Auf der Vespa durch die USA
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Drei Freunde in der Mitte ihres Lebens suchen nach einem Abenteuer. So kommt es, dass sie 2014 – pünktlich zum traditionellen "Anrollern" am 1. Mai – zu einer außergewöhnlichen Reise aufbrechen: Als Team Motorliebe kreuzen sie mit drei alten Vespas durch die USA.
Start ist in Los Angeles, Ziel der Reise: New York City. Rund 9000 km auf kleinen Straßen, durch riesige Weiten, unbekannte Orte, glitzernde Metropolen. Mit nur zehn PS tuckern die drei durch das drittgrößte Land der Erde – treffen auf sympathisch verrückte Menschen, kämpfen mit Windböen und Riesen-Lastwagen, stranden in Indianer-Gebieten und werden immer wieder durch Landschaften versöhnt, die man sonst nur von Postkarten kennt. Ihr Abenteuer hat ein ganz besonders Tempo – der Soundtrack spielt in zwei Takten.
Diese Takte geben die Motoren ihrer drei Vespas PX 200 aus den 80ern vor. Mit Speziallackierung (eine in den Farben der US-Flagge, eine "italienische" Vespa und eine im Japan-Design) fahren sie durchschnittlich 80 km/h, an guten Tagen vielleicht mal 100.
Neben bunten Abenteuern, Routen- und Reisebeschreibungen, technischen Infos zum italienischen Kultgefährt und vielen humorvollen Anekdoten liefert diese Roadstory fantastische Fotos. Jede Etappe wird beschrieben, keine der vielen Reparaturen ausgelassen. Auch die einzelnen Koordinaten, Höhenmeter, Steigungen, Benzin- und Ölverbrauch sind exakt für alle angegeben, die die Route nachfahren wollen.
Diese Roadstory markiert den Beginn eines ganz neuen Reisegefühls: Mit der Vespa um die Welt!
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Book preview
Auf der Vespa durch die USA - von Motorliebe
01 VON SANTA MONICA NACH L. A. DOWNTOWN
Unglaublich, jetzt geht die Reise tatsächlich los: in acht Wochen auf der Vespa durch die USA. Von Los Angeles nach New York City. Der Sonne auf vergessenen Straßen entgegen. Es wird ein amerikanischer Roadtrip der kleinen Geschwindigkeiten und großen Träume. Ob wir gut überlegt haben? Ach was. Wir waren viel zu beschäftigt, die Auszeit zu organisieren. Auf die vielen „Warum?" war die Antwort schnell gefunden: Warum nicht!
Der Engel kichert mit heller Stimme. Er steht auf einer der alten Vespas, hat die Arme ausgebreitet und versucht, zu beruhigen: „Alles geschafft Jungs – Willkommen in Amerika!"
Der Engel heißt Connie, ein Import-Profi aus Los Angeles. Für uns hat sie einen acht Monate dauernden Transportkrimi gelöst. Drei kleine Vespas sollten auf günstigstem Weg aus Deutschland in die USA; zu einer Zeit, in der sich die Menschen permanent große und kleine Dinge zuschicken. In diesem Fall unterbreiteten sieben Transportfirmen acht Vorschläge. Die Bandbreite reichte von „Müsst nicht mal Benzin ablassen" bis „Motor ausbauen und alles in spezielle Kisten verpacken.
Das Transportholz aber bitte zuvor gründlich begasen lassen." Einigkeit gab es bei den benötigen Papieren – da blickte nämlich keiner richtig durch. Nur bei den aufgerufenen Preisen waren sich alle sicher, gut und günstig zu sein … Das Spektrum glich grob umrissen dem Alpenpanorama.
Das Leben ist zu kurz, um immer vernünftig zu sein
Dann übernahm Special Agent Connie und dirigierte die Vespas sicher über den großen Teich. Leicht angestaubt warten sie nun in der Ankunftshalle, nicht wissend, dass gleich ein großes Abenteuer beginnt.
Ohne den Transport-Profi Connie von der Firma CFR Rinkens wären die Vespas vermutlich noch nicht in L. A.
Drei alte Vespas gehen auf große Tour. Wenn ihre zehn PS nicht reichen sollten, wissen wir, wie stilecht angeschoben wird …
Auf der Vespa durch die USA. In acht Wochen von Los Angeles nach New York City. „Warum macht ihr das?", fragt Connie. Die Antwort ist denkbar einfach: Nach Ausbildung, Studium und ein paar intensiven Jahren im Job ist es höchste Zeit, einem Traum nachzugehen. Sich in ein Abenteuer zu stürzen, das der Bauch möchte. Und dabei nicht an die Folgen zu denken, sondern sich auf die Reise zu freuen.
Die Wahl der Fahrzeuge? Wohl überlegt. Autos – vor allem ältere – bieten sich zwar an, verwässern so einen Roadtrip aber doch extrem. Schließlich sitzt man in einer metallenen Kapsel und saust behütet, aber abgeschottet, durchs Land. Moderne Cowboys reisen auf zwei Rädern, soviel steht fest. Alte Vespas erzeugen keine Vorurteile. Sie sind nicht schnell, nicht laut, nicht böse. Jeder (Zweiradfan) hat sie auf seine Art lieb. Die gewählten Modelle heißen PX 200, sind rund 30 Jahre alt, besitzen vier Gänge und an guten Tagen zehn PS. Damit werden sie uns gerade schnell genug durch ein Land tragen, das einen einmaligen Mix aus Küsten und Gebirgen, Wüsten und Wäldern, Flüssen und Seen sowie Einöden und Metropolen vorweist. Und gerade weil die USA politisch oft so rätselhaft bleiben, wird es interessant sein, den Menschen dieses Landes zu begegnen. Und einigen von ihnen einfache Fragen zu stellen. Dazu später mehr.
