Discover millions of ebooks, audiobooks, and so much more with a free trial

Only $11.99/month after trial. Cancel anytime.

Nicht kratzen, waschen!: Neurodermitis verstehen und heilen
Nicht kratzen, waschen!: Neurodermitis verstehen und heilen
Nicht kratzen, waschen!: Neurodermitis verstehen und heilen
Ebook293 pages3 hours

Nicht kratzen, waschen!: Neurodermitis verstehen und heilen

Rating: 0 out of 5 stars

()

Read preview

About this ebook

Ein Buch, das Menschen mit Neurodermitis und anderen gesundheitlichen Problemen ermutigt, neue Wege im Umgang mit ihrer Krankheit zu finden.
Die Autorin beschreibt schulmedizinische, alternative und ganzheitliche Therapieansätze, die sie selbst ausprobierte, und wie sie schließlich ihren persönlichen Weg zur Heilung gefunden hat.
Weitere Informationen bietet die Autorin auf ihrer Website neurodermitis-verstehen.de/
LanguageDeutsch
Release dateApr 24, 2017
ISBN9783743146037
Nicht kratzen, waschen!: Neurodermitis verstehen und heilen
Author

Sabine Schmidt

Sabine Schmidt, geb. 1961, Heilpraktikerin (Psychotherapie) in eigener Praxis in Stuttgart tätig seit 1991. Seit vielen Jahren frage ich Menschen nach ihren Kennlerngeschichten, weil sie häufig so interessant, berührend, witzig, überraschend und erstaunlich sind. Nachdem ich mich mehrere Jahre intensiv politisch für den Erhalt unseres Kopfbahnhofes in Stuttgart engagiert hatte, (am 15.1.2018 ist die 400. Montagsdemo und die Mahnwache gegen Stuttgart21 besteht nun unglaubliche 7,5 Jahre) war es mir ein großes Bedürfnis, meinem Herzenswunsch, dieses Buch zu verwirklichen, zu folgen. Nun freut mich sehr, wie lebendig diese Geschichten sind und bin dankbar, dass so viele Menschen unserer Einladung, ihre Geschichte aufzuschreiben, gefolgt waren.

Related to Nicht kratzen, waschen!

Related ebooks

Medical For You

View More

Related articles

Related categories

Reviews for Nicht kratzen, waschen!

Rating: 0 out of 5 stars
0 ratings

0 ratings0 reviews

What did you think?

Tap to rate

Review must be at least 10 words

    Book preview

    Nicht kratzen, waschen! - Sabine Schmidt

    Dieses Buch widme ich meinen Eltern,

    die mich stets unterstützt haben,

    immer an mich glaubten

    und mich meinen Weg gehen ließen.

    Inhaltsverzeichnis

    Vorwort

    MEIN LEIDENSWEG

    So ging’s los

    Unsere Haut

    Unsere Haut hat viel zu tun

    Haut und Immunabwehr

    Spiegel der Seele

    Was ist Neurodermitis?

    Ursachen der Neurodermitis

    Wie zeigt sich Neurodermitis?

    Atopie

    Der quälende Juckreiz

    Juckreiz - Schlimmer als Schmerzen

    Warum juckt es?

    Wie entsteht der Juckreiz?

    Der Juckreiz-Kratz-Teufelskreis

    Was beim Kratzen im Gehirn passiert

    Wie wird Neurodermitis behandelt?

    Kortisonpräparate

    Warum hat Kortison einen schlechten Ruf?

    Antihistaminika

    Andere Präparate

    Neurodermitisgerechte Kleidung

    Therapien

    Autogenes Training

    Hypnose

    Phototherapie

    Symbioselenkung

    Akupunkturbehandlung

    Kältekammer

    Kuren / Klimaheilbehandlungen

    Davos

    Totes Meer – Mein persönliches Paradies

    Komplikationen

    Infektionen mit Herpes-simplex-Viren

    Warzen

    Pferdemilben

    Weitere Krankheitsfaktoren

    Allergien und ImmunglobulinE

    Behandlung von Allergien

    Asthma und Heuschnupfen

    „Krätzen-Erna!" - Ausgrenzung von Hautkranken

    Hautkranke lieben anders

    Psychosomatik

    INTERMEZZO: VORAUSSETZUNGEN, UM AUF MEINEN HEILUNGSWEG ZU GELANGEN

    MEIN HEILUNGSWEG

    Ich kann nicht mehr (so weitermachen wie bisher)

