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Dorian Hunter 50 – Masken des Todes
Dorian Hunter 50 – Masken des Todes
Dorian Hunter 50 – Masken des Todes
Ebook346 pages4 hours

Dorian Hunter 50 – Masken des Todes

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About this ebook

Es ist Isbrant nicht gelungen, sein eigenes Porträt aus dem 17. Jahrhundert in die Hände zu bekommen – das ist umso schlimmer, als von dem Gemälde nach wie vor eine große Gefahr ausgeht. Der dämonische Zwerg von Hartmannsberg, in dessen Auftrag das Porträt einst angefertigt wurde, bereitet die endgültige Konfrontation mit Isbrant vor. Dabei gelang es Isbrant zunächst, den Bildzauber zu neutralisieren, indem er den Maler Gregoíre zwang, einen Gegenzauber einzuweben. Doch welche Folgen diese Manipulation einst haben würde, konnte selbst Isbrant damals nicht abschätzen ...

Der 50. Band der legendären Serie um den "Dämonenkiller" Dorian Hunter. - "Okkultismus, Historie und B-Movie-Charme - ›Dorian Hunter‹ und sein Spin-Off ›Das Haus Zamis‹ vermischen all das so schamlos ambitioniert wie kein anderer Vertreter deutschsprachiger pulp fiction." Kai Meyer

enthält die Romane:
211: "Der Geisterturm"
212: "Der Todeskult der Yoruba"
213: "Masken des Todes"
LanguageDeutsch
Release dateJul 1, 2014
ISBN9783955720506
Dorian Hunter 50 – Masken des Todes

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    Dorian Hunter 50 – Masken des Todes - Dario Vandis

    Masken des Todes

    Band 50

    Masken des Todes

    von Dario Vandis, Peter Morlar und Christian Montillon

    © Zaubermond Verlag 2014

    © Dorian Hunter – Dämonenkiller

    by Pabel-Moewig Verlag GmbH, Rastatt

    Titelbild: Mark Freier

    eBook-Erstellung: story2go | Die eBook-Manufaktur

    http://www.zaubermond.de

    Alle Rechte vorbehalten

    Was bisher geschah:

    Der ehemalige Reporter Dorian Hunter hat sein Leben dem Kampf gegen die Schwarze Familie der Dämonen verschrieben, seit seine Frau Lilian durch eine Begegnung mit ihnen den Verstand verlor.

    Seine Gegner leben als ehrbare Bürger über den gesamten Erdball verteilt. Nur vereinzelt gelingt es Dorian, ihnen die Maske herunterzureißen.

    Bald kommt Hunter seiner eigentlichen Bestimmung auf die Spur: In einem früheren Leben schloss er als französischer Baron Nicolas de Conde einen Pakt mit Asmodi, dem Oberhaupt der Schwarzen Familie, der ihm die Unsterblichkeit sicherte.

    Um seine Sünden zu büßen, verfasste de Conde den »Hexenhammer« – jenes Buch, das im 16. Jahrhundert zur Grundlage für die Hexenverfolgung wurde. Doch der Inquisition fielen meist Unschuldige zum Opfer; die Dämonen, auf die de Conde es abgesehen hatte, blieben ungeschoren. Vielmehr wurde bald er selbst als Ketzer angeklagt und hingerichtet. Der Pakt galt, und de Condes Seele wanderte in den nächsten Körper. In vielen Inkarnationen verfolgte er seitdem rachsüchtig die Mitglieder der Schwarzen Familie, bis es ihm in der Gegenwart als Dorian Hunter endlich gelang, Asmodi zu vernichten und auch dessen Nachfolgern wenig Glück beschieden war.