Jetzt möchte noch ein Van abgeholt werden – er wird in den kommenden Wochen Kamerawagen, Rettungsfahrzeug, Teiletransporter, mobile Küche und Wohnmobil sein.
Mit von der Partie: Ein Van als Begleitfahrzeug, groß genug, um Ersatzteile, Gepäck, Mini-Küche und vier Schlafplätze unterzubringen
Beim Start der Tour am Pier von Santa Monica erfreut eine spontane Tanzeinlage
Als das Team komplett ist, wiegen sich die Palmen am Strand von Santa Monica sanft hin und her. Von hier aus tastet der Blick über eine Reihe sauteurer Bungalowhäuser, die auf Stelzen thronen. Helden wie Steve McQueen haben es sich hier einst gemütlich gemacht – und kleine Anekdoten zurückgelassen. Ende der 1970er soll McQueen eines Nachts mit der Schrotflinte im Arm seinen Nachbarn besucht haben. Der hieß Keith Moon und war Schlagzeuger bei der Rockband The Who. Nicht die berühmten Partys von Moon brachten Steve auf die Palme, sondern der Lichtschein aus seinem Badefenster – er traf McQueens Bett. Der Überlieferung zufolge soll er seinen Nachbarn höflich darum gebeten haben, das Licht nachts auszuschalten. Ohne Erfolg. In jener Nacht marschierte McQueen also rüber, es gab einen Knall und nie wieder störendes Licht.
Ob es sich nun so abgespielt hat oder nicht: Dieses Fleckchen Erde ist nicht so falsch, wenn man sich im Tanz der Wellen verlieren möchte. Oder knappe Bikinihöschen mag.
Weiter oben, auf dem überschaubaren Streifen Teer, flaniert bis heute viel teures Blech. Obwohl der Highway 1 den Verkehr ein paar Meilen vom Strand weg führen soll, herrscht auf der bekannten Küstenstraße dichtes Gedränge. Drei alte Vespas sind mittendrin – als wäre es das Normalste der Welt. Ihre ersten Meilen rollern sie gemütlich ab. Sanft schalten, vorsichtig beschleunigen, genau hinhören, ob irgendwas klappert.
Tut es aber nicht. Die lange Schiffsreise hat den drei alten Damen nix ausgemacht. Nicht mal die Vergaser müssen gereinigt werden. Etwas Staub von den Blechen wedeln, Benzin- und Ölstand checken, zweimal antreten, los geht’s. Da sage nochmal einer, Italiener könnten nur hübsch designen …
Das Einfahren dauert bis zum Santa Monica Pier, wo die Route 66 auf einem breiten Holzsteg Anfang und Ende hat. Es ist der ideale Startpunkt für diese Reise.
So hat es sich abgespielt
Was für ein Tänzchen. Thanks, Jessica!
Das sieht auch Jessica so, die beim Anblick der Vespas am Pier auf die Straße stürmt, die Combo stoppt und zur Freude aller Beteiligten einen astreinen Willkommens-Tanz (gekonntes Popowackeln) zelebriert. Wir hatten im Vorfeld noch kurz über Cheerleader nachgedacht – das aber toppt alles. Nach dem Tänzchen schüttelt Jessica fast schon schüchtern die Hände der Crew und wünscht eine gute Reise. Positiver Nebeneffekt ihrer Showeinlage: Wir haben auf einen Schlag die Aufmerksamkeit der anderen Besucher, was im überreizten Amerika nicht üblich ist. Nach zwei, drei erklärenden Sätzen und wohlwollendem Kopfnicken tuckern die Vespas wieder über die breiten, amerikanischen Straßen, die sich im Vergleich zu den Gässchen in Italien wie mehrspurige Autobahnen anfühlen. Die Fahrbahnübergänge sind jedoch oft derart schlecht verarbeitet, dass Vespas und Piloten böse durchgeschüttelt werden.
Am 1. Mai heißt es „Easy Rid… ähm, Vespas" Richtung Venice Beach
Kennt Amerika etwa keine Liebe zum Detail? Ein symbolträchtiges Stück Architektur in der Nähe von Venice Beach will trotz seiner Gräulichkeit das Gegenteil beweisen. Wenn auch in diesem Fall das große Ganze sehr speziell rüberkommt.
Nein, weder die CIA noch die NSA stecken hinter diesem XXL-Fernglas. Zumindest nach aktuellem Stand. Das Gebäude wurde von einer Werbeagentur Ende der 1980er-Jahre in Auftrag gegeben – und zwar bei Frank Gehry. Wer ihn nicht kennt: Die hübsch geschwungene Walt Disney Concert Hall im Herzen von L. A. ist ebenfalls sein Baby. Das Fernglas sollte den Besitzern Aufmerksamkeit sichern – dafür erhält Gehry noch heute volle Punkte. Der große Meister dachte beim Bau seines letzten Werkes durchaus sehr praktisch: Zwischen den beiden Fernrohren befindet sich die Einfahrt zum Parkhaus.
BINOCULAR BUILDING
EIGENWILLIGES BÜROGEBÄUDE 340 MAIN ST, VENICE, CA 90291
Die einen finden dieses Gebäude übertrieben, die anderen denken, hier wohnt die NSA. Letzteres wurde nicht bestätigt
An der berühmten Promenade von Venice Beach ist immer was los