Der Traum der kleinen Stefanie: Sophienlust 215 – Familienroman
By Marisa Frank
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Diese beliebte Romanserie der großartigen Schriftstellerin Patricia Vandenberg überzeugt durch ihr klares Konzept und seine beiden Identifikationsfiguren.
Der Telefonapparat in dem büroähnlichen Empfangszimmer klingelte. Schwester Regine, die Kinder- und Krankenschwester von Sophienlust, griff nach dem Hörer. »Kinderheim Sophienlust«, meldete sie sich mit ihrer weichen, sympathischen Stimme.
Stille am anderen Ende.
»Kinderheim Sophienlust«, wiederholte Schwester Regine geduldig. »Was kann ich für Sie tun?«
Jetzt hörte sie verhaltenes Atmen, dann eine gepresste Stimme. »Frau von Schoenecker, ich muss mit Ihnen sprechen.«
»Tut mir leid, Frau von Schoenecker ist nicht in Sophienlust. Kann ich etwas ausrichten?« Schwester Regine schüttelte leicht den Kopf. Der unbekannte Anrufer schien sehr erregt zu sein.
»Ich muss Frau von Schoenecker sprechen.« Ein kurzes Zögern, dann die Frage: »Frau von Schoenecker ist doch für das Kinderheim zuständig?«
»Sie verwaltet das Heim für ihren Sohn«, erklärte Schwester Regine. »Die Heimleiterin ist Frau Rennert. Wollen Sie mit ihr sprechen?«
»Ja.«
Als Schwester Regine den Finger schon auf der Wählscheibe hatte, um das Gespräch in Frau Rennerts Zimmer zu legen, erreichte sie die Stimme erneut. »Nein, ich muss mit Frau von Schoenecker sprechen. Sie müssen mich mit ihr verbinden.«
»Das geht nicht. Frau von Schoenecker ist nicht hier.«
»Aber ich habe gehört, dass Frau von Schoenecker sich für die Kinder in Sophienlust einsetzt. Das Waisenhaus soll anders sein als die anderen. Dort sollen die Kinder glücklich sein.«
»Sophienlust wird das Heim der glücklichen Kinder genannt. Sie können gern herkommen und sich selbst davon überzeugen.« Schwester Regine griff nach dem Notizblock, der vor ihr auf dem Schreibtisch lag. »Wenn Sie mir Ihre Telefonnummer nennen, wird Frau von Schoenecker zurückrufen.«
»Nein«, entgegnete der Anrufer hastig. »Ich kann nicht so lange warten. Es ist
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Der Traum der kleinen Stefanie - Marisa Frank
Sophienlust –215–
Der Traum der kleinen Stefanie
Roman von Marisa Frank
Der Telefonapparat in dem büroähnlichen Empfangszimmer klingelte. Schwester Regine, die Kinder- und Krankenschwester von Sophienlust, griff nach dem Hörer. »Kinderheim Sophienlust«, meldete sie sich mit ihrer weichen, sympathischen Stimme.
Stille am anderen Ende.
»Kinderheim Sophienlust«, wiederholte Schwester Regine geduldig. »Was kann ich für Sie tun?«
Jetzt hörte sie verhaltenes Atmen, dann eine gepresste Stimme. »Frau von Schoenecker, ich muss mit Ihnen sprechen.«
»Tut mir leid, Frau von Schoenecker ist nicht in Sophienlust. Kann ich etwas ausrichten?« Schwester Regine schüttelte leicht den Kopf. Der unbekannte Anrufer schien sehr erregt zu sein.
»Ich muss Frau von Schoenecker sprechen.« Ein kurzes Zögern, dann die Frage: »Frau von Schoenecker ist doch für das Kinderheim zuständig?«
»Sie verwaltet das Heim für ihren Sohn«, erklärte Schwester Regine. »Die Heimleiterin ist Frau Rennert. Wollen Sie mit ihr sprechen?«
»Ja.«
Als Schwester Regine den Finger schon auf der Wählscheibe hatte, um das Gespräch in Frau Rennerts Zimmer zu legen, erreichte sie die Stimme erneut. »Nein, ich muss mit Frau von Schoenecker sprechen. Sie müssen mich mit ihr verbinden.«
»Das geht nicht. Frau von Schoenecker ist nicht hier.«
»Aber ich habe gehört, dass Frau von Schoenecker sich für die Kinder in Sophienlust einsetzt. Das Waisenhaus soll anders sein als die anderen. Dort sollen die Kinder glücklich sein.«
»Sophienlust wird das Heim der glücklichen Kinder genannt. Sie können gern herkommen und sich selbst davon überzeugen.« Schwester Regine griff nach dem Notizblock, der vor ihr auf dem Schreibtisch lag. »Wenn Sie mir Ihre Telefonnummer nennen, wird Frau von Schoenecker zurückrufen.«
»Nein«, entgegnete der Anrufer hastig. »Ich kann nicht so lange warten. Es ist wichtig.«
Schwester Regine fiel wieder auf, wie verzweifelt die Stimme klang. »Wenn es so wichtig ist, dann können Sie es doch auch mir sagen. Vielleicht kann ich Ihnen genauso helfen.«
»Nein, Frau von Schoenecker wird helfen. Sie nimmt sich doch eines jeden Kindes an und fragt nicht, woher es kommt, oder?«
»Worum geht es denn? Wollen Sie ein Kind hier unterbringen?« Schwester Regine lehnte sich zurück. Sie war den Umgang mit verzweifelten Menschen gewohnt und immer bereit zu helfen.