    Heilung ist möglich

    Die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse erschüttern die Vererbungslehre - Exkurs in die (Epi-) Genetik

    Der Placeboeffekt

    Meine Quellen der Freude

    Bewusstes Entspannen lernen - Plädoyer für die Meditation

    Reiki

    Jetzt wird es spirituell: Engeltherapie

    Die Kissentechnik

    Engelmeditation (nicht nur) für Kinder

    Techniken zur Steigerung der Lebensfreude

    Schlussbetrachtung

    Nachwort

    Vorwort

    Der Titel dieses Buches erinnert an meine geliebte Oma, die 2005 im Alter von 97 Jahren gestorben ist. Da ich mich als Kind und Heranwachsende eigentlich permanent gekratzt habe, hörte ich diesen verhassten Spruch oft von ihr.

    So sehr ich meine Oma auch geliebt und verehrt habe, hat mich dieser Satz doch genervt. Mein Juckreiz hatte ja nichts mit Unsauberkeit zu tun und wurde durch waschen mit Leitungswasser auch keinesfalls gelindert, sondern häufig verstärkt. Das Wasser trocknete die Haut aus und ich konnte meist nach dem Duschen gar nicht schnell genug die Creme auf meine spannende Haut auftragen. Wann immer es möglich war, bevorzugte ich deshalb ein Ölbad, denn das tat der Haut gut und versorgte sie mit dem nötigen Fett. Es verölt aber leider die Haare, die dann nur noch wie angeklatscht am Kopf hängen und dadurch schlecht und ungepflegt aussehen.

    Zurück zu Omi: Sie bekam im hohen Alter von über 90 Jahren einen sehr unangenehmen Hautausschlag, wobei nicht sicher war, ob es sich um eine Art Neurodermitis handelte. Er stand aber wohl in Zusammenhang mit ihrem hohen Zuckerwert und verursachte bei ihr starken Juckreiz. Bei einem gestörten Stoffwechsel infolge einer Diabeteserkrankung gerät der Wasserhaushalt aus dem Gleichgewicht, wodurch die Haut austrocknet und es in der Folge zu schwerwiegenden Hautproblemen kommen kann.

    Meine Oma litt sehr unter dem Juckreiz, der bei ihr nur schwer in den Griff zu bekommen war. Sie sagte mir einmal: „Mädchen, jetzt verstehe ich, wie sehr du gelitten haben musst." Es tat ihr leid, dass sie früher nicht mehr Verständnis für mein Leiden aufgebracht hatte. Aber sie hatte es ja nicht besser gewusst, wie so viele Leute, die Hautkranke oft mit Abscheu betrachten oder glauben, diese Menschen seien schlichtweg unrein und letztlich selbst Schuld. Hinzu kommt dir falsche Annahme, der Juckreiz sei kontrollierbar.

    Ich habe mich entschlossen, meine eigene Krankheitsgeschichte aufzuschreiben, einerseits für andere Betroffene, die sich in der einen oder anderen Beschreibung wiedererkennen mögen. Aber andererseits gerade auch für das Umfeld der Nicht-Betroffenen, weil ich hoffe, dass sie nach Lektüre meiner Leidensgeschichte ein besseres Verständnis haben werden, welche Belastung die Neurodermitis bedeutet. Meine wichtigste Motivation für dieses Buch ist allerdings davon zu berichten, dass eine vermeintlich unheilbare Krankheit eben doch heilbar sein kann.

    Auch jetzt noch, nach Jahren ohne Neurodermitis, schaue ich oft in den Spiegel, sehe meine nun nicht mehr gerötete Gesichtshaut und bin glücklich und dankbar für dieses Wunder der Heilung, das ich selbst ausgelöst habe. Ich glaube zwar an Wunder, aber nicht daran, dass sie uns grundlos widerfahren, und bin ja selbst das beste Beispiel. Mit diesem Thema beschäftige ich mich in Teil 2 „Mein Heilungsweg" ausführlich.