    Hunter, der sich selbst als Dämonenkiller bezeichnet, besitzt als Hauptstützpunkt seiner Aktivitäten die Jugendstilvilla in der Londoner Baring Road. Dort lebt er zusammen mit der Hexe Coco Zamis, die aus Liebe zu ihm die Seiten wechselte, und weiteren Mitstreitern des Dämonenkiller-Teams. Da wären zunächst der Zyklopenjunge Tirso, der Hermaphrodit Phillip sowie Trevor Sullivan, der alternde Leiter der Mystery Press. Bis vor Kurzem gehörte auch Martin Zamis, Dorians und Cocos Sohn, zu den Bewohnern der Jugendstilvilla. Aber Martin hat die Seiten gewechselt – auf eine Art, die den Dämonenkiller in die schlimmste Krise seines Lebens gestürzt hat. Von einem Dämon namens Isbrant entführt, stürzte Martin durch einen Zeitschacht in die Vergangenheit, wo er ohne seine Eltern aufwuchs und später die Identität seines Entführers annahm. Durch eine hinterhältige Intrige, bei der er Coco vorübergehend eine tödliche Krankheit anhexte, hat er bei der Wahl zum neuen Fürsten im Krakatau dafür gesorgt, dass sich die Zeitschleife schloss. Die Erschütterungen in der Zeit brachten den Vulkan Krakatau zum Ausbruch, und Dorian und Coco gelang es erst im letzten Augenblick, den Ort ihrer schlimmsten Niederlage zu verlassen – nicht ohne die schreckliche Gewissheit: Isbrant ist Martin, und Martin ist Isbrant. Der neue Fürst der Finsternis – ist das quasi über Nacht erwachsen gewordene Kind des Dämonenkillers!

    Doch Isbrant hat mächtige Feinde unter den Dämonen. Nicht zuletzt Zakum, der Archivar der Schwarzen Familie, stellt sich offen gegen den Emporkömmling. Und als in Dorian die Erinnerung an sein achtes Leben als Grégoire Voisine de Malnati erwacht, offenbart sich ihnen eine Schwäche des Fürsten der Finsternis: Es existiert ein Porträt von Isbrant, mit dem er auf magische Art verbunden ist und das ihm einen Teil seines Ichs geraubt hat. Doch dieses befindet sich bereits in höchst unerwarteten Händen ...

    Erstes Buch: Der Geisterturm

    Der Geisterturm

    von Peter Morlar

    nach einem Handlungsexposé von Ralf Schuder

    1. Kapitel

    Sommer 1969

    Der Schlag in den Rücken kam so überraschend, dass er nicht einmal mehr einen Schrei ausstoßen konnte. Mit Armen und Beinen ruderte er in der Luft herum, dann kam der Aufprall, der ihn bis in die letzten Winkel seines Gehirns erschütterte.

    Stöhnend rollte sich der Mann auf dem steinigen Boden herum und starrte in den wolkenverhangenen Nachthimmel, an dem übergroß die fahle Scheibe des Vollmonds prangte. Er hatte das Gefühl, als sei jeder Knochen in seinem Leib gebrochen.

    Soeben tauchte ein dunkler Schatten am Rand der Grube auf, eine Gestalt, deren Gesicht nicht zu erkennen war. Ein grausames Lachen drang an die Ohren des verängstigten Mannes, so kalt und widerwärtig, dass sich eine Gänsehaut auf seinem Rücken ausbreitete.

    Dann hörte er, wie eine mächtige Maschinerie in Gang gesetzt wurde. Das Gestänge quietschte und kreischte wie ein gequältes Tier. Ein Trichter, groß wie das Maul eines Walfischs, senkte sich plötzlich über die Grube. Es gurgelte und blubberte in seinem Inneren – dann sprudelte ein riesiger Schwall einer übel riechenden, zähen Masse auf den Mann herab und erstickte seinen panischen Schrei im Ansatz.

    Aber wahrscheinlich hätte ihn hier ohnehin niemand gehört – oder hören wollen.

    Die Masse begrub den Mann vollständig unter sich und zerquetschte ihn. Sein Todeskampf dauerte nur wenige Sekunden.

    Dann war er wie vom Erdboden verschluckt.

    Gegenwart

    Als Dorian Hunter die Hinterhofkneipe im Londoner Stadtteil Soho betrat, empfing ihn eine Wand aus Rauchschwaden und Alkoholdunst. Stimmengemurmel durchwaberte den Raum. Die Gäste gehörten nicht zu denjenigen, mit denen es das Leben gut gemeint hatte.

