllend kam die Kreatur näher. Elaine trug ein Messer bei sich, dessen Klinge aus reinem Silber gefertigt war und das sie nun hervorziehen wollte. Doch der Rauch machte ihr zu sehr zu schaffen. Ein Hustenkrampf schüttelte ihren Körper. Sie spürte nur noch, wie sie gepackt und mit unglaublicher Brutalität zu Boden geworfen wurde.

    Verschwommen nahm sie wahr, wie schlimm das Feuer tobte. Zwei Wände und ein großer Teil der Bodendielen standen bereits in Flammen. Von Don konnte sie keine mehr

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