    Apropos „In-den-Spiegel-sehen: Als hautkranker Mensch muss man lernen, uneitel zu sein, denn sonst verzweifelt man leicht. Mein Blick in den Spiegel diente die längste Zeit meines Lebens nur der Überprüfung, ob ich die Creme auch gut verteilt hatte. Nicht-Betroffene können das meist nicht verstehen, und nicht selten hörte ich Äußerungen wie „Ja, du bist schön genug wenn ich mal wieder mit dem Taschenspiegel in der Hand „erwischt" wurde.

    Ich wünsche viele Erkenntnisse beim Lesen meines Erfahrungsberichts und hoffe, anderen Betroffenen - und dies bezieht sich im Prinzip auf jede chronische Krankheit - Anregungen und Hoffnung geben zu können, sich mit der Diagnose eines Arztes nicht abzufinden und selbst Therapien und Heilverfahren für sich auszuprobieren.

    Was dieses Buch nicht will:

    Es soll kein weiterer Ratgeber sein, wie die Neurodermitis in den Griff zu bekommen oder zu heilen ist. Ich gebe keinerlei Heilungsversprechen und bin keine Missionarin. Ich beschreibe meinen persönlichen Weg, der mich zum Erfolg geführt hat und hoffe, er möge andere Menschen dazu anregen, sich auf den ihren zu begeben.

    Bei den Recherchen habe ich u.a. Buchtitel gesehen, die eine Heilung in 40 Tagen versprechen (Knaak, Sophie R.: Weder Allergie noch Atopie. Geheilt in 40 Tagen). Ein derartiges Suggerieren von Heilung in Rekordzeit, halte ich für wenig seriös und es widerspricht absolut meinem Ansatz und Anliegen. Selbstverständlich kann jeder Mensch für sich selbst entscheiden, was für ihn das Richtige ist.

    Bedauerlich finde ich allerdings, dass einige Scharlatane schnelle Heilung (fast) ohne eigenes Zutun versprechen und verzweifelten Menschen dafür viel Geld abnehmen. Gleichwohl gibt es offensichtlich auch dafür einen Markt.

    Dieses Buch bietet dies alles nicht.

    Ich ermutige jeden, die Verantwortung für seine eigene Gesundung zu übernehmen. Das ist wahrscheinlich etwas unbequemer, als zum Arzt, Heilpraktiker oder Heiler zu gehen, aber am Ende weiß jeder Betroffene: ICH habe es allein dank meiner Kraft und meinem Willen geschafft. Und darauf darf ich richtig stolz sein!! Und ich weiß außerdem, dass ich selbst in einer neuen Krise in der Lage sein werde, diese zu bewältigen. Alles was es braucht, ist die Bereitschaft, sich selbst ehrlich zu betrachten und anzuschauen, wo etwas im eigenen Leben nicht im Lot ist.

    Ich verstehe mein Buch also als Mutmach-Buch, denn auch mit akuter Neurodermitis oder einer anderen ernsten oder chronischen Krankheit kann man ein fröhlicher Mensch sein. Und –wie gesagt– die Diagnose unheilbar muss man nicht akzeptieren.

    Ich glaube, dass prinzipiell jede Krankheit heilbar ist, wenngleich die Gesundung nicht immer schnell und einfach zu erreichen ist. Kein Arzt kennt mich so gut wie ich mich selbst kenne, wie kann er also behaupten, MEINE Krankheit sei unheilbar.

    Ich wünsche mir mehr Toleranz und Akzeptanz von dem, was anders ist bzw. aussieht, mehr wahres Mitgefühl statt falsches Mitleid und keine noch so gut gemeinten Ratschläge von Unbekannten, die mir angesichts meiner roten Gesichtshaut ungefragt empfahlen, mit der Sonne mehr aufzupassen.