    Dies nahm der Dämonenkiller jedoch nur am Rande wahr. Er steuerte zielstrebig den Tresen an.

    »Ich bin mit Fred Murray verabredet«, raunte er dem Wirt zu, dessen einzige Reaktion darin bestand, in Richtung eines Ganges zu nicken, der vom Gastraum aus nicht sofort einsehbar war.

    Dorian fand sich in einem alten Treppenhaus wieder, in dem es nach Fäulnis und Schimmel roch. Die Stufen knarrten unter seinen Schritten, als er nach oben ging.

    »Fred?«

    Ein Stockwerk über ihm raschelte etwas. »Eine Etage über dir, du kannst mich nicht verfehlen.«

    Dorian brummelte etwas in seinen Bart hinein und legte die letzten Stufen zurück. Er fand eine Tür vor, die nur leicht angelehnt war und aus deren Spalt ein diffuser Lichtschein auf den Gang fiel.

    Der Raum dahinter hatte auch schon bessere Tage gesehen. Es handelte sich vielmehr um eine Rumpelkammer, in dem alte Tische und Stühle gestapelt waren und sonstige Utensilien, die selbst in der Spelunke unten keine Verwendung mehr fanden. Fred Murray, der Anführer der Londoner Freaks, hatte in der Mitte des Gerümpels eine kleine Fläche geschaffen, wo er sich hingekniet hatte. Eine kleine Kerze spendete spärliches Licht.

    Dorian setzte sich dem Freak gegenüber und musterte ihn eindringlich. Fred Murray war nur wenig kleiner als Dorian, hatte hellblondes Haar und war auf den ersten Blick von einem normalen Menschen nicht zu unterscheiden, wenn nicht die auffällige Ausbuchtung gewesen wäre, die sich unter seiner speziell angefertigten Kleidung abzeichnete. Hekate, die frühere Anführerin der Schwarzen Familie, hatte ihm seinen linken Arm auf die Brust gepflanzt, aus der dieser wie ein Speer herausragte. Murray konnte ihn nicht einmal benutzen; der Arm war vollkommen gefühllos.

    Dorian verzichtete auf eine Begrüßung. »Du hast sehr aufgeregt geklungen, als du mich angerufen hast. Was ist passiert?«

    Murray blickte sich ängstlich um, als befürchtete er, von irgendjemandem belauscht zu werden. »Du bist doch immer noch auf der Suche nach Isbrants Bildnis«, raunte er und rückte ein Stück näher an den Dämonenkiller heran.

    »Weißt du etwas darüber?« Dorian versuchte, die Erregung, die von ihm Besitz ergriffen hatte, zu überspielen, was ihm aber nicht so recht gelingen wollte.

    »Die Spatzen pfeifen es schon von den Dächern«, fuhr Murray fort. »Die meisten in der Schwarzen Familie wissen es.«

    »Red nicht um den heißen Brei herum.«

    »Olivaro. Er hat das Bild in seinen Besitz gebracht. Diese Nachricht hat sich unter den Dämonen herumgesprochen wie ein Lauffeuer. Du musst schnell handeln, Dorian, wenn du noch eine Chance haben willst.«

    »Eine Chance worauf?«

    »Kennst du Benin?«

    »Nie gehört.«

    »Benin ist ein Land in Afrika. Dort hat Olivaro einen geheimnisvollen Verbündeten, einen sehr, sehr mächtigen Magier, in dessen Versteck sich auch Isbrants Bildnis befinden soll.«

    »Woher weißt du das?«

    Murray kniff die Lippen zusammen, legte zunächst eine Hand auf sein Ohr, dann auf den Mund und schließlich auf die Augen.

    Die berühmten drei Affen!, durchfuhr es Dorian. Keiner hört etwas, keiner sagt etwas, keiner sieht etwas!

    »Ich verstehe«, knurrte der Dämonenkiller.

