Dr. Norden Bestseller 193 – Arztroman: Lasst mir mein Kind
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Patricia Vandenberg ist die Begründerin von "Dr. Norden", der erfolgreichsten Arztromanserie deutscher Sprache, von "Dr. Laurin", "Sophienlust" und "Im Sonnenwinkel". Sie hat allein im Martin Kelter Verlag fast 1.300 Romane veröffentlicht, Hunderte Millionen Exemplare wurden bereits verkauft. In allen Romangenres ist sie zu Hause, ob es um Arzt, Adel, Familie oder auch Romantic Thriller geht. Ihre breitgefächerten, virtuosen Einfälle begeistern ihre Leser. Geniales Einfühlungsvermögen, der Blick in die Herzen der Menschen zeichnet Patricia Vandenberg aus. Sie kennt die Sorgen und Sehnsüchte ihrer Leser und beeindruckt immer wieder mit ihrer unnachahmlichen Erzählweise. Ohne ihre Pionierarbeit wäre der Roman nicht das geworden, was er heute ist.
Hanno Ostrow war ein gut aussehender, sympathischer Mann von zweiunddreißig Jahren, mittelgroß, schlank und dunkelhaarig. Man sah ihm gewiss nicht sofort an, dass er als kranker Mann bezeichnet werden musste. Er litt seit Jahren an einer chronischen Niereninsuffizienz und musste jede Woche zweimal zur Dialyse ins Großklinikum gefahren werden, denn er wagte nicht mehr, sich selbst ans Steuer zu setzen, da er in letzter Zeit öfter an Schwächeanfällen litt.
Seine Schwester Angela sorgte rührend für ihren Bruder. Sie war fünf Jahre jünger als er, ihm sehr ähnlich, aber eine sportliche, gesunde junge Frau.
Für Hanno hatte sie auf viel verzichtet, dies aber ihm gegenüber nie erwähnt. Sie hätte einen beruflich sehr erfolgreichen Mann heiraten können, aber dann hätte sie ihm nach Düsseldorf folgen müssen, und das brachte sie nicht übers Herz, da Hanno, als sich seine Krankheit bemerkbar machte, von seiner Frau verlassen worden war. Hart hatte es ihn getroffen, aber noch härter, dass ihr dann der damals zweijährige Dominik zugesprochen worden war.
Angela trauerte dem Mann nicht nach, der wenig Verständnis für ihre Entscheidung gezeigt hatte. Es konnte wohl nicht die richtige Liebe gewesen sein, meinte sie für sich, und sie verstand es, aus ihrem und Hannos Leben das Beste zu machen. Sie hatte im Elternhaus ein Schreib- und Übersetzungsbüro eingerichtet. Sie war diplomierte Dolmetscherin für Französisch, Englisch und Spanisch, und sie verdiente sehr gut. Und auch Hanno, ein sehr talentierter Grafiker, blieb auch trotz seiner Krankheit gut im Geschäft.
Angela hielt nach einer schweigsamen Fahrt beim Klinikum. Zufällig kam zur gleichen Zeit
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Dr. Norden Bestseller 193 – Arztroman - Patricia Vandenberg
Dr. Norden Bestseller
– 193 –
Lasst mir mein Kind
Patricia Vandenberg
Hanno Ostrow war ein gut aussehender, sympathischer Mann von zweiunddreißig Jahren, mittelgroß, schlank und dunkelhaarig. Man sah ihm gewiss nicht sofort an, dass er als kranker Mann bezeichnet werden musste. Er litt seit Jahren an einer chronischen Niereninsuffizienz und musste jede Woche zweimal zur Dialyse ins Großklinikum gefahren werden, denn er wagte nicht mehr, sich selbst ans Steuer zu setzen, da er in letzter Zeit öfter an Schwächeanfällen litt.
Seine Schwester Angela sorgte rührend für ihren Bruder. Sie war fünf Jahre jünger als er, ihm sehr ähnlich, aber eine sportliche, gesunde junge Frau.
Für Hanno hatte sie auf viel verzichtet, dies aber ihm gegenüber nie erwähnt. Sie hätte einen beruflich sehr erfolgreichen Mann heiraten können, aber dann hätte sie ihm nach Düsseldorf folgen müssen, und das brachte sie nicht übers Herz, da Hanno, als sich seine Krankheit bemerkbar machte, von seiner Frau verlassen worden war. Hart hatte es ihn getroffen, aber noch härter, dass ihr dann der damals zweijährige Dominik zugesprochen worden war.