    Dies ist ein sehr persönliches Buch mit Erinnerungen und Auszügen aus meinen Tagebüchern. Medizinische Infos sind nur wenige enthalten und finden sich dort, wo ich sie für interessant oder zum besseren Verständnis der Krankheit für notwendig hielt. Es gibt inzwischen viele gute Fachbücher zum Thema Neurodermitis und auch das Internet bietet eine enorme Vielfalt an Informationen zum Thema, auch die Websites einiger Betroffenenverbände bieten einen guten Überblick über den aktuellen Stand der Forschung und Medizin. Doch sollte man die Informationen zwar unvoreingenommen, aber gleichzeitig auch kritisch prüfen, ob sie wirklich von neutraler Stelle, d.h. ohne Einfluss beispielsweise der Pharmaindustrie, stammt. Wichtig ist, dass man das Gefühl hat, die Empfehlungen und Auskünfte stammen von einer seriösen und unabhängigen Quelle. Gerade im Internet findet sich so einiges Kurioses und auf den Websites einiger Interessenverbände sind verdächtig viele Hinweise und sogar Werbung für bestimmte Arzneimittel und Cremes zu entdecken.

    Auf dieser Reise in meine Vergangenheit waren mir meine Tagebücher eine große Hilfe, die ich seit meinem 15. Lebensjahr recht regelmäßig geschrieben und glücklicherweise aufbewahrt habe. Das Lesen darin auf der Suche nach Abschnitten bezüglich meiner Krankheit hat einerseits Spaß gemacht, war andererseits auch schmerzhaft. Denn einige Erlebnisse habe ich förmlich erneut durchlitten und auch meine Haut reagierte phasenweise mit leichtem Juckreiz, der aber schnell wieder nachließ. Insgesamt sehe ich das Arbeiten an diesem Buch als Teil meiner Therapie und endgültigen Abschluss dieses Kapitels meines Lebens, es war also ein insgesamt heilsamer Prozess.

    Mein Leidensweg

    So ging’s los

    Wann genau meine Haut zu jucken begann, weiß ich nicht mehr, aber Schätzungen meiner Eltern zufolge hat es etwa in meinem dritten Lebensjahr begonnen bzw. ab diesem Zeitpunkt war ich in dermatologischer Behandlung. Bereits als Baby hatte ich wohl immer mal raue Stellen, die dann zwar eingecremt, aber nicht als Krankheit eingestuft worden waren. Hierin liegt auch die Schwierigkeit, eine Neurodermitis zu erkennen, denn anfangs kann es wie bei mir nur eine raue oder trockene Stelle sein, die nach dem Eincremen für eine Weile verschwindet. Dann kann die Haut völlig abheilen und zu einem späteren Zeitpunkt noch schlimmer und an anderen Körperstellen erneut erkranken.

    Ich vermute, der Ausbruch der Neurodermitis könnte in Zusammenhang mit unserem Wegzug von meinen Grosseltern gestanden haben. Die ersten zweieinhalb Jahre meines Lebens wohnte ich mit meinen Eltern bei meinen Grosseltern, den Eltern meines Vaters. Aus Erzählungen meiner Oma weiß ich, dass ich am Wochenende morgens an die Tür meiner Eltern geklopft habe und da diese meist noch schlafen wollten, bin ich dann zu meiner Oma ins Bett gehüpft.

    Ich hatte ein sehr enges Verhältnis insbesondere zu meiner Omi und so soll ich einmal zu ihr gesagt haben: „Oma, ich könnte in dich reinkriechen."

    Aber auch mit meinem Opa habe ich tolle Sachen gemacht. Er ist mit mir stundenlang am Buddelplatz gewesen und hat geduldig meine Sandkuchen gegessen. Ihn konnte ich ausgiebig frisieren und rasieren, er hat mir unzählige Witze erzählt, - an zwei erinnere ich mich bis heute - und Kartenspiele und –tricks beigebracht. Manchmal hat er mich in die Kneipe mitgenommen, wo er Skat gespielt hat und ich brav bei einer Fanta zusehen durfte.

    Ich denke, dieser Umzug und die damit verbundene Trennung von meinen Grosseltern könnte ein auslösender Faktor für die Neurodermitis gewesen sein. Obwohl wir nur in einen anderen Stadtteil Berlins gezogen sind und ich sehr oft bei ihnen war, bedeutete die neue räumliche Trennung für mich sicherlich anfangs eine enorme Umstellung. Ich war immer sehr empfindsam und habe möglicherweise auf diese Art auf die neue Lebenssituation reagiert.