    »Aber du musst dich beeilen«, drängte Fred Murray. »Du bist einer der Letzten, die von dieser Nachricht erfahren. Ich selbst habe auch erst heute Morgen davon Kenntnis erhalten.«

    »Ich bin schon so gut wie unterwegs«, meinte Dorian und erhob sich. Im Gehen drehte er sich noch einmal zu dem Freak um. »Du hast was gut bei mir, Fred!«

    Vergangenheit, 23. Juli 1969

    »Haben Sie sich schon mal mit einem Toten unterhalten?«

    Pete Mitchell hätte sich fast an seinem Drink verschluckt. »Wie bitte?«

    »Sie haben mich schon richtig verstanden, Mister«, antwortete sein Gegenüber und lächelte hintergründig. »Ich weiß, es mag vielleicht etwas ungewöhnlich klingen, aber hatten Sie niemals das Bedürfnis, mit den Seelen Ihrer verstorbenen Angehörigen zu sprechen?«

    »O nein, tut mir leid, Mister Chambers, ich glaube nicht an diesen Unsinn.«

    »Das ist aber schade! Dann werden Sie wahrscheinlich nie erfahren, was in den Köpfen der Leute vorging, was sie gedacht, empfunden oder sogar erlitten haben, kurz bevor sie ihr Leben aushauchten! Und möglicherweise ... ja, möglicherweise sind sie ja gar keines natürlichen Todes gestorben, wer weiß das so genau?« Achaz Chambers prostete seinem Gegenüber zu. »Auf Ihr Wohl, Mister Mitchell!«

    Pete Mitchell erhob ebenfalls sein Glas und nippte widerwillig an dem Getränk. Er fröstelte unter dem zwingenden Blick des Baulöwen, dessen Alter nur schwer zu schätzen war. Chambers konnte fünfzig, aber auch schon fünfundsechzig Jahre alt sein. Sein graues Haar trug er streng nach hinten gekämmt. Das grobkantige, sonnengebräunte Gesicht wurde von buschigen Augenbrauen dominiert, unter denen listige, eisgraue Augen funkelten. Das eckige, hervorspringende Kinn unterstrich den Gesamteindruck des Tycoons, dem etwas Energisches, fast Brutales anhaftete.

    Achaz Chambers steckte sich eine Zigarette an und blickte den aufsteigenden Rauchschwaden gedankenverloren hinterher. »Sie müssen wissen, ich liebe das Extravagante. Irgendetwas gibt es immer, das man noch nicht ausprobiert hat, nicht wahr? Und eine Séance haben wohl die wenigsten Menschen schon miterlebt.«

    »Da mögen Sie recht haben, Mister Chambers«, katzbuckelte Mitchell, obwohl er sich alles andere als wohl in seiner Haut fühlte.

    Aber der junge Ingenieur mit dem blonden Bürstenhaarschnitt und dem markanten Gesicht, in dem aufgeweckte, dunkelbraune Augen leuchteten, wollte es sich mit dem Baulöwen keinesfalls verscherzen.

    Erst am heutigen Nachmittag hatte er Chambers auf einem Kongress kennengelernt. Sie hatten sich sehr angeregt unterhalten, Mitchell hatte ihm ein paar seiner Entwürfe vorgelegt und wäre fast in einen Jubelsturm ausgebrochen, als ihn der Tycoon daraufhin eingeladen hatte, mit ihm noch einen Drink zu nehmen.

    Jetzt saßen sie hier in der Nobelkneipe, doch das Gespräch war irgendwie anders verlaufen, als Pete es sich vorgestellt hatte. Anstatt sich für seine bisherige Tätigkeit zu interessieren, hatte Chambers ihn gefragt, wo und in welcher Wohnung er wohnte, was seine Lieblingsfächer in der Schule waren und welchen Hobbys er nachging.

    Und dann diese Frage, ob er schon einmal mit Toten gesprochen habe!

