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Angel Hunter
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Ebook150 pages2 hours

Angel Hunter

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About this ebook

Gerade frisch nach New York gezogen, trauert die 16-jährige Jenna immer noch um ihren Vater, der vor wenigen Wochen von Unbekannten ermordet wurde. Da wird sie plötzlich selbst von fünf Männern in langen schwarzen Mänteln auf dem Friedhof angegriffen. Nur knapp kann sie mit Hilfe eines gut aussehenden Unbekannten entkommen. Doch dieser scheint nicht ganz bei Verstand zu sein, erzählt er ihr doch unglaubliche Geschichten: Die Angreifer seien angeblich sogenannte »Angel Hunter«, Auftragskiller des Himmels, die im Namen der Erzengel Jagd auf Halbengel machen. Bei ihrem Vater waren sie bereits erfolgreich, nun sei Jenna ihr nächstes Ziel. Jenna glaubt dem geheimnisvollen Garret kein Wort, dennoch lässt sie sich darauf ein, gemeinsam mit ihm vor den »Angel Huntern« zu flüchten. Doch welches verhängnisvolle Geheimnis verbirgt Garrett eigentlich vor ihr?
LanguageDeutsch
Release dateNov 17, 2016
ISBN9783764190934
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    Book preview

    Angel Hunter - Anne Farrell

    17

    1

    Polizeisirenen. Noch immer überläuft es mich kalt, wenn ich sie höre. Und in einer Stadt wie New York hört man sie oft. Besonders am Abend und in der Nacht. Manchmal verfolgen sie mich in meine Träume. Dann sehe ich wieder, wie die Wagen neben meiner Schule stehen. Ich hatte die Zeit vergessen, wollte pünktlich zurück sein – und dann war es zu spät gewesen.

    Aus solchen Träumen erwache ich schweißgebadet und kann dann nicht mehr einschlafen. Ich fürchte mich vor den Bildern, fürchte mich vor der Zukunft, vor dem neuen Morgen. Ich geistere dann durch die Wohnung, setze mich vor das Fenster und schaue der Stadt beim Erwachen zu. Einer Stadt, die den Himmel hinter Wolkenkratzern verbirgt.

    Ich habe keine Ahnung, warum meine Mutter unbedingt hierherziehen wollte. In einer Großstadt gibt es wesentlich mehr Verbrechen als auf dem Land. Die Sirenen tönen gespenstisch durch die Häuserschluchten und die Luft ist schlecht. Die Wohnung ist klein, es ist unmöglich, sich aus dem Weg zu gehen. Momentan ist das jedoch das, was wir beide am dringendsten wollen – uns aus dem Weg gehen.

    Seit dem Vorfall vor drei Monaten hasst mich meine Mutter. Nicht öffentlich, denn sie ist ja meine Mutter und da ich erst sechzehn bin, muss sie noch zwei Jahre so tun, als würde sie sich gern um mich kümmern. Doch im Grunde ihres Herzens ist sie froh, wenn diese zwei Jahre rum sind und sie mich endlich rausschmeißen kann. Dass sie mich endlich aus ihrem Leben streichen kann.

    Ich muss ehrlich zugeben, dass es mir ähnlich geht. Wem nützt eine Mutter, wenn sie nicht wirklich da ist? Wenn sie nur eine leere Hülle ist, die man sieht, die einen aber nicht unterstützt oder hilft?

    Mich hat der Vorfall damals genauso schwer getroffen wie sie. Vielleicht noch schwerer, denn er war ja mein Vater. Sein Blut fließt in meinen Adern. Warum glaubt sie also, dass mich das kalt lässt?

    Der Polizeiwagen rast an mir vorbei, die Sirene entfernt sich. Der dumpfe Nachhall in meiner Seele bleibt zurück. Ich kneife die Augen zusammen und schüttle den Kopf. Jemand rempelt mich an, nimmt aber keine weitere Notiz von mir. Ich schaue mich nicht nach ihm um.

    Auf einmal wird mir klar, warum meine Mutter unbedingt hierher wollte. Nicht nur wegen des Jobs. Den hätte sie auch in einer kleinen Stadt bekommen können. Sie ist hierher gekommen, weil New York anonym ist. Weil niemand Fragen stellt. Weil jeder den anderen so sein lässt, wie er will. Nicht, weil die Stadt besonders tolerant wäre. Sie ist ignorant. Die Menschen sind ihr egal. Ob »Wall Street«-Bankier oder Penner – sie macht keinen Unterschied.