    Medizinische Untersuchungen bestätigen, dass die Hautveränderungen häufig erstmals in Phasen besonders starker emotionaler Spannungen auftreten, zum Beispiel bei der Geburt eines neuen Geschwisterchens oder der Trennung der Eltern. Aber auch Situationen wie Abstillen oder wie in meinem Fall eine Veränderung der Wohnsituation können unter bestimmten Umständen zur Auslösung des Ekzems führen.

    Das Hautbild eines Kindes mit Neurodermitis kann sich auch zu Beginn eines neuen Lebensabschnitts wie Kindergarten- oder Schuleintritt verändern, je nachdem wie diese Veränderungen vom Kind erlebt werden. Dies belegt den Zusammenhang zwischen Psyche und Körper. Die somatische Reaktion wird durch psychische Faktoren ausgelöst oder zumindest begünstigt und Neurodermitis zählt eindeutig zu den psychosomatischen Erkrankungen, d.h. die Ursache ist psychischer Natur und äußert sich über den Körper, hier die Haut. Wobei ich persönlich davon überzeugt bin, dass jede Krankheit einen psychischen (Mit-) Auslöser hat.

    Einige Menschen meinen nun, wer an einer sogenannten psychosomatischen Krankheit leide, sei irgendwie „selbst schuld", brauche doch nur etwas an sich selbst zu arbeiten und hätte das Problem, sprich die Krankheit, dann schnell beseitigt. Meine Erfahrung ist jedoch, dass dies nicht so einfach ist. Zunächst fehlte mir jeglicher Anhaltspunkt, an dem ich hätte ansetzen können und die Suche nach Lösungen dauerte entsprechend lange, siehe hierzu dann meinen Heilungsweg im zweiten Teil.

    Die Suche nach dem Auslöser: Vererbt? – Geschenkt!

    Aus heutiger Sicht halte ich es allerdings für fraglich, ob die Suche nach dem Auslöser, also die Information, wann die Krankheit begonnen hat und was sie möglicherweise entfesselte, wirklich wichtig ist.

    Ich frage mich im Nachhinein, ob sich etwas geändert hätte, wenn ich zweifelsfrei gewusst hätte, was die Neurodermitis bei mir verursacht hat. Hätte diese Information mein Leiden gelindert oder wollte ich vielleicht einen Schuldigen ausmachen, dem ich einen Vorwurf machen könnte, um mich meiner eigenen Verantwortung zu entziehen??

    Andererseits hatte ich lange Zeit überhaupt keinen Hinweis, wo ich mit meiner Suche nach den Ursachen beginnen sollte und erhoffte mir deshalb mithilfe des Ausbruchs der Krankheit Erkenntnisse zu erlangen, die mir bei der Heilung hilfreich sein konnten. Natürlich muss man auch sehen, dass es in meinem Fall fast unmöglich ist, mit Sicherheit zu sagen, was nun der wahre Auslöser gewesen ist, denn ich hatte ja seit frühester Kindheit Neurodermitis. Ich halte es aber für menschlich, dass wir verstehen wollen, warum wir an einer bestimmten Krankheit leiden und wo deren Ursprung liegt.

    Ärzte geben auf die Frage nach der Ursache der Krankheit gern die Veranlagung dazu an. Meine Vermutung ist allerdings, dass sie in Wahrheit auch keine Ahnung haben, aber eine Antwort geben wollen, die nicht zu widerlegen ist. Leider hilft sie den Betroffenen aber auch nicht weiter.

    Deshalb hat mich die Frage der Ärzte immer gestört, wer in meiner Familie noch an Hautproblemen oder anderen psychosomatischen Krankheiten wie Asthma leide. Ich habe darauf gern geantwortet, einer müsse ja der erste sein.

    Und ich weiß bis heute nicht, was es geändert hätte, wenn meine Oma Schuppenflechte gehabt hätte, höchstens, dass einige Ärzte dann vielleicht erleichtert gesagt hätten: „Ja das liegt also in Ihrer Familie, „das haben Sie geerbt, bzw. „die Veranlagung ist erblich."