    »Ein außergewöhnlicher Mann braucht auch ausgefallene Interessen«, sagte Achaz Chambers in diesem Moment und beugte sich verschwörerisch nach vorne. »Diese Séancen, von denen ich sprach ... Ich führe sie selbst durch. Es ist sozusagen mein Steckenpferd. Alles, was in die Welt des Okkulten fällt, erweckt mein Interesse. Wir haben heute wieder Vollmond, und solche Nächte sind geradezu prädestiniert dazu, die Toten zu beschwören und mit ihnen in Kontakt zu treten.«

    »Ich ... ich weiß es durchaus zu schätzen, dass Sie mich in dieses Gebiet einführen wollen, Sir. Aber ...«

    »Lassen Sie uns heute Abend nicht über die Arbeit reden!«, unterbrach ihn Chambers unwirsch. »Dafür gibt es den Tag!«

    Mitchell biss sich auf die Unterlippe. »Natürlich, Sir.«

    »Sie haben doch Familie, Mister Mitchell?«

    Der Ingenieur stutzte. »Ich bin seit zehn Jahren glücklich verheiratet.« Er kramte seine Brieftasche hervor und zückte ein Foto. »Das ist Tracy. Und mein Sohn heißt Bruce. Er hat letzte Woche seinen neunten Geburtstag gefeiert.«

    »Sie haben eine nette Familie«, meinte der Baulöwe, das Bild eingehend betrachtend. Unmerklich strich er mit seinen Fingern darüber. »Eine sehr hübsche Frau und einen aufgeweckten Sohn. Er ist bestimmt sehr klug, nicht wahr?«

    »Ja, Bruce ist unser ganzer Stolz. Er interessiert sich für alles, was mit Technik zu tun hat – und das in seinem Alter!«

    »Ganz der Vater.« Chambers reichte dem Ingenieur wieder das Foto und sagte unvermittelt: »Mister Mitchell, ich kann mir nicht helfen, aber irgendwie habe ich einen Narren an Ihnen gefressen, ich weiß auch nicht warum. Es würde mich sehr freuen, wenn Sie mir bei meinem neuen Projekt behilflich sein könnten. Es soll nicht zu Ihrem Nachteil sein!« Der Tycoon rieb Daumen und Zeigefinger aneinander.

    »Aber Mister Chambers ... Sir ...!«, stieß Mitchell hervor. Er wusste sehr genau, woran Achaz Chambers gerade arbeitete. Der Tycoon hatte den bislang dicksten Fisch in der Geschichte der Vereinigten Staaten an Land gezogen: den Bau eines Wolkenkratzers, der alles bisher da Gewesene in den Schatten stellen würde. Damit gehörte Achaz Chambers zu den bestbezahlten und prominentesten Männern des Landes, und wenn er, Pete Mitchell, an diesem Projekt mitarbeiten durfte, würden ihm anschließend sämtliche Türen in der Baubranche offen stehen.

    »Was zögern Sie noch?«, rief Chambers und hielt dem jungen Ingenieur die Hand hin. »Schlagen Sie ein, und die Sache ist besiegelt!«

    Pete Mitchell verdrängte die warnende Stimme in seinem Inneren und willigte ein. Der Handgriff des Tycoons war fest und kompromisslos.

    »Jetzt, da wir Geschäftspartner sind, habe ich noch eine ganz besondere Überraschung für Sie, Pete«, lächelte Chambers und blickte Mitchell durchdringend an. In seinen Augen funkelte es. »Ich möchte Sie und Ihre Familie einladen, dabei zu sein, wenn bei meinem neuen Projekt das Fundament gegossen wird.«

    »Aber ... Natürlich, Mister Chambers, gerne! Das ist eine große Ehre für mich! Wann soll es denn so weit sein?«

    Der Baulöwe warf einen kurzen Blick auf die Uhr. »In einer knappen Stunde.«

    »Puh, das kommt jetzt etwas unerwartet. Da muss ich erst Tracy fragen. Und Bruce wird bestimmt schon im Bett liegen!«

    »Machen Sie doch einfach eine Ausnahme! Sagen Sie ihnen, dass sie so etwas in ihrem ganzen Leben bestimmt nicht wieder zu sehen bekommen! Ich könnte mir vorstellen, dass besonders Ihr Sohn Feuer und Flamme sein wird!«

    »Da mögen Sie recht haben.«

    Chambers hob unauffällig den Arm, worauf ein Kellner heranwieselte und dem überraschten Pete ein Telefon in die Hand drückte.