Angela trauerte dem Mann nicht nach, der wenig Verständnis für ihre Entscheidung gezeigt hatte. Es konnte wohl nicht die richtige Liebe gewesen sein, meinte sie für sich, und sie verstand es, aus ihrem und Hannos Leben das Beste zu machen. Sie hatte im Elternhaus ein Schreib- und Übersetzungsbüro eingerichtet. Sie war diplomierte Dolmetscherin für Französisch, Englisch und Spanisch, und sie verdiente sehr gut. Und auch Hanno, ein sehr talentierter Grafiker, blieb auch trotz seiner Krankheit gut im Geschäft.
Angela hielt nach einer schweigsamen Fahrt beim Klinikum. Zufällig kam zur gleichen Zeit auch Dr. Corbett, der Hanno hier betreute. Zwischen ihnen hatte sich ein fast freundschaftlicher Kontakt entwickelt.
»Hallo«, begrüßte er Angela, »lerne ich Sie endlich auch mal kennen. Warum schauen Sie sich nicht auch mal unsere Klinik von innen an?«
»Ich muss gestehen, dass ich Krankenhäuser lieber nur aus der Distanz betrachte«, erwiderte Angela im gleichen lässigen Ton.
»Es langt schon, dass sie zu Hause Krankenpflegerin spielen muss«, warf Hanno ein. »Würdest du mal in der Tulpenstraße vorbeischauen, Angi?«
Ein Schatten fiel über ihr apartes Gesicht. Dr. Corbett wusste nicht, worum es ging, aber er spürte, dass Angela nur zögernd, ja, gequält zustimmte.
»Ich hole dich dann wieder ab«, sagte sie. »Wie immer.«
Sie setzte sich wieder in den Wagen und blickte den beiden Männern nicht nach, die nun nebeneinander die Halle betraten. In ihr war jedesmal, wenn sie Hanno durch diese Tür gehen sah, die Angst, dass es eines Tages doch zu Ende sein könnte, weil zu seinem Leiden auch noch die schmerzliche Sehnsucht nach seinem Kind blieb, das er seit Monaten nicht mehr gesehen hatte, weil Ramona in ihrer Wohnung in der Tulpenstraße nicht mehr anzutreffen war.
An diesem Tag fasste Angela den Entschluss, sich nach Hannos geschiedener Frau zu erkundigen, obgleich ihr das im Innersten zuwider war. Aber sie wollte endlich Klarheit haben, wohin sie mit Dominik gegangen war.
Hanno brachte diesen Mut nicht auf, da ihm bekannt war, dass nach der Scheidung schon andere Männer bei Ramona ein und aus gegangen waren.
Angela hegte heftigen Groll, dass ihr das Kind zugesprochen war. Ein kranker Vater könne ja nicht für ein kleines Kind sorgen, war das Argument gewesen. Mit einem kranken Mann hatte die schöne Ramona auch nicht leben wollen. Sie erwartete mehr vom Leben, als einen kranken Mann zu pflegen, aber dennoch hatte sie das Sorgerecht für den Jungen bekommen.
Angela war kein leicht erregbarer Mensch, aber wenn sie darüber nachdachte, packte sie die Wut, und es wurde ihr heiß und kalt. Sie liebte ihren Bruder, der nie jammerte, sich nicht selbst beklagte und so rücksichtsvoll war, dass sie keinem anderen Mann mehr einen Platz in ihrem Leben einräumte.
Die Tulpenstraße lag in einem Villenviertel, ziemlich weit vom Klinikum entfernt. Eine teure Wohngegend war es, aber Ramona hatte immer Ansprüche gestellt, und da sie vermögende Eltern hatte, brauchte sie auch nach der Scheidung nichts zu entbehren.
Es war ein Vierfamilienhaus. Ramona Ostrow stand immer noch über einem Briefkasten. Angela überwand sich und läutete. Der Summer ertönte, und die Tür konnte geöffnet werden. Angela war erstaunt, dass nicht erst durch die Sprechanlage gefragt wurde, wer da sei. Sie stieg die Treppe zum ersten Stock empor. Eine junge Frau stand dort in der Tür und wich sichtlich erschrocken einen Schritt zurück. »Ich dachte, es wäre mein Mann«, sagte sie stockend. »Sie wünschen? Wollen Sie zu Jürgen? Er ist noch nicht da.«
»Ich bitte um Nachsicht, aber ich wollte zu Frau Ostrow«, erwiderte Angela, die ihre Selbstsicherheit angesichts dieser so unsicheren jungen Frau schnell zurückgewonnen hatte.