»Das geht Sie nichts an. Ich spreche nur mit Frau von Schoenecker.«
»Ich weiß nicht, ob sie heute noch einmal nach Sophienlust kommt.«
Auf der anderen Seite war es jetzt still. »Hallo, sind Sie noch da?«
»Ja, ich …, entschuldigen Sie.« Gleich darauf war die Leitung tot.
Sinnend legte Schwester Regine den Hörer zurück auf die Gabel. Was hatte der Anrufer nur gewollt? Sie konnte nicht einmal mit Sicherheit sagen, ob es sich um einen Mann gehandelt hatte. Die Stimme hatte so sonderbar dumpf geklungen. Eines wusste sie aber: Die Verzweiflung war echt gewesen.
Die wenigen verwirrt gestammelten Worte ergaben keinen Sinn und wollten Schwester Regine nicht aus dem Kopf gehen. Während sie einige Rechnungen überprüfte, musste sie immer wieder daran denken.
Um achtzehn Uhr versammelten sich die Bewohner von Sophienlust im Speisesaal. Dort wurde stets das Abendbrot eingenommen. Da das ehemalige Herrenhaus bis zum letzten Bett belegt war, herrschte reges Leben. Es war einer der ersten warmen Frühlingstage gewesen, und die Kinder hatten den Nachmittag dazu genutzt, sich in dem großen Park zu tummeln.
Schwester Regine schob die Rechnungen beiseite, als sie das muntere Stimmengewirr vernahm. Es wurde Zeit, dass sie sich um ihre Schützlinge kümmerte.
In der Tür des Speisesaals blieb die Kinderschwester stehen. Stolz sah sie in die fröhlichen Kindergesichter, die von der frischen Luft gerötet waren. Selbst der sonst so blasse Fabian Schöller hatte Farbe bekommen.
Heidi entdeckte Schwester Regine als Erste. Sofort lief sie auf die Kinderschwester zu.
»Du, wir haben Schlüsselblumen und Palmkätzchen gepflückt.« Sie packte Schwester Regine an der Hand. »Schau, Tante Ma hat sie schon in eine Vase gesteckt. Der eine Strauß war für Tante Ma, der andere ist für dich.« Sie zog Schwester Regine zu dem Tischchen, auf dem zwei Frühlingssträuße standen. »Sind sie nicht schön? Ich habe eins, zwei, drei, ganz viele gelbe Blumen gepflückt.«
Zwar konnte die Fünfjährige schon bis zehn zählen, aber im Moment nahm sie sich nicht die Zeit dazu. Es gab noch vieles, was sie zu berichten hatte. Aber auch die anderen Kinder wollten ihre Erlebnisse loswerden. So war die junge Krankenschwester bald von der munteren Schar umringt und lauschte den Berichten.
Kurze Zeit später saßen alle um den gedeckten Tisch: Lena und Ulla, die beiden Hausmädchen von Sophienlust, trugen das Essen auf.
An diesem Tag musste Schwester Regine keines der Kinder zum Essen ermahnen. Der lange Aufenthalt an der frischen Luft hatte den Appetit der Kinder geweckt. Schweigend kauten und schluckten sie. Die braunen oder blonden Köpfe hoben sich erst vom Teller, als das Telefon in der Halle läutete.
Angelina Dommin, von allen nur Pünktchen genannt, sah Frau Rennert an. »Darf ich?«
Die Heimleiterin nickte. Pünktchen war schon sehr lange in Sophienlust und genoss eine Art Vorzugsstellung. Das kam sicher auch daher, dass sie sich stets liebevoll um die kleineren Kinder und um die Neulinge kümmerte. Dazu kam, dass sie eine innige Freundschaft mit Nick, dem Erben von Sophienlust, verband.