    Woher hat er nur gewusst ...?

    Mitchell verdrängte den Gedanken und wählte. Schon wenig später wurde abgehoben.

    »Tracy, ich bin's!«, meldete er sich. »Sorry, ich sitze noch mit Mister Chambers im Black Bat. Er hat mich eingeladen. – Du, pass auf! Wecke Bruce und sag ihm, er kann mit dabei sein, wenn bei Mister Chambers' neuem Wolkenkratzer das Fundament gegossen wird! ... Ja, heute noch, in einer Stunde! ... Du auch, Tracy! Mister Chambers würde euch beide gerne kennenlernen. ... Ja, ich weiß, ist ja nur dieses eine Mal! ... Wir sind also in etwa dreißig Minuten bei euch. Alles klar, bis dann! ... Ich dich auch, Darling!«

    Er legte den Hörer auf die Gabel. »Sie warten auf uns.«

    »Worauf warten wir dann noch?«, lachte Chambers und erhob sich. Er warf sich seinen langen Mantel um und drückte dem Kellner einen großen Schein in die Hand.

    Eine halbe Stunde später saßen sie zu viert in Achaz Chambers' Wagen. Obwohl es spät am Abend war, hatte sich der Verkehr in der Innenstadt kaum beruhigt. Von überallher hupte es, Reifen quietschten, aber der Baulöwe steuerte sein Fahrzeug routiniert durch die Straßenschluchten und näherte sich zielsicher dem Baugelände.

    Der kleine Bruce hockte mit großen Augen neben seiner Mutter auf der Rückbank und blickte aus dem Fenster. Er war besonders von den flackernden Leuchtreklamen beeindruckt, die er zum ersten Mal bei Nacht sah. Er hatte unzählige Sommersprossen in seinem Gesicht, das von widerspenstigen blonden Haaren eingerahmt wurde. Die dunkelbraunen Augen funkelten unternehmungslustig.

    »Was fahren Sie eigentlich für eine Automarke, Sir?«, fragte Bruce plötzlich, an Chambers gewandt.

    »Keine handelsübliche«, antwortete der Baulöwe. »Ich habe mir meinen Wagen nach eigenen Wünschen konstruieren und bauen lassen. Du musst wissen, wer etwas auf sich hält, der fährt nicht das, was alle fahren. Soll ich dir ein Geheimnis verraten, kleiner Mann?«

    »O ja, Sir!«

    »Das Auto wird nicht mit Benzin, sondern mit Blut angetrieben!« Chambers lachte wie über einen guten Witz.

    »Igitt! Stimmt das, Dad?«

    Pete wiegelte ab. »Mister Chambers hat doch nur Spaß gemacht!«

    Der Baulöwe schwieg dazu und musterte Tracy Mitchell durch den Rückspiegel. Die junge Frau mit den brünetten, schulterlangen Haaren erschauerte unter seinen zwingenden Blicken.

    Chambers lächelte kühl und sah wieder geradeaus. Pete Mitchell schien von alledem nichts bemerkt zu haben.

    »So, da sind wir!«

    Der Baulöwe hielt seinen Wagen vor einem hohen Bretterzaun an, der sein Projekt vor neugierigen Blicken schützte. Am Eingang zum Baugelände stand ein kleines, hell erleuchtetes Häuschen, das von einem Nachtwächter besetzt war. Diensteifrig eilte dieser auf die Straße, als er seinen Vorgesetzten erkannte.

    Chambers kurbelte die Scheibe herunter und gab dem Mann einen kurzen Wink. Das Haupttor schwang auf, und der Tycoon steuerte sein Fahrzeug auf das weitläufige Grundstück.

    Auf beiden Seiten ragten Stapel mit Baumaterial – Zementsäcke, Holzbretter und Betonblöcke – wie riesige Gebirge in die Höhe und tauchten den Weg immer wieder in düstere Schatten.

