Dr. Laurin 117 – Arztroman: Habe ich wirklich versagt?
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Patricia Vandenberg ist die Begründerin von "Dr. Norden", der erfolgreichsten Arztromanserie deutscher Sprache, von "Dr. Laurin", "Sophienlust" und "Im Sonnenwinkel". Sie hat allein im Martin Kelter Verlag fast 1.300 Romane veröffentlicht, Hunderte Millionen Exemplare wurden bereits verkauft. In allen Romangenres ist sie zu Hause, ob es um Arzt, Adel, Familie oder auch Romantic Thriller geht. Ihre breitgefächerten, virtuosen Einfälle begeistern ihre Leser. Geniales Einfühlungsvermögen, der Blick in die Herzen der Menschen zeichnet Patricia Vandenberg aus. Sie kennt die Sorgen und Sehnsüchte ihrer Leser und beeindruckt immer wieder mit ihrer unnachahmlichen Erzählweise. Ohne ihre Pionierarbeit wäre der Roman nicht das geworden, was er heute ist.
Es gab Momente im Leben von Dr. Eckart Sternberg, in denen er an sich und an allem, was er in langjähriger Praxis als Chirurg geleistet hatte, zweifelte.
So war es auch an diesem Tag im Februar, als Jonathan Tresko zum zweiten Mal in die Prof.-Kayser-Klinik gebracht wurde.
Es war zwei Jahre her, dass er sich bei einem Autounfall eine Wirbelverletzung und Rippenbrüche zugezogen hatte, aber der sportliche, kräftige Mann, Ende dreißig, hatte das verblüffend schnell überwunden.
Diesmal war er mit einem Sanitätsflug aus der Schweiz gebracht worden, wo er sich beim Skifahren so schwere Prellungen zugezogen hatte, dass er sich nicht bewegen konnte. Begleitet wurde er von seiner Frau Manon, einer gebürtigen Französin, mit der er seit zehn Jahren verheiratet war.
Sie wirkte jetzt erschöpfter als ihr Mann, der sonnengebräunt auf der Trage lag und sich wenigstens den Anschein gab, als nehme er seinen derzeitigen Zustand mit Humor hin.
»So sehen wir uns wieder, lieber Dr. Sternberg, aber ich denke, dass Sie mich genauso schnell wieder fit machen wie das vorige Mal.«
»Das wollen wir doch hoffen«, sagte Dr. Sternberg zuversichtlich, aber er fing einen besorgten, ja, zweifelnden Blick von Manon auf, der ihn stutzig machte.
»Die Röntgenaufnahmen haben wir mitgebracht«, sagte sie hastig. »Sie werden verstehen, dass Jon nicht in der Schweiz bleiben wollte.«
Sie sprach ein perfektes Deutsch mit einem Akzent, der einen besonderen Charme hatte.
»Der Arzt war eine absolute Null«, knurrte Jonathan. »Ein Schwarzseher, wie er im Buche steht.«
Manon blickte zu Boden. Sie äußerte sich nicht dazu, und Dr. Sternberg ging es durch den Sinn,
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Dr. Laurin 117 – Arztroman - Patricia Vandenberg
Dr. Laurin
– 117 –
Habe ich wirklich versagt?
Patricia Vandenberg
Es gab Momente im Leben von Dr. Eckart Sternberg, in denen er an sich und an allem, was er in langjähriger Praxis als Chirurg geleistet hatte, zweifelte.
So war es auch an diesem Tag im Februar, als Jonathan Tresko zum zweiten Mal in die Prof.-Kayser-Klinik gebracht wurde.
Es war zwei Jahre her, dass er sich bei einem Autounfall eine Wirbelverletzung und Rippenbrüche zugezogen hatte, aber der sportliche, kräftige Mann, Ende dreißig, hatte das verblüffend schnell überwunden.
Diesmal war er mit einem Sanitätsflug aus der Schweiz gebracht worden, wo er sich beim Skifahren so schwere Prellungen zugezogen hatte, dass er sich nicht bewegen konnte. Begleitet wurde er von seiner Frau Manon, einer gebürtigen Französin, mit der er seit zehn Jahren verheiratet war.
Sie wirkte jetzt erschöpfter als ihr Mann, der sonnengebräunt auf der Trage lag und sich wenigstens den Anschein gab, als nehme er seinen derzeitigen Zustand mit Humor hin.