Pünktchen eilte in die Halle. Neben der teppichbespannten Treppe, die in den ersten Stock hinaufführte, stand ein Tischchen und darauf das Telefon. Pünktchen hob den Hörer ab. »Kinderheim Sophienlust«, meldete sie sich mit ihrer hellen Mädchenstimme. Danach lauschte sie. Dann bedeckte sie die Muschel mit der Hand. »Jemand verlangt Tante Isi«, rief sie der Heimleiterin zu, die näher gekommen war.
Die ältere mütterliche Frau sagte rasch: »Ich komme!«
Pünktchen zuckte die Achseln und meinte zögernd: »Er will nur mit Tante Isi sprechen. Er scheint ungeduldig zu sein.«
»Gib her!« Frau Rennert, von den Kindern liebevoll Tante Ma genannt, nahm Pünktchen den Hörer aus der Hand. »Kinderheim Sophienlust, Frau Rennert. Was kann ich für Sie tun?«
»Frau von Schoenecker? Ich muss mit Frau von Schoenecker sprechen.« Die Stimme klang erregt.
»Frau von Schoenecker ist nicht im Haus …«
Der Anrufer, von dem auch die Heimleiterin glaubte, dass es sich um einen Mann handle, unterbrach sie: »Ich muss mit ihr sprechen. Nur sie kann diese Entscheidung treffen.«
»Es tut mir leid, Frau von Schoenecker ist voraussichtlich in Schoeneich, dem Stammsitz der Familie von Schoenecker. Das Gut liegt hier in der Nähe. Warten Sie, ich gebe Ihnen die Telefonnummer von dort durch.« Frau Rennert nannte die Nummer. Dann horchte sie auf. Es war ihr, als habe sie ein Schluchzen gehört. Aber da die Stimme sowieso eigenartig verzerrt klang, war sie dessen nicht sicher.
»Hallo, sind Sie noch da? Ich vertrete Frau von Schoenecker. Wenn es sich um ein Kind handelt …« Sie brach ab, denn ihr Gesprächspartner hatte aufgelegt.
»Eigenartig …« Die ehemalige Fürsorgerin ging langsam in den Esssaal zurück. »Was der Mann nur wollte?«
»Wahrscheinlich war es der gleiche wie vor zwei Stunden«, sagte Schwester Regine nachdenklich. »Er wollte mit der Sprache nicht herausrücken, aber ich hatte das Gefühl, dass er verzweifelt war.«
»Genau den gleichen Eindruck hatte ich auch von dem Anrufer«, bestätigte Frau Rennert. »Nun, wenn es so wichtig ist, hat er ja jetzt die Möglichkeit, in Schoeneich anzurufen.« Frau Rennert wandte sich Heidi zu, die ihr das leere Glas entgegenstreckte und ein Lob hören wollte, weil sie die Milch so brav ausgetrunken hatte.
Frau Rennert strich der Fünfjährigen über das Haar, das zu zwei Rattenschwänzchen gebunden war, aber sie konnte sich nicht auf das Kind konzentrieren. »Sagen Sie«, wandte sie sich noch einmal an Schwester Regine, »hat es sich bei dem Anrufer überhaupt um einen Mann gehandelt? Einmal glaubte ich, eine junge Stimme zu hören, dann war die Stimme wieder so dumpf.«
Schwester Regine musste lächeln. »Dann geht es Ihnen genauso wie mir. Ich habe mir auch über die Stimme den Kopf zerbrochen und kam zu keinem Ergebnis. Ich bin überzeugt, dass es der gleiche Anrufer war. Auch glaube ich, dass wir von ihm noch hören werden.«
Schwester Regine, die, seitdem sie ihren Mann und ihr zweijähriges Töchterchen bei einem Unfall verloren hatte, ganz in der Fürsorge um die Schützlinge von Sophienlust aufging, wusste, wovon sie sprach. Für viele war das Kinderheim der letzte Zufluchtsort, wenn sie nicht mehr weiterwussten. Es hatte sich herumgesprochen, dass Frau von Schoenecker keine Strapazen scheute, wenn es darum ging, verzweifelten Müttern oder verlassenen Kindern zu helfen. Viele Kinder hatte sie schon ohne Bezahlung aufgenommen und dafür gesorgt, dass sie wieder eine Familie bekommen hatten.
Die beiden Frauen kamen nicht dazu, weitere Vermutungen über den unbekannten Anrufer anzustellen. Sie mussten sich den Kindern widmen. Die Jüngeren versammelten sich nach dem Essen stets noch im Aufenthaltsraum, und Schwester Regine erzählte ihnen eine Gutenachtgeschichte. Sie hatte sehr viel Talent dazu und brachte es immer fertig, dass die Kinder mit glänzenden Augen zuhörten. Anschließend mussten die Kleinen zu Bett gebracht werden. Diesmal