    Erst nach gut einhundert Metern ließ der Baulöwe seinen Wagen ausrollen und stellte den Motor ab. Chambers stieg aus, die Mitchells folgten neugierig. Unter ihren Füßen knirschten Sand und kleinere Kieselsteine. Ansonsten war es totenstill.

    »Ist das kalt hier!«, flüsterte Tracy und zog fröstelnd die Schultern hoch. »Wie in einem Kühlschrank.«

    Jetzt fiel es auch Pete auf. Hier auf dem Baugelände war es merklich kühler als noch vor ihrem Haus. Innerhalb von einer halben Stunde musste die Temperatur um mehr als zehn Grad gefallen sein.

    »Hier ist es, mein Meisterwerk!«, rief Chambers plötzlich und vollführte eine kreisförmige Armbewegung.

    Pete blickte sich unbehaglich um. Das Baugelände lag im Dunkeln, keine Menschenseele war zu sehen. Einzig das Licht des Vollmonds tauchte die Umgebung in einen düsteren Schein und ließ die verwaisten Maschinen noch unheimlicher aussehen, als sie ohnehin schon auf die junge Familie wirkten. Lange Schatten fielen über den steinigen Boden. Pete hatte den Eindruck, dass sie ein unerklärbares Eigenleben führten.

    Wie ein überdimensional großes Skelett ragten die Stahlträger des Wolkenkratzers in die Höhe, daneben befand sich eine Grube vom Ausmaß eines ganzen Fußballfeldes. Fast schien es, als verschlucke sie das letzte Licht des Erdtrabanten.

    Am Rand der Grube türmte sich ein schwarzes Ungetüm auf, das Pete Mitchell unwillkürlich an einen Dinosaurier erinnerte: Es besaß einen wuchtigen Körper, aus dem ein langer, schmaler Hals wuchs und in einem mächtigen Kopf endete. Solch eine Maschine hatte er noch nie in seinem Leben gesehen.

    »Pete!«, flüsterte Tracy und drängte sich an ihren Mann. »Hier stimmt etwas nicht. Wo sind die Arbeiter? Warum brennt hier kein Licht?«

    »Ich weiß es nicht«, gab Pete zurück.

    »Ist dir schon aufgefallen, dass es auf dem Gelände totenstill ist? Man hört keine vorbeifahrenden Autos, kein Hupen, nichts mehr! Ich habe das Gefühl, als befänden wir uns in einer ganz anderen Welt.«

    Pete erschauerte. »Stimmt. Jetzt, wo du es sagst.«

    Nur Bruce schien sich nicht daran zu stören. Er war ein paar Schritte vorausgeeilt und legte seinen Kopf in den Nacken. Fasziniert beäugte er das Gerüst des zukünftigen Hochhauses.

    Pete Mitchell löste sich von Tracy und trat neben den Baulöwen. »Mister Chambers! Wo sind die Arbeiter? Ich dachte, das Fundament soll heute gegossen werden?«

    Achaz Chambers schmunzelte und blickte den Familienvater an. »Wofür braucht es Leute, die nur unnötig Geld kosten?«

    »Ich verstehe nicht ganz ...«

    »Dieses Gerät«, – Chambers deutete auf das saurierähnliche Monstrum –, »kann von einem einzigen Mann bedient werden. Es ist in der Lage, die ganze Grube innerhalb weniger Minuten mit Beton zu füllen.«

    »Bei allem Respekt, Sir ... Das halte ich für gänzlich unmöglich! Ich beschäftige mich von Berufs wegen mit solchen Konstruktionen, aber davon habe ich noch nie etwas gehört!«

    »Menschen können zum Mond fliegen – und wieder zurück! Bereits morgen wird mit der Rückkehr der Apollo 11 gerechnet, schon vergessen?«

    »Das nicht, aber ...«

    »Ich fürchte, Sie unterschätzen auch meine Möglichkeiten«, unterbrach ihn Chambers. »Ich werde es Ihnen beweisen!«

    Der Baulöwe verschwand wortlos in der Dunkelheit.