    Ich schiebe den Gurt meiner Schultasche höher, denn er schnürt mir die Schulter ab. Meine Highschool erwartet, dass wir alle über Nacht zu Genies werden. Um das zu erreichen, müssen wir einen Haufen Bücher mit uns herumschleppen – wahrscheinlich, damit wir zu schwach sind, um im Unterricht aufzumucken.

    Aber das ist eh nicht mein Ding.

    Da mich die Ereignisse von damals immer noch im Schlaf verfolgen und ich oftmals furchtbare Albträume habe, bin ich dazu übergegangen, den Großteil meiner Nächte wach zu verbringen. Ich höre Musik, starre durch die Jalousie meines Fensters und beobachte die Leute im Haus gegenüber. Einige von ihnen denken, dass es ab einer gewissen Höhe nicht mehr nötig ist, Vorhänge aufzuhängen. Diese Leute beobachte ich dann dabei, wie sie sich küssen oder streiten, essen oder fernsehen. Bis mir unvermeidlich selbst die Augen zufallen. Meist passiert das so spät, dass gar nicht genug Zeit bleibt, um ins Reich der Träume abzurutschen. Mein Wecker klingelt, ich wälze mich aus dem Bett und sitze dann mit Augenringen und vollkommen verschlafen im Unterricht. Deshalb ist Rebellion nicht mein Ding.

    An unserem Wohnhaus angekommen mache ich erst mal Halt. Der Imbiss an der Ecke duftet verlockend, doch leider habe ich kein Geld, um mir Falafel zu holen. Außerdem hasst es meine Ma, wenn ich beim Abendessen satt bin. Nicht, dass es etwas Besonderes gäbe. Meist landen Sandwiches auf unseren Tellern.

    Doch auch wenn ich ihr sonst egal bin, hat sie sich in den Kopf gesetzt, mich nicht verhungern zu lassen. Damit sie mich auch weiterhin mit ihren Vorwürfen traktieren kann.

    Seufzend gebe ich mir einen Ruck. Es nützt ja doch nichts. Irgendwann muss ich nach oben. Und ich kriege sicher Pluspunkte, wenn ich bei ihrer Rückkehr zu Hause bin.

    Der Hausflur stinkt nach Pisse. Egal, wie oft hier geschrubbt wird, der Geruch verschwindet nicht. Und man kann nicht mal sagen, ob es Hund, Katze oder Mensch ist.

    Am Anfang hat mir der Geruch immer den Atem geraubt, mittlerweile habe ich gelernt, meine Nase von innen zu verschließen. Da ich weiß, dass der Aufzug mal wieder nicht geht, erklimme ich die vierzehn Treppen bis zu unserer Wohnung.

    Oben angekommen schließe ich auf, öffne die Tür – und sehe Licht.

    »Jenna?«, fragt es von irgendwoher.

    »Ja«, antworte ich. Warum ist Ma schon zu Hause? Ist sie vielleicht entlassen worden? Können wir dann wieder zurück in unsere alte Stadt?

    Ich blicke auf meine Uhr. Seit dem Tag an der Schule hat das Uhrglas einen Riss, aber sie funktioniert noch immer einwandfrei. Mist, meine Mutter ist nicht zu früh, ich bin zu spät.

    »Dein Lehrer hat schon wieder angerufen«, begrüßt mich meine Ma in der Küche. Sie ist gerade dabei, Sandwiches zu machen. Ein paar für abends, ein paar für den Morgen.

    »Und, was will Mr Chandler?«, frage ich, ohne sie anzusehen. So geht das schon seit einem Vierteljahr. Wir reden, ohne uns anzusehen.

    Ich gehe zum Kühlschrank und hole mir eine Cola.

    »Er will mich morgen sprechen wegen deiner Noten.«

    »Aha.«

    Was soll ich sonst dazu sagen? Seit meinem ersten Jahr in der Schule rufen die Lehrer bei meinen Eltern an. Meist wegen meiner Noten. Ich weiß ja selbst, dass ich ein seltsames Lernverhalten habe. Zu Beginn des Schuljahres bin ich träge, gegen Ende werde ich fleißig und reiße dann alles wieder raus. Klar, es würde mir besser bekommen, wenn es anders wäre, aber es geht nun mal nicht.

    Meine alten Lehrer hatten sich irgendwann damit abgefunden, doch jetzt bin ich in New York und hier kennen mich die Lehrer nicht. Sie wissen noch nichts von meiner komischen Art, ein Schuljahr herumzubringen. Und kaum schreibt man mal ’ne Vier in einem Test, rufen sie an.