»So sehen wir uns wieder, lieber Dr. Sternberg, aber ich denke, dass Sie mich genauso schnell wieder fit machen wie das vorige Mal.«
»Das wollen wir doch hoffen«, sagte Dr. Sternberg zuversichtlich, aber er fing einen besorgten, ja, zweifelnden Blick von Manon auf, der ihn stutzig machte.
»Die Röntgenaufnahmen haben wir mitgebracht«, sagte sie hastig. »Sie werden verstehen, dass Jon nicht in der Schweiz bleiben wollte.«
Sie sprach ein perfektes Deutsch mit einem Akzent, der einen besonderen Charme hatte.
»Der Arzt war eine absolute Null«, knurrte Jonathan. »Ein Schwarzseher, wie er im Buche steht.«
Manon blickte zu Boden. Sie äußerte sich nicht dazu, und Dr. Sternberg ging es durch den Sinn, dass es da wohl etwas gegeben hatte, was sie anders sah als ihr Mann.
Jonathan Tresko war ein Manager von Format, der es schon in jungen Jahren weit gebracht hatte. Entsprechend waren auch seine Vermögensverhältnisse. Er hatte aber auch einen gewaltigen Ehrgeiz, immer spitze zu sein – und selbstverständlich auch zu bleiben.
Ein Zimmer war bereits für ihn bereit, denn sein Kommen war telefonisch angekündigt worden. Schwester Marion, die er schon von seinem früheren Aufenthalt her kannte, brachte ihn dorthin, während Manon Dr. Sternberg begleitete. Er wollte sich die Röntgenaufnahmen ansehen und von Manon erfahren, was an dem Schweizer Arzt Dr. Wehrli auszusetzen gewesen war.
»Gar nichts«, erwiderte Manon zu Dr. Sternbergs Überraschung. »Jon sieht das nur anders. Ich muss Ihnen sagen, dass ich auch sehr besorgt bin, Dr. Sternberg. Die Sonnenbräune täuscht. Jon ist in letzter Zeit lange nicht mehr so fit wie früher.«
Der Chirurg betrachtete die Röntgenaufnahmen, die er an den Lichtkasten gehängt hatte.
»Sie sagen nicht viel aus«, stellte er fest. »Da sind ein paar Schatten, die schwer zu deuten sind. Danach möchte ich keine Diagnose stellen. Hat Dr. Wehrli Ihnen ein Begleitschreiben mitgegeben?«
»Nein. Jon hat ihn leider sehr unhöflich behandelt. Er sagte nur, dass Sie ihn ja anrufen können, wenn Sie Wert auf seine Diagnose legen.«
»Jetzt sagen Sie mir bitte, welche Veränderungen Sie bei Ihrem Mann feststellen konnten, Frau Tresko. Mir ist es nicht entgangen, wie besorgt Sie sind.«
»Jon ist schon lange nicht mehr so ausdauernd wie früher, auch beim Skifahren nicht. Dass er so schwer gestürzt ist, hat nichts mit der Piste zu tun. Er hatte wieder einmal einen Schwächeanfall.«
»Wieder einmal?« Dr. Sternberg horchte auf.
»Das wiederholt sich, aber er will es nicht wahrhaben. Er wird sogar zornig, wenn ich ihn darauf anspreche. Ich kenne ihn manchmal nicht wieder. Ich habe diesmal sogar die Kinder bei meinen Schwiegereltern gelassen, damit Jon sich mal richtig erholen kann, aber Sie sehen ja, was dabei herausgekommen ist. Sie müssen ihn gründlich untersuchen. Bei Ihnen wird er bestimmt nicht meutern. Es war richtig peinlich, wie er Dr. Wehrli behandelt hat.«
Dr. Sternberg sah, wie unglücklich, ja, verzweifelt sie war. Es mochte noch schlimmer sein, als sie es zu schildern wusste. Manon Tresko war eine schöne Frau, aber jetzt wirkte sie nur blass und traurig. Kein Leuchten in den nachtdunklen Augen, kein noch so winziges Lächeln war zu bemerken.