    »Ich habe kein gutes Gefühl, Pete«, flüsterte Tracy, die zu ihrem Mann aufgeschlossen hatte. »Lass uns von hier verschwinden! Irgendetwas geht nicht mit rechten Dingen zu!«

    »Vielleicht hast du recht«, meinte Pete und wollte nach Bruce rufen. Doch genau in diesem Moment zerriss ein gewaltiges Krachen die lastende Stille. Es knarrte und quietschte, als ob eine Maschinerie, die seit Jahrhunderten still stand, wieder in Betrieb genommen wurde. Scheinwerfer flammten auf und blendeten die herumstehenden Menschen. Dann senkte sich der bedrohliche Schädel der saurierähnlichen Apparatur über die Grube.

    Es blubberte und rumorte im Inneren der riesigen Maschine. Unendlich langsam öffnete sich das Maul des ›Sauriers‹, und ein breiter Schwall einer zähen, breiigen Masse quoll daraus hervor und klatschte in die Tiefe.

    »Dad!«, rief Bruce. »Sieh nur!«

    Fasziniert eilte der Junge an den Rand der fußballfeldgroßen Grube, die sich Meter für Meter mit Beton füllte.

    Pete Mitchell stand da wie gelähmt. Chambers hatte doch nicht übertrieben! Dieser gewaltige Apparat konnte wahrhaftig von nur einem einzigen Menschen bedient werden!

    Da passierte es!

    Von einer Sekunde auf die andere erloschen die starken Scheinwerfer und tauchten die Baustelle in undurchdringliche Schwärze. Tracy und Pete, deren Augen sich noch nicht an die plötzliche Dunkelheit gewöhnt hatten, hielten den Atem an.

    Trotzdem glaubte der Ingenieur, eine schattenhafte Bewegung wahrzunehmen, die auf Bruce zuraste.

    »Bruce!«, schrie er aus Leibeskräften und wollte zu seinem Sohn eilen. Doch es war bereits zu spät.

    Die dunkle Gestalt versetzte dem Jungen einen gewaltigen Stoß, der ihn über den Rand der Grube katapultierte. Sein gellender Schrei ging in dem Dröhnen der Maschine unter.

    Noch bevor Pete die Stelle erreicht hatte, hörte er seine Frau in allergrößter Not brüllen. Entsetzt hielt er inne, unschlüssig, wem er zuerst helfen sollte.

    Der brutale Schlag auf den Hinterkopf entband ihn von seiner Entscheidung. Vor seinen Augen zerplatzte eine Sonne, dann hüllte ihn tiefe Dunkelheit ein.

    2. Kapitel

    Gegenwart

    Fred Murray beobachtete Dorian, der eilig die Tür der Abstellkammer hinter sich schloss und die Stufen ins Erdgeschoss hinabstürmte. Da geschah etwas Merkwürdiges.

    Die hellblonden Haare auf dem Kopf des Freaks wurden strohig und brüchig, fielen büschelweise aus, das Gesicht nahm eine graubraune Färbung an und verzerrte sich zu einer dämonischen Fratze. Die Augen begannen von innen heraus zu glühen, Geifer troff aus dem breiten Maul der Kreatur, in die sich der Freak verwandelte.

    Die Ausbuchtung auf der Brust verschwand, die Kleidung platzte in den Nähten auf und hing nur noch in Fetzen an dem Körper herab, der jetzt untersetzt und muskelbepackt war. Der Brustkorb der Kreatur hob und senkte sich unter schweren Atemzügen, von denen jeder einzelne mit einem geisterhaften Raunen begleitet wurde, das den Raum erfüllte.

    Die teuflische Gestalt wischte die aufgestapelten Tische und Stühle mit einer einzigen Handbewegung zur Seite, sodass sie krachend gegen die nächstliegende Wand flogen und zu Bruch gingen. Der Dämon öffnete eine hölzerne Klappe, die im hinteren Teil des Raums in der Mauer verborgen war, packte den vor Angst zitternden Freak an den Haaren und zerrte ihn aus seinem Versteck hervor.

    Fred Murray war gefesselt und geknebelt, und darüber hinaus noch mit einem Bann belegt, der es ihm unmöglich machte, sich auch nur einen einzigen Millimeter zu bewegen. Die

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