    »Etwas anderes fällt dir nicht ein?«, motzt mich meine Mutter an. Wieder, ohne von ihrer Arbeit aufzusehen. Unsere Gespräche gleichen Hörspielen, die man aus dem Radio hört, während man etwas anderes macht. Eine Zeitlang habe ich noch versucht, sie durch meine Blicke zu bewegen, mich anzusehen. Aber dann habe ich eingesehen, dass das nicht klappt.

    Meine Mutter sieht mich nicht an. Sie weiß, dass ich da bin und kriegt auch mit, wenn ich meine Haare Rot oder Lila färbe – das wechselt in letzter Zeit ständig –, doch das alles scheint sie zu riechen oder zu spüren. Denn sie sieht mich nicht.

    »Was soll mir einfallen?«, gebe ich zurück und nehme einen Schluck. Das schwarze Zuckerwasser ist das erste Nahrungsmittel, das ich seit dem Morgen zu mir nehme. Unsere Highschool hat so was wie eine Mensa, aber der Fraß ist abscheulich. »Ich werde es schon wieder aufholen«, sage ich gegen das Fenster, hinter dem der Abend allmählich heraufdämmert. Wenn man nur hoch genug wohnt, kann man auch um diese Zeit noch Sonnenlicht abbekommen, während alle darunterliegenden Wohnungen bereits in tiefstem Schatten liegen. »Ich habe es immer wieder aufgeholt. Außerdem muss ich mich erst mal an die neue Schule gewöhnen.«

    Meine Mutter schnauft. Ich drehe mich nicht um. Früher hätte ich es getan, aber ich weiß, dass ich jetzt nur auf eine Frau schauen würde, die frustriert die Krusten von den Sandwiches abschneidet.

    Als es mit ihrem Ignorieren begann, habe ich mir manchmal gewünscht, dass sie das Messer nimmt und es mir in die Brust rammt. Von einem Tag zum anderen bin ich wertlos für sie geworden. Sie hätte mich genauso gut umbringen können.

    Wäre es bei Dad genauso gewesen? Ich glaube nicht.

    »Es ist immer dasselbe«, murmelt sie hinter meinem Rücken.

    Jemand, der nicht weiß, wie es bei uns läuft, könnte denken, dass sie die Worte vor mir verbergen will. Doch sie weiß genau, dass mich die leisen, leidenschaftslosen Worte am schlimmsten treffen.

    »Und es wird sich nie ändern. Dein Vater hat dich verzogen. Hättest du damals mehr auf die Schule gegeben, wäre er noch am Leben. Aber dir ist ja alles egal.«

    Eine Ohrfeige hätte mich nicht schlimmer treffen können. Immer, wenn wir uns streiten, kommt sie darauf zurück. Wenn ich doch bloß mehr auf die Schule gegeben hätte, würde Dad noch da sein. Ja, klar. Als hätte ich ihn auf dem Gewissen.

    In meiner Brust breitet sich Säure aus. Sie weiß gar nicht, wie sehr ich will, dass alles wieder wie früher ist. Dass wir wieder in unserem Haus sind, dass die Sorge meiner Lehrer das einzige Problem in ihrer Welt ist.

    »Mir ist nicht alles egal!«, explodiere ich. »Ich habe deine ständigen Vorhaltungen satt. Dad ist nicht wegen mir gestorben, kapiert? Ich habe keine Schuld! Und wenn du das nicht einsehen kannst, dann bist du nicht mehr meine Mutter!«

    Mein Herz rast so stark, dass ich seinen Schlag in der Brust spüren kann.

    Am liebsten hätte ich ihr noch was an den Kopf geschleudert. Irgendwas, das sie zutiefst verletzt. Aber mir fällt nichts ein.

    In meiner Hilflosigkeit mache ich das, was ich am besten kann. Ich kehre ihr den Rücken zu und verschwinde. Ich schlage die Tür hinter mir zu, so laut, dass es das ganze Haus hören kann. Dann stapfte ich die Treppen hinunter. Vielleicht wäre es besser, wenn ich nicht mehr nach Hause käme. Meine Mutter würde das sicher freuen.

    Unten angekommen, lehne ich mich gegen die Wand, keuchend, als hätte ich einen Marathon hinter mir. Mein Herz rast noch immer und meine Finger kribbeln. Das tun sie immer, wenn ich mich sehr aufrege.

    Jede andere Mutter hätte vielleicht versucht, mich zurückzuholen. Sie hätte mir eine Szene im Treppenhaus gemacht, sodass die Nachbarn nach draußen gekommen wären, um nachzusehen, was da los ist. Vielleicht hätte jemand die Polizei gerufen.

    Aber das

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