»Liebe Güte, die wohnt doch nicht mehr hier. Ich habe Jürgen schon so oft gesagt, dass er endlich das Schild auswechseln soll, aber er hat nie Zeit. Und eigentlich sucht uns ja auch niemand.«
»Frau Ostrow hat die Wohnung geräumt?«, fragte Angela.
»Sie hat sie uns für ein Jahr möbliert vermietet. Länger bleiben wir nicht in München«, erwiderte die andere. »Mein Name ist Jacobsen.«
»Sie kennen doch aber sicher die neue Adresse von Frau Ostrow«, sagte Angela und überwand sich zu einer Erklärung, dass sie eine Freundin sei.
»Nein, die kenne ich nicht. Die Miete überweisen wir auf ein Konto. Sie ist irgendwo im Ausland, so hat sie es uns bei der Übergabe gesagt.«
»Und das Kind, Dominik?«, fragte Angela, jetzt doch erregt.
Frau Jacobsen zuckte die Schultern. »Ihren Sohn hat sie wohl irgendwo in Pflege gegeben, das deutete sie an. Sie hat einen Vertrag als Fotomodell.«
Nun läutete es wieder. Frau Jacobsen wurde nervös. »Das ist mein Mann. Er hat nie viel Zeit zum Essen. Entschuldigen Sie bitte, aber vielleicht können Sie sich an die Eltern von Frau Ostrow wenden. Denen gehört die Wohnung ja eigentlich.«
Der Gedanke war Angela unbequem, aber sie verabschiedete sich, und dann kam ein Mann die Treppe herauf. Er blieb kurz stehen und musterte sie von oben bis unten, und da war es Angela sofort klar, warum seine junge Frau so unruhig wurde, wenn eine andere Frau vor der Tür stand. Aber es konnte ja auch sein, dass sie gar nicht verheiratet waren. Angela hatte da auch schon Erfahrungen gesammelt, denn sie stand mit beiden Beinen fest auf dem Boden der Tatsachen.
Sie bewegte jetzt der Gedanke, wohin Ramona den Jungen gebracht haben könnte, und sie sah es auf sich zukommen, dass es kaum zu vermeiden sein würde, ihre Eltern zu befragen. Schließlich hatte Hanno Besuchsrecht. Man konnte ihm das nicht verwehren. Sie wusste, wie sehr er litt, da er Dominik liebte. Der Junge war sensibel, oft krank und sehr scheu.
Da kam Angela ein Gedanke. Vielleicht wusste Dr. Norden, wo der Junge war. Er hatte Dominik betreut, als die Eltern noch nicht geschieden waren, aber auch späterhin war Ramona mit dem Jungen öfter zu ihm gekommen, wohl auch deshalb, weil Dominik sich von keinem anderen Arzt anfassen ließ.
Dr. Norden war auch ihr Hausarzt, freilich brauchte Angela selten einen Arzt, aber manchmal hatte sie doch eine Erkältung oder auch eine Verletzung.
Aber sie hatte auch ein Gesicht, das man nicht schnell vergaß, und Loni erkannte sie sofort, als sie die Praxis betrat.
»Warum haben Sie sich nicht angemeldet?«, fragte Loni. »Es ist schrecklich voll.«
»Ich wollte Dr. Norden nur ganz kurz etwas fragen«, erwiderte Angela, »bitte, nur eine Minute. Es ist wegen Dominik.«
»Er war lange nicht hier«, sagte Loni. »Gut, warten Sie, der Chef wird gleich rauskommen.«
So war es auch, aber Dr. Nordens Augenbrauen ruckten empor, als Angela ihm sagte, was sie auf dem Herzen hatte.
»Ich habe Dominik seit etwa drei Monaten nicht mehr gesehen. Zuletzt hatte er einen starken Husten. Nein, ich kann Ihnen leider nicht weiterhelfen.«
»Es wird Hanno wieder zurückwerfen«, sagte Angela leise.
»Meinen Sie nicht, dass er sich zu einer Transplantation entschließen sollte?«, fragte Dr. Norden.
»Er steht ja auf der Warteliste, aber so viel Nierenspender gibt es doch gar nicht, wie gebraucht würden«, erwiderte Angela bedrückt. »Und sind Sie wirklich überzeugt, dass er dann besser