    Mir persönlich ist es lieber, wenn man offen zugibt, dass man es schlicht nicht weiß. Neurodermitis ist eine sehr vielschichtige Krankheit und es gibt möglicherweise ebenso viele Auslöser wie Erkrankte. Wichtig ist mir, zu vermitteln, dass es immer eine Lösung gibt, die möglicherweise so individuell ist wie jeder betroffene Mensch auch. Selbst wenn es sich um eine vererbte Veranlagung handelt, muss nicht jeder in der Familie daran erkranken und nicht jeder Neurodermitiker sein Leben lang mit dieser Diagnose ohne Hoffnung auf Besserung leben.

    Die wichtigste Lehre, die ich aus meiner Krankheit gezogen habe und die ich deshalb auch gleich zu Beginn erwähne, ist, meine Gefühle zu äußern. Untersuchungen zufolge fällt es Menschen, die an Neurodermitis leiden, oft wesentlich schwerer als Leuten mit gesunder Haut, Gefühle wie Traurigkeit, Schmerz, Eifersucht oder Frustration zu zeigen. Kinder, die sehr früh eine Neurodermitis entwickeln, können diese Emotionen oft nur durch die Beschäftigung mit der Haut äußern und haben weniger gelernt, ihre Gefühle anders auszudrücken.

    In diesem Punkt war ich eine typische Hautkranke. Es ist mir immer schwer gefallen, negative Gefühle zu äußern, meine Grenzen zu ziehen und anderen verbal mitzuteilen, wenn mir etwas nicht passte. Spannungen konnte ich nur schwer aushalten und selbst wenn der Streit gar nichts mit mir zu tun hatte, fühlte ich mich schlecht. Mein Anliegen war immer, dass sich alle Menschen in meinem Umfeld vertragen mögen und lieber steckte ich zurück, als einen Zwist auszulösen oder für eine faire Lösung zu kämpfen.

    Im Laufe der Zeit habe ich zwar gelernt, dass Meinungsverschiedenheiten normal und gut sind und nicht alle Leute immer einer Meinung sein können, aber auch heute falle ich gelegentlich noch in mein altes Verhaltensschema zurück. Das bedeutete lange Zeit, dass ich Dinge, die mich eigentlich ärgerten, in mich hineingefressen habe, da ich nicht gelernt hatte, sie zu verbalisieren.

    Dieses Verhalten führte dann zu einem starken Druck, der sich den Weg nach außen über die Haut bahnte. Am deutlichsten konnte man dies in meinem Gesicht sehen, das oft knallrot war und aussah, als sei ich kurz davor, zu explodieren. Es waren Dinge, die mich „juckten und statt sie anzusprechen, habe ich mich gekratzt und mich dann nicht wohl gefühlt in meiner Haut. Unsere Sprache ist oft sehr bezeichnend und beschreibt und entlarvt genau das, was passiert. In Spanien sagt man beispielweise „dar la cara, wörtlich übersetzt „das Gesicht geben", was bedeutet, seinen Standpunkt zu vertreten, sich zu positionieren und nicht jedem alles recht machen zu wollen. Und genau das tat ich häufig nicht direkt, sondern indirekt über mein feuerrotes Gesicht und somit letztlich zu meinem Schaden.

    Es ist daher gerade für Hautkranke wichtig, ihre Empfindungen ernst zu nehmen und sich selbst zu gestatten, negative Gefühle zu zeigen. Dies setzt jedoch voraus, dass man sich seiner eigenen Reaktion bewusst ist und das war bei mir lange Zeit nicht der Fall. Ich hatte mir selbst eingeredet, die Dinge würden mich gar nicht ärgern und beschäftigen. Und selbst nach dieser Erkenntnis ist die Angewöhnung neuer Verhaltensweisen nicht immer einfach, man fällt in Stresssituationen doch gern wieder in die alten Muster zurück.

    Unsere Haut

    Bevor ich einige Informationen über Neurodermitis gebe, zunächst ein paar Überlegungen zur Haut, unserem größten und schwersten Organ. Neurodermitis ist zwar keine reine Hautkrankheit, aber die Haut ist ihre Projektionsfläche.

    Wie wichtig dieses Organ für uns ist, zeigt sich u.a. in den vielen Redensarten, die wir bezüglich unserer Haut benutzen:

    mit Haut und Haaren

    seine Haut zu Markte tragen

    eine treue/gute Haut sein

    seine eigene Haut retten

    nicht aus seiner Haut können

    sich in seiner

    Enjoying the preview?
    Page 1 of 1