»Ich werde ihn gründlich untersuchen und die Befunde mit denen von damals vergleichen«, erklärte er. »Dann sehen wir, was sich verändert hat. Wenn die Beschwerden jedoch psychisch bedingt sein sollten, müssen wir andere Versuche machen. Hatte er geschäftlichen Ärger?«
»Nein, das bestimmt nicht. Es geht alles besser denn je. Es ginge auch, wenn er sich nicht so hineinhinge, aber er kann es nun mal nicht lassen.«
Dr. Sternberg sah sie forschend an.
»Sie verübeln es mir nicht, wenn ich frage, ob es private Probleme gibt?«
»Nein, ich habe auch schon überlegt, ob vielleicht eine andere Frau im Spiel ist. Er war ja immer sehr viel unterwegs, und unser Eheleben kommt schon seit Wochen zu kurz. Ich meine das Intimleben«, fügte sie verlegen hinzu. »Darüber habe ich mir natürlich auch schon Gedanken gemacht.
»Also verlassen wir uns erst einmal auf die Laborbefunde. Ich werde Ihrem Mann gleich Blut abnehmen, und dann wird alles genauestens untersucht.«
»Und werden Sie auch Dr. Wehrli anrufen? Er ist doch ein durchaus vertrauenswürdiger Arzt. Professor Heycken wollte sich nicht einmischen.«
»Heycken ist doch in Genf, soviel ich weiß.«
»Ja, das stimmt, aber ich kenne ihn von früher. Ich hatte ihn angerufen, und er ist freundlicherweise auch gekommen, aber Jon hat das in die falsche Kehle gekriegt. Er war eifersüchtig. Es ist unsinnig, und früher wäre das auch nicht der Fall gewesen, aber ich sagte ja schon, dass er seltsam geworden ist. Julian, ich meine Professor Heycken, war dann auch dafür, Jon so schnell wie möglich hierherzubringen, damit er zu einem Arzt kommt, der sein Vertrauen hat.«
Alles in allem musste Eckart Sternberg zu denken geben, was er da hörte, denn es passte nicht zu dem Jonathan Tresko, den er damals kennengelernt hatte. Aber vielleicht trafen mehrere Faktoren zusammen, denn auch Männer kamen in eine Midlife-Crisis. Manon war acht Jahre jünger als ihr Mann, gerade zweiunddreißig Jahre.
Die Kinder Jerry und Nicole waren zehn und acht. Sie hatten damals ihren Vater ein paarmal besucht. Reizende und lebhafte Kinder waren es, die es nicht lange in der Klinik ausgehalten hatten.
»Ich muss mich jetzt um die Kinder kümmern und meine Schwiegereltern informieren«, sagte Manon leise. »Sie werden natürlich sehr erschrocken sein.«
»Sie brauchen ja nicht viel zu sagen. Ihr Mann ist gestürzt und hat Prellungen – mehr weiß ich bisher auch nicht.«
Ihr Gesicht entspannte sich jetzt etwas. »Ich bin erleichtert, dass Sie das alles in die Hand nehmen, Dr. Sternberg. Vielleicht kann ich jetzt wieder mal eine Nacht richtig schlafen.«
Sie hatte es nötig, das sah man ihr nur zu deutlich an.
»Ich gehe jetzt noch mal zu Jon«, sagte sie leise. »Vielleicht ist er schon wieder ungeduldig, wo ich so lange bin.«
So war es tatsächlich. »Wo warst du so lange?«, fragte er gereizt.
»Ich habe nur mit Dr. Sternberg gesprochen.«
»Und was habt ihr besprochen?«
»Er wollte wissen, was Dr. Wehrli unternommen hat.«
»Dieser Idiot! Er hätte mich doch gleich ins Grab geredet. Hast du das Dr. Sternberg gesagt?«
»Nein, Dr. Sternberg wird sich schon sein eigenes Urteil bilden. Aber du solltest nicht aggressiv werden, wenn ein Arzt auch mal mahnende Worte sagt.«
»Fang jetzt nicht wieder damit an. Junge Leute stürzen auch beim Skifahren und haben oft viel schlimmere Verletzungen. Bei mir wird sich wieder mal ein Nerv verklemmt haben.«
»Ich fahre jetzt heim. Die Eltern müssen Bescheid wissen.«
»Erzähl ihnen bloß keine Horrorgeschichten.«
»Das werde ich bestimmt nicht tun. Willst du die Kinder sehen?«
»Heute nicht. Ich bin müde. Wenn ich richtig schlafen kann, wird es vielleicht